Berliner Grüne unterbrechen Parteitag - Delegierte lassen Tanja Prinz bei Vorstandswahl dreimal durchfallen
Streit, eine brüskierte Kandidatin für den Landesvorstand und keine neue Landesspitze in Sicht: Die Berliner Grünen haben nach der gescheiterten Wahl von Tanja Prinz ihren Parteitag abgebrochen.
Der Streit vor dem Landesparteitag der Berliner Grünen hat sich auch auf dem Treffen der Partei fortgesetzt. Bei der Wahl zum Landesvorstand scheiterte Tanja Prinz in drei Wahlgängen. Sie war die einzige Kandidatin für den Frauenplatz in der Doppelspitze. Zu einem vierten Wahlgang kam es nicht, der Parteitag wurde unterbrochen. Am kommenden Mittwoch soll er fortgesetzt werden. Bis dahin stehen schwierige Beratungen an.
Die 44-jährige Tanja Prinz vom Realo-Flügel verfehlte die notwendige Mehrheit in allen drei Wahlgängen klar – sie erhielt zunächst knapp 26 Prozent Ja-Stimmen, zuletzt dann knapp 28 Prozent. Auf einen möglichen vierten Wahlgang verzichtete Prinz daraufhin und verließ unter Tränen den Saal.
Parteitag soll kommenden Mittwoch wiederaufgenommen werden
Auf Antrag des nun weiter amtierenden bisherigen Landesvorstandes beschlossen die Delegierten, den Parteitag am kommenden Mittwochabend wiederaufzunehmen. Die Partei erlebe "Erschütterungen", sagte Co-Parteichef Philmon Ghirmai vom linken Flügel. Er rief die Delegierten auf, "jetzt Ruhe zu bewahren" und "besonnen über einen Weg aus der Krise" zu beraten.
Die Niederlage für Prinz kam nicht überraschend, weil es aus grünen Kreisverbänden viel Kritik gab, auch aus ihrem eigenen Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Insgesamt neun der zwölf Berliner Kreisverbände hatten am Abend vor dem Parteitag einen offenen Brief veröffentlicht, der sich gegen die wichtigste Unterstützergruppe von Prinz aus dem Kreisverband Mitte richtete und einer Wahlempfehlung gegen die Kandidatin gleichkam.
In dem Brief heißt es, die Gruppierung "GR@M" (Grüne Real @ Mitte) schüchtere Mitglieder ein und setze sie "psychisch unter Druck". Solches Vorgehen stehe "im Gegensatz zu den Werten, die wir als Bündnisgrüne hochhalten".
Prinz hatte sich in der Vorabstimmung des Realo-Flügels gegen die bisherige Co-Landeschefin Susanne Mertens durchgesetzt, die ursprünglich nochmals gemeinsam mit dem Parteilinken Philmon Ghirmai antreten wollte. Wen der Realo-Flügel aufstellen will, wenn der Parteitag fortgesetzt wird, war zunächst nicht klar. Man dürfe nun nichts "übers Knie brechen", beschwor Co-Parteichef Ghirmai die Delegierten. "Wir müssen jetzt miteinander reden und zwar sehr viel".
Spitzengrüne: Wahldebakel sei nicht Ausweis eines Flügelstreits
Die Berliner Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen aus dem Wahlkreis Tempelhof-Schöneberg, Renate Künast, bezeichnete den Vorgang in der rbb24-Abendschau als Debakel. Es gehe jetzt darum miteinander Umgangsformen zu finden, auch zwischen Realos und Linken in der Partei.
Es gebe viele neue Mitglieder bei den Grünen, da gebe es eine große Ungeduld, etwas zu verändern, so Künast. Man müsse nun kooperativ zusammenfinden und die Ausrichtung der Partei klären, um Politik in und für die Stadt Berlin zu machen.
Prinz und ihre Unterstützer fordern einen deutlich bürgerlicheren Kurs der Berliner Grünen und hielten es für falsch, dass die Grünen nach der Wiederholungswahl im Februar auf eine Fortsetzung der Koalition mit SPD und Linken gesetzt hatten.
Sendung: rbb24 Abendschau, 09.12.23, 19:30 Uhr