Nach Ampel-Bruch - Die ungewisse Zukunft der Energieregion Lausitz

Mo 18.11.24 | 15:56 Uhr
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Das Industriegelände Schwarze Pumpe bei Nacht (Foto: rbb/Screenshot)
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Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 17.11.2024 | Andreas Rausch | Bild: rbb/Screenshot

Seit über 100 Jahren wird in der Lausitz Strom erzeugt, traditionell aus Braunkohle. Damit ist spätestens 2038 Schluss. Energieregion will die Lausitz aber bleiben, künftig auf Wasserstoff-Basis. Doch der Bundes-Ampel-Crash bremst diese Entwicklung. Von Andreas Rausch

Ein "Green Powerhouse" will der Energiekonzern Leag nach eigenen Angaben werden. Mit Photovoltaik und Windkraftanlagen auf altem Kippengelände. Für das Kohleunternehmen ein kompletter Richtungswechsel - mit gigantischen Ausmaßen.

Zehn Milliarden Euro will die Leag bis 2030 in den Umbau investieren und damit ein intelligent steuerbares System aus grüner Stromerzeugung, Speicherung und wasserstofffähigen Gaskraftwerken errichten. Etwa sieben Gigawatt Grünstrom sollen so in schon sechs Jahren in der Lausitz erzeugt werden, das ist mehr als die bisherigen Kohlekraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe (beide Spree-Neiße) zusammen schaffen.

Doch der Umbau stockt. Der Grund liegt in fehlenden gesetzlichen Vorgaben. Seit zwei Jahren wartet die Branche auf eine verbindliche Strategie des Bundes für die Transformation von kohlebasierter auf wasserstofffähige Stromerzeugung. Das sogenannte Kraftwerksicherheitsgesetz steckte noch in der Vorbereitungsphase, als die Ampelregierung auseinanderbrach.

"Die Lage ist sehr angespannt", beschreibt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende der Leag, Uwe Teubner, die Stimmung unter gut 7.000 Bergleuten in der Lausitz. "Wir wissen nicht, ob wir unsere Vorhaben noch so umsetzen können." Dabei sei ihnen der Strukturwandel versprochen worden, so Teubner. "Aber wenn es an die Umsetzung geht, kommt nichts."

Schrittweise Abschaltung hat längst begonnen

Dabei hat der klimafreundliche Umbau der deutschen Energiewirtschaft unter der Ampel Fahrt aufgenommen. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung steigt stetig [tagesschau.de]. Das Problem dabei bleibt die sogenannte Grundlast, also das Absichern einer stabilen Stromversorgung auch für die Zeit, in denen sich kein Windrad dreht oder keine Photovoltaikanlage Strom liefert. Das übernehmen nach dem Ausstieg aus der Atomenergie vor allem Kohlekraftwerke. Deren Zeit ist gezählt, bis 2038 ist Schluss damit, die schrittweise Abschaltung hat längst begonnen.

Aber solange es keine industriefähigen Großspeicher und kein intelligentes Leitungssystem gibt, braucht es dafür Ersatz. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte den Bau von Gaskraftwerken forciert, die zunächst mit konventionellem Erdgas, später mit grünem Wasserstoff gespeist werden - damit Deutschland sein Ziel, 2045 klimaneutral zu werden, erreichen und trotzdem versorgungssicher sein kann. Gaskraftwerke sind schneller regelbar und können damit flexibler als Kohlekraftwerke auf wechselnde Wetterbedingungen reagieren. Außerdem fällt, zumindest wenn nur die reine Verbrennung des Gases betrachtet wird, weniger CO2 an als bei der Kohleverstromung.

Verlängerung für Kohlekraftwerk Jänschwalde?

Der Weg von Kohle zu Gas ist in einer Kraftwerkstrategie beschrieben. Die sah bislang einen Neubau von Gaskapazität eher im industriestarken Südwesten Deutschlands vor, schon da fühlte sich die Lausitz mit ihren Plänen benachteiligt. Nun wurde kein Gesetz mehr daraus, das Problem aber bleibt. Ohne Gesetz wird kein Kraftwerk gebaut - und für die Leag drängt die Zeit.

Das Kohlekraftwerk Jänschwalde wird planmäßig 2028 abgeschaltet, ein vorgesehener Neubau am gleichen Standort dauert drei bis vier Jahre. Mit Anbietern ist man längst intensiv in Gesprächen, eigentlich sollte es ab Januar 2025 in konkrete Auftragsgespräche gehen. Das liegt nun auf Eis. Intern rechnet die Leag mit einem Zeitverzug von mindestens einem Jahr, bevor sich eine neue Bundesregierung weiter mit dem Thema beschäftigen wird.

Anfang November hatte die CDU/CSU ihre energiepolitische Agenda beschlossen. In aktuellen Wahlumfragen liegt sie konstant weit vor allen anderen Parteien. In dem Papier bekennt die Partei sich zu den Klimaschutzzielen, will diese aber auf anderen Wegen erreichen. So wird nicht nur mehr Technologieoffenheit in Aussicht gestellt, inklusive einer Prüfung, auch Kernkraft wieder eine Rolle zuzuweisen. Auch steht eindeutig im Konzept, dass die CDU/CSU im Sinne der Versorgungssicherheit kein weiteres Kohlekraftwerk abstellen will, bevor nicht ein Ersatzkraftwerk auf Gasbasis errichtet ist. Wird also eine Verlängerung der Betriebszeit für den Dinosaurier in Jänschwalde wahrscheinlich?

Vorerst keine Wasserstoff-Trasse

Ein weiteres Problem hemmt den Umbau der Energieregion Lausitz. Noch vor dem Ampel-Aus war der Beschluss über den Bau eines Wasserstoff-Kernnetzes in Kraft getreten, eine quasi Wasserstoffautobahn über 9.040 Kilometern Länge soll das Land perspektivisch mit dem grünen Energieträger versorgen. Eine Lebensader für industrielle Investitionen, nicht nur Gaskraftwerke. In Ostdeutschland ist die "Ontras" der Gasnetzbetreiber und entsprechend Vorhabensträger für Neubau.

Nur wird in den konkreten Bauplänen eine für die Lausitz-Pläne wesentliche Trasse nicht berücksichtigt, also erstmal nicht gebaut. Daran hängen sowohl das Stahlwerk von Arcelor Mittal in Eisenhüttenstadt, das sich einem grünen Umbau verschreiben will, als auch die Leag-Standorte Jänschwalde und Schwarze Pumpe.

Die Grafik zeigt das geplante Wasserstoff-Kernnetz in Brandenburg. Eine geplante Trasse über Eisenhüttenstadt, Jänschwalde und Schwarze Pumpe ist gestrichelt eingezeichnet, weil sie erstmal nicht kommt (Grafik: rbb/Quelle: Bundesnetzagentur)

"Das sind Projekte, die Stand heute vom Investor noch nicht so attraktiv eingestuft werden, dafür zu investieren", erklärte Ontras-Sprecher Ralf Borschinsky. Kurz gesagt, es gibt für einen teuren Leitungsneubau keine Abnahmegarantien für das Gas. Das Henne-Ei-Prinzip. Jetzt, so Borschinsky, kommees auf ein konzertiertes gemeinsames Vorgehen in den betroffenen Gebieten an, um die Dringlichkeit eines Anschlusses zu verdeutlichen.

Das Wasserstoffnetzwerk Lausitz indes warnt bereits vor einer Strukturwandel-Bremse, falls die Ost-Süd-Leitung nicht realisiert wird. "Wir haben zwölf weitere industrielle Investoren, die auf diese Pipeline warten", so Netzwerksprecher Sprecher Jens Krause. "Die schauen ziemlich verwundert darauf, was uns hier präsentiert wurde." Dabei gehe es um Produzenten etwa für grünes Kerosin. Laut Krause warten Investoren nicht gern lange. "Sie suchen sich den Standort, der für ihre Investition am besten passt.“ Und das wäre dann eben nicht mehr die Lausitz.

Solange es kein Kraftwerksicherheitsgesetz gibt, gibt es auch keine Grundlage für den Neubau von Gaskraftwerken in der Lausitz. Solange es keine konkreten Kraftwerkskapazitäten gibt, fehlt die Abnahmegarantie, die es für Investitionen in die dringend notwendige Gasleitung braucht. Und kommt diese Leitung nicht, springen womöglich weitere industrielle Interessenten ab, die den Strukturwandel in der Lausitz befördern könnten.

Rechtlich kann die Bundesnetzagentur zumindest beim Leitungsbau im zweiten Schritt einen Vorhabensträger für die Ost-Süd-Leitung benennen, der dann verpflichtet wird, diese zu realisieren. Darauf ruhen die Hoffnungen in der Region. Was den Neubau von Gaskraftwerken angeht, will die Lausitz bis zur Bundestagswahl lautstark auf ihr Problem aufmerksam machen. "Die Aufforderung an eine neue Regierung ist ganz klar: Was politisch zugesichert wurde, muss auch eingehalten werden", so Leag-Betriebsrat Teubner.

Sendung: Antenne Brandenburg, 18.11.2024, 9:30 Uhr

Kommentar

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17 Kommentare

  1. 17.

    Wie lange wollen Sie denn noch die Lüge verbreiten das Herr Habeck eine Wärmepumpe oder Fernwärme erfunden hat?
    Beide Technologien sind älter als Hr. Habeck.
    Ich habe auch noch keinen Hersteller in der Wärmebranche mit dem Namen Habeck gefunden. Vielleicht gibt es irgendwo einen Heizungsmonteur oder Klimatechniker mit dem Namen.
    Das Sie als selbsternannter physiker über gesicherte Erkenntnis im Zusammenhang mit Technik reden macht Sie umso unglaubwürdiger.
    Leitmotiv eines jeden Technikers: sag niemals nie oder geht nicht.
    Schon gar nicht wenn es technisch oder selbst im Labormaßstab bereits klar ist und sich nur noch um den Preis dreht.
    Leute wie Sie sind es die den Ruf des deutschen Fortschritts ruinieren.

  2. 16.

    Wie ist Ihr Hinweis auf die Gegenwart zu verstehen? Dass Sie den Plan nicht verstanden haben, was sich in der Zukunft ändern soll?

  3. 14.

    Ganz viel von dem was ich heute erlebe erinnert mich an die DDR.
    Sanktionen für Dinge die sich mal rechneten, bis sie sich nicht mehr rechnen. Subventionen für Dinge die sich nicht rechnen, bis sie sich rechnen. Alles immer aus dem Steuertopf oder mit neuen Schulden bezahlt. Langfristig führt das in die Insolvenz. Auch Staaten können pleite gehen, was übrigens öfter vorkommt als man gemeinhin denkt.
    Dazu Verbote gegen abweichende Meinungen und wer besonders penetrant ist, bekommt eben eine Hausdurchsuchung.
    Das alles hatten wir in den letzten 100 Jahren zweimal und beide Male endeten in einer Katastrophe.
    Albert Einstein sagte: Wer immer dasselbe tut und ein anderes Ergebnis erwartet ist schizophren.
    Ich fürchte, dass Einstein recht behalten wird.

  4. 13.

    Die Berliner Fernwärme wird fast ausschließlich durch das Verbrennen von Fossilem (z.B. Hausmüll) erzeugt. Umwelttechnisch ist es egal, ob nun der Senat oder früher Vattenfall das macht.

  5. 12.

    Mal ehrlich, Green Powerhouse klingt schon ein bisschen nach Spielcasino. Da ist es doch kein Wunder, wenn die Jetons hin und hergeschoben werden, sinnigerweise auf einem grünen Tisch mit rot-schwarzem Roulette...und alles wegen der Kohle.

  6. 11.

    Schade, dass hier wieder einmal die sog. Grundlast, die es technisch nicht mehr gibt, mit der (richtig!) Residuallast verwechselt wird, also der verbleibenden Last nach Anzug der erneuerbaren Einspeisung.

  7. 10.

    Das Wasserstoffmärchen kann glauben wer will, ich nicht. Die Technologie ist viel zu teuer. Der Wirkungsgrad liegt bei etwa 35%. Da können wir auch weiter Kohle verbrennen.

  8. 9.

    Warum muss man bei Ihnen jedes Mal bei der Biene und der Blume anfangen? Ganteför lag bekanntlich schon bei der ersten von drei Stellen vor dem Komma falsch. Sie haben zudem erfolgreich die Artikelserie des RBB verdrängt, in der berichtet wurde, wie die Berliner Fernwärme weg von fossilen Brennstoffen kommen soll.

  9. 8.

    Der von Ihnen zitierte Professor Ganteför hat nur Niedrig-Temperaturen-Wärmepumpen untersucht, denn die mit den hohen Vorlauftemperaturen gab es seinerzeit noch nicht. Der Herr Ganteför ist zum Schluss gekommen, die Luft-Wasser Wärmepumpe ist CO2 mäßig schlechter als die bestehende Gasheizung im eigenen Keller. Co2 mäßig, so seinerzeit die WELT, wäre es besser, der Verbraucher nutzt einfach weiter seine bestehende Gasheizung.

  10. 7.

    aber hier in unserer tollen Kreistadt muss man Glück haben, wer in der LWG wohnt hat auch ab 22 Uhr eine Heizung aber bei der GWG gehen die alle aus ab 22 Uhr bis nachts ca 2 Uhr bleiben die aus. Nachts unter Null Grad, wen juckt das, Hauptsache Energie gespart und das Klimablabla mit kranken Menschen die dann nicht zur Arbeit können.

  11. 6.

    Man muss sich nicht um die Nachkommastellen bei der CO2 Last, verursacht durch deutschen Strommix bei einer Hochtemperatur-Wärmepumpe streiten. Sicherheitshalber finden Sie nirgends Angaben der einschlägigen Hochtemperatur-Wärmepumpen Anbieter, wie hoch denn bei "bis 70 Grad Celsius" Vorlauftemperatur überhaupt noch ein nennenswerter thermodynamischer Hebefaktor existiert. Und bei der Fernwärme gehen Sie gleich auf Tauchstation. Denn niemand in der Welt erzeugt Fernwärme durch grünen Wasserstoff.

  12. 5.

    Gesichert ist die Erkenntnis, dass Wärmepumpen auch in D. CO2-neutraler sind als Ihre Ganteför das auf Basis falscher Zahlen erzählt wie es auch seit Jahrzehnten Großspeicher für Wasserstoff gibt. Die Firma Linde betreibt z.B. einen in den USA.

  13. 4.

    Meiner Meinung nach sind diese ganzen Subventionen Todgeburten. Ansiedlung von oben herab diktiert funktionieren einfach nicht. Genug Arbeitskräfte sind auch nicht vorhanden. Man sollte das Geld besser woanders investieren und nicht hier ein Milliardengrab schaffen mit nicht wettbewerbsfähigen Unternehmen und falschen Hoffnungen.

  14. 3.

    Danke Frau Merkel .
    Kohle wech , Atomkraft wech und den Rest an Energie überteuert verkaufen.
    Mir wird Angst und bange , jetzt kommt wieder ein CDU Supermann an die Macht.

  15. 2.

    "Aber solange es keine industriefähigen Großspeicher ,,, gibt" Es wird weder "Großspeicher" in den erforderlichen Dimensionen geben, das ist eine genau so gesicherte Erkenntnis, wie im GEG die Habeck Wärmpumpe oder die Habeck Fernheizungen nennenswerte CO2 Einsparungen liefern könnten.

  16. 1.

    Da bin ich jetzt mal gespannt.
    Ich befürchte eine neue, wie auch immer geartete Bundesregierung, sagt, Was geht mich das Geschwätz unserer Vorgänger an, und vergibt die Investitionen nach Bayern und BW.
    Dann gehen in der Lausitz doch noch die Lichter aus und die Strukturwandelmilliarden, so noch nicht ausgegeben, kann man bestimmt auch noch umleiten.

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