Teilwiederholung der Bundestagswahl - SPD bleibt in Berlin knapp vor Grünen, CDU und AfD mit Gewinnen gegenüber 2021
In einem Fünftel der Berliner Wahlbezirke wurde am Sonntag die Bundestagswahl von 2021 wiederholt. CDU und AfD verzeichnen dabei leichte Zuwächse, die Ampel-Parteien verlieren. Ein Wechsel bei den zwölf Direktmandaten blieb aus.
- Wiederholungswahl in einem Fünftel der Berliner Wahlbezirke
- alle zwölf Direktmandate verteidigt
- Wahlbeteiligung niedriger als 2021
- rund 550.000 Menschen konnten noch einmal abstimmen
Bei der teilweisen Wiederholung der Bundestagswahl von 2021 in Berlin haben die Parteien der Ampel-Regierung - SPD, Grüne und FDP - leichte Verluste verzeichnet. CDU und AfD haben im Vergleich zur Wahl vor zweieinhalb Jahren leicht dazu gewonnen. Die Angaben basieren auf den gültigen Ergebnissen von 2021 und den Ergebnissen der teilweisen Wiederholung am Sonntag.
CDU (+1,3) und AfD (+1,0) gewinnen jeweils rund einen Prozentpunkt dazu und fangen ihre Verluste im Vergleich zur Bundestagswahl 2017 in Berlin damit etwas auf. SPD, Grüne und FDP verzeichnen dagegen leichte Einbußen, die Grünen von 0,3, die FDP von 0,9 und die SPD von 1,2 Prozentpunkten. Damit büßen sie insgesamt etwas bei ihren Gewinnen im Vergleich zu 2017 ein, die FDP rutschte sogar ins Minus. Die Linke bleibt etwa stabil und gewinnt 0,1 Prozentpunkte im Vergleich zu 2021 hinzu.
Bei der Reihenfolge der Parteien bei der Bundestagswahl 2021 überholt die AfD die FDP. Beim ersten Anlauf der Wahl in Berlin lag die SPD vor knapp zweieinhalb Jahren vorn (2021: 23,4, jetzt: 22,3 Prozent der Zweitstimmen), gefolgt von Grünen (2021: 22,4; jetzt: 22,0), CDU (2021: 15,9, jetzt: 17,2), Linken (2021: 11,4, jetzt: 11,5), FDP (2021: 9,1, jetzt: 8,1) und AfD (2021: 8,4, jetzt: 9,4).
Alle Direktmandate bleiben
Verschiebungen bei den Direktmandaten gab es keine. Auch in den vier am meisten umkämpften Wahlkreisen hielten die Sieger von 2021 ihren Vorsprung.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert (SPD) wird weiterhin Tempelhof-Schöneberg direkt im Bundestag vertreten. Knapp zweieinhalb Jahre nach der eigentlichen Wahl steht fest, dass er den Wahlkreis 81 mit 26,7 Prozent gewonnen hat [wahlen-berlin.de]. Ursprünglich hatte er 27,1 Prozent der Stimmen erhalten.
Auch der ehemalige Regierende Bürgermeister Michael Müller (ebenfalls SPD) behält sein Direktmandat. Er steht nun endgültig als Direktkandidat für Charlottenburg-Wilmersdorf fest und erreicht nach Auszählung aller Stimmen 25,6 Prozent. Damit wurde sein endgültiges Ergebnis bei der Bundestagswahl 2021 um 2,3 Prozentpunkte nach unten korrigiert.
In Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg war aufgrund knapper Stimmverhältnisse und einer hohen Fehlerquote bei der eigentlichen Wahl ein Wechsel des Direktmandats möglich.
Verschiebungen bei den Listenplätzen
Zu den Wahlbezirken, in denen ein Wechsel des Direktmandats möglich war, zählten auch Pankow und Reinickendorf.
In Pankow hat der grüne Wahlkreissieger von 2021, Stefan Gelbhaar, seinen Sitz im Parlament letztlich souverän verteidigt, in Reinickendorf die ehemalige Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) ihren Vorsprung sogar ausgebaut. Genau wie Müller und Kühnert wären auch sie in einem Fall einer Niederlage aber dennoch über die Landeslisten ihrer Partei abgesichert gewesen.
Personelle Auswirkungen hat die Berliner Wiederholungswahl allerdings dennoch, für einige der Abgeordneten, die 2021 nur über die Landeslisten ihrer Parteien in den Bundestag eingezogen waren. Die leichten Verschiebungen bei den Zweitstimmen haben nun zur Folge, dass manche Ausgleichsmandate anders besetzt werden - oder wegfallen. Konkret gab es in Berlin sieben Wackelkandidaten, die aufgrund ihres knappen Einzugs in den Bundestag um ihre Mandate bangen mussten.
Weiter im Bundestag vertreten sind der Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch (Neukölln), CDU-Generalsekretärin Ottilie Klein (Berlin-Mitte), und der AfD-Politiker Götz Frömming (Pankow). Vier Berliner Politiker müssen ihre Plätze im Bundestag dagegen räumen. Der Linken-Politiker Pascal Meiser (Kreuzberg-Friedrichshain Prenzlauer Berg Ost), Grünen-Politikerin Nina Stahr (Steglitz-Zehlendorf), SPD-Politikerin Ana-Maria Trăsnea (Treptow-Köpenick) und der FDP-Politiker Lars Lindemann (Tempelhof-Schöneberg) verlieren ihre Sitze im Parlament.
Das Ausgleichsmandat der SPD fällt nun an die Landesliste Niedersachsen, Angela Hohmann rückt für Trăsnea nach. Franziska Krumwiede-Steiner aus Nordrhein-Westfalen erhält den Grünen-Platz von Stahr. Christine Buchholz von der hessischen Linken erhält den Platz von Meiser. Die FDP verliert mit dem Ausscheiden von Lindemann ein Bundestagsmandat. Das Parlament schrumpft damit von 736 auf 735 Sitze.
Niedrige Wahlbeteiligung
Anders als bei einer regulären Bundestagswahl wurde nach dem Schließen der Wahllokale um 18 Uhr keine Prognose zum Abstimmungsergebnis veröffentlicht. Auch Hochrechnungen wurden im Laufe des Abends nicht ausgegeben.
In etwa einem Fünftel der Berliner Wahlbezirke musste erneut abgestimmt werden. Die Wahlbeteiligung lag in den 455 Wahlbezirken laut Wahlleiter Bröchler bei 51 Prozent. In der Gesamtschau mit den gültigen Ergebnissen von 2021 hat die Teilwiederholung der Bundestagswahl zur bisher niedrigsten Beteiligung an einer Bundestagswahl in Berlin seit 1990 geführt. Insgesamt gaben nach Angaben der Landeswahlleitung 69,5 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab. Der bisher niedrigste Wert war bei der Bundestagswahl 2009 mit 70,9 Prozent verzeichnet worden. 2021, als Bundestag und Abgeordnetenhaus am selben Tag gewählt worden waren, hatten immerhin 75,2 der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.
Das neue Ergebnis ergibt sich aus den bereits gültigen Stimmen von 2021 und den Ergebnissen jener Wahlbezirke, in denen die Wahl ungültig war und am Sonntag wiederholt werden musste.
Kleinere Pannen in Pankow und Kreuzberg
"Aus organisatorischer Sicht ist die Wahl gut gelaufen", sagte Landeswahlleiter Stephan Bröchler der rbb24 Abendschau. "Es gab kleinere Fehlleistungen, die sich ereignet haben, aber das ist völlig im Rahmen der Durchführungen von Wahlen." Die geringe Wahlbeteiligung erklärte sich Bröchler, mit den überschaubaren Auswirkungen. "Offenbar war die Attraktivität nicht so stark, weil sich die politischen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag ja nicht verändern."
Am Mittag hatte Bröchler rbb-Informationen bestätigt, wonach es eine kleinere Panne in Berlin-Pankow gab. Hier kamen die Wahlhelfer zunächst nicht an die Wahlunterlagen, weil ein Schlüssel fehlte. Erst mit rund 40 Minuten Verspätung konnten Wähler hier ihre Stimme abgeben.
In einem weiteren Wahllokal in Pankow wurde ein Wahlvorstand gegen seine Stellvertreterin ausgewechselt, weil er "unkooperativ" gewesen sei, berichtete die DPA. Verzögerungen habe es dort nicht gegeben.
In Kreuzberg hatte sich laut Bröchler ein Wahlvorstand wegen eines Unfalls mit einem Taxi verspätet, sodass es in dem betreffenden Wahllokal ebenfalls verzögert losging. "Das kann bei der besten Organisation passieren", sagte der Landeswahlleiter.
Keine Prognosen und Hochrechnungen
Auch wenn die Berliner Wiederholungswahl wohl nur wenig an der Zusammensetzung der Fraktionen im Bundestag ändert, könnte sie nach Ansicht von Beobachtern ein Stimmungstest für die aktuelle Bundespolitik werden.
Die Wahllokale hatten von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Prognosen und Hochrechnungen gab es nicht: Die Wahllokale übermittelten die Ergebnisse ihrer Auszählungen im Laufe des Abends an den Landeswahlleiter, der dann Zwischenergebnisse vermeldete. Um kurz vor 1 Uhr in der Nacht wurde im Wahlkreis 83, Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer-Berg-Ost das letzte Ergebnis eines Wahllokales übermittelt.
Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, ein zusätzlicher Sitz der CDU gehe an Jürgen Hardt aus Nordrhein-Westfalen. Das ist falsch. Hardt war bereits zuvor Bundestagsabgeordneter. Sein Mandat stand im Zuge mögllicher Verschiebungen wegen der Berliner Wahlwiederholung auf der Kippe, nun ist aber klar, dass er es behält. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.
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