Herthas Sieg auf Schalke in der Analyse - Die Rechnung des Pal Dardai geht mal wieder auf

So 08.10.23 | 18:44 Uhr
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Hertha-Trainer Pal Dardai (imago images/Kirchner)
Audio: rbb24 Inforadio | 08.10.2023 | Guido Ringel | Bild: imago images/Kirchner

Hertha BSC ist gegen Schalke 04 ein überaus wichtiger Sieg gelungen. Beim 2:1-Erfolg zeigten die Berliner zwar keine spektakuläre, aber eine sehr reife Leistung. Hertha hat einen neuen Entwicklungsschritt erreicht – und Trainer Pal Dardai mal wieder Recht. Von Marc Schwitzky

Hertha-Trainer Pal Dardai hat nahezu alle seiner Lebensjahre in der Fußballwelt verbracht. Seine frühesten Kindheitserinnerungen stammen aus den Kabinen der Mannschaften, die sein Vater trainierte. Dardai ist ein Kind des Fußballs. Mit dieser Lebensweise, diesen Erfahrungswerten entstehen gewisse Devisen, nach denen jemand lebt. Dardai ist ein Trainer mit zahlreichen Devisen, die er in prägnanten Sprüchen ausdrückt.

Vor allem in seiner ersten Amtszeit bei Hertha BSC gab der 47-Jährige viele dieser Sprüche zum Besten. Dardai betonte zum Beispiel immer mal wieder, sollten nur drei bis vier Spieler in einer Partie Normalform erreichen, nehme er das auf seine Kappe – denn dann müsse etwas in der Trainingssteuerung und/oder Spielvorbereitung falsch gelaufen sein. Nach spätestens sechs Niederlagen in Serie müsse man laut ihm als Bundesliga-Trainer gehen – die Entscheidung Herthas, ihn erstmals gehen zu lassen, erfolgt 2019 nach fünf Pleiten infolge.

Dardais besondere Punkterechnung

Dardai ist auch ein Zahlenmensch. Einst sagte er, dass man als neuer Trainer eigentlich sechs Wochen Vorbereitung bräuchte, um die Mannschaft kennenzulernen und auf die eigenen Ideen einzustellen. Auch hier präsentiert er sich als Wahrsager: Herthas erster Sieg in seiner zweiten Amtszeit erfolgte am 6. März 2021 – fünf Wochen und fünf Tage nach seinem Amtsantritt.

Pal Dardai seziert zudem den Spielplan gerne in kleinere Einheiten, aus denen er eine gewisse Anzahl aus Punkten holen will. So auch in der laufenden Saison. Vor dem Spiel gegen den FC Schalke 04 sah er seine Mannschaft durchaus im Soll: "Nach meiner Rechnung haben wir minus einen Punkt. Bei Schalke war der Plan vor der Saison ein Punkt. Wenn wir drei holen, sind wir zwei im Plus", rechnete Dardai vor. "Daher ist es ein bisschen ein Schicksalsspiel, es kann viel öffnen. Das wird uns hoffentlich nicht hemmen, sondern für positive Motivation sorgen.“

Es ist bemerkenswert, wenn Trainer das Wort "Schicksalsspiel" selbst in den Mund nehmen, da sie – um den Druck nicht öffentlich zu erhöhen – sonst keiner Liga-Partie eine besondere Bedeutung zurechnen wollen. Doch Dardai tickt anders. Seit jeher versucht er, seine Schützlinge mit solchen Manövern zu kitzeln.

Eine sehr reife erste Halbzeit

Als Trainerfuchs weiß Dardai natürlich auch im die Situation des Gegners. Schalke 04 stand nach zuletzt dramatisch schwachen Leistungen und der jüngsten 1:3-Niederlage gegen Paderborn massiv unter Druck. Hertha wollte diese Notlage ausnutzen: nicht indem die Berliner hemmungslos einen Angriff nach dem nächsten fahren, sondern durch eine auffällig kontrollierte Spielanlage. Dardai wollte offensichtlich kein wildes Spiel riskieren.

So kam die erste Halbzeit wenig spektakulär daher. Hertha lief zwar im Pressing sehr hoch und aggressiv an, um so Fehler bei den verunsicherten Gelsenkirchenern zu provozieren, doch mit dem Ball wurden leisere Töne gespielt. Die Berliner wollten Schalke keinesfalls durch eigene Fehler einladen. Schalke musste, das wusste Dardai. So kochte Hertha das Spiel durch lange Ballbesitzphasen und langsames Spiel herunter. Dabei entstanden zwar wenige eigene Angriffsmomente, doch Dardai spekulierte: Bei Schalkes so wackeliger Defensive – die "Königsblauen" kassierten in den drei Spielen zuvor neun Gegentore – werden die Chancen kommen, Hertha muss sie nicht erzwingen und dafür eine Unwucht im eigenen Spiel riskieren.

Hertha wusste um seine Stärken

So kam es auch: in der 41. Minute erzielte Smail Prevljak das 1:0 für die Gäste. Für die Führung brauchte es lediglich einen weiten Einwurf, einen gewonnenen zweiten Ball, eine erneute Hereingabe und die mangelhafte Konzentration der Schalker Abwehr. Kein Hexenwerk. Da Hertha in nahezu allen Statistiken den entscheidenden Anteil besser war, war die Führung zwar nicht hochverdient, doch Schalke konnte sich aufgrund der fehlenden eigenen Spielanteile auch nicht wirklich beschweren. Dardai wusste, dass seine Mannschaft sowohl mental als auch in der Spielanlage weiter ist als der Gegner und spielte jenen Vorteil höchst pragmatisch aus.

Auch der Treffer zum 2:0 war ein Resultat dessen, dass Hertha um seine Stärken wusste. Immer wieder wurde Flügelspieler Fabian Reese in die direkten Duell mit dem gnadenlos unterlegenen Henning Matriciani geschickt. So auch kurz nach der Halbzeitpause in der 51. Minute: Reese setzte sich am Strafraum einmal mehr sehenswert per Tunnel gegen Matriciani durch, um dann auch Torhüter Justin Heekeren mit seinem Schuss zu tunneln – eine herausragende Einzelaktion zum 2:0.

Glück, Pech und Tjark Ernst

Es war eine bis dahin überaus reife Leistung der Berliner Mannschaft. Defensiv erlaubt sich die "alte Dame" bis dahin kaum einen Schnitzer, in den Grundtugenden des Fußballs kaufte sie den Schalkern immer wieder den Schneid ab und offensiv war sie äußerst effektiv.

Doch so eine 2:0-Führung ist bekanntlich trügerisch. Schalke musste nun alles riskieren, um nochmal in die Nähe eines Punktgewinns zu kommen – und da begann Herthas Souveränität zu bröckeln. Auf Umschaltaktionen lauernd standen die Berliner ab der 60. Minute oftmals etwas zu tief, was Schalke Druck aufbauen ließ. Hier konnte sich Torhüter Tjark Ernst gleich mehrmals auszeichnen, mit insgesamt fünf Paraden wurde der erst 20-Jährige hinten raus zum heimlichen Matchwinner.

Ernsts Paraden, gelegentliche Entlastung nach vorne und auch das nötige Quäntchen Glück sorgten dafür, dass Hertha bis zur 80. Minute mit zwei Toren in Führung blieb. Dann erzielte Schalke den durchaus verdienten 1:2-Anschlusstreffer, der die Hauptstädter noch einmal zum Zittern brachte. Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass Hertha in der Schlussviertelstunde gleich zweimal das Aluminium traf, die Vorentscheidung also nur knapp verpasste. Und doch brauchte es starke Nerven, eine gute Mentalität und einen hervorragenden Torhüter, um das 2:1 über die Zeit zu retten.

Gutes Coaching der Schlüssel zum Sieg

Der Sieg auf Schalke, er ist ein immens wichtiger für Hertha BSC. Mit nun zwölf Punkten schieben sich die Berliner in die obere Tabellenhälfte und bringen fünf Zähler zwischen sich und S04. Darüber bestätigt der dritte Sieg aus den letzten vier Spielen die aufsteigende Form und fortschreitende Stabilisierung der Mannschaft. Hertha ist endgültig in dieser Saison angekommen. Ein großer Verdienst der Spieler, aber vor allem des Trainerteams rund um Pal Dardai.

In den letzten Wochen hatte Dardai nicht immer ein glückliches Händchen, doch der Sieg am 9. Spieltag geht auf den Ungarn zurück. Die pragmatische Spielanlage war sehr gut auf die mentalen Herausforderungen dieser besonderen Begegnung mit dem Mit-Absteiger abgestimmt, das Herunterkochen der Partie funktionierte über weite Strecken. Auch die überraschende Hereinnahme von Jonjoe Kenny und Deyovaisio Zeefuik für mehr Aggressivität gegen den Ball und eine bessere Defensivleistung hat sich bezahlt gemacht.

Es scheint, als würden Kader und Trainer immer besser zusammenfinden, als würden sie ein besseres Gefühl füreinander entwickeln. Doch wen sollte dies wundern? Seitdem das Sommer-Transferfenster geschlossen hat, sind beinahe sechs Wochen vergangen – jene sechs Wochen, die es laut Dardai bräuchte, um eine Mannschaft auf die eigenen Ideen einzustimmen. Hier geht die Rechnung des erfahrenen Vollblut-Fußballers einmal mehr auf. Seinen Kalkulationen zufolge ist Hertha nun "zwei Punkte im Plus" – es bleibt abzuwarten, ob der Sieg im "Schicksalsspiel" weiteres Überperformen ermöglichen wird. Pal Dardai hat sicher auch dazu eine Theorie.

Sendung: rbb24, 08.10.2023, 18 Uhr

21 Kommentare

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  1. 21.

    also @moritz ist bei weitem nicht der erste und einzige dem aufgefallen ist, dass sehr oft aus der Rankestraße (und weitere einmalige Kommentaroren) die Beiträge vom BFC-Fan versuchen zu verteidigen ...
    die Textbausteine vom BFC-Fan haben zwar meist keinen Bezug zum Artikel und sind beim ersten Mal -eventuell noch- noch lesenswert, aber jetzt nur noch langweilig

    UND: Was soll ein Fan vom ominösen "BCC777" sein ???

  2. 20.

    An alle BCCNILSTORSTEN man merkt sowohl an ihren Kommentaren als auch an ihren Themen, welche eigentlich nie mit der Sache zu tun haben, dass Sie einen nicht unerheblichen Hang zum Narzismus besitzen.

    Wenn das auch noch Identitätsdiebstahl beinhaltet, dann ist das wirklich ernst.

    Hilfe gibt es, traut euch...

  3. 19.

    Hertha BSC ist die Peinlichkeit in Persona. Wer Ordnung liebt und Reinlichkeit, der gibt auch gern eine Kleinigkeit. Bei diesen Verein ist alles aus dem Ruder gelaufen. Bei der Sauberkeit fängt es an.

  4. 18.

    Sie müssen doch nicht von sich auf Andere zeigen, von wegen "Zweitidentität".
    Im Gegensatz zu Ihnen, schreibt BCC777 seine durchaus treffenden Kommentare schon seit Monaten, in denen Sie sich erst einmal "finden" mussten.

  5. 16.

    Bitte informieren Sie sich richtig bevor Sie solche Sätze schreiben. Marten Winkler hätte gespielt, aber durch einen Infekt musste er kurzfristig passen.

    Marton Dardai ist ein Guter, sonst würde er nicht U21 Nationalmannschaft spielen.

    Aber bei der Qualität gehen die Meinungen auch auseinander, das ist normal.

    Und natürlich ist viel Glück, Pech oder Zufall dabei...das nennt sich Fußball...

    Ha Ho He

  6. 15.

    Die Entwicklung sieht man nur unter dem Mikroskop, und da auch nur der Fachmann.

  7. 14.

    Nee, habe ich schon verstanden. Habe mich leider verklickt und wollte eigentlich auf den sinnlosen Kommentar ihrer Zweitidentität BCC-Fan antworten.

  8. 13.

    Ich sehe keine Entwicklung was ein Spielkonzept betrifft. Eher dämliche Wechsel, die das Ergebnis
    unnötig ins Wanken gebracht haben.
    Was war mit Winkler ,warum wird der langsame Marton D. präferiert ??
    Da ist Vater Zufall oftmals im Spiel.
    Souverän sieht anders aus, der Autor muss wohl besoffen gewesen sein.

  9. 12.

    Sie haben wohl den Beitrag von @Saulus nicht verstanden?
    Oder meinen Sie, dass das tägliche Geschrei und das Buhlen um Aufmerksamkeit in den Medien von der Hertha von mehr "Selbstbewusstsein" zeugt?

  10. 9.

    Darum beschmieren eure Truppen die Stadtteile mit blau weiß, den Farben eines Zweitligisten.
    "Ganz Berlin liebt Hertha" fabulierte vor Jahresfrist die Princessin. Dem ist nicht so.
    Peinlichkeiten, wie der Wettanbieter, der Ex-Ultra als Präsident, die Stellung zu dem brutalen Schläger, ... werden dafür garantiert nicht sorgen.

  11. 7.

    Ein Artikel, bei dem das Lesen Spaß macht. Gute Analyse.

  12. 6.

    Hertha hat einen neuen Entwicklungsschritt erreicht ! Ist nur die Frage in welche Richtung und wohin ? Doch nicht etwa zum Aufstieg ?

  13. 5.

    Aktuell läuft vieles in die richtige Richtung und Herr Dardai macht zur Zeit auch vieles Richtig. Nach der jahrelangen Tristesse, Balsam für die Fan Seele.

    Bitte aber nicht vergessen, wir sind zweite Liga...nicht mehr und gleichzeitig liegt der Verein finanziell am Boden.

    Bitte fleißig und demütig bleiben, weiter Ackern und Erfolge zwar feiern aber nicht überschnappen.
    Ha Ho He

  14. 4.

    Jeder Sieg gibt der Mannschaft Sicherheit und Selbstvertrauen.
    Da ist das, was der Mannschaft gefehlt hat.
    Ich wünsche der Mannschaft, dass sie die Sicherheit und das Selbstvertrauen auf Dauer behält und Pal Dardai die nötige Ruhe übermittelt, die so lange gefehlt hat.
    HaHoHe

  15. 3.

    Da fühlt sich ja einer wie Scheinchen Schlau, wenn man das Bild so sieht.

  16. 2.

    Dankeschön, Marc Schwitzky,
    mal wieder für einen sehr lesenswerten kurzweiligen Artikel.
    Bitte weiter so.
    Genauso auch im Podcast.
    Ich denke ebenso, dies sind 3 wichtige und sehr schöne Punkte, vor allem auch bei diesem Gegner.
    Ein echt wohliges Gefühl, für alle Sympathisanten des Vereins.
    Balsam für alle Blau - Weißen Anhänger.
    So verlebt man die Länderspielpause doch gerne & recht heiter.

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