Kleistforum - Die "Baseballschlägerjahre" werden in Frankfurt (Oder) auf die Bühne gebracht
Ein Theaterstück befasst sich in Frankfurt (Oder) mit der politischen Radikalisierung in den 1990er Jahren bis in die Gegenwart. Die Protagonisten von damals stellen sich die Frage, ob sich die "Baseballschlägerjahre" wiederholen könnten. Von Julia Tautz
Eine graue und schwierige Zeit wird diese Woche in Frankfurt (Oder) auf die Bühne gebracht: Das Theaterstück "#Baseballschlägerjahre oder Im Warteraum der Zukunft" feiert im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Bürgerbühne“"im Kleistforum Premiere. Wegen eines Krankheitsfalls wurde die Vorstellung auf das Wochenende verschoben. Der genaue Termin soll auf der Webseite des Kleistforums veröffentlicht werden.
Das Stück erzählt die Geschichte zweier Brüder von der Wende bis in die Gegenwart. "In #Baseballschlägerjahre begegnen wir einem Menschen, der einen Roman über diese Zeit schreiben möchte", sagte Regisseur und Bürgerbühnenleiter Hannes Langer dem rbb. "Der Inhalt dieses Romans ist eine Familiengeschichte, in der sich zwei Brüder in den 1990er Jahren sehr verändern. Der eine nach links und der andere nach rechts."
Eine Zeit der politischen Radikalisierung
In einer intensiven Recherche haben sich die Performer dem Thema Rechtsruck in Ostdeutschland genähert. Nun bringen sie in Monologen, Sprechchören und Dialogen zwischen Generationen die von Gewalt geprägten Baseballschlägerjahre auf die Bühne.
Mit Baseballschlägerjahre ist die Nachwendezeit gemeint, die vor allem bei jungen Leuten zu Orientierungslosigkeit und Identitätssuche führte – und nicht selten in politische Radikalisierung endete, so Regisseur Langer. "#Baseballschlägerjahre zoomt in kleinsten Sozialräume hinein, das heißt in Familien und Freundschaften."
"Es besteht die Gefahr, dass sich Dinge wiederholen"
Interviews mit Zeitzeugen, Romane und eigene Erlebnisse zeigen ein kollektives Gefühl. So hat der Performer Marco Witt für die Inszenierung seine eigene Familiengeschichte aufgearbeitet, denn sein Bruder wandte sich in den 1990er Jahren der rechten Szene zu. "Das ist ein krasser kreativer Prozess, der eine große Chance in sich birgt, mit den Erlebnissen anders umzugehen."
Diese Zeit habe in seiner Familie einen tiefen Riss hinterlassen, der bis heute bestehe, sagt Witt. Er wolle seine Erlebnisse auf die Bühne bringen, denn Schweigen sei eine der Ursachen für unsere Gegenwart. "Das macht was mit künftigen Generationen, wenn über bestimmte Dinge, die passiert sind, nicht offen gesprochen wird. Dann besteht die Gefahr, dass sich Dinge wiederholen."
Auch für Christian Bangel, Journalist, Autor des Romanes "Oder Florida" und Erfinder des Hashtags #baseballschlägerjahre. Aus seiner Perspektive wurde über diese Zeit in Ostdeutschland noch nicht genug gesprochen, wie er sagt. "Dieses Gefühl will ich nie wieder in meinem Leben haben: dass es sein kann, dass einfach 20 Leute um die Ecke biegen und anfangen, auf einen zuzurennen – ohne Anlass, nur weil man die falschen Schuhe oder lange Haare trägt", sagt Bangel.
Autor beklagt fehlende Konsequenzen
Bangel sieht als Gründe für die damalige rechte Gewalt in einer überforderten Polizei und Justiz und ein politisches Klima, das rechten Parolen nichts entgegengesetzt habe. Die schlagfertige rechte Szene habe in dieser Zeit nie Konsequenzen erfahren. "So eine Phase gab es nie im Osten, dass sich diese Gewalttäter irgendwann hätten rechtfertigen müssen."
Mit dem Theaterstück "#Baseballschlägerjahre oder Warteraum der Zunkunft" will die Bürgerbühne Frankfurt das Schweigen über die damalige Zeit brechen und zugleich auf die Gegenwart hinweisen, die manchen von der Stimmung an die Baseballschlägerjahre der 1990er erinnert.
Sendung: Antenne Brandenburg, 21.11.2024, 16:20 Uhr
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