Nur auf "problematische" Rudel - Brandenburger Experte rät zu Schutzjagd auf den Wolf

So 13.10.24 | 08:57 Uhr
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Ein Grauwolf (Canis lupus), aufgenommen am 03.06.2016. (Quelle: Skyfish/Adobe Stock/Holly Kuchera)
Bild: Skyfish/Adobe Stock/Holly Kuchera

Wie weiter mit dem Wolf? Das Wildtier soll wegen Übergriffen auf Schafe, Rinder und Pferde künftig weniger streng geschützt sein. Der Landesjagdverband Brandenburg fordert eine feste Jagdzeit. Wolfsexperte Eckhard Fuhr warnt dagegen davor.

Der Wolfsexperte Eckhard Fuhr rät nach dem politischen Kurswechsel in der EU im Umgang mit dem Beutegreifer zu einer entschlossenen Schutzjagd auf problematische Rudel, um die Weidetierhaltung zu schützen. Dagegen wäre es völlig unsinnig, nach einer allgemeinen Jagdquote Wölfe zu erlegen, sagt Fuhr der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Das bringe "nur Störungen in die Verhältnisse".

"Andererseits muss man in bestimmten Gebieten, wo sich bei Wölfen eine Art Schafsfresser-Mentalität verbreitet, schon sehr früh intervenieren und dort auch schießen. Möglicherweise muss man auch viele Wölfe schießen und möglicherweise auch eine ganze Region für eine Zeit wolfsfrei machen", sagt Fuhr. "Für immer wird das nicht der Fall sein. Es werden neue Wölfe kommen."

Zeichen stehen auf niedrigeren Schutzstatus

Vertreter der EU-Staaten hatten im September mit der Stimme Deutschlands für einen abgesenkten Schutz gestimmt - von streng geschützt auf geschützt. Damit wurde der Weg für ein Verfahren frei gemacht, um den Bestand des wegen der Beutejagd auf Weidetiere umstrittenen Räubers regulieren zu können. Praktische Fragen werden erst noch geklärt.

Der Kurswechsel zeige, dass sich die Annahme, dass das Problem durch immer besseren Herdenschutz in den Griff zu bekommen ist, offenbar nicht bestätigt habe, so Fuhr, der auch Autor des Buches "Rückkehr der Wölfe" (2014) ist. Eher zeige sich, dass der Herdenschutz mit der Zeit in seiner Wirksamkeit nachlasse.

Ein Beispiel dafür sei der Osten Brandenburgs, wo wegen der Schweinepest mehrere 100 Kilometer Zäune in die Landschaft gestellt worden seien, die Wölfe aber überwinden. "Das hat dazu geführt, dass nur noch die Kombination aus Zaun und Herdenschutzhund einigermaßen Sicherheit bringt. Das ist aber eine Methode des Herdenschutzes, die nur große Betriebe - Profis - wirklich aufrechterhalten können", so Fuhr.

Fachbuchautor Eckhard Fuhr am 10.10.2024 in Berlin. (Quelle: dpa-Bildfunk/Carsten Hoffmann)
Der Autor Eckhard Fuhr im Oktober 2024. | Bild: dpa-Bildfunk/Carsten Hoffmann

Brandenburg hat ein besonders hohes Wolfsaufkommen

In Deutschland sind Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen Bundesländer mit besonders hohem Wolfsvorkommen, wobei Brandenburg mit rund 60 nachgewiesenen Territorien auf die Fläche gerechnet auch einen Spitzenplatz in Europa einnimmt. Fuhr, der auch den Arbeitskreis Wolf im Ökologischen Jagdverein Brandenburg-Berlin (ÖJV) leitet, nennt eine Zahl von zuletzt durchschnittlich 500 bis 600 Wölfen in dem Bundesland.

"Wichtig wäre, dass alle Wölfe, die sich von dem zumutbaren und vereinbarten Herdenschutz nicht abschrecken lassen, schnell und effizient abgeschossen werden", sagt Fuhr. "Das ist nicht ein Abschuss von wenigen einzelnen Individuen, sondern das ist eine Art von Schutzjagd, die parallel zu dem notwendigen Herdenschutz stattfinden muss, damit dieser Herdenschutz seine Wirkung behält."

Bislang werden auch einzelne sogenannte Entnahmen häufig von Verwaltungsgerichten gestoppt. Weidetierhalter und Teile der Bevölkerung auf dem Land sind erheblich aufgebracht.

Fuhr: "Absurditäten" im Umgang mit dem Wolf

Fuhr verweist auf den Fall einer Wölfin am Niederrhein ("Gloria"), die als sehr produktive Mutter "eine ganze Dynastie von Schaffressern" herangezogen habe. "Dass die noch lebt und dass da nicht eingeschritten worden ist, ist eine der Absurditäten, die das Rechtsregime des "strengen Schutzes" beim Wolf hervorbringt", sagt er. Anderseits gebe es völlig unauffällige Rudel. Solche Verhaltensunterschiede seien auch in der Schweiz dokumentiert.

"Am Ende ist es für die Biodiversität viel wichtiger, dass wir Weidetierhaltung haben in der Landschaft, als dass Wölfe in der Landschaft herumrennen", sagt Fuhr. Doch könne es nun "zu großen Enttäuschungen kommen". "Die Behauptung, dass flächendeckende Bejagung und die Reduzierung der Gesamtzahl, wie sie vom Bauernverband und Jagdverband gefordert wird, den Weidetierhaltern das Leben erleichtert, ist nicht richtig", warnt er.

Sind professionelle Wolfsjäger eine Antwort?

Der Landesjagdverband Brandenburg hatte dagegen jüngst eine feste Jagdzeit für den Wolf gefordert und würde auch die Einführung einer Obergrenze für die Tiere begrüßen.

Fuhr warnt dagegen davor, Wölfe zum Abschuss bei sogenannten Bewegungsjagden freizugeben. Mit diesen Jagden werden Rehe, Rotwild und Wildschweine erlegt und reguliert, ohne dass es zu Protesten kommt. "Wenn der Wolf dort auf die Abschussliste käme, wäre es mit diesem Frieden vorbei", warnt Fuhr. Am besten wäre nach seinen Worten, "man hätte professionelle Kräfte, Wolfsjäger, die das machen, aber man muss realistisch sein". Dies sei im Jagdsystem nicht vorgesehen.

Sendung: Antenne Brandenburg, 13.10.2024, 10:30 Uhr

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55 Kommentare

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  1. 54.

    Steht in @22. Anders als Landmaschinen " mähen" Schafe nur das, was sie fressen. Passiert auf diesen Flächen gar nichts, werden sie durch Naturverjüngung zu Wald. Da Wald eben nicht der Lebensraum aller Tierarten ist, soll es Heidelandschaften geben und somit sind Schafe wichtig für die Biodiversität, auch wenn sie domestiziert sind. Anders gefragt, was trägt denn der Wolf allein dazu bei? Das Zusammenspiel von schonender Bearbeitung der Flächen durch Beweidung, ganz ohne Bodenverdichtung durch riesige Landmaschinen, kein Einsatz von Pestziden, Herbiziden, Fungiziden schafft durchaus Biodiversität. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es in Deutschland nicht um Urwald, sondern um Kulturlandschaft und darin sollten alle ihren Platz finden, im Rahmen des Möglichen. Die Schäfer leisten mehr für den Schutz als viele denken.

  2. 53.

    Ach wenn der Hunger beim Wolf gross genug ist, nimmt er auch 'nen Spaziergänger oder 'n Drogendealer... Ausserdem macht Hunger böse. Auch den Wolf.:-)

  3. 52.

    Den Görli ham'se vergessen. Dann wollen ALLE den Zaun. Dann ist auch die Bürgermeisterin von X-Berg ganz plötzlich dafür.:-)

  4. 51.

    Die Aussage ist soviel wert, wie "In China fällt der Sack Reis um". Ich löse mal auf:
    "Biodiversität umfasst die verschiedenen Lebensformen (Arten von Tieren, Pflanzen, Pilzen, Bakterien), die unterschiedlichen Lebensräume, in denen Arten leben (Ökosysteme wie der Wald oder Gewässer), sowie die genetische Vielfalt innerhalb der Arten (z.B. Unterarten, Sorten und Rassen)."

    Ok noch mal die präzise Frage:
    Warum steigt die Biodiversität beim Einsatz domestizierten Tieren und sinkt bei der Anwesenheit des wichtigsten Beutegreifers Wolf?

  5. 50.

    Seit den achzenten Jahrhundert, steigt die Biodiversität an. Derzeit fällt sie wieder.

  6. 49.

    "Am Ende ist es für die Biodiversität viel wichtiger, dass wir Weidetierhaltung haben in der Landschaft, als dass Wölfe in der Landschaft herumrennen", sagt Fuhr.

    Sauber recherchiert? Wo und bei wem?
    Was versteht der gute Mann unter dem Begriff Biodervisität und seit wann steigern domestizierte Tiere die Biodiversität?

  7. 48.

    Ihr habt kein bißchen Ahnung von der Realität und den schrecklichen Wofsrissen .Der Wolf gehört hier nicht her

  8. 47.

    Im Gegensatz zu Ihren unbelegten Angaben hat Eckhard Fuhr seine Ausführungen sauber und methodisch einwandfrei recherchiert, auch wenn Ihnen das Ergebnis nicht passt.

  9. 46.

    Ja weil bis heute rumgeeiert wird. Jeder weiß, dass es bei einem Weiterso langfristig zur Vertreibung des Wolfs durch Abschuß oder Dezimierung in die biologische Bedeutungslosigkeit des wichtigsten Beutegreifer kommen wird. Oder die Tierhalter passen sich endlich den neuen Gegebenheiten an und setzen künftig auf biologischen Herdenschutz. Wenige Schäfer zeigen inzwischen, dass es auch hier in Deutschland geht.
    Ein Schäfer aus Atlandsberg scheut sich mit dem Einsatz französischer Pyrenäen-Berghunden auch nicht, seine Schafe direkt im Wolfsgebiet zu weiden. Mit Erfolg, kein einziges Tier ging seitdem verloren.

  10. 45.

    #Otto, es gibt wohl nichts besseres, als sein eigenes Märchen zu toppen.
    Dafür sind die Schleich-Tiere da. Da kann man hervorragend seiner eigenen Phantasie freien Lauf lassen.
    Natürlich auch in Sachen "Tierkwälerei"

  11. 44.

    Na ganz so verhält es sich ja nun wirklich nicht. Erstens besteht die Jägerschaft keinesfalls aus schiesswütigen „Abknallern“ und zweitens sind die Wildzäune in erster Linie eine Kostenfrage. Ein für Wölfe absolut überwindungssicherer Zaun müsste mehrere Meter hoch sein und gleichzeitig ein ganzes Stück unter die Erdoberfläche reichen. Um hinreichende Sicherheit zu erlangen, müsste der Zaun zudem unter Spannung gesetzt werden. Alles in allem Anforderungen, die für viele Nutztierhalter nur schwer zu finanzieren sind. Es ist auch eine Verschwörungstheorie, dass die Nutztierhalter und Jäger kollusiv zusammenwirken würden, nur um Wölfe abschiessen zu können.

  12. 43.

    Damit die Abknaller nicht um ihren Spaß gebracht werden werden lieber keine wirksamen Wildzäune errichtet.

  13. 42.

    Zahlreiche Angaben des "Experten" sind desinformierend - er weißt selber ganz genau, dass er die Unwahrheit sagt. Der rbb ist in der Pflicht, auch Interview-Inhalte zu prüfen. Ein grober Abgleich mit Informationen aus WIssenschaft und Praxis, wie allein schon die öffentlich zugänglichen Informationen auf den Seiten des Brandenburger Landesamts für Umwelt, hätten seine Falschdarstellungen einordnen können: Zu 0,2% ernährt sich der Wolf von Nutztieren, bzgl. seiner eigenen Diät. Von "Schafsfresser-Mentalität" kann also keine Rede sein. Ferner gibt es rund 1.000 Wölfe in Brandenburg. Es gibt durchaus große Verhaltensunterschiede, manche Wölfe fressen so gut wie nie Nutztiere, andere sind genetisch nachweisbar vielfach beteiligt gewesen. Prävention und Kompensation sind geeignete Mittel, sie müssen nur besser umgesetzt werden, keine "temporären" Ausrottungen, wie Fuhr es vorschlägt. Weidetierhaltung u. Wolfsschutz stehen nicht im Gegensatz. Keine Bühne für Desinformation!

  14. 41.

    Viel zu teuer, aber die gesamte Jägerschaft steht unter staatlicher Aufsicht, wenn‘s beruhigt.

  15. 40.

    Ach das geht schon, gibt ja auch Paare und Einzeltiere. Tegler Forst, Grunewald, Görli, da ist Platz. Außerdem latschen die Wölfe auch in den Siedlungen der Menschen in Brandenburg herum. Die sind anpassungsfähig und können auch in Berlin Widschweine jagen. Die Zäune von Zoo und Tierpark sind kein Problem, da ist die Speisekarte lang.

  16. 39.

    Liebe Userin, lieber User,
    Vielen Dank für die schöne Worte, die,so nehme ich es war, vor Ironie nur so strotzen. Was wäre wenn Frage könnte man stellen. Wer weis, ob nicht doch eine bestimmte Tier Art, dort so durch die Gegend läuft, schön versteckt und die Sonne sich auf den Pelz scheinen lässt.
    Ich wusste auch nicht das Wölfe Schilder lesen können,
    Hier Beginn Berlin oder
    willkommen im schönen Brandenburg
    Nun andere Habe Da Mehr Erfahrung.

  17. 38.

    Ah, da entlarven Sie sich: Wölfe ja, aber nicht bei mir, egal mit welcher Ausrede.
    Aber im Ernst: den satirischen Charakter des Beitrages von „Brandenburgerin“ haben Sie nicht erkannt? Traurig!

  18. 37.

    Sie outen sich gerade als unwissend. Wölfe brauchen mehr als die Hasen im Tiergarten. Und sie leben in Rudeln. Und sind menschenscheu. Wie bitte sollen denn Wölfe in der Stadt leben?

  19. 36.

    Wochenendthema Wolf. Für Rentner und Langeweile. Ist wie Soduku.

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