Spandauer Vorstadt - Berlin-Mitte stellt Plattenbauten aus den 80ern unter Denkmalschutz

Mo 21.10.24 | 17:23 Uhr
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Berlin Mitte, ehemalige Spandauer Vorstadt, Linienstraße. (Quelle: IMAGO/Jürgen Ritter)
Bild: IMAGO/Jürgen Ritter

In den 80ern entdeckten Städteplaner auch im Osten die historische Bausubstanz der Innenstädte aufs Neue. In Berlin-Mitte setzten sie dabei auf Effektivität. In Bau- und Kriegslücken wurden Plattenbauten gesetzt. Sie werden jetzt geschützt.

Das Berliner Landesdenkmalamt hat in den 1980er Jahren errichtete Plattenbauten in der Spandauer Vorstadt in Berlin-Mitte unter Denkmalschutz gestellt.

In dieser Zeit sei die behutsame Erneuerung der historischen Teile von Städten international zum Leitbild einer neuen Bau- und Planungspraxis geworden, erklärte der Direktor des Landesdenkmalamts Berlin, Christoph Rauhut, am Montag: "Nur in Berlin haben wir das
große Glück, dass sich herausragende Bauprojekte aus Ost und West an einem Ort erhalten haben." Dieses gemeinsame Erbe zu erhalten und zu vermitteln, sei eine besondere Aufgabe und Verantwortung.

Plattenbauten füllten die Baulücken aus der Kriegszeit

Die nun durch den Denkmalschutz mit besonderer städtbaulicher Bedeutung gewürdigten Plattenbauten wurden nicht wie in Hellersdorf oder Marzahn großflächig auf der "grünen Wiese" errichtet, sondern schlossen zwischen 1984 und 1989 zahlreiche Baulücken in der Spandauer Vorstadt mit neuen Wohn- und Geschäftshäusern. Die Baulücken stammten meist noch aus dem Zweiten Weltkrieg.

Ausgeführt wurden die von vielen so genannten "Altstadtplatten" durch Planungskollektive, Baukombinate und oft auch mit Baumaterialien aus den DDR-Bezirken, die zum Auf- und Ausbau Ost-Berlins verpflichtet waren. Ähnliche Lücken-Plattenbauten wurden auch in anderen Innenstädten der DDR, wie in Halle, Leipzig oder Suhl errichtet.

Unterschiede in der Bauweise der 80er zwischen Ost- und Westberlin

Die Plattenbauten entstanden dabei auf dem historischen Gebäudegrundriss und dienten dazu, dass die Jahrzehnte zuvor bereits geschlossenen Straßenräume in weiten Teilen wiederhergestellt wurden. Viele dieser Neubauten in Ostberlin erhielten auch Ladengeschäfte, Serviceeinrichtungen oder Restaurants im Erdgeschoss, also Angebote, die in den neuen Gebäuden der gleichzeitig stattfindenden Internationale Bauausstellung im damaligen Westteil der Stadt weitgehend fehlten.

Die Neubauten in der Spandauer Vorstadt vermitteln bis heute anschaulich die in den Bezirken erarbeiteten Lösungen und zeigen dabei unterschiedliche Entwurfshaltungen und Konstruktionsweisen. In ihrer Gesamtheit belegen sie anschaulich den neuen gesellschaftlichen, politischen und planerischen Stellenwert der Innenstadt als historisch, kulturell und sozial geprägtem Raum. Diese Häuser wurden etwa nur in der Berliner Traufhöhe (also die Höhe der Regenrinnen als Grenze zwischen Giebel und Dach) von 22 Metern errichtet und fügten sich so in die Nachbargebäude ein.

Archivbild: Neubauten in der Linienstraße am 26.06.1991. (Quelle: dpa/Rolf Zöllner)
Bild: dpa/Rolf Zöllner

Die nun mit dem Denkmalschutzsiegel versehenen insgesamt 28 Gebäude befinden sich in

  • der Münzstraße,
  • der Torstraße,
  • der Linienstraße,
  • der Neuen Schönhauser Straße
  • der Alten Schönhauser Straße und
  • der Dircksenstraße

Sendung: rbb24 Inforadio, 21.10.2024, 13 Uhr

Kommentar

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25 Kommentare

  1. 25.

    Muss man gleich 28 (!) Gebäude dieser Art gleichzeitig unter Denkmalschutz stellen ?! Die Denkmalbeamten spielen wohl "Wünsch dir was". Ist natürlich leicht, wenn andere die Zeche dafür zahlen sollen. Bis in alle Ewigkeiten. Nicht zu glauben.

  2. 24.

    Richtig.
    Hilft nicht mal ne Sonnenbrille. Auch keine mit rosa Gläsern.
    Ich hätte dafür anderes stehen lassen...

  3. 21.

    Dann kann man ja froh sein, dass wir uns der DDR anschließen konnten und dann endlich unsere Wohnungen auf den hochwertigen DDR-Standard gebracht wurde. Auch die westdeutschen Altstädte wären wohl abgerissen worden, wenn sie nicht kurz vor knapp durch die Wiedervereinigung gerettet worden wären. Danke!

  4. 20.

    Schön ist anders...

  5. 19.

    Denkmal...
    Wenn es bedeutet, dass nachkommende Generationen es als abschreckende Beispiel nehmen... meinetwegen!

  6. 18.

    Ja, kann ich bestätigen, das viele Westberliner in Wohnungen leben mussten, die den Namen Wohnung nicht verdient haben. Was haben wir in den 90er Jahren für runtergekommene Altbauten gesehen, in allen Stadtbezirken Westberlins. Die Großsiedlungen Wittenau und Gropiusstadt- Wohnen zum abgewöhnen, zum Gruseln, hellhöriger wie jeder Plattenbau.....

  7. 17.

    Da hätten man in den letzten Jahren/Jahrzehnten besser viele andere Gebäude stehen lassen und unter Denkmalschutz stellen sollen, als diese...

  8. 15.

    Dem stimme ich zu,auch wenn nach meinem Eindruck entschieden mehr aus der DDR-Zeit denkmalgeschützt wird als Westbauten. WIeso eigrntlich? Oder gibt's dagegen eine statistische Erhebung? Die Ostplatten waren durchweg schlecht isoliert. Ich habe in einer unsanierten gewohnt und ab November quasi für draußen geheizt. Dieser Minderwert kann es doch nicht sein. Den Denkmalschutz nehme ich daher hinsichtlich seiner Entscheidungen auch immer weniger ernst, zumal er auch aus meiner Sicht zu klimafeindlichen Entscheidungen führt. Denn er macht mE derartige Sanierungen noch teurer und zieht Modernisierungsprojekte in die Länge. Schade, denn Denkmalschutz war mal eine gute Sache.

  9. 14.

    Ich verstehe nicht, nach welchen Kriterien diese Denkmalschützer entscheiden. Oft scheint mir das unpraktisch und lebensfremd und nicht an den Bedürfnissen der heutigen Stadtbewohner und -nutzer orientiert.
    Gleichzeitig haben solche Entscheidungen enorme Auswirkungen, z.B. auf Sanierungskosten und Quartiersgestaltung.
    Mir ist das zu abgehoben! Gerade, wenn gleich so viele Gebäude im Palet unter "Schutz" gestellt werden.

  10. 13.

    "Realist" (und auch dem Jan)- in den "Plattenbau"- Projekten (OST) gab es sicher eine bessere Wohnkultur wie in vielen Westberliner Gebieten in Kreuzberg/Neukölln/Wedding, meist in Grenznähe, Ende der 70iger/80iger!
    Aber ne, nur im Ost-Teil gab es Kohleöfen, nur Kalt-Wasser aus der Wand, Einfachverglasung der Fenster, Klo auf halber Treppe, graue Fassaden!
    Mal abwarten wann die Plattenbau-, heute ja gerne Modulbau-weise, den Wohnungsbau wieder beschleunigt.
    Aber dann ist es ja sicher wieder was ganz ganz Neues.
    Aber es sei ein unzufriedenes Wohnen gewünscht für 1. und 2.!!!

  11. 12.

    Kann man das Landesdenkmalamt nicht unter Denkmaschutz stellen?

  12. 11.

    Dass alle Bauten auf dem Boden kriegszerstörter Häuser errichtet wurden, ist mir neu. Ich hoffe, die Information stimmt wirklich. Herr Rauhut kennt die Stadtgeschichte nicht.

  13. 10.

    Na endlich! Nachdem viele und architektonisch wertvolle Bauten aus der DDR-Zeit zerstört wurden (Palast usw.) würde mal ne richtige Entscheidung getroffen! Diese Bauten sind auch Geschichtsdenkmäler und in ihrer bauart, quadratisch, praktisch gut, auch ästhetisch. Sie habem mehr Charme als die vielen neuen Schießscharten-Bauten in der Stadt! Und ihre Bewohner werden auch erleichtert sein - Danke Berlin!

  14. 8.

    Gefühlt steht in Berlin bald alles unter Denkmalschutz. Ich kann ja verstehen, dass man exemplarisch 3-5 Häuser einer bestimmten Epoche oder Baustils originalgetreu erhalten sollte, Aber es sind inzwischen so viele Häuser, dass Sanierungen, altersgerechter Umbau oder Modernisierungen zum Uwelt/Klimaschutz nicht mehr möglich sind. So kann man eine Stadt nicht zeitgemäß weiterentwickeln. Außerdem verfällt so manches „geschützte“ Haus bis es nur noch abgerissen werden kann, weil die Auflage so teuer sind, dass der Eigentümer sich die Instandhaltung einfach nicht mehr leisten kann. Die Mehrkosten trägt ja nicht das Amt.

  15. 7.

    Unglaublich dreist diese Aktion! Die armen Eigentümer, die armen Mieter... Alles wird ab jetzt teurer...

  16. 6.

    Worauf basiert Ihre Aussage, dass die Substanz nicht gut sei? Die Bausubstanz dieser Gebäude ist im Schnitt ungemein besser als die vergleichbarer Gebäude anderer (West-) Länder - bspw. NL, FR, UK...

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