Jugendschutz - Brandenburger Stelle für Suchtfragen befürwortet Alkoholverbot bis 18 Jahre
In mehreren europäischen Ländern ist Alkoholtrinken erst ab 18 Jahren erlaubt, statt wie in Deutschland bereits ab 16. Für eine höhere Altersgrenze sprechen sich nun auch Suchtexperten im Bund und in Brandenburg aus. Das "begleitete Trinken" lehnen sie ab.
Die Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen (BLS) spricht sich für eine Altersgrenze von 18 Jahren für das Trinken von Alkohol aus. Das sagte die Geschäftsführerin der Landesstelle, Andrea Hardeling, rbb|24 am Mittwoch auf Anfrage.
Damit stimmte sie dem Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung Burkhard Blienert (SPD) zu, der seine Forderung in einem Interview mit der "Rheinischen Post" bekräftigt hatte. "Der Genuss von Alkohol sollte erst ab 18 Jahren, mit dem Erreichen der Volljährigkeit, erlaubt sein", sagte Blienert der Zeitung.
Das bezeichnete auch die Brandenburger Suchtexpertin Hardeling als sinnvoll. "In vielen europäischen Ländern ist der Erwerb und Konsum von Alkohol erst ab 18 Jahren erlaubt. Das ist aus entwicklungspsychologischer und gesundheitlicher Perspektive durchaus sinnvoll: Der Konsum von Alkohol kann erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit, insbesondere auf das sich entwickelnde Gehirn, haben", sagte Hardeling rbb|24. "Das menschliche Gehirn entwickelt sich bis in die frühen Zwanzigerjahre, und Alkoholkonsum kann diese Entwicklung beeinträchtigen."
"Ältere Jugendliche und junge Erwachsene haben in der Regel eine größere Fähigkeit zur Selbstkontrolle"
Die Studie "Brandenburger Jugendliche und Substanzkonsum" zeige, dass bereits 17 Prozent der Zehntklässler im Land Brandenburg regelmäßig Rauschtrinken betreibe [gesundheitsplattform.brandenburg.de]. "Das bedeutet, sie trinken mehr als fünf alkoholische Getränke an mindestens drei Tagen im Monat", sagte Hardeling.
Durch das Verbot des Alkoholkonsums für Personen unter 18 Jahren solle eine Kultur des verantwortungsvollen Umgangs mit Alkohol gefördert werden. "Ältere Jugendliche und junge Erwachsene haben in der Regel eine größere Fähigkeit zur Selbstkontrolle und ein besseres Verständnis für die Folgen ihres Handelns", sagte Hardeling.
In EU-Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich, Portugal, Polen, Tschechien und Kroatien darf man Alkohol erst ab 18 Jahren trinken.
Die BLS ist die zentrale Institution in Brandenburg, die sich mit der Prävention und Behandlung von Suchtproblemen beschäftigt. Ihre Hauptaufgaben umfassen die Entwicklung, Förderung und Koordination von Suchtprävention und Suchtkrankenhilfe. Sie wird vom Brandenburger Gesundheitsministerium gefördert und arbeitet in einem Netzwerk mit regionalen und überregionalen Partnern zusammen.
Bundesbeauftragter: "Vom begleiteten Trinken ab 14 Jahre halte ich gar nichts"
Der Bundesbeauftragte Burkhard Blienert argumentierte hinsichtlich eines Alkoholverbots bis 18, die Altersgrenze von 18 Jahren gelte bereits für Tabakprodukte. Derzeit lässt das Jugendschutzgesetz zu, dass Jugendliche in Begleitung Sorgeberechtigter in der Öffentlichkeit alkoholische Getränke wie Bier oder Wein zu sich nehmen. "Vom begleiteten Trinken ab 14 Jahre halte ich gar nichts", sagte Blienert dazu und führte aus: "Alkohol ist ein Zellgift, das ab dem ersten Tropfen wirkt. (...) Es gibt keinen Alkoholkonsum, der unbedenklich ist."
Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hatte sich im Juni mit dem Thema beschäftigt und beschlossen, dass Fachleute bis zum November die Regeln im Jugendschutzgesetz noch einmal genauer unter die Lupe nehmen sollen. Auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sprach sich für ein Verbot des sogenannten begleiteten Trinkens für 14- bis 16-Jährige aus.
DEG: Alkohol auch in Maßen nicht gesund
Erst vor wenigen Wochen hatte die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DEG) dazu geraten, keinen Alkohol zu trinken und damit eine frühere Einschätzung geändert. Auch in Maßen sei Alkohol nicht gesund - es gebe keine potenziell gesundheitsfördernde und sichere Alkoholmenge für einen unbedenklichen Konsum, schrieb die Fachgesellschaft in einem Positionspapier, das Mitte August veröffentlicht wurde. "Alkohol ist eine psychoaktive Droge", die als Ursache von mehr als 200 negativen gesundheitlichen Folgen wie Krankheiten und Unfällen identifiziert worden sei, heißt es darin.
Wer trotzdem Alkohol trinken wolle, sollte vor allem große Mengen vermeiden, riet die Fachgesellschaft. Das gelte insbesondere für junge Menschen. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Frauen, die stillen, sollten gar keinen Alkohol trinken.
Alkoholkonsum werde unter anderem mit Entwicklungsstörungen bei ungeborenen Kindern, Unfällen, Verletzungen, Gewalt und "psychosozialen Beeinträchtigungen von Menschen, die Alkohol trinken, sowie ihrem sozialen Umfeld" in Verbindung gebracht, schrieb die Gesellschaft. Insgesamt sinkt der Alkoholkonsum in Deutschland seit Jahren. Auch Jugendliche geben in vergleichbaren Langzeitumfragen heute weniger Alkoholkonsum an, als noch vor einigen Jahren.
Sendung: Fritz, 28.08.2024, 21:30 Uhr