Kein Strom, kein Wasser - Alle Bewohner müssen Haus in Treptow-Köpenick verlassen

Di 16.07.24 | 17:18 Uhr | Von Yasser Speck
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Mietshaus in der Fennstrasse 31 Berlin.(Quelle: rbb)
Video: rbb245 Abendschau | 15.07.2024 | Julia Kubowicz | Bild: rbb

Den Bewohnerinnen und Bewohnern eines Hauses in der Fennstraße in Treptow-Köpenick ist am Dienstag der Strom abgestellt worden. Zuvor gab es schon kein Wasser mehr und im Winter keine Heizung. Nun müssen alle raus.

Im Innenhof des gelben Mietshauses in der Fennstraße 31 in Niederschöneweide stapeln sich die Mülltüten zu Bergen. Auf dem Boden liegen viele Plastikverpackungen herum. Das Treppenhaus sieht heruntergekommen aus und die Decke des Hausflurs schimmelt.

Dass das Haus so heruntergekommen und dreckig ist, liegt aber nicht nur an den Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses: Seit Monaten wird der Müll nicht mehr abgeholt. Also stapelt er sich im Innenhof. Der Eigentümer, so wird im Haus vermutet, will die Bewohnerinnen und Bewohner rausekeln. Im Winter wurde ihnen die Heizung abgestellt und das Wasser abgedreht. Nun ist auch kein Strom mehr da - und alle sollen noch am Dienstag ihre Wohnungen verlassen.

Haus gilt als unbewohnbar

In dem Mietshaus im Bezirk Treptow-Köpenick wohnen circa 60 bis 80 Menschen. Viele von ihnen sind Sinti und Roma. In der Fennstraße wohnen auch viele Kinder und Alte.

Von außen sieht das Haus noch gut in Schuss aus, im Innern jedoch ist es marode. Durch wiederholte Wasserschäden sei das Haus mittlerweile unbewohnbar geworden, heißt es von der Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung, Claudia Leistner (Grüne). "Die Menschen müssen ausziehen, weil wir mit einem unabhängigen Sachverständigen festgestellt haben, dass die Wasserschäden so massiv sind, dass das Wasser nicht wieder angestellt werden kann, bevor nicht grundlegende Sanierungsarbeiten durchgeführt werden", erklärt Leistner.

In dem Haus, so schreibt es die Baugenehmigung vor, dürfen Menschen nur vorübergehend wohnen, die Nutzung ist nur für gewerbliche Zwecke erlaubt. Dennoch leben dort Menschen - teilweise mit befristeten Mietverträgen und teilweise ohne. "Wir sind in Gesprächen mit dem Eigentümer, um darauf hinzuwirken, dass hier ein dauerhaftes Wohnen möglich wird", sagt Leistner. Das würde der Eigentümer aktuell aber ablehnen, so die Politikerin. An einer langfristigen Lösung sei er nicht interessiert.

Eigentümer bleibt ein Phantom

Die Eigentümerin des Gebäudes ist die Firma IPG V GmbH. Das bestätigte Claudia Leistner rbb|24 bereits im März. Damals berichtete der rbb über die katastrophale Wohnsituation in der Fennstraße. rbb|24 konnte einsehen: Jene Firma steht auch im Mietvertrag eines Bewohners der Fennstraße, der dort seit etwa eineinhalb Jahren wohnt. Der Geschäftsführer der IPG V ist Matteo Colusso. Er ist der Kopf von mindestens 18 weiteren Immobilienfirmen.

Für Bewohnerinnen und Bewohner ist er jedoch nicht erreichbar. Genauso wie für den rbb: Im März erhielt rbb|24 keine Antwort auf eine Anfrage. Auch nun blieb es am anderen Ende still, per Telefon war niemand erreichbar und eine Mail mit Fragen blieben unbeantwortet. Warum der Eigentümer das Haus so hat verkommen lassen und wie es mit dem Gebäude nun weitergeht, bleibt daher offen.

"Kalte Entmietung" vermutet

Dem Eigentümer werfen nicht nur die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses vor, sie rausekeln zu wollen. Auch Bezirksstadträtin Leistner spricht von "kalter Entmietung". Thomas Herr vom Bündnis gegen Antiziganismus und für Roma Empowerment (BARE) hält das auch für wahrscheinlich. Er kümmert sich um die Menschen in der Fennstraße. "Unserer Meinung nach hat der Vermieter eine Strategie der kalten Entmietung gefahren. Plötzlich gab es kein Wasser mehr und die Heizung funktionierte plötzlich nicht mehr, und für die Müllabfuhr war auch nicht gesorgt." Dies könne kein Zufall sein, schätzt Thomas Herr die Lage ein.

"Es fehlen Eingriffsrechte, die bewirken, dass diese Willkürmaßnahmen und die Strategie der Verwahrlosung der Eigentümer Grenzen gesetzt werden", so Herr vom Bündnis BARE. Er vermutet, dass der Eigentümer mit seiner Strategie durchgekommen sei. Denn ab Dienstag müssen die Menschen das Haus verlassen - wohin genau, das wissen einige noch nicht.

Hotel, Ferienwohnung oder Obdachlosen-Unterkunft

Raus aus der Wohnung - bei einem Bewohner, der anonym bleiben möchte, sorgt das für Zukunftsängste. "Ich weiß nicht, wohin ich gehen soll", sagte ein Bewohner zu rbb|24. Nach eigenen Angaben hat er zwei Kinder. In eine Heim-Unterkunft habe er aber nicht gewollt, sagt der Bewohner.

Den Bewohnerinnen und Bewohnern des Hauses wurden keine neuen Wohnungen angeboten, allerdings können sie beispielweise in Obdachlosen-Einrichtungen unterkommen, aber auch in angemieteten Räumen wie Hotelzimmern oder Ferienwohnungen. Das Geld dafür komme aus öffentlichen Mitteln und zum Teil auch vom Eigentümer des Hauses, erklärt Bezirksstadträtin Claudia Leistner. "Wir erhalten jetzt Geld dafür, dass die Menschen nicht nur in Obdachlosen-Unterkünften untergebracht werden, sondern auch in Ferienwohnungen und Hotels."

Bewohnerin Dinka zeigt sich trotz der Unsicherheit froh, dass sie auszieht. "Es ist besser, dass wir alle von hier weggehen. Ich will eine Unterkunft alleine mit meinem Kind haben, die nicht so schmutzig ist wie hier", sagt sie.

In der nächsten Unterkunft wird es aller Voraussicht nach fließend Wasser geben - das kann auf der Haben-Seite verbucht werden. Auf der anderen Seite ist da aber auch ganz viel Unsicherheit bei den Bewohnerinnen und Bewohnern, wie es langfristig weitergeht.

Sendung: rbb24 Abendschau, 15.07.2024, 19:30 Uhr.

Beitrag von Yasser Speck

57 Kommentare

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  1. 57.

    Wir kennen auch einige liebe Menschen, die dort schon sehr lange leben und unter den Zuständen dort leiden. Es wird Zeit, dass das Haus endlich geräumt wird und wieder Ruhe und Ordnung einkehrt!

  2. 56.

    Wohnen Sie dort und haben Sie alles persönlich miterleben können?
    Wenn nicht, können Sie sich auch kein Urteil über den dortigen Zustand erlauben.

  3. 55.

    Völliger Unsinn, es soll Menschen geben die nicht total Ich-bezogen sind. Ich gehe auch und gerade mit fremden und geliehenen Sachen sorgfältig um. Aber evt. hatte ich auch noch eine andere Erziehung als sie.

  4. 54.
    Antwort auf [Gideon] vom 16.07.2024 um 23:03

    Was mir nicht gehört wird von mir auch nicht in Ordnung gehalten.
    Nur mein Eigentum pflege ich.

  5. 53.

    Ist gut jetzt! Die Menschen sind raus, das Haus ist leer und kann jetze beschlagnahmt werden! Ich würde da einziehen!

  6. 52.

    Erwarten Sie jetzt Fotos oder was soll "Nachbarin" Ihnen hier beweisen? Fakt ist, dass vor diesem Haus täglich fette SUVs (oft auf dem Gehweg) standen, die sich die Bewohner ganz sicher nicht leisten können. Fakt ist auch, dass es bereits Probleme mit Müll und Lärm dort gab, bevor der rbb über die fehlende Wasserversorgung berichtet hat. Und somit ist auch Fakt, dass die Behörden die Hinweise und Beschwerden der Anwohner nicht ernst genug genommen haben, es wurde immer nur vertröstet und weggesehen. Nun müssen die Bewohnenden trotzdem raus, tolle Leistung aller Beteiligten!

  7. 51.

    Das Haus wurde vor ca. 10 Jahren saniert, zumindest Fassade und Fenster.
    Ob auch innen, ist mir nicht bekannt.
    Daher erschließt sich mir die Logik nicht, weshalb man ein (teil)saniertes Haus, nach den Baumaßnahmen wieder so verkommen lässt.

  8. 50.

    Man sollte sich den Artikel auch durchlesen, den man verlinkt. In dem Artikel werden die Vorwürfe gegen den Vermieter doch bestätigt.

  9. 49.

    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/berlin-niederschoeneweide-so-lief-der-auszug-aus-dem-beruechtigten-chaos-haus-li.2235579

    Böser Vermieter, gute Mieter? So einfach ist es wohl nicht.

  10. 48.
    Antwort auf [Gideon] vom 16.07.2024 um 23:03

    Egal wie "wahr" Vorurteile sind, ist es ethisch immer falsch Individuen auf Grund des Verhaltens irgendwelcher Gruppen, denen sie angehören, vorzuverurteilen. Jeder Mensch ist ein Einzelfall.

  11. 47.

    Nachbarin:
    "Von den Anwerbern in dicken Karossen, die die Bewohnenden gegen Bezahlung zu diesem Haus geführt haben, kein Wort, oder?"

    Nein, denn es geht hier nicht um Fantasiemärchen!

    Belegen Sie bitte Ihre frei erfundene Behauptung mit prüfbaren Tatsachen!

  12. 46.

    mikpicknick:
    "Das werden sie wohl auch in ihrem neuen Zuhause nicht tun, und in kürzerer Zeit stehen die vor dem gleichen Problem. Es geht wahrlich nicht um die pauschale Verunglumpfung von Sinti und Roma. Aber es gibt unter ihnen, wie auch unter Deutschen echt Problemgruppen. Wieso werden und das zu Recht, Deutsche, insbes. die vom rechten Rand, beobachtet analysiert, öffentlich gerügt, während andere soziale, für jeden sichtbare Erscheinungen, regelrecht geleugnet, margenalisiert, und die Betreffenden von ihrer eigenen Verantwortung aus der Haftung genommen werden."

    Wie kommen Sie eigentlich darauf, dass die Sinti und Roma keine Deutschen seien? Sinti und Roma ist keine Staatsbürgerschaft und schließt daher die deutsche Staatsbürgerschaft nicht aus!

  13. 45.

    mikpicknick:
    "An alle die sich hier aufregen, bitte nicht selektiv lesen.
    Die Zustände sind, so wurde beschrieben nicht nur von den Bwohnern verursacht. Heißt, die Bewohner haben iheren Anteil an den Zuständen. Im RBB-Bericht wurde erwähnt, nur einige der Bewohner hätten einen Mietvertrag. Heißt, die meisten Bewohner werden wohl auch keine Miete, keine Nebenkosten, keine Müllentsorgung und keinen Strom bezahlt haben."

    Nach der Beschreibung im Artikel dürfte hier die Miete um (fast) 100% gemindert sein.

  14. 44.

    Eines darf man dem Eigentümer ganz sicher nicht unterstellen: Altruismus! Damit würde man dem Eigentümer unrecht tun! Ein Eigentümer, der sich weigert, mit dem Bezirksamt zu reden, ist ganz sicher kein Altruist.

  15. 43.

    Da ekelt ein Vermieter klar rechtswidrig seine Mieter raus, und einigen hier fällt nix besseres ein als uralte Klischees aufzuwärmen, pfui bäh.

  16. 42.
    Antwort auf [Stehaufweibchen] vom 16.07.2024 um 22:55

    Nicht immer, aber immer öfter.

  17. 41.

    Genauso ist das. Und ich bin alles andere als ein N@zi,wähle auch nicht die Alternative. Aber die haben ein anderes Verständnis von Wohnen.Gibt natürlich auch Gegenbeispiele. Bei uns wohnen welche in einer Ladenwohnung. Immer ganz ordentlich das Zimmer vorne raus und fegen sogar die Straße.

  18. 40.

    Hör mal, mußt Du nicht langsam in die Heija? Oder hast Du keine Arbeit hahahahaha!?

  19. 38.

    Von den Anwerbern in dicken Karossen, die die Bewohnenden gegen Bezahlung zu diesem Haus geführt haben, kein Wort, oder? Keiner will etwas gesehen oder gehört haben? Das waren doch Leute von der Ethnie, die hier das Haus bewohnt hat. Der Nachzug an Bewohnenden war ununterbrochen, man konnte es an den Kennzeichen gut erkennen, dass z. B. das Eldorado in UK vorbei ist und dass man in Polen Autos billig kaufen kann. Wer jetzt dem Eigentümer für alles Schuld gibt, liegt so was von falsch. Es gab drei Häuser in Niederschöneweide, die ebenso bewohnt wurden, das alle hatten sie gemeinsam: von Bewohnenden verursachten Dreck, Gestank und ständigen Lärm. Michael-Brückner-Straße, Spreestraße und Brückenstraße.

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