Gedenken an KZ-Befreiung - "Die Stimmen der Überlebenden werden schwächer"
Mit Gedenkveranstaltungen wird am Sonntag an den 76. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen erinnert. Im Mittelpunkt stand die Botschaft, die Verbrechen der Nationalsozialisten nie zu vergessen.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin von Brandenburg, Ursula Nonnemacher (Grüne), hat in der Gedenkstätte Ravensbrück an die Verbrechen der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern erinnert. "Wir erinnern an die Menschen, die an Schreckensorte wie Ravensbrück, Sachsenhausen, Bergen-Belsen, Buchenwald und Dachau verschleppt wurden", sagte Nonnemacher am Sonntag in ihrer Rede bei der Gedenkveranstaltung zum 76. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers, die im Livestream in sechs Sprachen übertragen wurde.
Zehntausende Menschen seien in dem Lager Ravensbrück durch Hunger, Krankheiten, Misshandlungen, Hinrichtungen, medizinische Experimente und Massentötungen gestorben, sagte Nonnemacher. "Lager wie Ravensbrück stehen für schlimmste Zerstörungen der Individualität. Hier wurden Menschen erniedrigt, ihrer Würde beraubt, wurden nur noch durch Nummern unterschieden."
Gedenkveranstaltung auch in der Gedenkstätte Sachsenhausen
"Die Stimmen der Überlebenden werden schwächer, und wir, die Angehörigen der zweiten und dritten Generation, müssen sicherstellen, dass ihre Stimmen nicht verstummen, sondern so weit wie möglich verbreitet werden", sagte Ambra Laurenzi, Tochter einer Überlebenden des Lagers und Präsidentin des Internationalen Ravensbrück-Komitees. Auch künftige Generationen müssten in die Lage versetzt werden, die Zeugenschaft weiter zu tragen. "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst, nachdem wir den Staffelstab von unseren Müttern und Großmüttern übernommen haben."
Globale Task Force gegen Holocaust-Verfälschung initiiert
Auch in der Gedenkstätte Sachsenhausen gab es am Nachmittag eine Gedenkveranstaltung, bei der Außenminister Heiko Maas (SPD) an die Opfer erinnerte. "Wir verneigen uns vor ihnen. Und wir schämen uns für die Verbrechen, die an ihnen begangen wurden", sagte Maas am Sonntag in einem Grußwort. Das Gedenken an die nationalsozialistischen Gräueltaten bleibe für Deutschland zentral.
Aber das allein reiche nicht. "Wir müssen handeln angesichts von Antisemitismus, Rassismus, Intoleranz und Verschwörungstheorien, wie wir sie jetzt auch in der Pandemie leider verstärkt erleben", sagte Maas. Deshalb habe Deutschland während seines Vorsitzes der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken eine globale Task Force gegen Holocaust-Verfälschung initiiert. Sie habe Empfehlungen vorgelegt, wie Politik und Entscheidungsträger gegen Tatsachenverdrehungen zum Holocaust vorgehen könnten.
Deutschland ermutige zudem andere Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen, die Arbeitsdefinition von Antiziganismus der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken ebenfalls anzuwenden. "Damit treten wir Hass und Hetze gegen Roma entschieden entgegen", so der Außenminister.
Zehntausende starben auf Todesmärschen
Das Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg nördlich von Berlin wurde 1936 als Modell- und Schulungslager der SS in Betrieb genommen und war ab 1938 auch Verwaltungszentrale aller NS-Konzentrationslager. Bis zur Befreiung durch sowjetische und polnische Soldaten am 22. April 1945 waren dort mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende starben an den Haftbedingungen, durch medizinische Experimente oder wurden ermordet. Um die Befreiung der Häftlinge zu verhindern, trieb die SS im April 1945 mehr als 30.000 von ihnen auf Todesmärsche Richtung Nordwesten.
Das Konzentrationslager Ravensbrück wurde 1939 als größtes Frauen-KZ auf deutschem Gebiet errichtet. 1941 kam ein Männerlager, 1942 das sogenannte "Jugendschutzlager Uckermark" für weibliche Jugendliche hinzu. Bis zur Befreiung durch die Rote Armee am 30. April 1945 waren dort mehr als 130.000 Frauen, 20.000 Männer und 1.000 Mädchen inhaftiert. Zehntausende der Häftlinge wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben. Rund 20.000 der Inhaftierten wurden vor der Befreiung auf Todesmärschen Richtung Nordwesten getrieben.
Sendung: Brandenburg aktuell, 18.04.2021, 19:30 Uhr
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