Vorletztes Kitajahr beitragsfrei - Brandenburg entlastet Eltern – ein wenig

Di 01.08.23 | 19:13 Uhr | Von Lisa Steger
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Drei Kinder balancierten auf dem Spielplatz einer Kita auf einem Spielgerät. (Quelle: dpa/Sebastian Kahnert)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 01.08.2023 | Andreas B. Hewel | Studiogast: Henrike von Platen | Bild: dpa/Sebastian Kahnert

Seit dem 1. August müssen Mütter und Väter in Brandenburg für das vorletzte Kitajahr nichts mehr bezahlen. Im kommenden Jahr soll der Kita-Besuch komplett kostenlos werden. Doch viele Eltern wünschen sich mehr. Von Lisa Steger

Elain Störmer und ihr Mann haben zwei Kinder, eines davon ist Leni; sie ist viereinhalb und kommt jetzt ins vorletzte Kindergartenjahr vor ihrer Einschulung. Sie ist eines der Kinder, deren Eltern jetzt sparen können.

Ein ordentlicher Betrag sei das jeden Monat gewesen, sagt Elain Störmer aus Oranienburg im Kreis Oberhavel, als sie ihr Kind in die "Kita Stadtspatzen" bringt, "und es ist super, dass das jetzt wegfällt für uns". Das letzte Jahr vor der Einschulung ist in Brandenburg bereits seit 2018 beitragsfrei.

Kinderbetreuung bleibt Kostenfaktor

Störmer ist momentan in der Elternzeit, nur ihr Mann verdient Geld. Den Elternbeitrag für Leni mussten sie bis Ende Juli trotzdem zahlen. Nun fällt wenigstens diese Überweisung weg. Dafür wird bald eine neue fällig, denn die Eheleute haben noch eine kleinere Tochter: Mara, die zehneinhalb Monate alt ist und bald in die Krippe kommt. Für sie werden die Eltern 300 Euro monatlich bezahlen - und das wird auch so bleiben, bis das Kind drei Jahre alt wird.

Elain Störmer wird, wenn Mara sich in der Krippe eingelebt hat, wieder 35 Stunden die Woche als Erzieherin arbeiten. Mara soll dann 45 Stunden pro Woche in die Krippe gehen. "Sonst würden wir nicht hinkommen", sagt Elain Störmer. Für Leni sind 40 Stunden Betreuung vereinbart.

Ohne Kitaplatz ist ein Job für viele undenkbar

Ohne die Kita, das steht für Störmer fest, könnte sie nicht arbeiten. Doch auch so ist die Belastung hoch. Auf Elain Störmer wird mit dem Wiedereinstieg in den Beruf "eine große Umstellung" zukommen, wie sie sagt: Aufstehen, Frühstück machen, anziehen, das Kleinkind in die Krippe bringen und mit dem größeren Kind in den Kindergarten fahren. Immerhin arbeitet sie dort selbst. Das entlastet sie dann doch ein wenig.

Dass Brandenburger Eltern ab August 2024 für Drei- bis Sechsjährige keine Kindergartenbeiträge mehr bezahlen müssen – wie es auch schon in zehn von 16 Bundesländern der Fall ist – hat Störmer gehört. Ihrer Ansicht nach sollte allerdings auch die Betreuung der Kleinkinder für die Eltern kostenlos sein. "Monatlich 300 mehr zu haben, das wäre schon schön."

Eltern fordern kostenlose Hort- und Krippenplätze

Auch die Erzieherin Nancy Thons aus Oranienburg, Mutter dreier Töchter zwischen drei und elf Jahren, freut sich, dass in Brandenburg die Eltern für das vorletzte Kita-Jahr nichts mehr bezahlen müssen. "Die Beiträge lagen zum Teil bei 300 bis 400 Euro, das war für die Eltern eine große Belastung", sagt die Oranienburgerin. Das gelte auch für sie selbst: "Zumal unsere Große jetzt in den Hort kommt und dafür müssen wir ja auch wieder etwas bezahlen."

Dabei sind viele Eltern auf lange Betreuungszeiten angewiesen. Gerade für Pendler, von denen es nicht wenige gibt in Brandenburg, seien 35 bis 40 Stunden Kinderbetreuung pro Woche notwendig. Auch Thons ist überzeugt, dass die Elternbeiträge für Krippe und Kindergarten komplett abgeschafft werden sollten, "und auch der Hort sollte beitragsfrei sein".

Bildungsministerium verweist auf Millionenkosten

Das Bildungsministerium in Potsdam hat ausgerechnet, dass der in dieser Legislaturperiode vereinbarte Verzicht auf die Elternbeiträge – zunächst für das vorletzte Kitajahr vor der Einschulung, ab dem August 2024 für alle Drei- bis Sechsjährigen – das Land rund 56 Millionen kosten wird. Rund 80.000 Kinder würden davon profitieren.

Ab dem 1. August 2025 soll zudem der Personalschlüssel in den Krippen verbessert werden: Eine Erzieherin würde dann rechnerisch vier Kinder bis zu drei Jahren betreuen. Zurzeit ist es eine Fachkraft pro – rechnerisch - 4,65 Kleinkinder. In den Kindergärten sei der Personalschlüssel schon 2020 verbessert worden, so das Bildungsministerium. Statt, wie zuvor, für elf Kinder, ist eine Fachkraft jetzt für zehn Kinder zuständig.

Linke: Reform kommt zu spät

Die Linken-Fraktion im Brandenburger Landtag begrüßt zwar, dass seit dem 1. August ein weiteres Kita-Jahr beitragsfrei ist. "Endlich, aus unserer Sicht viel zu spät", sagte die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg rbb|24. "Die Koalition hatte es versprochen, aber erst jetzt, am Ende der Legislatur, kommt es - und das auch nur schrittweise." Dannenberg fordert, auch in der Krippe und im Hort auf Elternbeiträge zu verzichten. "Das wäre die richtige Ansage an alle Familien."

Mit der Kostensenkung allein sei es aber nicht getan: "Es fehlen rund 5.000 Kita-Plätze." Dannenbergs Forderung: "Die Kommunen durch ein Investitionsprogramm zu entlasten." Nötig seien zudem mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher. Und: Die Auszubildenden in den Fachschulen müssten bezahlt werden – derzeit ist das nicht der Fall. "Der Beruf muss attraktiver werden", meint die Linken-Politikerin.

Der Brandenburger Städte- und Gemeindebund hatte bereits im April 5.000 zusätzliche Kita-Plätze für Brandenburg gefordert. Vor allem der Zuzug von Geflüchteten, so hieß es, mache dies erforderlich.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.08.2023, 12 Uhr

Beitrag von Lisa Steger

15 Kommentare

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  1. 15.

    Gehts noch!!? Wisst ihr was ein Kind im Monat kostet?? Fragt mal die Mütter die (oft Vollzeit) Arbeiten gehen-was von ihrem Gehalt nach Abzug von Kita Gebühren, Essensgeld und Co noch übrig bleibt, das ist unverhältnismäßig! Ach ja und bei allem „dann setzt doch keine Kinder in die Welt“- das sind EURE späteren Ärzte, Handwerker, Kreditentscheider, Friseure usw. Achtung zum Thema „Früher“..na klar vor 30/40/50/60 Jahren hat Mutter von 3 Kindern natürlich Vollzeit gearbeitet..das ist doch überhaupt nicht vergleichbar. Nur mal so- 3 Kinder in Krippe/Kita/Hort ist man mit Mittag essen rund 1000€ MONATLICH los- das muss man erstmal Netto verdienen. Dann hatten die Kinder noch kein Essen Früh und spät, keine Kleidung, keine Wohnkosten, Schulmaterial geschweige denn Luxusartikel. Also bitte mal überlegen was das am Ende wirklich bedeutet und nicht behaupten Eltern fordern immer nur. Im übrigen- wir waren alle mal klein!

  2. 14.

    Monatlich 300 € mehr zu haben, das wäre schon schön, sagt Störmer. Doch viele Eltern wünschen sich mehr, sagt Lisa Steger. Halleluja, was wollen Familien noch alles subventioniert haben von der Allgemeinheit? Viele niedrige Einkommen ohne Kinder sagen: 300 € mehr zu haben wäre schön um bis ans Ende vom Monat zu kommen. Stark übertrieben sind die Geldzugaben, kostenlose Angebote an Familien vom Staat, wo zum Bsp. bei Kindern ab dem 1. Schuljahr schon ein modernes teures Fahrrad in der Garage wartet. Nein, ich bin nicht neidisch, mich betrifft es nicht. Gerecht muss es zu gehen in einem Rechtsstaat. Die hohen Krippenkosten müssen runter, ganz kostenlos geht vieles nicht mit Kinder im Leben. Bei Kindern wird auf die Tränendrüse gedrückt, während bei vielen armen Menschen die künstliche Preisspirale drückend am engen Hals schon hängt.

  3. 13.

    Eine Forderung jagt die Nächste... um Zusatzeinkommen auf Kosten der Allgemeinheit zu erlangen.

  4. 12.

    Ja stimmt doch. Heute ist Weltüberlastungstag, die Politik muss anfangen entgegen zu Steuern. Ganzer Artikel hier:
    https://www.tagesschau.de/wissen/klima/klimawandel-erdueberlastungstag-ressourcen-solarenergie-windenergie-emmissionen-mikroplastik-hitze-100.html

  5. 11.

    Die Überbevölkerung ist eine der Hauptursachen für den Klimawandel und was macht die Politik... fördert es noch!

  6. 10.

    Ich zweifle nicht den Sinn von Kinderbetreuung an. Mein Sohn war auch im Kindergarten, da ich berufstätig war. Nur, warum diese Leistungen, die ich als Mutter in Anspruch nehme, immer kostenlos sein soll, erschließt sich mir nicht. Die zu zahlenden Kitagebühren waren früher an das Gehalt gekoppelt. Das fand ich immer fair. Wenn ich eine Leistung für meinen frei gewählten Lebensentwurf in Anspruch nehme, warum soll diese Leistung kostenfrei für mich sein? Ich habe die "Gesellschaft" ja auch nicht gefragt, ob sie gerne mein Kind mit finanzieren möchte. Das sehe ich allein in meiner Verantwortung. Und ja, ich finde schon, dass Eltern in der heutigen Zeit schon stark subventioniert werden. Das war früher einfach nicht so.

  7. 9.

    Die Gesellschaft hat ein Interesse daran dass Kinder betreut werden. Zum einen weil es Arbeitskraft bei den Eltern frei macht, zum anderen weil Kinder zukünftige Steuerzahler sind und Kindergarten schon als Teil Bildungskarriere zu sehen ist. Vereinbarkeit von Familie und Beruf führt auch zu mehr Geburten, die unser Land auch dringend braucht. Insofern ist es mir logisch dass das finanziell unterstützt wird.

  8. 8.

    Ja, das sehe ich auch so. Immer wieder erstaunt es mich, welche Forderungen da gestellt werden. Das kenne ich so von früher nicht. Die Denke ist mir auch total fremd. Ich habe mich immer selbst dafür verantwortlich gefühlt, dass ich ein Kind in die Welt gesetzt habe. Auch als Alleinerziehende, Vollzeit-arbeitende Mutter habe ich Kitagebühren gezahlt, um meinen Sohn betreut zu wissen. Elterngeld gab es damals noch nicht. Auch von meinem Ex-Mann gab es keinen Kindsunterhalt. Aber ganz ehrlich, mir wäre nie im Traum eingefallen, die Allgemeinheit für das Großziehen meines Kindes in die Verantwortung zu nehmen. Das war doch allein meine Entscheidung, dieses Kind zu bekommen. Da kann ich doch die Gesellschaft nicht zwingen, finanziell dafür gerade zu stehen. Ich versteh das einfach nicht. Mein Kind - meine Verantwortung.

  9. 7.

    Sie sprechen mir aus der Seele. Ich glaube, das heißt Verantwortung für sein Leben und seine Entscheidungen selbst tragen. Ist wohl in der heutigen Zeit nicht mehr üblich.

  10. 6.

    Als Kontrastprogramm zu: 'Mit der Kostensenkung allein sei es aber nicht getan: "Es fehlen rund 5.000 Kita-Plätze." Dannenbergs Forderung: "Die Kommunen durch ein Investitionsprogramm zu entlasten." '
    https://www.rbb24.de/studiocottbus/panorama/2023/08/kita-drahnsdorf-schliessung-jahresende.html

  11. 5.

    Liebe Eltern, ihr bekommt schon mehr vom Staat, als Eltern in der Vergangenheit jemals bekommen haben. Das Kindergeld ist so hoch wie niemals ind er Geschichte der Bundesrepublik. Elterngeld ist auch nicht wenig. Kitaplatz wird kostenlos. Wer Kinder bekommt, muss auch bereit sein, diese zu finanzieren. Der Staat springt nicht für alles ein. Die Kostenlosmentalität muss auch irgendwann ein Ende haben. Wer soll das alles bezahlen? Manchmal frage ich mich, wie wir das früher eigentlich geschafft haben ohne kostenlose Kita und ohne Elterngeld? Ach ja, wir haben auf vieles verzichtet. Ist ja heut nicht mehr in.

  12. 4.

    "Mit der Kostensenkung allein sei es aber nicht getan: "Es fehlen rund 5.000 Kita-Plätze." Dannenbergs Forderung: "Die Kommunen durch ein Investitionsprogramm zu entlasten." Nötig seien zudem mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher." Wenn man dann überlegt, wieviel Krippen und Kindergärten in Brandeburg seit der sog. Wende geschlossen wurden und wie stark die Ausbildung von Erziehern zurückgefahren wurde, dann hat man sich wohl mit dem Sparen an der Stelle ins eigene Fleisch geschnitten.

  13. 3.

    "Auch die Erzieherin Nancy Thons aus Oranienburg, Mutter dreier Töchter zwischen drei und elf Jahren, freut sich, dass in Brandenburg die Eltern für das vorletzte Kita-Jahr nichts mehr bezahlen müssen." Das ist schön, wenn diese Erzieherin nicht auf den Lohnbestandteil aus den Gebühren angewiesen ist, viele Erzieher wollen aber sicher weiterhin einen vernünftigen Lohn haben, der irgendwoher kommen muß.

  14. 2.

    "Brandenburg entlastet Eltern" Eigentlich ist das ein Mogelpackung, wenn mit Brandenburg der Staat gemeint ist. Der Staat entlastet hier gar nicht, er verteilt nur solidarisch die Steuergelder anders um. Die Kosten fallen ja trotzdem an, um müssen dann halt anders gedeckt werden, in den meisten Fällen wohl über die Mittel aus den Steuereinnahmen, zu welchen die Eltern anteilig auch beigrtragen haben. Es ist "nur" eine Organisationsleistung der Umverteilug vom Staat (die ureigenste Aufgabe eines Staatswesens), es keine milde Gabe des Staates.

  15. 1.

    Was ist das für eine Aussage: "300€ pro mehr, wären schon schön". Jeder möchte doch mehr Geld im Monat haben.

    Ich finde die Beitragsfreiheit in Kitas ist ein großer Fehler und sorgt dafür, dass die wichtigeren Probleme z.B. sinkende Betreuungsqualität und fehlende Erzieher vernachlässigt werden.

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