Straßen und Parks - Welche Gefahr von den Berliner Bäumen ausgeht

Fr 28.06.24 | 08:06 Uhr
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Strassensperrung wegen Astbruch (Quelle: imago-images/snapshot-photography/T.See)
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Video: rbb|24 | 25.06.2024 | Stefan Oberwalleney | Bild: imago-images/snapshot-photography/T.See

Vermehrt war zuletzt von umgestürzten Bäumen und herabfallenden Ästen zu lesen. Die Berliner Bäume leiden unter Stress, dem Klimawandel und der Dürre vorhergehender Jahre. Doch wie groß ist die Gefahr aktuell wirklich?

Herabfallende Äste oder gar komplette Entwurzelung: Marode Bäume können eine Gefahr für Menschen (zu Fuß und auch auf dem Fahrrad, in der Bahn oder im Auto sitzend) werden.

Zuletzt waren bei einem Gewitter am 22. Juni in Brandenburg Bäume auf Straßen gestürzt, abgebrochene Äste fielen auf Autos ud Häuser. In Berlin stürzten im Juni sowohl in Neukölln als auch im Mauerpark in Prenzlauer Berg jeweils ein Baum um. Es gab Verletzte.

In Berlin-Rahnsdorf war - ebenfalls im Juni - eine Frau beim Rauchen einer nächtlichen Zigarette mutmaßlich von einer abgebrochenen Baumkrone erschlagen worden.

Was ist mit den Bäumen los?

Jedem zweiten Berliner Straßenbaum geht es, so stand es im letzten Straßenbaum-Zustandsbericht von 2020, nicht gut. Das heißt, dass Schäden an ihm festgestellt wurden. Die Bäume sind geschwächt durch die Dürrejahre – es handelt sich also um Auswirkungen des Klimawandels.

Hinzu kommt laut Derk Ehlert von der Berliner Senatsverwaltung im Bereich Naturschutz und Landschaftsplanung auch Stadtstress wie zunehmende Winde, Stürme, Boden-Aufgrabungen, Eutrophierungen sowie Stamm- und Wurzelschäden. Einfluss haben auch Bauarbeiten, Verkehr, Abgase, die Bodenversiegelung, Tausalz und Hundeurin. Durch den Stress, den die Trockenheit verursacht, steigt die Gefahr durch Astabbrüche, trotz erhöhter Aufmerksamkeit der Kommunen. Die Trockenheit und die damit verbundene Schwächung der Bäume begünstigt auch das Aufkommen von teils neuen Pflanzenkrankheiten oder bakteriellen Erkrankungen.

Doch Bäume werfen, so Ehlert, auch in gesundem Zustand immer wieder tote Äste ab. So trennt sich der Baum von unnützer Last.

Nach längeren Regenfällen im Winter, bei völlig durchweichtem Boden — und überdies bei Frühjahrsstürmen — kann ein Baum jedoch völlig überraschend "umfallen". Das intakte Wurzelwerk kann sich aus dem Boden herauslösen. Oder der Baum mit dem von Dürrejahren stark geschrumpften Wurzelteller stürzt ganz um.

Doch nicht immer sieht man den Bäumen ihren Schaden an – so beispielsweise, wenn sie von innen mit Pilz befallen sind. Ärger macht auch immer wieder die Rußrindenkrankheit [berlin.de].

Auch die Bäume und Sträucher der historischen Parks und Gärten in Berlin und Brandenburg sind wegen des Klimawandels massiv bedroht. Das zeigt der sogenannte Parkschadensbericht der Technischen Universität (TU) Berlin aus dem Januar 2024.

Wie werden die Stadtbäume kontrolliert?

In Berlin werden die Stadtbäume jährlich kontrolliert. Sogenannte Visual-Tree-Assessment-Kontrollen (VTA-Baumkontrollen) fokussieren sich im Rahmen einer Sichtkontrolle auf die Untersuchung des Baumstamms und des Astwerks mit Krone. So wird überprüft, dass jeder Baum, der im öffentlichen Straßenraum steht, stand- und verkehrssicher ist. In dieser Art und Weise werden die Bäume in Berlin regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, überprüft. Hierfür haben die Straßenbäume Nummern oder Ziffern – mit deren Hilfe wird der Baum katalogisiert.

Was ist mit privaten Bäumen?

Die Straßen- und Grünflächenämter sind nur für Bäume im öffentlichen Raum zuständig. Ein Grundstückseigentümer mit Baumbestand haftet selbst für die Sicherheit seiner Bäume. Das bedeutet, er muss dafür sorgen, dass vom Baumbestand keine Gefahr für Dritte ausgeht. Daher müssen Baum-Eigentümer ihre Bäume regelmäßig auf Schäden, Standfestigkeit und Erkrankungen kontrollieren.

Was passiert mit "auffälligen" Bäumen?

Sobald ein Baum nicht mehr als sicher eingetragen ist im Katalog der Stadt Berlin, wird er häufiger begangen. Zudem werden Maßnahmen wie das Wegschneiden von toten Ästen oder das Stutzen der Baumkrone eingeleitet. "Das Fällen eines Baumes ist die letzte Methode – wenn es gar nicht anders geht", so Ehlert. Gefällt werden dürfen Bäume theoretisch überhaupt nur im Winter. Es gibt aber auch Notfällungen.

Bürger können Schäden und Mängel an Stadtbäumen auch beim Senat [berlin.de] melden.

Was könnte in Zukunft helfen?

Die meisten Kommunen bewässern junge Bäume, bis sie etwa zehn Jahre alt sind. In langen Dürreperioden brauchen auch ältere Stadtbäume zusätzliches Wasser. Hilfreich für neu angepflanzte Stadtbäume ist es auch, wenn sie von Anfang an sogenannte Rigolen bekommen. Das ist eine Art Wanne, zum Beispiel aus Beton, die in den Boden eingesetzt wird und Regenwasser speichert. Oberhalb der Rigole pflanzt man dann den neuen Baum, sodass er sich mit den Wurzeln aus dieser Wanne mit Wasser versorgen kann.

Professionelle Pflege und der Einsatz von klimaresilienten Bäumen sind hilfreiche Maßnahmen. Forscher der Humboldt Universität (HU) Berlin und Mitarbeiter des Landeskompetenzzentrums Forst in Eberswalde (Barnim) hatten daher ein Forschungsprojekt namens "Trees4streets" aufgesetzt. Sie haben versucht, unter möglichst vielen Bäumen die zu finden, die neben Trockenheit und Hitze auch mit Stadtstress zurechtkommen. Es waren vor allem Linden und Ahornarten, die hier das Rennen gemacht haben.

Wie können sich Menschen schützen?

Insbesondere nach und während Stürmen gibt es die Gefahr von Astbruch und umstürzenden Bäumen. Solche Gefahrenstellen sollte man meiden. Abgesperrte Bereiche sollten nicht betreten werden.

Derk Ehlert sagt aber, man könne sich dennoch unter normalen Umständen "getrost unter große Bäume setzen". Doch man solle, so Ehlert weiter, dabei den gesunden Menschenverstand walten lassen. "Wenn es kracht, man es reißen hört, man Risse sieht oder andere Auffälligkeiten hört, sollte man dem entsprechenden Baum fernbleiben. Es ist sicherlich auch ratsam, keine Kopfhörer aufzuhaben". Er verweist darauf, dass die bisherigen Unfälle zwar tragisch seien, sich aber im Verhältnis in äußerst niedrigem Bereich befänden.

Die Senatsverwaltung für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz rät immer mal wieder zu Vorsicht und warnt davor, während bestimmter Zeiten Grünanlagen und Wälder zu betreten – insbesondere außerhalb gesicherter Wege. "Herabfallende Äste und Kronenteile können für Passant:innen gefährlich sein, sogar lebensgefährlich. Selbst nach Beruhigung der Wetterlage muss mit Astbruch, umstürzenden Bäumen und Behinderungen durch entwurzelte und abgebrochene Bäume gerechnet werden. Auch bei Straßenbäumen im Stadtgebiet gibt es eine erhöhte Astbruchgefahr. […] Bei geplanten Veranstaltungen im Wald oder in Parkanlagen am Wochenende empfehlen wir, über den Veranstalter in Erfahrung zu bringen, ob sie sicher stattfinden können oder nicht", heißt es dann.

Und im baumreichen Bundesland Brandenburg?

Der Landesbetrieb Straßenwesen Brandenburg ist für die Verkehrssicherheit sowie für die Erhaltung des "Straßenbegleitgrünes im Verantwortungsbereich seiner Baulast" verantwortlich.

Die Brandenburger Straßenbäume werden den Angaben nach mindestens einmal jährlich (im Wechsel belaubt und unbelaubt) beziehungsweise nach Erfordernissen aufgrund ihres Zustandes (gesund, leicht geschädigt, stärker geschädigt) auf ihre Verkehrssicherheit kontrolliert.

Für Straßenbäume innerorts, sofern es sich nicht um Bundes- oder Landesstraßen handelt, sind die Gemeinden selbst zuständig. Auch hier wird mindestens einmal im Jahr kontrolliert, bei ersten Anzeichen einer Schädigung öfter.

Auch viele Bäume in den Brandenburger Parks sind von Schädigungen durch den Klimawandel betroffen. Teils seien hier, so Frank Kallensee, der Pressesprecher der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, gegenüber dem rbb, die alten Gehölzbestände auch an der Grenze ihrer natürlichen Lebenszeit angekommen. Außerdem, so Kallensee, seien Bäume "nachtragend". Die Folgen der Dürrejahre 2021/22 zeigten sich vielfach erst jetzt.

Was ist mit dem Wald voller Bäumen?

Auch Waldbesitzer unterliegen der Verkehrssicherungspflicht. Doch es gibt hier eine Haftungsbeschränkung. Waldtypische Gefahren nimmt, so ein richtungsweisendes Urteil im Jahr 2012, ein Waldbesucher bei einem Aufenthalt demnach in Kauf. Denn Waldwege sind mangels entsprechender Widmung keine öffentlichen Straßen.

Waldbesitzer haften also im Regelfall nicht, wenn Spaziergänger durch herabstürzende Äste im Wald oder auf Waldwegen verletzt werden. Das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken ist zwar Jedermann gestattet, die Benutzung des Waldes geschieht jedoch grundsätzlich auf eigene Gefahr.

Ausnahmen sind hier Waldwege und Wälder, die an öffentliche Wege oder Plätze grenzen.

16 Kommentare

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  1. 16.

    Ihre Biologiekenntnisse und Beobachtungen müssen komplett verkümmert sein, wenn für sie nur Beton, Versiegelung und ein sauberer Autolack, denn das ist ihr Lindenproblem, lebenswert erscheinen.
    Wie wichtig gerade Bäume in Großstädten, wie Berlin, im Zuge des Klimawandels und der zunehmenden Menschenverdichtung zukünftig sein werden, werden sie mit jeder weiteren Fällung spüren.
    So kann wirklich nur jemand reden, der nicht mal ansatzweise versteht, wer und welche Mechanismen überhaupt seine eigene Existenz ermöglichen.

  2. 15.

    wer war zuerst da der Baum oder der Mensch? und wenn es keine Bäume auch in der Stadt gibt woher soll den dann der Sauerstoff herkommen den sie zum Atmen brauchen?( Abholzung/ Waldsterben / Waldbrände gelegt )

  3. 14.

    Bäume gehören einfach nicht in die Stadt. Die sollten da bleiben, wo sie herkommen, im Wald z.b.. Besonders die Linden, dass sind die schlimmsten. Machen nur Dreck und seiern alles voll. Pfui. Und jetzt fangen die an, unschuldige Menschen anzugreifen, also wie weit soll das noch kommen.

  4. 13.

    Antwort auf "Richardt" vom Freitag, 28.06.2024 | 11:51 Uhr
    "Am besten einen Bauhelm tragen." Gute Idee, dann knallt es lauter, als wenn Holz auf Holz trifft. Ob der Helm vor großen Ästen oder ganzen Bäumen schützt... ich probiere es nicht!

  5. 12.

    Ich schlage vor Straßenbäume unter Naturschutz zu stellen, als Flächen und Einzeldenkmale. Dann kommen die Gartenämter endlich mal unter Druck. Unfassbar, hier in Marzahn/Hellersdorf fragt die Bezirksbürgermeisterin bei den Bürgern an, ihr zu sagen, wo Bäume gefällt wurden!!! Gibt es kein Baumkataster und Gartenamt, das das akkurat protokolliert???

  6. 11.

    Am besten einen Bauhelm tragen. Habe neulich einen Sparziegänger damit im Grunewald gesehen.

  7. 10.

    Uns ist vor einigen Jahren ein Baum in Saft und Kraft (rein äußerlich) im Bruchteil einer Sekunden auf den Bürgersteig gefallen. Das war ein 20 Meter hohes Teil. Niemand ist zu Schaden gekommen.
    Die Bruchstelle knapp Oberhalb der Wurzel zeigte deutliche Spuren von Totholz, Morsch und pulverisiertem Material.
    Ich traue den Bäumen in unserer Wohngegend nicht. Sie sind alle krank und morsch. Wir benötigen unbedingt junge Bäume. Ich bin gern bereit, Baumpate zu werden und zu gießen.

  8. 9.

    Gestern in der Nachtsitzung des Bundestags unter TOP 22

    "Wassermamagement für die Spee und deren Nebenflüsse"

  9. 8.

    Mit Verlaub, aber das ist für einen typischen Laubbaum überhaupt noch kein Alter. Mit 50 J. sind die typischen Laubbäume gerade mal ausgewachsen.

  10. 7.

    diese Diskussion führt zu nichts. Das haben wir selbst mit verursacht Bäume zu dicht an den Straßen gepflanzt ,oder die Straßen zu dicht an den Bäumen, Ausästung unterlassen weil die Stadt Kosten sparen will. Grüne/ Natur Aktivisten die für alles Meckern, aber nicht den weiteren Zusammenhang sehen wollen. Radwege ja, aber wenn der Baum stört fällen. Prioritäten setzen. Keine Windräder, aber Umwelt bewusste Strom erzeugen. aber am besten mit Wasser wenn die Flüsse ausgetrocknet sind.

  11. 6.

    Vielleicht sollten wir einfach Parteien wählen, die den Klimawandel leugnen, Problem gelöst.
    Die Auswahl ist groß

  12. 5.

    Bäume werden immer eine Gefahr darstellen. Weil sie alt sind oder unter der Klimakatastrophe leiden. Aber der deutsche Wahn, alle Gefahren ausmerzen zu können, führt inzwischen dazu, dass sich niemand mehr was traut. Außer ein paar wegelagernder Rechtsanwälte.
    Es wird die ganze Zeit über den öffentlichen Dienst und die Politik gemeckert, aber natürlich soll sie alles in Ordnung halten. Ohne zusätzliche Kosten für die Bürger, versteht sich. Das Geld braucht man ja für den neuen SUV oder Malle.

  13. 4.

    Vielleicht sollte man mal auch betrachten,das Bäume auch alt sind. Die sin teilweise aus der Zeit nach 1945 wo sehr viele Bäume in der Stadt wieder gepflanzt wurden. Die sind dann 40-60 Jahre alt.

  14. 3.

    Nieder mit dem Klimawandel hilft diesen Bäumen nicht mehr. Sie können sich die Auswirkungen in etwa so vorstellen, wie Karies bei Kindern im Grundschulalter und beginnender Osteoporose bei deren Großeltern. Folglich werden Stadtbäume nur durch andere Baumarten ersetzt werden können, die mit den Gegebenheiten besser klarkommen. Das setzt der Vielfalt Grenzen, ist aber besser als eine baumlose Steppe. Vielleicht sollte man Verkehrswege wieder breiter bauen und daran denken, dass das Wurzelwerk exakt soviel Platz benötigt, wie die Baumkrone später breit ist. Aus den Grünstreifen können Blühstreifen mit Wiesenblumen angesät werden, gut für die Optik, gut für Insekten, pflegeleicht und gegen Austrocknung.

  15. 2.

    Früher wurden die Bäume auch regelmäßig beschnitten heut is das ein Fremdwort u dann kommt siwas bei raus u nichts is einfacher als das zu sagen der Klimawandel ist das !!!

  16. 1.

    "Die Bäume sind geschwächt durch die Dürrejahre – es handelt sich also um Auswirkungen des Klimawandels. "

    Gut zu wissen. Nieder mit dem Klimawandel!

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