An der Tanke in Brandenburg - "Niemand geht hier freiwillig weg"

Mo 26.02.24 | 15:29 Uhr
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Grafik E-Bike vor grünem Hintergrund (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
Bild: rbb /Sophia Bernert

Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Rentner, der glücklich ist in seinem Ort, obwohl er findet, dass die Politiker dort nicht hinschauen.

rbb|24 will mit den Gesprächsprotokollen, die "An der Tanke" entstanden sind, Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben die Meinungen der Gesprächspartner wieder.

Wer: ehemaliger Ingenieur aus Prösen
Alter: 72 Jahre alt
Uhrzeit: 11:38 Uhr
Fahrzeug: Gudereit E-Bike
Gekauft: Bild-Zeitung
Woher: von Zuhause
Wohin: nach Hause, nur schnell zum Mittagessen eine Zeitung geholt

Ich stamme aus Prösen, habe aber 30 Jahre woanders gelebt und bin dann 1994 zurückgezogen. In der Zwischenzeit ist das Dorf moderner geworden, aber auch kleiner von der Einwohnerzahl. Ganz wichtig finde ich, dass die Politik zuhören müsste, aber sie hört nicht zu. Und aus dem Grund bin ich auch nicht dafür, dass die Ampel-Regierung auf Bundesebene weitermacht. Eigentlich bin ich CDU-Wähler, aber ich kriege so langsam meine Zweifel daran, was die richtige Politik ist.

Bild-Zeitung auf den Gepäckträger, zum Aufregen sagt er und lacht. Beide Hände am Lenker seines E-Bikes, den Ständer klappt er schon mal hoch – dass er nicht viel Zeit für das Gespräch hat, sondern eigentlich gleich los will, macht er direkt klar.

Wenn Politiker Heizungsgesetze oder sonst welche Gesetze beschließen, dann merkt man, wie weltfremd die sind. Dass sie keine Ahnung davon haben, wie die Menschen leben. Jedem eine Wärmepumpe einzubauen ist meiner Meinung nach völliger Unsinn. Das geht nicht, das ist technisch nicht möglich. Stromversorgung ist auch eine Sache, die wichtig ist. Da gibt es auch genug Wissenschaftler und andere Leute, die den Politikern das erklären, aber offensichtlich hören sie nicht zu, weil sie es nicht verstehen. Der Strom ist zu teuer, das hört man überall, egal, ob man am Stammtisch sitzt oder bei Freunden - das ist ein Riesenthema.

Sehr viele Menschen in meiner Umgebung haben die Bauernproteste unterstützt. Auch wenn es uns selber trifft, dass wir nicht auf die Autobahn kommen oder so. Alle konnten die Wut der Bauern verstehen. Ich habe keine negativen Diskussionen mitbekommen. Hier sind auch ein paar Trecker und Lkws durch den Ort gefahren.

Und da ganz plötzlich ruft er einem, der vorbei geht, zu: "Glückauf", und der andere antwortet genauso mit dem Bergmannsgruß.

Hier in Prösen leben wir sehr ruhig und friedlich miteinander. Es gibt einen großen Zusammenhalt. Ich habe ja viele Jahre zwischendurch anderswo gelebt, aber ab meinem ersten Tag 1994, als ich wieder hier war, gehörte ich wieder dazu.

Viele Menschen, die hier leben, arbeiten im sächsischen Umland oder auch in Dresden. Ich denke schon, dass auch viele Junge hierbleiben, wenn die Arbeitsplätze bei den Firmen stabil sind. Niemand geht hier freiwillig weg. Man orientiert sich hier eher nach Sachsen und Dresden, das ist näher als Berlin. Hier kauft auch keiner eine Zeitung von Berlin-Brandenburg, sondern die Sächsische.

Prösen - ein Ort unmittelbar an der brandenburgischen Grenze zu Sachsen. Berlin ist mehr als doppelt so weit weg, wie Dresden. Das Radio empfängt in Prösen nicht mehr Antenne Brandenburg, die Sender vom MDR sind hier zu hören.

Die Wahl im Brandenburg steht hier bei uns nicht so sehr im Fokus. Ich gehe wählen im Herbst in Brandenburg, aber wer gewählt wird, weiß ich nicht, interessiert mich auch nicht. Ich war einmal auf einer politischen Veranstaltung, da hat ein Politiker aus Potsdam gesprochen. Da hat man gemerkt, wie weltfremd die sind, dass sie keine Ahnung haben. Sie regieren an der Bevölkerung vorbei.

Ob Lebensmittel teuer sind, das merke ich jetzt gar nicht so, ich gehe nie einkaufen. Aber Diesel, ja. Ich fahre einen Diesel. Ich bin mal eine Zeit lang Elektroauto zur Probe gefahren, aber das war nichts für mich. Ich fahre viel Fahrrad. Andere auch. Zum Beispiel wenn man zum Arzt möchte oder so. Der Zug fährt hier alle zwei Stunden durch, wenn ich damit irgendwohin möchte, ist ja ein ganzer Tag weg. Da setze ich mich lieber aufs Fahrrad und fahre 15 Kilometer.

Das Gespräch führte Anna Bordel, rbb|24

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    rbb/IMAGO/Manfred Segerer

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    rbb / Sophia Bernert

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    IMAGO/rbb/Sophia Bernert

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    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: Ein Speditions-Unternehmer aus Cottbus klagt über seine wirtschaftliche Lage.

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    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein 23-Jähriger, der es sich nicht verbieten lassen will, Verbrenner-Motor zu fahren.

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    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: eine Lehramtsstudentin, die ihr Dorf dafür liebt, dass sie jeden kennt.

  • Illustration Soldat.(Quelle:rbb/Sophia Bernert)
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    "In der Bevölkerung haben wir Soldaten ein hohes Ansehen"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Soldat, der sich sorgt, dass er sich im Alter kein schickes Auto mehr leisten kann.

  • Zapfsäule an einer Tankstelle in Beelitz (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
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    "Nicht, dass ich dann am Ende auf dem leeren Tank sitze"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: Eine Juristin, die sich fragt, wie ihre Gemeinde sie dabei unterstützen wird, ihre Ölheizung umzurüsten.

  • Illustration Autoradio.(Quelle:rbb/Sophia Bernert)
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    "Man hört nur noch schlechte Nachrichten"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: Eine Neuruppinerin klagt über Unterrichtsausfall und fehlendes Kita-Personal bei ihren Kindern.

  • Illustration: Serie "An der Tanke". (Quelle: rbb)
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    "Ich möchte mein Steak essen, und mein Hühnchen, tut mir leid!"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute ein Gespräch über viele Aufreger des Alltags: E-Autos, Vegetarier und Quereinsteiger im Lehramt.

  • Amaturenbrett eines Autos an einer Tankstelle in Dahme/ Mark in Brandenburg. (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
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    An der Tanke in Brandenburg 

    "Uns wird nicht geholfen. Uns vergessen sie irgendwo alle"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: eine Kassierin, die bemerkt, dass am Monatsende vielen das Geld fürs Essen fehlt.

  • Hand an einer Kofferraumklappe an einer Tankstelle in Dahme/ Mark in Brandenburg (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
    rbb/Sophia Bernert

    An der Tanke in Brandenburg 

    "Es will keiner sehen, was diese Pandemie im Nachhinein für Auswirkungen hat"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: eine Eingliederungshelferin, die erzählt, dass die Pandemiefolgen bei vielen jetzt sichtbar werden.

  • Illustration: Wasserbauer (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
    rbb/Sophia Bernert

    An der Tanke in Brandenburg 

    "Ich würde mir mal jüngere Einflüsse in der Politik wünschen"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Wasserbauer, dem viele Politiker zu alt sind, um gute Ideen zu haben.

  • Hand am Zapfhahn an einer Tankstelle in Beelitz in Brandenburg (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
    rbb/Sophia Bernert

    An der Tanke in Brandenburg 

    "Wenn die Ukrainer kommen, dann werden Türen und Tore geöffnet"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: eine Rentnerin, die links wählt, aber manchmal rechts denkt.

  • Illustration: MTA (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
    rbb/Sophia Bernert

    An der Tanke in Brandenburg 

    "Wenn sie die Leute vergessen, die hier vor Ort leben, das kann nicht sein"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: eine Frau, die ihre Schwiegereltern pflegt und mächtig Wut angesammelt hat.

  • Illustration: Rentner (Quelle: rbb/Sophia Bernert)
    rbb/Sophia Bernert

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    "Schlecht geht's uns nicht"

    Fast jeder kommt mal an der Tanke vorbei. Zwei rbb|24-Reporter sprechen Leute an der Zapfsäule in Brandenburg an und fragen, was sie umtreibt. Heute: ein Rentner, der dem verlorenen Dorfzusammenhalt nachtrauert.

3 Kommentare

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  1. 3.

    Vielleicht wären doch Quoten gut, Frauen, Männer, Land, Stadt … in der Politik. Jetzt gibt es diese "Dr. muss sein"-Mentalität, und die Leute mogeln sich mit Plagiaten rein, um nur ja mitmischen zu können und mehr Einkommen zu haben.

    Ein rotierendes System wäre auch nicht schlecht, wie beim EU-Ratsvorsitz. So dass alle Gruppen vertreten sind und auuch mal das Sagen haben.

  2. 2.

    Das ist der typische Brandenburger. Bodenständig, nimmt die Realität wahr, lebt mit den Umstanden, hat einen Kopf zum denken. Das ist das Land. Und es zeigt, wie "weltfremd" Politiker aus Städten heraus das Land regieren wollen. Städter verstehen das Landleben nicht. Der ländliche Raum will so leben, wie es für richtig halt, lasst sich nichts aufzwingen. Sehr symphatisch der Mann .

  3. 1.

    Sympathisch :-).

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