Berlin - Wie Tennis Borussia amputierten Menschen ein fußballerisches Zuhause bietet
Seit 2021 baut Tennis Borussia eine Abteilung für Amputierten-Fußball auf, in der neuen Saison nimmt der Verein erstmals mit eigenem Team an der Bundesliga teil. Vor dem nächsten Spieltag ist die Berliner Amputierten-Mannschaft am Reichstag zu Gast.
Gefragt nach dem Saisonziel seiner Mannschaft kann sich Kevin Henck ein Lachen nicht verkneifen. "Nicht Letzter werden", sagt der Mann, der seit März 2023 Trainer und Abteilungsleiter des Amputierten-Fußballs bei Tennis Borussia Berlin ist.
Schon seit 2021 baut der Verein die Sparte auf, in dieser Saison nimmt TeBe nun erstmals mit einer eigenen Mannschaft am Spielbetrieb der Amputierten-Fußball-Bundesliga teil. "Die Jahre zuvor haben wir eine Spielgemeinschaft mit dem HSV und Sportfreunde Braunschweig gebildet. Weil der Kader jetzt aber zu groß wäre, haben wir entschieden, dass der HSV und wir in dieser Saison mit eigenen Mannschaften antreten", erklärt Henck im Gespräch mit rbb|24. "Aus Braunschweig waren ohnehin nur zwei Spieler dabei: Einer ist zu uns gekommen, der andere ist zum HSV gewechselt."
Fünf Teams in der Bundesliga, Finalspieltag im Mommsenstadion
Neben TeBe und dem Hamburger Sport-Verein nehmen auch der 1. FSV Mainz 05, Fortuna Düsseldorf und Anpfiff Hoffenheim an der Amputierten-Bundesliga teil. An drei Doppelspieltagen und einem abschließenden Finalspieltag, der in dieser Saison am 12. Oktober im Berliner Mommsenstadion ausgetragen werden soll, wird der neue Deutsche Meister ermittelt.
Um mitmischen zu dürfen, müssen Feldspieler eine Beinamputation oder eine Missbildung haben. Torhüter dürfen zwar beide Beine haben, müssen dafür aber eine Hand- oder Armamputation vorweisen. Der Ball darf – analog zur Handregel – nicht mit der Gehstütze berührt werden, es gibt kein Abseits, eine Partie dauert 2x20 Minuten, gespielt wird auf einem 40x20 Meter großen Platz – und die Teams setzen sich aus jeweils fünf Akteuren zusammen (vier Feldspieler, ein Torwart). "Es ist faszinierend, was man machen kann, selbst wenn man mit Gehstützen auf dem Fußballplatz unterwegs ist", sagt Henck. "Es ist immer wieder schön, den Jungs zuzugucken. Manchmal geht es auch richtig zur Sache – wie im normalen Fußball. Wir sind nicht zimperlich."
"Amputierten Menschen die Möglichkeit geben, weiter ihrem Hobby nachzugehen"
Die Schicksale der Amputierten, das betont Henck, seien "ganz unterschiedlich: Krebserkrankungen, die eine Amputation nach sich zogen bis hin zu einem Ukrainer, der im Krieg ein Bein verloren hat und bei uns mitspielt. Da ist querbeet alles mit dabei".
Was sie eint, ist ihre Liebe zum Fußball. "Das Ziel ist es, amputierten Menschen eine Möglichkeit zu geben, weiter ihrem Hobby nachzugehen", so der TeBe-Trainer. Im Jahr 2023 erhielt Tennis Borussia als erster Standort für Amputierten-Fußball in Berlin und Brandenburg den Zukunftspreis des Berliner Sports. Um die Abteilung weiter aufzubauen, sei der Verein besonders auf Sponsoren- und Spendengelder angewiesen, sagt Henck.
Bevor am Samstag und Sonntag die nächsten Spiele im Liga-Betrieb in Norderstedt auf dem Programm stehen, wartet noch ein besonderer Termin in Berlin auf Hencks Mannschaft: Am Freitag ist die Amputierten-Mannschaft im Rahmen des Fußball-Inklusionstages im Stadion in der Fanzone am Reichstag zu Gast. Dort werde man eine "Demo-Trainingseinheit" absolvieren und allen Interessierten die Chance geben, selbst mal auszuprobieren, mit Gehstützen Fußball zu spielen. "Das ist gar nicht so einfach. Ich habe das auch schon mal versucht", sagt Henck.
Vor allem ist ihm aber etwas anderes wichtig: "Die Zuschauer sollen sehen, dass das Leben weitergeht – auch nach einem Schicksalsschlag. Und wir wollen den Sport bekannter machen, denn viele Leute wissen gar nicht, dass es Amputierten-Fußball gibt."