Proteste in Berlin - Innensenatorin und Polizei ziehen positive Bilanz nach Mai-Demos

Di 02.05.23 | 19:12 Uhr
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Demonstranten und Kräfte der Polizei stehen am 1. Mai 2023 am Kottbusser Tor in Berlin-Kreuzberg. Hier wurde die Demonstration vom Veranstalter für beendet erklärt. (Quelle: dpa/Kay Nietfeld)
Video: rbb24 Abendschau | 02.05.2023 | Boris Hermel | Bild: dpa/Kay Nietfeld

Große Randalen, wie es sie in früheren Jahren gab, sind am 1. Mai in Berlin dieses Jahr ausgeblieben. Innensenatorin und Polizei zeigen sich zufrieden mit dem eher ruhigen Verlauf. Festnahmen und Gewalt hat es dennoch gegeben.

Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und die Berliner Polizei haben sich zufrieden mit dem Verlauf der Demonstrationen am 1. Mai gezeigt. "Im vergangenen Jahr haben wir vom friedlichsten Mai seit langem gesprochen. Diese Aussage kann ich heute wiederholen", twitterte Spranger am Dienstag.

"Und auf diejenigen, die Gewalt ausgeübt haben bzw. ausüben wollten, waren wir sehr gut vorbereitet", schrieb sie außerdem. Auch die Polizei sprach in ihrer Bilanz der Einsätze von einem weiteren friedlichen 1. Mai. Der neue Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) sprach von einer "taktischen Meisterleistung" der Polizei. Es habe ein Gewaltpotenzial gegeben, "er habe auch durchaus Sorgen gehabt", sagte Wegner am Dienstag. Letztlich sei der Tag aber "sehr, sehr erfolgreich" gewesen.

67 Festnahmen, 99 Ermittlungsverfahren, neun verletzte Polizisten

Über den Tag hinweg begleitete die Polizei eigenen Angaben zufolge 19 Versammlungen. Insgesamt waren bei diesen Veranstaltungen laut Polizei rund 28.000 Teilnehmende. Rund 7.100 Polizisten waren dabei im Einsatz, mehr als im vergangenen Jahr. Davon kamen etwa 2.600 aus Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Schleswig-Holstein. Auch Beamte der Bundespolizei unterstützten die Berliner Polizei.

Einsatzkräfte nahmen Angaben der Polizei zufolge 67 Menschen fest. 21 davon kamen demnach für weitere Maßnahmen in Polizeigewahrsam. Die Polizei leitete 99 Ermittlungsverfahren ein, unter anderem wegen Landfriedensbruchs, Widerstands gegen und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Gefangenenbefreiung, Sachbeschädigung und gefährlicher Körperverletzung. Neun Einsatzkräfte wurden laut Darstellung der Polizei leicht verletzt, dabei habe es sich vor allem um Prellungen gehandelt.

Meiste Straftaten bei "Revolutionärer 1. Mai"-Demo

Ein Großteil der Festnahmen, eingeleiteten Ermittlungsverfahren und verletzten Beamten stand im Zusammenhang mit der "Revolutionären 1. Mai Demonstration", die um 18 Uhr in Neukölln startet und an der etwa 12.000 Menschen teilnahmen, wie die Polizei weiter mitteilte. Die Veranstalter sprachen von 20.000 bis 25.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.

Ein israelfeindlicher Ruf für Palästina zu Beginn der Demonstration sei dokumentiert worden, nun werde geklärt, ob es sich um eine antisemitische Straftat handele, sagte die Polizeipräsidentin Slowik.

Trotz des ausdrücklichen Verbots der Polizei, zündeten Teilnehmer laut Polizeibericht etwa eine halbe Stunde nach dem Start der Demo Pyrotechnik, einige vermummten sich und skandierten polizeifeindliche Parolen. Vereinzelt warfen Teilnehmer Flaschen und Farbbeutel. Noch vor dem Erreichen des Endplatzes am Oranienplatz erklärte der Veranstalter die Demonstration für beendet.

Slowik weist Kritik an Einsatzkonzept am Kottbusser Tor zurück

Zu einem Video von einer aggressiven Polizeieinheit aus Mecklenburg-Vorpommern, die mit Schlagstöcken und Pfeffersprayflaschen die mit feiernden Menschen gefüllte Oranienstraße räumen wollte und dabei einen Mann auf die Straße stieß, sagte Slowik: "Wir nehmen die Hinweise sehr ernst. Wir werden den Vorfall sehr gründlich aufarbeiten, ganz sicher." Weiter könne sie aber so kurz nach dem Abend noch nichts zu dem Thema sagen.

Mit Blick auf eine zweite problematische Situation verteidigte Slowik das Vorgehen der Polizei. Gegen 20 Uhr stand die Demonstration mit 12.000 Teilnehmern am Kottbusser Tor still. Die dortige neue Polizeiwache im Hochhaus wurde mit vielen Polizisten geschützt. Nach vorne kamen die Demonstranten nicht weiter, hinten warteten tausende Menschen, rechts und links hatte die Polizei mit Stoßstange an Stoßstange stehenden Mannschaftswagen alles abgesperrt. Über einen längeren Zeitraum konnte fast niemand den Bereich verlassen.

Veranstalter und Unterstützer kritisierten, die Polizei habe einen "Kessel" gebildet, mehrere Menschen hätten Panikattacken bekommen. "Das Kottbusser Tor einzukesseln war mehr als fahrlässig." Auch Reporter des rbb und anderer Medien, die vor Ort waren, sahen die Polizeitaktik der seitlichen Abriegelungen kritisch. Slowik wies diese Kritik zurück. "Von einer Massenpanik wurde bei uns noch nichts erkannt. Es waren durchaus Möglichkeiten, auch sich auf den Weg zu machen raus aus diesem Engpaß", sagte Slowik.

Sendung: Radioeins, 02.05.2023, 15:03 Uhr

18 Kommentare

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  1. 18.

    ´locken aber kaum noch jemanden hinter dem Ofen vor,´ najaaa bis auf die 15.000-20.000 Menschen die hingegangen sind! Ach übrigens ihr steht doch so auf Zahlen! 67 Festgenommene von 12.000 entspricht in etwa 0,5% der Teilnehmer.
    Hier nochmal die Frage: Was ist bedrohlicher/gefährlicher 10% (- x je nach Bundesland) Rechtsextremisten bei der Polizei oder 0,5% gewaltbereite Linksradikale?

  2. 17.

    "Innensenatorin und Polizei ziehen positive Bilanz nach Mai-Demos"
    Und zwar zu Recht. Danke, dass es dieses Jahr ein friedlicher erster Mai in Berlin war. #gutfuerberlin

  3. 16.

    Apropos lernfähig. Lesen hilft!

    "Veranstalter und Unterstützer kritisierten, die Polizei habe einen "Kessel" gebildet, mehrere Menschen hätten Panikattacken bekommen. "Das Kottbusser Tor einzukesseln war mehr als fahrlässig." Auch Reporter des rbb und anderer Medien, die vor Ort waren, sahen die Polizeitaktik der seitlichen Abriegelungen kritisch."

  4. 15.

    Ein Kessel besteht aber aus mehr als nur linker und rechter Wand an einer Engstelle, da der jemand schlauerweise eine Zwischenkundgebung hatte abhalten wollen. Vielleicht sind die ganz Linken ja lernfähig und sich sich nächstes Jahr eine Route über breitere Straßen aus.

  5. 14.

    Frühgentrifiziererin und 3.000 € Miese bei einem Späti? Der ist dann aber bestimmt nicht in XHain. Beim Köpi gab es zumindest im Ansatz die übliche Folklore. Schön aber, dass die meisten Ihrer Nachbarn mittlerweile erwachsen geworden sind. Andere klopfen zumindest weiterhin linke Sprüche, locken aber kaum noch jemanden hinter dem Ofen vor, Aperol Spritz ist wichtiger geworden.

  6. 13.

    Herr Lorenzo.
    Bin Anwohnerin. Seit 14 Jahren. Weiss sehr wohl was die Polizei tatsächlich tut hier vor Ort. Bin also kein ahnungsloses Opfer Ihrer Darstellung(en) im Stile einer Kriegswochenschau. Kenne die alltägliche Arbeit ordentlicher Polizei. Aber auch die Besatzermentalität und -praxis, ist mein Wohngebiet grossräumig von der Obrigkeit zum Einsatzgebiet erklärt. Dann wird auch mal mittels körperlicher Gewalt der Zutritt in meine Wohnstrasse verwehrt. So geschehen beim Räumungseinsatz Köpi. Man ist zunächst pauschal Feindperson. Erst lange danach und irgendwann Bevölkerung, deren Angestellte Polizei ist.
    2020 schlug ein Polizist einer Pressevertreterin /Kameraassistentin anlässlich 1. Mai in der Oranienstrasse die Zähne während ihrer Arbeit aus. Folgekosten musste das Opfer zahlen. Dieses Jahr zeigt ein Video Einsatzpraxis Oranienstrasse, ist ein Kiez von Politik, rechten Mainstream und Polizeiführung zum Kriegsgebiet erklärt. Lügen und Ignoranz ändern Wirklichkeit nicht.

  7. 12.

    Ich würde nachts wach liegen, wenn ich jeden Monat 3000€ Miese machen würde.

  8. 11.

    “Taktische Meisterleistung” also…meint der Kai aus Spandau damit die Einkesselung von Menschen und das Verursachen von Panik mit allen dazugehörenden Gefahren?

  9. 10.

    HeikeDienstag, 02.05.2023 | 19:19 Uhr
    Antwort auf [Martina] vom 02.05.2023 um 16:21
    "Na Martina....wieder zu viele Clips der bösen Polizei gesehen."

    Als Anwohnerin vor Ort bin ich nicht einmal auf Beweisvideos angewiesen. Die interessierte Kreise in ihren Wahnvorstellungen gerne als Studioproduktion subversiver Kräfte behaupten. Statt ihre Beweiskraft und Authentizität anzuerkennen. In der Oranienstrasse scheint sich das zum Gewohnheitsrecht auszuwachsen. 2020 zahlt eine Pressevertreterin /Kamera Assistentin den Preis. Mit ausgeschlagenen Zähnen. Dann die Arztrechnungen dafür. Worin Sie die handwerkliche Facharbeit im nun dokumentierten, erneuten Übergriff erkennen - dazu muss man wohl schon im Extremismus gelandet sein und ihn als "Mitte der Gesellschaft" empfinden und verteidigen. Flankiert von Politik, polizeigewerkschaftlicher Vertretung, aufgepeitschter Öffentlichkeit, die die überwiegend ordentliche Arbeit der Durchschnittspolizisten und ihre Professionalität nicht schützt.

  10. 9.

    So ein Blödsinn, die CDU hat ganz sicher nichts damit zu tun, dass die Demos friedlich waren, wahrscheinlich eher noch das schöne Wetter. War ja auch im letzten Jahr schon vergleichsweise ruhig.

  11. 8.

    Danke an die Polizisten für einen ruhigen 1. Mai in Berlin

  12. 7.

    Gentrifizierung hat auch etwas Gutes. Mittlerweile muss man sich linksextrem leisten können.

  13. 6.

    Die Polizei hat Anwohner und Unbeteiligte geschützt.
    Und dies offenbar mal wieder sehr erfolgreich.
    Durch den organisierten und strengen aber dennoch besonnenen Einsatz sowie die Rückendeckung durch die Politik in Verbindung mit den verschärften Gesetzen bei Angriffen auf Menschen konnte das gute Konzept unserer Polizei seine Wirkung entfalten.
    Danke Polizei!
    Unsere Innensenatorin hat offenbar die Lage im Griff.
    Mit der CDU in der Regierung hat die Polizei zudem auch wieder volle Rückendeckung.

  14. 4.

    Die Tagesschau titelt: "Mai-Demos erstaunlich friedlich". Das hört sich fast so an, als hätten die Berliner den Erwartungen nicht entsprechen können. Üblich ist es doch, dass die Republik und die AfD genüsslich auf die Hauptstadt eindreschen.

    Ich halte Berlin im Großen und Ganzen für ziemlich friedlich. Natürlich gibt es hier leider Randalierer und Gewalttäter. Die gibt es aber in anderen Städten auch. In Berlin leben halt einfach viele unterschiedliche Menschen sehr eng zusammen. Doppelt so viele wie z. B. in ganz Mecklenburg-Vorpommern. Und hinzu kommt, dass ideologische Missetäter leider gerne prominente Stellen für ihre Exzesse aussuchen. Dafür können aber weder die Berliner etwas noch die Berliner Regierung.

  15. 3.

    Friedlicher als das Werder Baumblütenfest und jedes 3. Liga Fußballspiel!

    "Die Polizei habe bestätigt, dass das Straftatengeschehen auf rund ein Drittel früherer Feste gesunken sei. Noch 2019 registrierte die Polizei fast 500 Straftaten - darunter allein über 100 Körperverletzungen. Danach war das Fest unter anderem wegen der Corona-Pandemie drei Jahre lang ausgefallen."

  16. 2.

    "Die Berliner Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte dem rbb bereits am Montagabend, dass der 1. Mai "erstaunlich friedlich" geblieben sei."

    Und das offensichtlich trotz auch aggressiv-unprofessionellen Auftritts von Polizei. Polizei im Besatzermodus auf der Oranienstrasse z.B - Video gibts dazu...
    Und trotz der über Umwege eingestandenen Tatsache, dass es gemessen an Gemengelage und Massenauflauf friedlich war.

    Während sich Politik, Polizeiführung, Öffentlichkeit und veröffentlichte Öffentlichkeit einmal mehr im Vorfeld überschlug. Mit der Beschreibung ihrer Fieberträume. Liegen sie nachts wach. Und wissen sehr wohl, dass ihre Politik den Protest verursacht. Politik, die so unversöhnlich ist, dass man dem Protest Versöhnlichkeit abverlangen muss. Einer muss ja. Nur geben die Klügeren nach, heisst es halt: Es regiert die Ignoranz.

  17. 1.

    Na siehste, geht doch.

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