Sondersitzung in Brandenburg - Brandenburger Landtag debattiert am Donnerstag über Anschlag in Solingen
Die tödliche Messerattacke von Solingen wird am Donnerstag den Potsdamer Landtag beschäftigen. Die Abgeordneten tagen auf Antrag der AfD in einer Sondersitzung. Das Thema bringt auch den Flüchtlingsrat auf den Plan.
Der Brandenburger Landtag wird nach der tödlichen Messerattacke im Solingen am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Nach einem Antrag der AfD-Fraktion machte die Landtagsverwaltung den Termin am Dienstag öffentlich. Die AfD hatte angekündigt, über Konsequenzen nach dem Angriff debattieren zu wollen.
Woidke: "Müssen besser werden"
Ein "Überbietungswettbewerb" in der Öffentlichkeit helfe nicht weiter, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Dienstag im Deutschlandfunk. Es gehe um die konsequente Nutzung der bereits geltenden Abschiebemöglichkeiten. "Hier muss geltendes Recht durchgesetzt werden", so Woidke.
"Wir müssen jetzt die Schlussfolgerungen aus den Ereignissen der letzten Monate ziehen." Es müssten machbare und rechtlich durchsetzbare Lösungen gefunden werden, betonte Woidke. "Aber die müssen jetzt auch schnell kommen." Er machte klar, dass die Verfahren teilweise recht komplex seien. "Wir müssen in diesem Bereich besser werden."
AfD-Antrag: Geflüchtete von Veranstaltungen ausschließen
Hans-Christoph Berndt, AfD-Fraktionsvorsitzende und Spitzenkandidat der Partei bei der kommenden Landtagswahl, sagte, er sehe die Gefahr, dass sich ein solches Ereignis auch in Brandenburg wiederholen könne. Die Fraktion will am Donnerstag einen Antrag zur Abstimmung stellen.
Dieser fordert, alle ukrainischen Kriegsflüchtlinge, Asylantragsteller und Asylberechtigte oder geduldeten Flüchtlinge vom Besuch öffentlicher Veranstaltungen und Volksfesten im Land auszuschließen. "Wenn es dann tatsächlich auch Unschuldige trifft, die einem Betretungsverbot unterliegen hier im Land Brandenburg, dann ist das leider so. Dann ist das ein Kollateralschaden. Man muss abwägen zwischen der inneren Sicherheit für unsere Bürger und dem Recht des Einzelnen. Und da geht in meinen Augen die innere Sicherheit der Bürger ganz weit vor", sagte Lena Kotré, die innenpolitische Sprecherin der Fraktion.
Die CDU sprach von einem menschenverachtenden Vorschlag. "Klar ist, nach den Vorfällen von Solingen brauchen wir eine ernsthafte Debatte darüber, wie wir Sicherheit gewährleisten können, einige Fehler der Vergangenheit korrigieren. Das, was die AfD hier fordert, ist aber nicht vereinbar mit dem Grundgesetz und auch nicht mit unserem Menschenbild", sagte der Brandenburger CDU-Generalsekretär Gordon Hoffmann.
Linken-Fraktionsvorsitzender: Radikalisierung verhindern
Aus diesem Terroranschlag des IS dürfe keine Asyldebatte gemacht werden, sagte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Brandenburger Landtag, Sebastian Walter. Es sei eine Debatte über Radikalisierung und über einen Angriff auf die Demokratie. "Wir müssen dafür sorgen, dass Integration stattfindet", sagte Walter.
Die Diskussionen über Abschiebungen, Waffenlängen, Waffenverbotszonen seien "tagesaktuelle Symbolpolitik", ergänzte er. Durch Waffenverbotszonen ließe sich kein Verbrecher von einem Verbrechen abhalten. Es gehe um andere Fragen. Etwa wie man die Radikalisierung von Menschen verhindere. Gewalt und Kriminalität hingen eng mit sozialen Faktoren zusammen, betonte Walter.
Grünen-Spitzenkandidatin: Lösungen auf Basis des Grundgesetzes
Die Grünen-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 22. September, Antje Töpfer, sagte, es sei nun wichtig, sich nicht gegenseitig im "Populismus zu überbieten". Man müsse nach "wirksamen und vernünftigen" Lösungen auf Basis des Grundgesetzes suchen.
Ihr Fraktionskollege Benjamin Raschke bekräftigte die Forderung der Grünen nach einer Verschärfung des Waffenrechts. "Wir halten es für völlig verkehrt, dass man eine Machete im Baumarkt kaufen kann." Man könne ohne großen Aufwand in Brandenburg mit einer Waffe herumlaufen.
Mutmaßlicher Attentäter nicht nach Bulgarien überstellt
Am Freitagabend waren bei einem Stadtfest im nordrhein-westfälischen Solingen drei Menschen mit einem Messer getötet worden. Acht Menschen wurden verletzt, vier davon schwer. Mutmaßlicher Täter ist ein 26-jähriger Syrer, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt. Ihm wird unter anderem die Mitgliedschaft in der islamistischen Terrororganisation IS vorgeworfen.
Der Mann hätte eigentlich im vergangenen Jahr nach Bulgarien überstellt werden sollen, was jedoch nicht geschah. Der Fall löste eine bundesweite Debatte über Abschiebungen und Migration aus.
Flüchtlingsrat besorgt
Der Flüchtlingsrat in Brandenburg warnte unterdessen vor einer Debatte auf dem Rücken von Geflüchteten. "Wir kriegen ganz viele Anrufe von Geflüchteten, die verunsichert sind, wenn sie sich die Nachrichten anschauen", sagte ein Sprecher des Rates dem rbb.
Täter wie in Solingen gebe es leider überall auf dieser Welt. Man solle sich auf den Rechtsstaat verlassen, führte der Sprecher aus. Die Justiz sei da, um solche Vergehen zu ahnden. Die Politik solle nun nicht weitere Verunsicherung schaffen, sondern schauen, was für die Mehrheit sinnvoll sei, betonte der Sprecher.
Bischof Stäblein gegen Pauschalurteile
Der evangelische Berliner Bischof Christian Stäblein warnte vor Pauschalurteilen. Mit diesen sei niemandem geholfen - "gerade weil es um unsere Sicherheit geht", so der Bischof am Dienstag in Berlin. Es brauche eine ehrliche, offene Debatte.
Die allermeisten, die nach Deutschland geflohen seien, seien gut integriert und leisteten einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft, sagte Stäblein.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 27.08.2024, 19:30 Uhr