Sparkurs - Personalräte der Berliner Verwaltung warnen vor Stellenabbau

Mo 29.07.24 | 16:22 Uhr
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Symbolbild: Die Geschäftsführung diskutiert während eines Meetings. (Quelle: dpa/Zacharie Scheurer)
Audio: rbb24 Abendschau | 29.07.2024 | Vanessa Materia | Bild: dpa/Zacharie Scheurer

In einem Brandbrief an die Berliner Landespolitik lehnen die Beschäftigtenvertretungen mögliche Kürzungen ab. Die Arbeitsbelastung sei gestiegen, zudem habe die Politik eigene Versprechen nicht eingehalten.

Personalräte der Berliner Verwaltung warnen angesichts der notwendigen Haushaltskürzungen eindringlich vor Stellenabbau und steigender Arbeitsbelastung. In einem Brief an Senat und Abgeordnetenhaus, der dem rbb vorliegt, wird "jede Form von finanziellen Einsparungen zulasten des Personals" abgelehnt.

Viele Beschäftigte arbeiteten bereits jetzt "im ständigen Zustand der Überlastung", heißt es, dies erkläre auch die hohe Krankenquote im öffentlichen Dienst.

Der Brief, der auch direkt an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) adressiert ist, beginnt mit einer Bestandsanalyse. Die Haushaltslage habe sich aufgrund von Corona- und Energiekrise sowie dem Zuzug von Geflüchteten infolge des Ukrainekriegs in den vergangenen Jahren "dramatisch gedreht", Berlin sei wieder "pleite". 2025 müssten drei Milliarden Euro eingespart werden, für die Jahre danach gehen die Personalräte von "weiteren Fehlbeträgen in Milliardenhöhe" aus.

Nach Ansicht der Beschäftigtenvertretungen herrscht in vielen Bereichen schon jetzt akuter Personalmangel. Zwar habe es seit 2013 personellen Aufwuchs gegeben, die Ausstattung sei aber "zu keinem Zeitpunkt auskömmlich" gewesen. Denn gleichzeitig sei die Berliner Bevölkerung gewachsen, ebenso die Belastungen der Verwaltung durch vielfältige politische Krisen.

An den politisch Verantwortlichen wird im Brief deutliche Kritik geübt. So seien Digitalisierungsversprechen der Politik nicht eingehalten worden, heißt es, eine deutliche Arbeitsentlastung gebe es bisher nicht. Außerdem wird betont, für das "typische Berliner Behördenpingpong" trage das Personal im öffentlichen Dienst keine Verantwortung.

Angestoßen wurde die Briefaktion vom Hauptpersonalrat des Landes Berlin, der die Personalvertretungen in allen 145 Dienststellen um Unterstützung für die Forderungen bittet. Erste Rückläufer wurden bereits an Senatsverwaltungen und Abgeordnetenhaus verschickt, unter anderem vom Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten. Es ist nicht das erste Mal, dass Berliner Personalräte einen Brandbrief an die Politik senden. Bisher fühlen sie sich allerdings nicht ausreichend gehört.

Wie am Montag bekannt wurde, hat sich der Spardruck für die kommenden Jahre nochmal verschärft. Denn die Steuererleichterungen, die die Bundesregierung in der vergangenen Woche unter anderem beim Kinderfreibetrag beschlossen hatte, haben erhebliche Auswirkungen auf den Berliner Landeshaushalt. Die Finanzverwaltung geht davon aus, dass in den kommenden beiden Jahren rund 900 Millionen Euro fehlen werden. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" [€] darüber berichtet.

Sendung: rbb24 Abendschau, 29.07.2024, 19:30 Uhr

42 Kommentare

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  1. 42.

    Allein schon durch eine papierlose Bearbeitung, bei der alle berechtigten Personen jederzeit Zugriff auf die zentral abgelegten Schriftgüter haben, können laut Aussage meiner TN Wochen je Behördenvorgang eingespart werden. Da wird nichts mehr kopiert, gefaxt, doppelt abgelegt oder per Post verschickt. Voraussetzung ist die Organisation an die Software anzupassen und nicht umgekehrt.
    Die Software läuft, wird von mehr als 1000 MA in Berlin genutzt. Bei Problemen ist es der Job der Multiplikatoren über die Behördenleitung bei Materna Druck zu machen.
    Es kann in den nächsten Jahren nicht mehr MA in der Berliner Verwaltung geben und wenn man die jungen MA halten will, muss man sich gerade in den Druckbereichen um zeitgemäße Arbeitsabläufe kümmern.

  2. 41.

    Es gibt Projektteams und auch ENO's. Trotzdem bleibt es dabei das durch die E Akte lediglich eine Revisionssicherheit gegeben wird aber keine Verwaltungsprozesse verschlankt werden.

  3. 40.

    Der HPR hat den Brief zum Zeitpunkt der Veröffentlichung weder diskutiert noch veröffentlicht. Wer hat die Initiative gestartet?

  4. 39.

    Der HPR hat den Brief zum Zeitpunkt der Veröffentlichung weder diskutiert noch beschlossen. Wer ist hier also aktiv geworden?

  5. 38.

    Es gibt noch viel besseren Weg, und zwar, bei den Ausgaben die richtigen Prioritäten setzen, Eine gut funktionierende Verwaltung auf allen Ebenen, das gehört zur oberster Pflicht den Bürgern gegenüber.
    Übrigens, gut qualifiziertes Personal in der Verwaltung muss auch gut bezahlt werden, das sollte eine selbstverständliche Einstellug.dieses Arbeitgebers sein.

    Am eigenen Personal einzusparen um beispielsweise das 29Euro Ticket etc.unter die Berliner zu bringen, das macht nur ein schlechter Arbeitgeber. Das Ergebnis sieht man..

  6. 37.

    "Siehe Lohn Preisspirale Kapitalistische Weltanschauung/Wirtschaftssystem"

    Zuerst kommt die Inflation und danach die Lohnforderung, niemals umgekehrt!

  7. 36.

    Keine Software dieser Welt kann die Verwaltungsprobleme Berlins automatisch erkennen und lösen! Die eAkte erfordert Projektteams, die Struktur in die Abläufe bringen, Konzepte erarbeiten und diese dann konsequent mit den Behördenleitungen durchziehen.
    Diese Offenheit vermisse ich in den Schulungen.

  8. 35.

    Ich hatte vor einigen Wochen die Schulung und weiß bereits jetzt ziemlich sicher, dass ich hinsichtlich der Digitalen Akte möglichst viele Arbeitsschritte über den Windows Explorer vollziehen werde. Das ist immerhin ein gutes Feature der Software. Das reine Arbeiten innerhalb von nscale ist auch mir, Anfang 30, ein absoluter Graus!
    Besonders besorgt bin ich über das Bearbeiten von Geschäftsgängen, also internes Abzeichnen sowie Mitzeichnungen anderer Senatsverwaltungen, z. B. bei Senatsvorlagen. Gruselig.

  9. 34.

    Das Problem liegt weniger an den Mitarbeitern als an der nicht ausgereiften E-Akte selbst. Ich bin selbst Multiplikator und bei uns sind alle geschult oder arbeiten damit...das heißt sie versuchen es. Es klemmt da noch an einigen Stellen und leider ist ein konstruktives arbeiten und verbessern in einer Verwaltung schwierig, da immer wieder Sparzwänge oder gesetzliche Belange entgegen stehen. Einfach mal mit MA sprechen die schon seit über einem Jahr damit arbeiten wollen...

  10. 33.

    Ich arbeite in einer Berliner Behörde, die seit Jahren mit der elektronischen Akte arbeitet und in der nahezu alles online erledigt werden kann.

    Das ist jedoch nur dann effizient, wenn die Nutzer (Anzragsteller) diese korrekt nutzen. Kaum ein Antrag ist vollständig, nahezu immer müssen notwendige Unterlagen nachgefordert werden, innerhalb des Systems arbeiten frisst viel Arbeitszeit (z.B. digitale Unterschrift, sortieren, umhängen, umbenennen, damit man Unterlagen wiederfindet, ....

  11. 32.

    Erst Höheren Löhne einfordern, irgendwo muss das Geld dafür herkommen sparen in der Verwaltung oder die Steuerlast der Bürger erhöhen. Siehe Lohn Preisspirale Kapitalistische Weltanschauung/Wirtschaftssystem.

  12. 31.

    Mag sein, dass bei Ihnen Leute fehlen. Insgesamt jedoch sollten 2/3 des heutigen Personals ausreichen. Voraussetzung: DIGITALISIERUNG und Optimierung der Abläufe/Prozesse. Da liegt doch derart viel im Argen. Aber Rationalisierungsgedanken kommen in Behörden systembedingt nicht auf: Man könnte sich ja selbst weg rationalisieren....

  13. 30.

    Man steht sich doch selbst im Weg.
    Single-Sign-on … verhindert der Datenschutz bzw. Verkompliziert es.
    Solange jede Behörde seine eigene Datenbank pflegt sind viele Leute damit beschäftigt die gleichen Daten zum xten mal einzugeben.
    Alles andere an Problemen resultieren aus diesem ersten.

  14. 29.

    Diese nscale Software ist eine benutzerunfreundliche Katastrophe. Aber dafür können Sie als Trainer nichts. Selbst unser Coach konnte vor einigen Wochen in der Schulung zur Digitalen Akte seine Kritik an der Software nicht verbergen. Das werden noch sehr sehr interessante, konfliktreiche Jahre mit diesem Programm im ÖD-Alltag.

  15. 28.

    Und das fällt schon allein deshalb ins Wasser, weil man erst ne Ausschreibung machen muss, wer denn die Keule schwingen darf, was zu Folge hat, dass es bei Polemik und zahnlosen Tigern bleibt.

  16. 27.

    Weil man zuerst die Verwaltungsprozesse beschreiben und somit anpassen muss, bevor man ein Programm einführt - nicht umgekehrt.
    Der ÖD setzt sehr stark auf Selbstregelung anstatt kompetenter Führung. Die MA werden am Ende allein gelassen. Die FKs vergessen, dass sie in der Pflicht sind Leitlinien und Handlungsanweisungen herauszugeben.

  17. 26.

    Naja, die Führungskräfte, die ich im ÖD erlebe: haben selten einen Abschluss, haben den Job, weil sie der Kumpel von xy sind, haben keine Ahnung, wie die Regeln und Gesetze eigentlich sind und kümmern sich mehr um Außendarstellung aber nicht um das worauf es ankommt. Anstatt ihren Unternehmerpflichten nachzukommen schmeißen sie einfach eine Idee nach der anderen in den Raum und wollen diese umsetzen. Wir haben jetzt z.B. schon mind. 5 Apps bzw. Computerprogramme, die das gleiche machen, alle soll Mann beherrschen aber eine Kommunikation zwischen den Abteilungen ist nicht möglich......Das ist die Digitalisierung im ÖD. Ressourcenverschwendung.....

  18. 25.

    Die älteren kommen mit Computern nicht so gut klar. Es würde in der Berufsschule nicht geschult.
    Weiterbildung neben der Dienstzeit? Fehlanzeige.
    Training on the Job? Fehlanzeige. Woher soll das digitale Wissen kommen?
    Bildungsurlaub wäre ein Weg.
    Voraussetzung: Der AG hält langfristig an den MA/-innen fest.

  19. 24.

    Ein Trugschluss wenn Sie denken das mit der E Akte Verwaltungsprozesse verschlankt und digitalisiert werden. Gerade als Mentor sollten Sie den Blick über den Tellerrand werfen.

  20. 23.

    Als ich vor 38 Jahren in dem üblichen Einschätzungsgespräch mit meinem Chef den Vorschlag machte, eine weitere Fremdsprache zu lernen, lautete die Antwort:"kommt gar nicht in Frage, du verdirbst mit deinem Englisch schon die Preise". Damals hielt ich das für eine DDR typische Angst vor Verantwortung. In den folgenden Arbeitsjahren im real existierenden Kapitalismus musste ich lernen, es ist eine typische Abwehrhaltung von Führungskräften, die selbst nichts mehr dazulernen wollen oder können.

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