Wohnblock in Berlin-Mitte - Bewohner der Habersaathstraße sollen Wohnungen "umgehend" räumen

Mi 09.08.23 | 20:56 Uhr
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Das ehemals leerstehende und nun von Obdachlosen bewohnte Haus in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte spiegelt sich in einem Autodach. (Quelle: Christoph Soeder/dpa)
Video: rbb24 Abendschau | 09.08.2023 | Rainer Unruh | Bild: Christoph Soeder/dpa

Der Konflikt zwischen der Eigentümerfirma und den Bewohnern eines Wohnblocks in der Habersaathstraße in Berlin-Mitte ist eskaliert. Wachleute sollen Stromzähler und Fenster entfernt haben. Für das Bezirksamt kommt die Aktion aus heiterem Himmel.

Im Dauerstreit um den weitgehend leerstehenden großen Wohnblock in der Habersaathstraße 40-48 in Berlin-Mitte fordert die Eigentümerfirma verbliebene Bewohner auf, das Haus zu verlassen.

Die Bewohner sind durch ein Schreiben aufgefordert worden, das Haus am Mittwoch "umgehend zu räumen". Bewohner sagten dem rbb am Mittwoch, Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes seien zum Teil in die Wohnungen eingedrungen und hätten sie unbewohnbar gemacht.

Vertreter einer Anwohner-Initiative sagten der rbb24 Abendschau, es seien unter anderem Sanitäranlagen zerschlagen und Fenster ausgebaut worden. Nach Angaben der Initiative gibt es in dem Haus zwölf Bestandsmieter und etwa 50 ehemalige Obdachlose. Außerdem hielten sich Geflüchtete aus der Ukraine dort auf.

Bewohner sollten Abriss zustimmen können

Etwa zwei Dutzend Demonstranten protestierten vor dem Haus gegen die Maßnahmen. Die Polizei war nicht einbezogen, aber informiert und hielt sich vor Ort bereit, wie ein Sprecher sagte. Ein Vertreter der Eigentümerfirma wollte sich auf rbb-Nachfrage nicht äußern. Schon vor Jahren wollte die Eigentümerfirma das Gebäude mit etwa 100 Wohnungen für einen Neubau abreißen.

Das Bezirksamt Mitte setzte sich seit 2019 für eine Sanierung und Wiedervermietung der Wohnungen ein, berichtet die Nachrichtenagentur DPA. Demnach traf der Bezirk im Juni 2022 eine Vereinbarung mit der Eigentümerfirma, wonach beim Abriss gleichwertige Ersatzwohnungen geschaffen werden sollten. Die Vereinbarung habe allerdings unter dem Vorbehalt der Zustimmung der verbliebenen Mieter gestanden. Nach Angaben der Anwohner-Initiative ist eine Abrissgenehmigung jedoch inzwischen abgelaufen.

Demo vor dem Wohnblock - Bezirk nicht informiert

Das Bezirksamt Mitte teilte am frühen Abend mit, der Eigentümer werde unverzüglich zu einem Erörterungstermin eingeladen und sei zur Aufklärung aufgefordert. Man wolle die aktuelle Situation und die vom Eigentümer beabsichtigten Zwecke besprechen und werde darauf drängen, alle möglicherweise rechtswidrigen Maßnahmen sofort einzustellen.

Vertreter des Bezirksamts hätten vor Ort Beschädigungen der Bausubstanz wie herausgerissene Fenster oder zerstörte Waschbecken und teilweise auch beschädigte Einrichtungsgegenstände festgestellt. "Zudem stellte sich heraus, dass offensichtlich in einigen Wohnungen der Strom und die Wasserversorgung unterbrochen und Haustürschlösser ausgetauscht wurden", hieß es in der Mitteilung.

Die Eigentümer hatten den Bewohnern im Vorfeld mitgeteilt, es gebe keine Rechtsgrundlage, sie im Haus wohnen zu lassen. Das Land oder der Bezirk würden weder die Miete noch Heizung oder Strom bezahlen. Das Haus sollte bis Mittwoch 10 Uhr verlassen werden. Andernfalls werde die Wasser- und Stromversorgung abgestellt.

Diese Aktion war weder dem Bezirksamt bekannt noch abgestimmt. "Es gibt einen Abrissantrag, der bei der Bau- und Wohnungsaufsicht, im Stadtplanungamt bearbeitet wird", sagte der stellvertretende Bezirksbürgermeister und Sozialstadtrat von Berlin-Mitte Carsten Spallek (CDU) der rbb24 Abendschau. Er war am Mittwoch selbst in der Habersaathstraße, um sich ein Bild von der Lage zu machen. "Klar ist, dass, solange Wohnungen oder Häuser bewohnt sind, die nicht abgerissen werden können. Unabhängig davon, ob es eine Abrissgenehmigung gibt oder nicht."

Linke fordert Hilfe von Bezirk und Land

Die "Initiative Leerstand-Hab-Ich-Saath" teilte am Mittwoch mit, Wachleute im Auftrag des Hauseigentümers "montierten Stromzähler ab". "Wir werden weiterhin den Abriss mit allen Mitteln verhindern und für einen Verbleib aller in den Häusern lebenden Menschen kämpfen."

Die wohnungspolitische Sprecherin der Linksfraktion in der Bezirksverordnetenversammlung von Berlin-Mitte, Martha Kleedörfer, hat den Bezirk Mitte und das Land Berlin dazu aufgerufen, zu handeln. Sie sagte dem rbb, ein geeignetes Mittel sei die Beschlagnahmung des Hauses. Dafür müsse man sich allerdings mit dem Investor anlegen: "Zähne zeigen wäre jetzt das angebrachte Mittel, um die Leute zu schützen, die in den Wohnungen wohnen, und natürlich auch den Rest von Berlin zu schützen und ein Signal zu senden, dass bezahlbarer Wohnraum hier geschützt wird."

Ario Mirzaie, Mitglied des Abgeordnetenhauses (Bündnis 90/Die Grünen), sagte dem rbb, der Rauswurfversuch sei rechtswidrig. "Die verbliebenen Bewohner haben Nutzungsvereinbarungen, und die gelten auch noch. Es gibt anhängige Gerichtsverfahren und es geht gar nicht, dass man hier versucht, mit Vorschlaghammer und Security die Bewohner einzuschüchtern." Er sagte, seine Fraktion werde sich dafür einsetzen, dass die Bewohner eine langfristige Bleibeperspektive bekommen.

Sendung: rbb 88.8, 09.08.2023, 15:30 Uhr

152 Kommentare

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  1. 152.

    "Nur ist die Abrissgenehmigung am 31.7. abgelaufen. " Da gibt es unterschiedliche Angaben. Die einen sagen, der Abrissgenehmigung liegt vor, die anderen sagen, sie ist abgelaufen. Da der Abrissantrag dem Verehmen nach erst kürzlich gestellt wurde, ist unklar, warum er, falls bewilligt, jetzt schon abgelaufen sein soll.

  2. 151.

    Ist doch ganz einfach. Wie rechtstauglich die angabengemäße Zusicherung für die Obdachlosen ist, wird zu klären sein. Die Wenigen mit Mietverträgen müssen abgefunden werden. Das wird der Vermieter und künftige neue Bauherr wissen. Und der Rest ohne Mietvertrag muss raus, da gibts doch keinen Zweifel. Die halten sich ohne Rechtsgrund in der Immobilie auf.

  3. 150.

    Ich habe mir zwar noch nicht alle Kommentare durchgelesen, aber bei den meisten dreht es sich wohl nur um die Mietzahlungen. Aber es wurde übersehen daß der „Eigentümer“ (bewusst so geschrieben) das Haus abreißen lassen will und dort was luxoriöses hinbauen wollte. Nur ist die Abrissgenehmigung am 31.7. abgelaufen. Jetzt versucht er es auf dieser Art. Außerdem die Leute in schwarz die angerückt kamen, waren Mitarbeiter der Firma K&K Kampfmittelbeseitigung.

  4. 149.

    Und nicht eine Schlagzeile, weil es geordnete, rechtsstaatliche Verfahren gibt. Ausgebliebene Mietzahlungen sind nicht das Thema, sondern das eine erfolglose Immobilienfirma versucht genau die Verhältnisse in Deutschland einzuführen, vor denen uns derzeit die tapferen ukrainischen Soldatinnen und Soldaten beschützen.

  5. 148.

    https://www.zeit.de/gesellschaft/2022-12/zwangsraeumungen-deutschland-trend-bayern?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F

    „In Deutschland sind im vergangenen Jahr 29.000 Menschen zwangsgeräumt worden – weniger als im Vorjahr.“

    Ganz schlimm!!!!!! Diese Schuldner!!!!!

  6. 147.

    Keine Miete geht gar nicht.

    „Wissen Sie denn wieviel Miete monatlich in Deutschland nicht gezahlt wird und wieviel Räumungen es deswegen gibt?“

    Extrem viele. Schlimme Schuldner!

    Googeln hilft.

  7. 146.

    Das Thema: ist ein privater Sicherheitsdienst maßt sich hoheitsrechtliche Befugnisse an, in der er in bewohnte Wohnungen eindringt. Jetzt irgendwas von Mietzahlungen zu erzählen ist reinste Ablenkung oder wie Sie, Ulle, es nennen: "Whataboutism". Wenn sich der Eigentümer einen Räumungsbescheid holt und dann Gerichtsvollzieher und Polizei diesen durchsetzen, wird das keine Schlagzeile. Wissen Sie denn wieviel Miete monatlich in Deutschland nicht gezahlt wird und wieviel Räumungen es deswegen gibt?

  8. 145.

    Sie "vergessen" nur leider mehr als die Hälfte der Maßnahmen. So ist ALLEN Bewohnern der Strom und das Wasser abgestellt worden, trotz rechtsgültiger Verträge.

    Ist das immer noch eine "nachvollziehbare Haltung"?

    Diese Art der Entmietung ist sattsam bekannt. Das sind Wild-West Methoden.

  9. 144.

    Gibt es abgesichts der erteilten Abrißgenehmigung die von Ihnen behauptete Vereinbarung überhaupt?
    "Die Vereinbarung stehe allerdings unter dem Vorbehalt, dass die noch verbliebenen Mieter zustimmen. Sonst werde sie nicht wirksam, teilte das Bezirksamt mit: "In diesem Fall wäre das Bezirksamt aus rechtlichen Gründen verpflichtet, eine Abrissgenehmigung gemäß Zweckentfremdungsverbotsgesetz zu erteilen.""
    https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2022/06/habersaathstrasse-wohnbloecke-vereinbarung-mitte-eigentuemer.html

  10. 143.

    Whataboutism

    Keine Miete, das ist asozial.

    Das Verhalten der Eigentümerseite auch.

    Der Eigentümer hatte die Damen und Herren dort löblicherweise geduldet.

    Jetzt keine Miete zu zahlen und zu jammern geht gar nicht. Das ist höchst undankbar, unmoralisch und verwerflich.

  11. 142.

    Sie "vergessen" nur leider mehr als die Hälfte der Maßnahmen. So ist ALLEN Bewohnern der Strom und das Wasser abgestellt worden, trotz rechtsgültiger Verträge.

    Ist das immer noch eine "nachvollziehbare Haltung"?

    Diese Art der Entmietung ist sattsam bekannt. Das sind Wild-West Methoden.

  12. 141.

    Es sind Mieten in sechsstelliger Höhe offen. Worum kümmern sich eigentlich die Sozialarbeiter und Unterstützer dieser Initiative, wenn nicht um die Mietzahlungen?

  13. 140.

    Sicher, das ist nachvollziehbar. Aber was ist Herr A.P. für ein Mensch, dass er regulären Mietern die Strom- und Wasserversorgung abstellt? Meint Herr P., er stünde über dem Gesetz und könne sich das erlauben?
    Ich könnte in die Beete reihern, wenn ich an diesen "Herrn" denke.

  14. 139.

    "Warum sollten die nicht zahlenden Leute dort länger verweilen können? " Musste die ARCADIA Real Estate GmbH deshalb einen "Sicherheistdienst" beauftragen, weil sich der Staat dachte: Firmen die keine Einkommenssteuern zahlen, sollen auch nicht den Gerichtsvollzieher und die Polizei in Anspruch nehmen können! ?

  15. 138.

    Was der Eigentümer behauptet ist überhaupt nicht relevant weil die Vergangenheit gezeigt hat wie er wiederholt wortbrüchig wurde.

    "Bis zum Abriss des Wohnblocks sollen die ehemals Obdachlosen in der Habersaathstraße wohnen bleiben dürfen." So die Zusage des Eigentümers.

    "Mitarbeiter des Bezirksamtes hätten bei einer Begehung der Habersaathstraße 40-48 am Mittwochnachmittag ebenfalls Beschädigungen festgestellt, darunter herausgerissene Fenster und zerstörte Waschbecken. Möglicherweise rechtswidrige Maßnahmen müssten sofort eingestellt werden, hieß es seitens der Behörde."

    "Der Geschäftsführer der Arcadia Estates GmbH, der nicht namentlich genannt werden will, bestätigte aber, er habe die Sicherheitsmitarbeiter beauftragt, die Schlösser in den Hauseingängen auszutauschen und Wohnungen zu versiegeln. Außer den verbliebenen Bestandsmietern sollen so keine anderen Personen in das Haus gelangen."

    Soll ich noch weitere "Ungereimtheiten" aufzählen? Der Mann ist unglaubwürdig.

  16. 137.

    „Er habe lediglich Wohnungseingangstüren mit Platten verschließen lassen, damit die Wohnungen "nicht wieder von irgendeinem neuen Obdachlosen belegt" werden.“

    https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2023/08/berlin-habersaathstrasse-streit-raeumung.html

    Nachvollziehbare Haltung, ehrlich.

  17. 136.

    Warum wollen Sie uns alle für dumm verkaufen? Wenn es eine Duldung gab, dann ist diese gegen Mietzahlung erteilt worden.

    Wenn die Miete, wie behauptet, nicht fließt, hat die eine Seite die Vereinbarung gebrochen.

    Warum sollten die nicht zahlenden Leute dort länger verweilen können?

    Ihre Argumentation ist schräg, niemals wurde eine kostenlose Nutzung zugesagt.

  18. 135.

    Duldung gegen Mietzahlung. Der Eigentümer behauptet wohl richtigerweise, dass aber keine Miete fließt. Nennt man Bruch der Nutzungsvereinbarung, die Nutzung war nie kostenlos.

    Keine Miete, kein Anspruch. Bestandsmieter mit Mietverträgen, die Miete zahlen, ausgenommen.

    Ganz einfach.

  19. 134.

    „Es sind Schlösser der vermieteten Wohnungen ausgetauscht worden und auch die Obdachlosen“

    Das steht zur Diskussion, es gibt keine abschließenden Fakten, die wir kennen. Es gibt Behauptungen.

    Welche Wohnung ist vermietet, welche Wohnung wurde ordentlich überlassen, welche wurde durch Dritte einfach „angeeignet? Wissen Sie genaues?

  20. 133.

    "Der Abrissgenehmigung ist zum 31.7. abgelaufen."
    Gab es dann keine Regelung bis wann alle ausgezogen sein müssen?

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