An der Tanke in Brandenburg - "Niemand geht hier freiwillig weg"
Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Rentner, der glücklich ist in seinem Ort, obwohl er findet, dass die Politiker dort nicht hinschauen.
rbb|24 will mit den Gesprächsprotokollen, die "An der Tanke" entstanden sind, Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben die Meinungen der Gesprächspartner wieder.
Wer: ehemaliger Ingenieur aus Prösen
Alter: 72 Jahre alt
Uhrzeit: 11:38 Uhr
Fahrzeug: Gudereit E-Bike
Gekauft: Bild-Zeitung
Woher: von Zuhause
Wohin: nach Hause, nur schnell zum Mittagessen eine Zeitung geholt
Ich stamme aus Prösen, habe aber 30 Jahre woanders gelebt und bin dann 1994 zurückgezogen. In der Zwischenzeit ist das Dorf moderner geworden, aber auch kleiner von der Einwohnerzahl. Ganz wichtig finde ich, dass die Politik zuhören müsste, aber sie hört nicht zu. Und aus dem Grund bin ich auch nicht dafür, dass die Ampel-Regierung auf Bundesebene weitermacht. Eigentlich bin ich CDU-Wähler, aber ich kriege so langsam meine Zweifel daran, was die richtige Politik ist.
Bild-Zeitung auf den Gepäckträger, zum Aufregen sagt er und lacht. Beide Hände am Lenker seines E-Bikes, den Ständer klappt er schon mal hoch – dass er nicht viel Zeit für das Gespräch hat, sondern eigentlich gleich los will, macht er direkt klar.
Wenn Politiker Heizungsgesetze oder sonst welche Gesetze beschließen, dann merkt man, wie weltfremd die sind. Dass sie keine Ahnung davon haben, wie die Menschen leben. Jedem eine Wärmepumpe einzubauen ist meiner Meinung nach völliger Unsinn. Das geht nicht, das ist technisch nicht möglich. Stromversorgung ist auch eine Sache, die wichtig ist. Da gibt es auch genug Wissenschaftler und andere Leute, die den Politikern das erklären, aber offensichtlich hören sie nicht zu, weil sie es nicht verstehen. Der Strom ist zu teuer, das hört man überall, egal, ob man am Stammtisch sitzt oder bei Freunden - das ist ein Riesenthema.
Sehr viele Menschen in meiner Umgebung haben die Bauernproteste unterstützt. Auch wenn es uns selber trifft, dass wir nicht auf die Autobahn kommen oder so. Alle konnten die Wut der Bauern verstehen. Ich habe keine negativen Diskussionen mitbekommen. Hier sind auch ein paar Trecker und Lkws durch den Ort gefahren.
Und da ganz plötzlich ruft er einem, der vorbei geht, zu: "Glückauf", und der andere antwortet genauso mit dem Bergmannsgruß.
Hier in Prösen leben wir sehr ruhig und friedlich miteinander. Es gibt einen großen Zusammenhalt. Ich habe ja viele Jahre zwischendurch anderswo gelebt, aber ab meinem ersten Tag 1994, als ich wieder hier war, gehörte ich wieder dazu.
Viele Menschen, die hier leben, arbeiten im sächsischen Umland oder auch in Dresden. Ich denke schon, dass auch viele Junge hierbleiben, wenn die Arbeitsplätze bei den Firmen stabil sind. Niemand geht hier freiwillig weg. Man orientiert sich hier eher nach Sachsen und Dresden, das ist näher als Berlin. Hier kauft auch keiner eine Zeitung von Berlin-Brandenburg, sondern die Sächsische.
Prösen - ein Ort unmittelbar an der brandenburgischen Grenze zu Sachsen. Berlin ist mehr als doppelt so weit weg, wie Dresden. Das Radio empfängt in Prösen nicht mehr Antenne Brandenburg, die Sender vom MDR sind hier zu hören.
Die Wahl im Brandenburg steht hier bei uns nicht so sehr im Fokus. Ich gehe wählen im Herbst in Brandenburg, aber wer gewählt wird, weiß ich nicht, interessiert mich auch nicht. Ich war einmal auf einer politischen Veranstaltung, da hat ein Politiker aus Potsdam gesprochen. Da hat man gemerkt, wie weltfremd die sind, dass sie keine Ahnung haben. Sie regieren an der Bevölkerung vorbei.
Ob Lebensmittel teuer sind, das merke ich jetzt gar nicht so, ich gehe nie einkaufen. Aber Diesel, ja. Ich fahre einen Diesel. Ich bin mal eine Zeit lang Elektroauto zur Probe gefahren, aber das war nichts für mich. Ich fahre viel Fahrrad. Andere auch. Zum Beispiel wenn man zum Arzt möchte oder so. Der Zug fährt hier alle zwei Stunden durch, wenn ich damit irgendwohin möchte, ist ja ein ganzer Tag weg. Da setze ich mich lieber aufs Fahrrad und fahre 15 Kilometer.
Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24