Parteitag - Brandenburger Grüne für AfD-Verbot

So 21.01.24 | 20:36 Uhr
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Alexandra Pichl, Brandenburgs Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, spricht auf dem Landesparteitag (Foto: dpa)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 20.01.2024 | Hanno Christ | Bild: dpa

Die Brandenburger Grünen wollen ein Verbotsverfahren gegen die AfD auf den Weg bringen. Auf dem Landesparteitag stimmte eine große Mehrheit dafür. Außerdem bekräftigten die Grünen ihren Anspruch, nach der Wahl wieder mitzuregieren.

Die Brandenburger Grünen haben bei ihrem Landesparteitag mit deutlicher Mehrheit für die Forderung eines AfD-Verbotsverfahrens geworben. Eine große Mehrheit der fast 140 Delegierten stimmte am Samstag, dem ersten Tag des zweitägigen Treffens in Potsdam, für einen entsprechenden Antrag. Es gab mehr als zehn Gegenstimmen und einige Enthaltungen.

"Wenn wir heute beginnen, können wir darauf hoffen, 2029 eine AfD-Bundesregierung und damit eine neue faschistische Regierung Deutschlands zu verhindern", heißt es in dem Antrag.

Pichl warnt vor Schnellschüssen

Die Grünen-Landesvorsitzende Alexandra Pichl hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, ein AfD-Verbot zu prüfen, aber vor Schnellschüssen gewarnt: "Wir haben nur einen Versuch und es darf nicht überstürzt vorgegangen werden." Das Verbot einer Partei gelte als das schärfste Schwert der Demokratie. "Hier muss sorgfältig abgewogen werden."

Grünen-Fraktionschef Benjamin Raschke warb ebenfalls dafür. "Ich bin entschieden dafür, ein AfD-Verbot zu prüfen als eine von vielen Maßnahmen", sagte Raschke. "Die Nazis haben die Demokratie mit ihren eigenen Waffen geschlagen."

Der Verfassungsschutz Brandenburg hatte 2020 den AfD-Landesverband als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Die AfD wehrt sich dagegen juristisch. Ein Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen rechter Aktivisten mit AfD-Funktionären sowie einzelnen Mitgliedern der CDU und der erzkonservativen Werteunion vor wenigen Tagen hatten die Debatte über ein AfD-Verbot neu belebt.

Unterstützung in ihrem Eintreten bekamen Brandenburgs Grüne aus der Bundespartei. Außenministerin Annalena Baerbock rief zum breiten Kampf gegen Rechtsextremismus auf. Im rbb sagte sie: "Wir stehen zu unserem Grundgesetz, der Würde des Menschen, zur Gleichheit aller Menschen in unserem Land. Jeglicher Vorstellung, dass hier Menschen deportiert werden, stellen wir uns entgegen."

Vorwürfe gegen Koalitionspartner und deren Vorgehen in der Flüchtlingspolitik

Die Grünen-Landeschefin Pichl warf den Koalitionspartnern CDU und SPD vor, sie seien in der Flüchtlingspolitik "dem Populismus verfallen". "Wir Bündnisgrüne begreifen jeden einzelnen Menschen, der zu uns kommt, als eine Chance", sagte Pichl. Sie ging Ministerpräsident Dietmar
Woidke (SPD) persönlich an, weil er den Klimaplan mit Maßnahmen aller Ministerien zum Klimaschutz auf Finanzierbarkeit prüft. "Nicht der Klimaplan ist zu teuer, die Klimakrise ist teuer."

Die Grünen machten deutlich, dass sie auch Teil der nächsten Landesregierung sein wollen. "Wir wollen weiter mitregieren", sagte die Co-Landesvorsitzende Hanna Große Holtrup. Am 22. September wird in Brandenburg ein neuer Landtag gewählt. Große Holtrup gab das Ziel von mindestens zehn Abgeordneten im Landtag aus - so viele sind es derzeit. Die Grünen peilen bei der Wahl ein zweistelliges Ergebnis an.

Zuletzt schwache Umfragewerte für die Partei

Allerdings kam die Partei in der jüngsten Umfrage des Instituts Insa für "Märkische Allgemeine", "Märkische Oderzeitung" und "Lausitzer Rundschau" vom Januar bei der Sonntagsfrage auf 8 Prozent, fast 3 Prozent weniger als bei der Wahl 2019. Stärkste Kraft wäre laut Umfrage die AfD mit 28 Prozent, gefolgt von CDU mit 18 und SPD mit 17 Prozent. Die Koalition hätte nach der Umfrage keine Mehrheit mit zusammen 43 Prozent der Stimmen.

Parteitag berät Auswirkungen der Krankenhausreform

Ein weiteres Thema am ersten Tag des Treffens der Grünen war die Krankenhausreform. Vertreter meherer Krankenhäuser in Brandenburg sprachen zu den Delegierten der Partei und warnten vor dem Aus für einige Kliniken aus finanzieller Not. Die Grünen stellen mit Ursula Nonnemacher die Landesgesundheitsministerin in der Regierung.

"Das Gespenst der Insolvenz geht um", sagte der Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft, Michael Jacob. "Uns geht es schlecht." Einigen Kliniken gehe es "besonders schlecht". Der Personalmangel werde durch Bürokratie verschärft. "Die wirtschaftliche Situation muss jetzt stabilisiert werden und nicht erst in einem halben Jahr oder Jahr, sonst haben wir nichts mehr zu reformieren." Jacob sieht die geplante Krankenhausreform von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kritisch: "Das gesamte Finanzierungssystem bleibt gleich", sagte Jacob. Das werde die kleinen Krankenhäuser "definitiv nicht retten".

Landesgesundheitsminister Nonnemacher dringt auf mehr Unterstützung vom Bund für die Kliniken in weniger urbananen Gebieten. "Wir brauchen diese Krankenhäuser - auch als
Anker der Versorgung in der Fläche", sagte die Ministerin vor den Delegierten. Sie warnte: Die Krankenhausreform dürfe nicht die medizinische Versorgung in den ländlichen Regionen gefährden. Manche Kliniken würden sich allerdings künftig umbauen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) plant eine Krankenhauskonferenz am kommenden Dienstag. Lauterbach will das Vergütungssystem der Kliniken mit Pauschalen für Behandlungsfälle ändern, um sie von finanziellem Druck zu immer mehr Fällen zu lösen.

Programm für die Landtagswahl beschlossen

Rund acht Monate vor der Landtagswahl beschlossen die Grünen dann am zweiten Tag ihres Treffens ihr Wahlprogramm. Zentraler Punkt ist dabei die Forderung eines früheren
Braunkohleausstiegs. "Spätestens 2030 muss Schluss sein", heißt es darin.

Landtagsfraktionschef Benjamin Raschke, der Spitzenkandidat werden will, sagte: "Die Zukunft der Lausitz hängt nicht an der Kohle. Die Zukunft der Lausitz hängt an den erneuerbaren Energien." Der Kohleausstieg ist bislang für 2038 vereinbart. Woidke hält ein Vorziehen bis 2030 mit Blick auf die Stromversorgung nicht für umsetzbar.

Der Parteitag stimmte außerdem für eine bessere Verkehrsanbindung auf dem Land und beschloss die Forderung einer Mobilitätsgarantie. "Zwischen 5 und 22 Uhr sollen alle Bahnhöfe mindestens stündlich bedient werden. Plus- und Taktbusse sorgen für regelmäßige Querverbindungen zwischen den Schienenachsen. Dort wo sich diese nicht lohnen, sollen Linien- und Fahrplan-ungebundene Rufbusse auch den letzten Ort erschließen", heißt es darin.

Die Grünen wenden sich im Wahlprogramm auch gegen zentrale Unterkünfte für Flüchtlinge. Sie wollen zudem Schulnoten schrittweise durch Lernstandserhebungen ersetzen, die eine Selbsteinschätzung der Schüler einbeziehen. Die Grünen "wollen Schulen die Möglichkeit
geben, dass sie in Zukunft bis einschließlich Jahrgangsstufe 8 auf Ziffernnoten verzichten können", heißt es im Programm.

Noch vor den Landtagswahlen stehen im Juni die Europawahl und die Kommunalwahlen an.

Sendung: Antenne Brandenburg, 21.01.2024, 19 Uhr

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101 Kommentare

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  1. 101.

    Ach nicht?

    Welcher Minister, welches Ministerium hat denn die Energiekrise durch Putin Wirtschaftskrieg gegen Europa eigentlich ganz erfolgreich gemanagt? Nichts von den ganzen rechten Untergangsphantasien eigen ja schon Untergangswünschen ist eingetroffen. Die Bäcker machen weiterhin zu, weil es keine Bäcker mehr gibt und auch keine VerkäuferInnen für die Läden. Der örtliche Metzger bei mir hat Samstags zu und unter der Woche bis 16 Uhr offen - keine VerkäuferInnen mehr. Gehen nur noch Rentner einkaufen.

  2. 100.

    Eines der erfolgreichsten Bundesländer wird seit langer Zeit erfolgreich von einem Grünen regiert.

    Nicht erfolgreiche Ostländer werden mit AFD MP bestimmt nur noch weniger erfolgreich.

  3. 99.

    Ihre Hoffnung, so entnehme ich das Ihren Äußerungen, Herrn Höcke durch Entzug seiner bürgerlichen Rechte aus dem Verkehr zu ziehen, wird nicht funktionieren. Das wäre in einem demokratischen Staatswesen ein einmaliger Vorgang, allerdings durchaus geläufig in Nordkorea. Sie müssen die AfD "entzaubern und inhaltlich stellen", wie ich oft bei Höcke-Gegnern gelesen habe.

  4. 98.

    Das GG kann in den meisten Teilen geändert werden.

    Juristisch schützt der Ewigkeitsparagraph übrigens nicht sich selbst.

    Die Altvorderen haben da mitgedacht.

  5. 96.

    Aber es gibt ja Gründe, weshalb die Leute AfD wählen. Und das hektische Agieren der Regierung in puncto Einwandererpolitik wird daran auch nichts ändern. Man möchte der Regierung doch zurufen: Schluss mit der Schuldenbremse! Nehmt endlich Geld in die Hand und saniert das marode Land. Und baut die überbordende Bürokratie ab, damit die Wirtschaft wieder wachsen kann. Wer eine bezahlbare Wohnung hat, sich gutes Essen und Urlaub leisten kann, dem ist egal, aus welchem Land sein Kollege oder Nachbar kommt.

  6. 95.

    Die Grünen können nur verbieten oder fordern, was anderes können die nicht.

  7. 94.

    Man kann auch eine ungültige Stimme abgeben, keiner von denen.

  8. 93.

    Unter anderem solche Aussagen stützten die Einschätzung des Gerichts, dass Höcke öffentlich als das bezeichnet werden darf was er ist: ein Faschist!

    (Ein praktisch absolutistischer Führerstaat ist eines der Kernelemente des Faschismus, siehe auch deutsche Geschichte)

  9. 92.

    Ist das Ihre Mentalität gleich Beleidigend zu werden?

  10. 91.

    Erklären Sie dem Faschisten Höcke, wie Demokratie funktioniert! Der rechte Flügel wurde formell aufgelöst, weil er sonst verboten worden wäre.

  11. 90.

    Genau das meine ich, zu glauben das Habeck die Politik alleine macht und im Wirtschaftsministerium nur Idioten sitzen.
    Unbestritten wurden viele Fehler gemacht und korrigiert!
    Wer die falsche derzeitige Politik der FDP will kann die doch statt Grüne wählen.
    Die ekelhAfDen Faschisten braucht niemand.

  12. 89.

    "Das es Deutschland momentan schlechter geht....Zinserhöhung bremst Investitionen."
    Ist nur merkwürdig: die deutsche Wirtschaft schrumpft und andere Nationen in der EU erwirtschaften ein Plus !
    "Und....der ungebildete Michel....sucht die Schuld bei den Grünen."
    Na mit Wirtschaftskompetenz haben die Grünen nun ganz bestimmt nicht geglänzt!

  13. 88.

    Sargnagel? Die Thüringer sehen seine fünf Punkte Plan anders:
    1. im Namen des Freistaates Thüringen den Bund für seine Flüchtlingspolitik verklagen
    2. den Thüringer Verfassungsschutz umkrempeln
    3. sämtliche Fördermittel für NGOs streichen, sie sind nicht demokratisch legitimiert
    4. den Klimaschutz (nach Ampel-Art) im Freistaat beenden
    5. die Medienstaatsverträge kündigen und den Rundfunk staatlich finanzieren

  14. 87.

    Also wenn es nach wirtschaftlichem Sachverstand ginge, müsste man auch die Grünen verbieten. Was da in letzter Zeit abgeht könnte man schon fast als Bankrott bezeichnen.

  15. 86.

    Höcke scheit bei der AfD ein Zugpferd zu sein und er kommt mit seiner Art bei einem großen Teile der Wahlbevölkerung in Thüringen an. Anders sind seine Vorhersagewerte nicht zu erklären. Das mag Ihnen nicht gefallen, aber so funktioniert Demokratie.

  16. 85.

    Komplexe Zusammenhänge zu erkennen und wegweisende Politik zu machen und die richtigen Entscheidungen zu treffen, ist aktuell sichtbar nicht die Stärke von Grünen und der SPD. Stattdessen wird ein Fehler nach dem nächsten angesteuert. Sich nicht mit der Realität auseinanderzusetzen sondern zu verweigern, ist ganz bei den Grünen.

  17. 84.

    Es gibt doch auch eine Petition zum Verbot von Bündnis 90/Die Grünen aus dem letzten Jahr. Soll man jetzt alle Parteien verbieten? Oder vielleicht müssen sich doch die Parteien miteinander auseinandersetzen statt strategischer, juristischer Winkelzüge. Ein in der Vergangenheit versuchtes Verbotsverfahren ist doch schon einmal gescheitert...

  18. 83.

    So so, der ungebildete Michel also. Bisher haben unsere grünen Volksvertreter nicht gerade mit Kompetenz geglänzt. Allen voran unser Wirtschaftsminister.

  19. 82.

    Die etablierten Parteien sollten im Sinne der Demokratie und zum Schutz unserer freiheitlichen Grundordnung endlich mal wieder ihre Kernkompetenzen in den Fokus nehmen. Nur Reden, Debattieren, Diskutieren und vor Kameras mahnende Worte sind zu wenig. Macht endlich dem Amtseid Ehre.

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