Interview | Strommast-Betreiber - "Wenn jemand mit Sachkunde einen Anschlag verübt, kann man das nicht verhindern"

Mi 20.03.24 | 17:39 Uhr
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En Strommast mit Brandspuren steht auf einem Feld nahe der Tesla-Autofabrik. (Foto: dpa)
Video: rbb24 Brandenburg Aktuell | 20.03.2024 | M. Lietz | Bild: dpa

Anfang März attackierten offenbar Linksextremisten die Stromversorgung von Tesla. Im Gespräch äußert sich erstmals Alexander Montebaur, CEO des betroffenen Energieversorgers e.dis, zu dem Brandanschlag und dessen Konsequenzen.

rbb24: Herr Montebaur, wie haben Sie von dem Anschlag auf den Strommast erfahren und was waren Ihre ersten Gedanken?

Alexander Montebaur: Gegen acht Uhr morgens hatte ich ein Routine-Telefonat mit Mitarbeitern. Und diese waren da schon in heller Aufregung, weil da der Brand an dem Mast schon zwei Stunden bekannt war. Da wurde mir schnell klar, was das für die Versorgung von Erkner, Grünheide und das Tesla-Werk sowie das Logistikzentrum dort bedeutet.

Was der Öffentlichkeit gar nicht so bekannt war, dass insgesamt 83.000 Menschen von dem Stromausfall betroffen waren. Es hat Stunden gedauert, bis wir über Schaltmaßnahmen die Stromversorgung wieder gewährleisten konnten.

Alexander Montebaur, Vorstandsvorsitzender des Energieversorgers E.DIS AG. (Foto: dpa)
Alexander Montebaur | Bild: dpa

Warum hat das nicht auch für das Logistikzentrum und Tesla geklappt und über eine Woche gedauert?

Die Stadt Erkner ist an ein 110-Kilovolt-Umspannwerk angeschlossen. Diese ist im Zuge dieses Anschlags ausgefallen. Wir konnten innerhalb der Stadt Umschaltmöglichkeiten nutzen, sodass wir die Stadt im Wesentlichen wiederversorgen konnten.

Das gilt nicht für einzelne Großverbraucher. die nicht so angebunden sind, dass man für die großen Leistungen, die sie brauchen, dann noch einen zweiten Leitungsweg zur Reserve hat. Das war weder für das Tesla-Werk noch für das Logistikzentrum in dieser Form möglich.

Brauchen große Fabriken wie Tesla und das Logistikzentrum nicht ein Backup?

Die beiden betroffenen Umspannwerke in Erkner und das neue in Freienbrink, über letzteres wird Tesla versorgt, sind in eine 110-Kilovolt-Doppelfreileitung eingebunden. Sie sind somit über zwei Stromkreise - deswegen doppelt - mit Strom versorgt und für den gesamten Komplex reicht ein einzelner Stromkreis.

Solange nur ein einzelner Stromkreis betroffen ist, gibt es immer noch einen zweiten, der die gesamte Leistung übernehmen kann. Das Konzept ist somit redundant.

Die Doppelleitung, die beiden Stromkreise werden auf ein Mastgestänge geführt. Das ist ein gängiges Versorgungskonzept. Das heißt, nach den gültigen Normen ist ein Verbraucher, der über eine Doppelleitung angeschlossen ist, redundant angeschlossen. Wir sichern also im Allgemeinen den Doppelleitungsausfall nicht ab.

Es wird spekuliert, dass die Täter Fach- beziehungsweise Insiderwissen hatten. Stimmt das?

Nach allem, was wir sehen, was in dem Bekennerschreiben stand, ist es ganz offensichtlich, dass die Menschen, die dort am Werk waren, genau wussten, was sie getan haben. Da hat nicht einer mal rumgezündelt. Das ist hier ganz offensichtlich ganz gezielt so ausgeführt worden.

Die Frage, woher man so etwas wissen kann, das ist im Grunde kein Insiderwissen. Die Frage lautet, wie die entsprechenden Versorgungsleitungen verlaufen. Das ist in einem Bauantragsverfahren für eine Fabrik festgehalten. Sowohl im Bauantrag als auch im anschließenden Genehmigungsbescheid ist das aufgeführt, wie der Stromanschluss erfolgt.

Und auch wenn wir selber Stromleitungen bauen, gehört die öffentliche Einsichtnahme zur Transparenz, dass das im Grunde jeder nachvollziehen kann. Wenn also jemand mit Fachkunde auf solche Unterlagen schaut, kann derjenige eine Idee bekommen, wo er am wirkungsvollsten zuschlagen kann.

Wie lange haben die Reparaturarbeiten gedauert und was hat das gekostet?

Rund eine Woche und die Kosten, die hier aufgelaufen sind, bewegen sich in der Größenordnung einer Million Euro. Wir sind mit der Reparatur aber noch nicht fertig, das heißt, dass wir das Ganze auch wieder so herstellen müssen, wie es mal war. Wir werden alles aber zusätzlich absichern und das kostet nochmal zusätzliches Geld.

Zudem haben wir den angegriffenen Mast durch Statiker prüfen lassen. Der 20 Meter hohe und 33 Tonnen schwere Mast ist durch den Brand stark beschädigt worden. Der Statiker hat genau ermittelt, welche Teile man auswechseln muss. Mit Auswechseln kann dann die Standsicherheit so wieder hergestellt werden, dass man ihn anschließend auch wieder benutzen kann.

Die Täter sind bislang unbekannt. Wer trägt jetzt die Kosten?

Um das mal zusagen, das wird nicht automatisch auf den Stromkunden umgelegt. Wir haben hier keine Vollkaskoversicherung, die da heißt, der Stromkunde bezahlt alles, sondern wir sind ein Netzbetreiber. Wir haben von der Bundesnetzagentur ein jährliches Budget zugesprochen, mit dem wir auskommen müssen. Da sind auch gewisse Störungseinsätze mit einkalkuliert, aber solche außergewöhnliche. Risiken sind dann am Ende des Tages unser unternehmerisches Risiko.

Warum war der Mast nicht extra gesichert?

In aller Regel haben wir unsere Strommasten nicht eingezäunt. Wir bauen unsere Anlagen so auf, dass sie für das normale Störungsgeschehen, wie vielleicht ein Bauer mit einem Traktor gegen einen Mast fährt, gut abgesichert sind. Wir haben unsere Anlagen grundsätzlich nicht so ausgelegt, dass sie gegen Terrorakte aller Art in irgendeiner Form sicher wären. Wenn tatsächlich jemand mit Sachkunde einen gezielten Anschlag verübt, mit welcher Absicht auch immer, dann ist es so, dass man, wie man ja ganz offensichtlich sieht, das auch nicht verhindern kann.

Welche Sicherheitsmaßnahmen werden Sie jetzt ergreifen?

Wir werden uns das mit den Sicherheitsbehörden anschauen. Ganz offensichtlich haben wir es hier mit einer besonderen Gefährdungslage zu tun, die offenbar auch noch in die Zukunft reicht. Und in dem Fall werden wir Maßnahmen zum Schutz unserer Objekte ergreifen müssen, die über das hinausgehen, was wir flächendeckend machen können.

Um mal eine Zahl zu nennen: Wir betreiben in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern rund 80.000 Kilometer Leitungen. Das geht zweimal um den Erdball. Da liegt auf der Hand, dass wir das nicht großflächig machen können. Aber an den Punkten, wo wir konkrete auch mit den Behörden abgestimmte Gefährdungslagen haben, müssen wir dann gemeinsam schauen, was man hier optimalerweise tun kann.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Michael Lietz.

Sendung: Antenne Brandenburg, 20.03.2024, 15:40 Uhr

13 Kommentare

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  1. 13.

    stimmt nur oberflächlich keine Kunden, aber der Steuerzahler Der Netzbetreiber hier Bundes, Landes und Kommunalunternehmen E.DIS bzw. E.ON also. Abnehmer8 Stadtwerke uvm.) können hier Schadensansprüche geltend machen. Obendrein steht immer noch nicht eindeutig fest wem dem angeblichen Anschlag galt???

  2. 12.

    Deutschland wird teilweise von Doofheit regiert - Krimis biolden zwar nicht die Wirklichkeit ab, dienen aber als Blaupause für Nachahmer/innen - so stellt man sich höchst perfekt ein Bein.

  3. 11.

    Ich bleibe dabei, das ist meine Meinung und Du kannst mich nicht beleidigen.

  4. 10.

    Wir haben Rücksprache mit dem Autor des Fernsehbeitrags gehalten, auf den Sie sich beziehen, und sehen hier keinen Fehler. Die komplexen Zusammenhänge wurden in der Grafik lediglich vereinfacht, um sie den Zuschauer:innen verständlich zu machen. Auch der Netzbetreiber sieht das laut unserem Autor so.

  5. 9.

    Hallo liebes rbb Team,

    euer Video ist ab 0:55 bezüglich Redundanz nicht verständlich bzw. sogar falsch.

    Ihr müsst mit Hochspannung bzw Mittelspannung eine Grafik aufbauen, die mehr erläutert.
    Bzw. wurdet ihr auch falsch informiert.
    Die Grafik ist viel zu kurz und knapp gehalten.
    So versteht es niemand bzw glauben die Leute es verstanden zu haben, aber es entspricht einfach nicht der Wahrheit.

    Das Thema ist sehr komplex.

    Gruß

  6. 8.

    Haben Sie den Artikel bezüglich der Trassierung auch gelesen?

  7. 6.

    Das stimmt so grundsätzlich nicht, da es unterschiedliche Profile von Motivationen, Qualifikationen und Organisationen gibt.
    Und genau hier kann und sollte man den Schutz schon bis zu einem gewissen Grad betreiben.
    Dieses Problem der angemessenen Sicherheit begleitet uns tagtäglich in fast allen Bereichen und wer die mal vergleicht, stellt auch fest, dass das Sicherheitsaufkommen teils völlig unterschiedlich und losgelöst vom Gefährderpotential betrieben wird.

    Nicht jeder Angriff wird gleich auf dem Niveau des MOSSAD durchgeführt und man muss seine Tür nicht deswegen gleich sperrangelweit offen halten.

  8. 5.

    Natürlich gibt es keinen 100% Schutz. Aber man sollte konsequent die Täter verfolgen und das war nicht der erste Anschlag der selben Gruppe. Bis heute habe ich nichts gelesen wie weit man da vorangekommen ist oder ob man gar schon alles wieder eingestellt hat.

    Da ja nicht nur Tesla betroffen war sollte man sich auch fragen, wieso keine zweite Leitung existiert. Zumindest früher war sowas Standard, da ja Schäden und Wartungsarbeiten gerade nach Naturereignissen immer mal notwenig werden.

  9. 4.

    Jeder Mensch lernt von klein auf, geh nicht an Strommasten usw. ran. Das sind nicht betretbare Zonen. Und wenn, oft mit tödlich Gefahr. Alles hält sich dran, wenige Mutproben mit bösen Ausgang inklusive, so meine schlichte Einschätzung. Wer da bewusst rumfummelt, Schaden anrichtet und hohe Sachschäden einkalkuliert.... für den/die gilt das Strafrecht. Aber, ich bin kein Jurist. Die Täter oder ein einzelnes Täter waren Vollprofis.

  10. 2.

    Bei openinframap.org sind viele Infos legal abrufbar. Welche Leitung führt wo lang, auch den Übergang von Frei- auf Erdleitung kann man sehen. Gasleitungen und Fernwärme sind ebenfalls eingezeichnet.

  11. 1.

    Seh ich genauso. da kannste nix machen. Die sind nunmal clevere Burschen. Außerdem gibts überall bös gesinnte Menschen.

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