Milliarden für die Bundeswehr - Berliner Industrie und Startups stellen auf Rüstung um
Nach Grundgesetzänderung und Zustimmung des Bundesrats stehen auf einmal Milliarden für Investitionen in die Rüstung bereit. Industrie und Startups aus Berlin stellen um, um vom Rüstungspaket zu profitieren. Von Martin Küper und Efthymis Angeloudis
Eine mit künstlicher Intelligenz gesteuerte Nahkampfdrohne, die mit 250 Stundenkilometern feindliche Drohnen abfängt, ist nur eins von gut 40 Projekten, die im Berliner Cyber Innovation Hub der Bundeswehr entwickelt und in der Truppe aktiv genutzt werden. "Diese sorgt mit einer Kollision Drohne gegen Drohne dafür, dass die Drohne dann entsprechend zum Absturz gebracht wird", sagt Sven Weizenegger, Leiter des Cyber Innovation Hub dem rbb. Eine kostengünstigere Lösung, als die unbemannten Luftfahrzeuge mit weitaus teureren Raketen abzufangen.
Dabei sind Kosten momentan nicht unbedingt das wichtigste Ausschlusskriterium bei der Entwicklung von Rüstungsgütern. Nach dem Bundestagsbeschluss zu weitgehenden Ausnahmen für Rüstungsausgaben von der Schuldenbremse hoffen Rüstungsunternehmen und Startups auf einen Investitionsschub. Ein Teil der Gelder könnte auch nach Berlin fließen, wo mit dem Pilotprojekt des Cyber Innovation Hub der Rahmen für die Zusammenarbeit mit Tech und Industrie gesetzt wird.
Projekte für militärische und zivile Nutzung
Denn die Projekte sind nicht nur von Soldaten und Programmierern erdacht, sondern auch von Startups aus der Deep Tech-Szene. "Wir treten an das Startup heran und agieren als Bindeglied zwischen der militärischen und der zivilen Welt, denn es ist unsere Aufgabe, das zu steuern und dann das Projekt auch gemeinsam umzusetzen", definiert Weizenegger die Aufgabe des Pilotprojekts.
Und es gibt einige Berliner Gründer mit Militäraufträgen, wie zum Beispiel einem Satellitenentwickler, der mit Quantentechnologie Verschlüsselungen anbietet, die strategische Kommunikation vor feindlichen Zugriffen schützen soll. Oder einem Space-Startup, das hilft illegale Regenwald-Rodungen zu entdecken – aber auch die Nato mit detailgenauen Bildern aus dem Weltraum beliefert.
Startups, die für militärische, aber auch zivile Nutzung entwickeln sind keine Seltenheit. Die Wirtschaftsförderung des Landes Berlin kennt inzwischen 50 Beispiele. "Das sind Firmen, die gerade aus dem Optik-, Photonikbereich kommen, aber auch aus dem Medizintechnikbereich und das wird nun natürlich immer mehr", sagt Stefan Franzke, Geschäftsführer von Berlin Partner für Wirtschaft und Technologie. Gerade weil man jetzt sehe, dass Europa und Deutschland ihre Verteidigung in die eigene Hand nehmen müssen. "Und das merkt man auch in der Wirtschaft."
Rüstungs-Milliarden - ein sicheres Geschäftsmodell
Gemerkt hat man das auch bei der kriselnden Autoindustrie. Der Automobilzulieferer Pierburg in Gesundbrunnen, der zum Rheinmetall-Konzern gehört, denkt gerade auch um: "Das Werk Berlin soll - neben den Aktivitäten in der Brennstoffzellentechnologie - künftig überwiegend mechanische Komponenten für den militärischen Bedarf fertigen", teilte der Rüstungskonzern mit. Was genau hier produziert werden soll, will der Konzern noch nicht sagen. Berlin sei jedoch für Rheinmetall ein hochattraktiver Standort, nicht nur aufgrund der Nähe zu wichtigen Kunden, der Bundeswehr beziehungsweise der Bundesregierung.
Die vielen Rüstungs-Milliarden - das klingt nach einem sicheren Geschäftsmodell. Doch Rüstung ist nicht für jeden in Berlin eine gern gesehene industrielle Ansiedlung. So haben letzten Samstag vor dem Brandenburger Tor etwa 1.000 Menschen gegen die Aufrüstung der Bundeswehr demonstriert.
IG Metall: "Scheiß" lieber in Deutschland bauen
Sorgen um die Ablehnung durch die Gesellschaft macht sich Rheinmetall nicht. Meinungsumfragen zeigten, dass eine deutliche Mehrheit der Deutschen der Auffassung sei, dass Deutschland mehr für die äußere Sicherheit tun müsste, sagt ein Sprecher des Rüstungskonzerns dem rbb. "Dies ist das vorrangige Ziel unserer Aktivitäten."
Zumal die IG Metall sich nicht den Forderungen der Protestierenden anschließt. "Keiner will Krieg. Wir alle wollen eine Welt, in der wir ohne Kriegshandlung auskommen", sagt Jan Otto, von der IG Metall Berlin dem rbb. Wenn man aber eine Bundeswehr haben wolle, die unterstützen und abschrecken sowie auch anderen Staaten helfen könne, dann brauche man Ausrüstung. "Alle aktuellen Umfragen belegen doch: Wenn wir den Scheiß bauen müssen, dann bauen wir ihn lieber hier in Deutschland."
Sendung: rbb24 Abendschau, 23.03.2025, 19:30 Uhr