Bundesanwaltschaft - Mutmaßliche Hamas-Mitglieder in Berlin wegen Anschlagsplanung festgenommen
Die Sicherheitsbehörden haben womöglich einen Anschlag der palästinensischen Terrororganisation Hamas in Deutschland vereitelt. Es gab Festnahmen in Berlin und den Niederlanden. Vieles ist auch am Tag danach unklar.
- Vier mutmaßliche Hamas-Unterstützer festgenommen, drei davon in Berlin
- Bundesanwaltschaft: Keine konkreten Anschlagspläne
- Die drei in Berlin Wohnenden werden Freitag Ermittlungsrichter am BGH vorgeführt
- Regierender Bürgermeister und Innensenatorin danken Einsatzkräften
In Deutschland und den Niederlanden sind insgesamt vier mutmaßliche Mitglieder der radikalislamischen Hamas festgenommen worden, die Anschläge geplant haben sollen.
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe vom Donnerstag gab es drei Festnahmen in Berlin und eine in Rotterdam. Die Festgenommenen, zwei Libanesen, ein Ägypter und ein Niederländer, stehen demnach unter dem Verdacht, dass sie ein Waffendepot ausfindig machen und für Anschläge auf jüdische Einrichtungen bereithalten wollten. In Berlin wurden fünf Wohnungen und ein Restaurant durchsucht.
Erddepot heimlich in der Vergangenheit angelegt
Alle vier Festgenommenen sind der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung dringend verdächtig. Einer von ihnen, ein im Libanon geborener Mann, wurde zunächst nur vorläufig festgenommen, er soll die anderen unterstützt haben.
Konkret sollen die Anschlagspläne noch nicht gewesen sein. Wie die Bundesanwaltschaft ausführte, sollen alle vier Beschuldigten seit Jahren der Hamas angehören, sich an Aktionen der Organisation im Ausland beteiligt und enge Kontakte zu Führungskräften des militärischen Flügels gehabt haben.
Einer der in Berlin Festgenommenen, ebenfalls ein im Libanon geborener Mann, soll von Hamas-Führungskadern den Auftrag erhalten haben, die Waffen ausfindig zu machen. Das Erddepot in Europa sei in der Vergangenheit heimlich von der Hamas angelegt worden, erklärte die Bundesanwaltschaft.
Lage des Erddepots ist unklar
Derweil ist unbekannt, wo das Erddepot der Hamas-Terroristen sein könnte. "Vermutlich wissen das noch nicht mal die Ermittler so genau", sagte ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt am Freitagmorgen im rbb24 Inforadio. Erddepots in Wäldern würden von Terroristen immer wieder und schon seit langem angelegt, um dort Waffen, Stempel oder gefälschte Papiere zu verstecken. Solche Verstecke seien aber immer auch riskant, weil sie oft später nicht wieder gefunden würden.
"Schon die RAF hat Waffen und gefälschte Ausweise in Plastiktonnen etwa einen halben Meter tief in Waldböden vergraben. Es gab Aufzeichnungen, wo die sind, mit Markierungen auf Karten. Aber das ist alles nicht so eindeutig, wie man denkt", sagte Schmidt. "Auch der rechtsextreme NSU hat Dinge vergraben und nicht wieder gefunden, da sich die Natur verändert. Ein Baum ist nicht mehr da, eine Lichtung ist verschwunden, und dann wird es schwierig", so Schmidt.
Bundesanwaltschaft: Männer suchten nach Waffen
Im Oktober hätten sich die drei in Berlin wohnhaften Männer mehrfach von Berlin aus auf die Suche nach den Waffen gemacht. Dabei seien sie von dem nun in Rotterdam festgenommenen Mann unterstützt worden.
Die drei in Deutschland Festgenommenen sollen am Freitag dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden.
Dänemark hatte bereits am Donnerstagmorgen die Festnahme in den Niederlanden bekannt gegeben. Niederländische Medien zitierten einen Sprecher der Polizei in Rotterdam, wonach der Beschuldigte auch von den dänischen Behörden gesucht wurde.
Zentralrat: Lage ist akut und bedrohlich
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte am Donnerstag in der rbb24-Abendschau, er habe bei der Nachricht von den vereitelten Anschlägen zwiespältige Gefühle gehabt: Einerseits natürlich Erschrecken über das, was offensichtlich geplant war - auf jüdische Einrichtungen oder jüdische Menschen in Deutschland Attentate zu begehen. Auf der anderen Seite sei er aber auch erfreut darüber, dass es den Sicherheitsbehörden offensichtlich gelungen sei, so etwas rechtzeitig aufzudecken, um dann ein solches Attentat zu verhindern.
Die Festnahmen zeigen zudem nach Ansicht des Geschäftsführers des Zentralrats, Daniel Botmann, wie akut und bedrohlich die Lage ist. Die Hamas sei nicht nur eine Terror-Organisation, die in Israel oder dem Gaza-Streifen wüte, sondern sei eine Terror-Organisation, die weit darüber hinaus agiere, sagte er am Nachmittag dem rbb.
Wegner und Spranger danken Einsatzkräften
Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) und Innensenatorin Iris Spranger (SPD) haben am Abend den beteiligten Einsatzkräften gedankt. "Die Berliner Sicherheitsbehörden waren frühzeitig eingebunden und haben heute die Maßnahmen des BKA unterstützt", teilten Wegner und Spranger mit. "Das zeigt, dass die Sicherheitsbehörden länderübergreifend und auf allen Ebenen gut und engmaschig - auch bei Terrorismusverdacht - zusammenarbeiten."
Der islamistische Terrorismus stelle nach wie vor eine ernste Bedrohung in Deutschland dar. "Wir werden weiterhin entschlossen und mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln gegen Terrororganisationen, Antisemitismus und Israelfeindlichkeit vorgehen." Der Schutz jüdischen Lebens habe für sie höchste Priorität.
Ein Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) betonte, dass "Berlin als Metropole im absoluten Fokus" des internationalen Terrorismus stehe. Es sei nicht überraschend, dass "Gefährder ihre Anschläge" hier vorbereiten. "Wir reden über eine Hydra, deren weit vernetzte Strukturen es den Sicherheitsbehörden unglaublich schwer machen", hieß es weiter.
Sendung: Abendschau, 14.12.2023, 19:30 Uhr