Interview | SC Potsdam-Geschäftsführer Benzel - "Es ist schön, dass wir weiterhin Teil eines Spitzenspiels sind"

Der SC Potsdam ist in dieser Saison erneut Teil der Spitzengruppe der Volleyball-Bundesliga. Nach dem Finanz- und Führungschaos im Sommer ist das durchaus überraschend - auch für Geschäftsführer Eugen Benzel.
Als großen Knall bezeichnete Geschäftsführer Eugen Benzel, was seinem Volleyball-Team vom SC Potsdam im Mai 2024 widerfahren war: Gleich elf Spielerinnen verließen den Verein – eine sportliche Zäsur. Grund dafür war das finanzielle Chaos, in das der Verein gestürzt war. Vorwürfe der Steuerhinterziehung, Berichte über Schlammschlachten unter den Verantwortlichen und über eine mögliche Insolvenz wühlten den den Verein damals auf und machten einen Neuanfang notwendig. Einige Monate später steht fest: Die Neuausrichtung ist geglückt.
rbb|24: Eugen Benzel, am Samstagabend hat Ihre Mannschaft im Spitzenspiel in Stuttgart eine deutliche Niederlage kassiert. Woran hat es gehapert?
Eugen Benzel: Erst einmal finde ich es schön, dass wir weiterhin Teil eines Spitzenspiels sind. Es hat sicherlich vor der Saison niemand erwartet, dass unser Spiel gegen Stuttgart als Topspiel betitelt wird. Insgesamt stehen wir in der Liga gut da und sind auch international stark unterwegs.
Das große Problem im Moment sind aber die Trainingsbedingungen. Die Vorbereitung auf das Spiel am Samstag war sehr schwierig, das hat mir auch unser Trainer bestätigt. Wir haben einen sehr kleinen Kader und müssen deshalb im Training teilweise auf Spielerinnen aus der zweiten Mannschaft oder sogar auf Spieler aus unserer Herren-Mannschaft aus der 3. Liga zurückgreifen. Das ist oft nötig, damit wir überhaupt sechs gegen sechs trainieren können.
Wenn man das beachtet, waren die ersten anderthalb Sätze durchaus gut und wir haben dagegengehalten. Der erste Satz war sehr knapp, wenn wir den gewonnen hätten, wäre es vielleicht ein anderes Spiel geworden. Insgesamt war es aber eine verdiente Niederlage und in der Tabelle ist wenig passiert. Der Abstand nach hinten ist für uns der gleiche geblieben. Postion vier ist später für die Playoffs absolut in Ordnung.
Sie sagen es schon: Sowohl in der Liga als auch auf internationalem Parkett steht der SC Potsdam gut da. Dennoch haben Sie zuletzt gegen alle Teams vor Ihnen - Dresden, Stuttgart und Schwerin - entweder in der Liga oder im Pokal verloren. Ist der vierte Platz also leistungsgerecht?
Genau. Er deckt sich auch mit der Einschätzung, die wir vor der Saison intern abgegeben haben. Für alle externen Beobachter war es sicher schwer einzuschätzen, wie die Saison mit unserem neu formierten Team laufen würde. Wir selbst haben uns die Plätze vier bis sechs als Ziel gesetzt. Bislang können wir also zufrieden sein.
Wo sehen Sie derzeit die Unterschiede zwischen Ihrem Verein und den Titelkandidaten Stuttgart oder Dresden?
Es ist sehr erfreulich, dass wir unsere alten Partner trotz der Situation im Sommer behalten konnten - alle Sponsoren sind im Boot geblieben. Schön ist auch, dass viele neue Partner dazugekommen sind. Das zeigt mir, dass der Volleyball-Sport in Potsdam weiterhin angesehen ist. Dennoch bleibt das Finanzielle der große Unterschied. Ein Beispiel: Zwei Partner von Allianz MTV Stuttgart decken bei dem Klub fast die Summe, die unser gesamter Etat ist.
Ihr Verein kommt nach sehr erfolgreichen Jahren - wie schon angerissen - aus einem Tal der Führungs- und Finanzquerelen. Wie die Saison sportlich laufen würde, war unklar. Nun sind Sie oben mit dabei und ganz offensichtlich konkurrenzfähig. Hat Sie das überrascht?
Ja, auf jeden Fall. Wir kannten zwar die Qualität der einzelnen Spielerinnen, die wir geholt haben, aber dennoch haben sich viele von ihnen bei uns weiterentwickelt. Das wusste man vor der Saison noch nicht. Jenna Ewert ist da ein gutes Beispiel. Sie hat letzte Saison in Münster noch nicht die erste Geige gespielt, gehört mittlerweile aber zu den besten Zuspielerinnen der Bundesliga. Hinzu kommt, dass wir die individuellen Sportlerinnen quasi auf einen Haufen geworfen haben und ihnen gesagt haben: Jetzt müsst ihr als Mannschaft zehn Monate miteinander auskommen. Da weiß man nie genau, wie das funktioniert.
Nun haben wir viel zurückgeschaut, richten wir den Blick jetzt nach vorne: Am Mittwoch steht das Viertelfinal-Hinspiel im europäischen Challenge Cup gegen das rumänische Team C.S.M. Targoviste an. Was rechnen Sie sich aus?
Der bisherige Schlüsselmoment im Europapokal war sicherlich das Spiel gegen ZOK UB aus Serbien. Das war bis jetzt unser stärkster Gegner. In Potsdam haben wir souverän gewonnen, in Serbien war es dann aber sehr schwierig. Durch das Weiterkommen hat die Mannschaft gemerkt, dass in diesem Wettbewerb in dieser Saison etwas gehen kann. Natürlich haben wir mit dem Turnierbaum auch großes Glück. Wäre es anders gelaufen, hätten wir im Viertelfinale zum Beispiel auch schon auf Galatasaray Istanbul treffen können.
Hinter und vor uns liegt ein Weg, bei dem wir auf die vermeintlich schwächeren Teams treffen. Targoviste hat selber finanzielle Probleme, ein paar Spielerinnen haben den Verein verlassen. Wir müssen mal schauen, was geht. Ich möchte nicht euphorisch werden, aber vielleicht schreiben wir ja wieder einmal Geschichte. Der Weg ins Halbfinale ist machbar.
Der Challenge Cup ist der dritthöchste Wettbewerb im Volleyball. Welchen Wert hat er für den SC Potsdam - sportlich, aber auch finanziell?
Das ist eine schwierige Angelegenheit. Die Teilnahme an der Champions League, also dem höchsten Wettbewerb, ist anders zu bewerten als der Challenge Cup. Das merkt man am Bonussystem, also den Geldern, die der Verband ausschüttet, aber auch an den Zuschauerzahlen. Es wird vielleicht ein Viertel der Kosten, die man bei Auswärtsspielen für Anreise und Hotels hat, durch die Einnahmen gedeckt. Bei den Ausgaben sprechen wir pro Runde von einer fünfstelligen Summe. Das ist bei der Champions League anders, auch die Zuschauerzahlen waren im letzten Jahr besser. Wir haben aber den Auftrag, die Namen Potsdam und Brandenburg international gut zu vertreten.
Für Sie ist der Challenge Cup also ein Minusgeschäft?
Wirtschaftlich betrachtet ist das so, ja. Trotzdem stehen wir zum ersten Mal im Viertelfinale des Challenge Cup. Und Viertelfinale ist Viertelfinale. Wir werden am Mittwoch einen guten Weg finden.
Träumen Sie schon vom ersten europäischen Titel für den SC Potsdam?
Träumen dürfen und können wir immer. Dafür muss aber wirklich alles stimmen. Wenn wir einen perfekten Tag haben, können wir die sehr guten Teams schlagen.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Jonas Bürgener, rbb Sport.
Sendung: rbb24 Inforadio, 04.01.24, 19:15 Uhr
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