Start ins Olympia-Jahr - Das sind die Medaillenhoffnungen aus Berlin und Brandenburg bei der Bahnrad-EM
Für die Berliner und Brandenburger Bahnrad-Stars beginnt das Olympia-Jahr am Mittwoch mit den Europameisterschaften in Apeldoorn. Acht regionale Sportlerinnen und Sportler sind am Start - mit großen Medaillenchancen. Von Thomas Juschus
Für Lea Sophie Friedrich, Pauline Grabosch, Emma Hinze, Clara Schneider, Maximilian Dörnbach, Nik Schröter, Roger Kluge und Theo Reinhardt geht es bis zum Sonntag bei den kontinentalen Meisterschaften in den Niederlanden (10. bis 14. Januar) neben EM-Medaillen vor allem darum, den nächsten Schritt auf dem Weg zu den Olympischen Spielen im Sommer zu machen. Der Wettbewerb ist wichtiger Bestandteil der Qualifikation.
Mit Ausnahme von Nachwuchs-Sprinterin Clara Schneider haben alle Athletinnen und Athleten beste Aussichten, zum "Team D" für Paris 2024 zu gehören, das der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) voraussichtlich im Juni und Juli berufen wird. Die genauen Nominierungs-Termine sind noch nicht bekannt.
Vor dem EM-Start stellt rbb|24 die Sportler aus der Region vor:
Lea Sophie Friedrich (24 Jahre/Track Team Brandenburg)
Am Montag feierte Friedrich ihren 24. Geburtstag, bei der EM könnte sie sich ein nachträgliches Geburtstagsgeschenk machen. Im Vorjahr in Grenchen triumphierte die gebürtige Lübeckerin gleich dreimal: in Teamsprint, Sprint und Keirin - im Kampfsprint nach 2021 und 2022 sogar schon zum dritten Mal in Folge. Auch in diesem Jahr gehört die inzwischen achtmalige Weltmeisterin zu den Top-Favoritinnen bei der EM.
Bei der Generalprobe kurz vor Weihnachten bei einem internationalen Wettkampf in der Schweiz zeigte die Bundespolizistin bereits ihre gute Form und präsentierte sich taktisch stark verbessert. "Auf das Ergebnis kann ich aufbauen - das war eine große Motivation für die EM", sagt die Wahl-Cottbuserin. Auftakt für sie und die Mannschaft ist wie immer am ersten Tag mit dem Teamsprint.
Pauline Grabosch (25/Track Team Brandenburg)
Die gebürtige Magdeburgerin, die am letzten EM-Tag ihren 26. Geburtstag feiert, ist vor allem wieder auf der Position 1 im Teamsprint gefordert. Bei Überprüfungen in Frankfurt (Oder) zeigte die Rekord-Weltmeisterin in dieser Disziplin (2018, 2020, 2021, 2022, 2023) bereits gute Form. "Mein Motto für 2024 ist Vertrauen. Vertrauen auf mich und meinen Weg. Mein größtes Ziel ist es, so schnell zu fahren wie noch nie. Egal wann, egal wo", hält sich Grabosch mit genauen Zielstellungen und Kampfansagen für das Jahr 2024 zurück.
Im Vorjahr konnte die Psychologie-Studentin hinter Friedrich neben Teamsprint-Gold noch Silber im Sprint erkämpfen, profitierte da vom Startverzicht von Emma Hinze. In diesem Jahr scheint ein zweiter Start neben dem Teamsprint über die 500 Meter wahrscheinlicher.
Emma Hinze (26/Track Team Brandenburg)
Nach EM- und WM-Gold 2023 über die nicht-olympischen 500 Meter geht der Fokus von Emma Hinze in diesem Jahr wieder mehr auf die Disziplinen für Paris 2024 - also Teamsprint, Sprint und Keirin. "Die Vorbereitung lief sehr gut für mich, die Zeiten waren sehr zufriedenstellend", sagt die achtmalige Weltmeisterin über die vergangenen Wochen.
Seit Oktober arbeitet die gebürtige Hildesheimerin, die schon seit 2015 in Cottbus lebt und trainiert, mit Maximilian Levy als Trainer zusammen. Ihr Lebenspartner, selbst erfolgreicher Bahnsprinter und im Hauptjob Junioren-Bundestrainer, hat das Training an der einen oder anderen Stelle angepasst. "Mein Kraftniveau ist besser geworden, auch taktisch habe ich viele gute Vorschläge und Ideen bekommen. Insgesamt gibt mir das Training mit Max sehr viel Energie", sagt Hinze, die diese neue Stärke bei der EM in erste Ergebnisse umsetzen möchte.
Clara Schneider (19/Track Team Brandenburg)
Bundestrainer Jan van Eijden gibt der dreimaligen Junioren-Weltmeisterin von 2022 eine erste Bewährungsprobe im Elite-Bereich. Schneider, die in Cottbus noch die Sportschule besucht, erhält eine Chance über die nicht-olympischen 500 Meter. "Bisher habe ich die 'Großen' immer nur am Fernsehen oder im Livestream verfolgt. Jetzt bin ich selber dabei. Ich freue mich riesig, dass ich diese Chance im Zeitfahren bekomme. Ich habe richtig Bock auf den Wettkampf", sagt Schneider, die im Vorjahr ihr großes Potenzial auch schon bei den U23-Europameisterschaften in Portugal mit dem Titelgewinn in Keirin zeigte. Verstecken will sich Schneider auch in den Niederlanden nicht: "Ich gehe mit einer ganz guten Form zur EM, habe aber großen Respekt, da ich auf komplette neue Gegnerinnen treffe", sagt die 19-Jährige.
Maximilian Dörnbach (28/Track Team Brandenburg)
Der gebürtige Thüringer, der seit Frühjahr 2020 in Cottbus lebt und trainiert, hat sich zu einer festen Größe im Sprint-Bereich der Männer entwickelt. Vor allem im nicht-olympischen 1.000-Meter-Zeitfahren hat der Bundespolizist großes Potenzial, stand bei der EM 2022 und 2023 jeweils als Dritter auf dem Podium. Diese Stärken prädestinieren ihn auch für die Position drei im Teamsprint. "Diese Disziplin hat ganz klar Priorität in Apeldoorn, da über den Teamsprint die Olympia-Qualifikation läuft", sagt Dörnbach.
Nach zuletzt guten Leistungen (Vierter bei der EM 2023, Fünfter bei der WM) steht der Bund Deutscher Radfahrer in der Qualifikations-Rangliste auf Platz sieben - nur acht Teams bekommen ein Ticket für Paris 2024. "Wir müssen uns bemühen, im Teamsprint eine sehr gute Leistung einzufahren. Nur wenn wir uns keine Fehler erlauben, können wir die Position behaupten", sagt Dörnbach, der in den Einzeldisziplinen von Tag zu Tag schauen will.
Nik Schröter (25/Track Team Brandenburg)
Bei der WM 2021 in Roubaix führte Schröter das deutsche Teamsprint-Trio als Anfahrer auf Platz drei und damit zur seitdem letzten internationalen Medaille in dieser Disziplin. Inzwischen hat der 25-Jährige aus Finsterwalde diese Position an Luca Spiegel (Offenbach) verloren – konnte aber trotz der nicht optimal verlaufenen WM-Premiere einen Platz in der Mannschaft behaupten – auf Position zwei. "Die Vorbereitung war durch die Feiertage etwas kurz, aber das Abschlusstraining war sehr gut und wir gehen positiv an die Sache ran", sagt Schröter. "Ich denke, ins kleine Finale zu fahren ist realistisch und sollte das Ziel sein", ergänzt er. Damit würden er und die Mannschaft auch dem ersehnten Olympia-Ticket wieder einen Schritt näherkommen.
Roger Kluge (37/Team rad-net-Oßwald)
Im Vorjahr erwischten Kluge und sein Madison-Dauerpartner Theo Reinhardt einen Traumstart in das Jahr: Sieg beim Sechstagerennen in Berlin, danach erfolgreiche Titelverteidigung bei der EM in Grenchen, danach Weltcup- bzw. Nations-Cup-Erfolge in Jakarta und Kairo - nichts und niemand konnte die zweimaligen Weltmeister (2018, 2019) stoppen.
"Wir wollen natürlich auch diesmal das bestmögliche Gefühl mit aus den Rennen nehmen - und möglichst mit nach Paris", sagt Kluge, der im Sommer seine fünften olympischen Spiele erleben möchte und nach Silber 2008 in Peking seine zweite Medaille gewinnen will. Zunächst steht aber die EM an - dort ist der "Hattrick" im Zweier-Mannschaftsfahren möglich. "Ja, wir wurden schon mehrfach darauf angesprochen. Natürlich wäre das cool. Hauptsächlich wollen wir aber ein gutes Rennen fahren und zeigen, dass wir bereit sind", so Kluge, der mit seiner Familie in Ludwigsfelde lebt.
Nach der EM geht es nochmals für einige Praktikums-Schichten zurück in die Feuer- und Rettungswache Potsdam-Babelsberg, ehe der 37-Jährige im Frühjahr seine Ausbildung zum Feuerwehrmann mit den Prüfungen abschließen kann - und sich dann komplett auf Sport und Olympia konzentrieren will.
Theo Reinhardt (33/Team rad-net Oßwald)
Der Routinier und Dauerpartner von Roger Kluge ist auch wichtiger Bestandteil der deutschen Bahn-Vierers. 2016 in Rio de Janeiro (Platz fünf) und 2021 in Tokio (Platz sechs) konnte er schon bei Top-Platzierungen bei Olympischen Spielen in der Mannschaftsverfolgung helfen. Auch für Paris 2024 ist der 33-Jährige aus Neu-Lindenberg bei Ahrensfelde (Kreis Barnim) Kandidat für die Mannschaft. Sein Hauptaugenmerk gilt aber insgeheim sicher dem Madison – hier sind die Medaillenchancen größer. Zuletzt bei den Sechstagerennen in Gent und Rotterdam sammelten Kluge/Reinhardt schon wieder wichtige Rennkilometer.
Direkt nach dem Rennen in Apeldoorn am Donnerstag geht es für das Duo weiter nach Bremen, wo beide von Freitag bis Montag an den Sixdays teilnehmen. Vor den Nations-Cup-Starts in Adelaide und Hongkong steht auch das Sixday-Weekend im Berliner Velodrom (25./26. Januar) für Kluge/Reinhardt auf dem Plan – wie bei der EM als Titelverteidiger.
Sendung: rbb24, 10.01.2023, 18 Uhr