Berlin - Krabbeln bis zum Kurzschluss: Ameisen legen Ampeln lahm
Ameisen haben in Berlin dieses Jahr bereits 20 Ampelanlagen ausfallen lassen. Die kleinen Tierchen kriechen in die Steuerungskästen bei den Ampeln und verursachen Kurzschlüsse. Schädlingsbekämpfung und Abdichtungen der Kästen helfen nur bedingt. Von Helena Daehler
Es dauert keine fünf Minuten, und die Ameisen krabbeln Katharina Marienhagen, Geschäftsführerin von Infrasignal, von der dunkelblauen Steppjacke über den Nacken in die Haare. Sie steht auf einer kleinen Grünfläche neben der Bushaltestelle Pichelswerder an der Berliner Heerstraße. Auf dem Boden: Tausende umtriebige Ameisen. Sie haben sich hier in einem Bau niedergelassen. So weit, so gut. Das Problem: Der graue schulterhohe Kasten, der hier steht.
Es ist ein sogenanntes Steuergerät und beherbergt einen Computer, der die Ampelanlage der vielbefahrenen Heerstraße an der Kreuzung Siemenswerderweg/Brandensteinweg lenkt. "Steuergeräte sind unterirdisch mit den Ampelmasten verkabelt und steuern die einzelnen Signale."
Wenn Ameisen in diese Steuergeräte eindringen, kann es problematisch werden. "Wenn sie über die Kupferplatinen im Inneren krabbeln und dabei eine Brücke zwischen den Kontakten bilden, kommt es zum Kurzschluss", sagt Marienhagen, die mit Infrasignal für alle Ampeln in Berlin zuständig ist. Über den Ameisenbefall in den Steueranlagen berichtete zuvor die Berliner Morgenpost. [morgenpost.de | Bezahlschranke].
Zunahme des Ameisenbefalls
Genau das geschah im April diesen Jahres, als der Ameisenbefall einen kompletten Totalausfall der Ampelanlage verursachte. Der Schaden wurde innerhalb eines Tages behoben, die elektronischen Teile ausgetauscht.
Doch bereits 20 Mal waren Ameisen in den letzten sieben Monaten für Ampelausfälle in Berlin verantwortlich. Gemessen daran, dass es jeden Tag mehrere Ampelausfälle gibt, sind das zwar relativ wenige Fälle: Insgesamt gibt es in Berlin 2.158 Lichtsignalanlagen, wie die Ampeln offiziell bezeichnet werden.
Bei der Infrasignal stellt man jedoch eine Zunahme fest: "Ab dem Frühjahr geht es los, wenn es um die 20 Grad warm wird", stellt Marienhagen fest. Warum der Ameisenbefall generell hochgehe, wisse sie allerdings nicht. Das Steuergerät scheint als trockener warmer Ort wohl sehr beliebt zu sein bei den Krabbeltieren.
Noch keine Unfälle durch Ampelausfälle
Die Frage, ob man die Steuergeräte nicht einfach besser abdichten könnte, um den Ameisen den Zugang zu verwehren, beantwortet Marienhagen mit einem "Jein". Denn: "Diese Geräte benötigen eine gewisse Luftzirkulation, um nicht zu überhitzen. Daher können wir sie nicht vollständig hermetisch abriegeln. Wir können aber die Kabel, die ins Erdreich führen, mit Silikon abdichten." Zusätzlich werden von einem externen Dienstleister Schädlingsbekämpfungsmittel verwendet. Auch das kann aber nur in einem Maße geschehen, dass es der Umwelt und anderen Tieren nicht schadet.
Letzten April wurden an der Heerstraße/Brandensteinweg beide Maßnahmen gegen die Ameisen umgesetzt. Mit mäßigem Erfolg: Die Insekten haben die Grünfläche vor dem Steuergerät wieder zu Tausenden in Beschlag genommen.
Durch die von Ameisen verursachten Ampelausfällen kam es in Berlin laut Infrasignal zumindest noch nicht zu schweren Unfällen.
Sendung: Der Tag, 13.08.2024, 18:00 Uhr