Gedenken an KZ-Befreiung - "Die Stimmen der Überlebenden werden schwächer"

So 18.04.21 | 14:33 Uhr
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Baracken auf dem Gelände des ehemaligen Konzentartionslagers, in der KZ-Gedenkstätte Ravensbrück (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Bild: dpa/Carsten Koall

Mit Gedenkveranstaltungen wird am Sonntag an den 76. Jahrestag der Befreiung der Konzentrationslager Ravensbrück und Sachsenhausen erinnert. Im Mittelpunkt stand die Botschaft, die Verbrechen der Nationalsozialisten nie zu vergessen.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin von Brandenburg, Ursula Nonnemacher (Grüne), hat in der Gedenkstätte Ravensbrück an die Verbrechen der Nationalsozialisten in den Konzentrationslagern erinnert. "Wir erinnern an die Menschen, die an Schreckensorte wie Ravensbrück, Sachsenhausen, Bergen-Belsen, Buchenwald und Dachau verschleppt wurden", sagte Nonnemacher am Sonntag in ihrer Rede bei der Gedenkveranstaltung zum 76. Jahrestag der Befreiung des Frauen-Konzentrationslagers, die im Livestream in sechs Sprachen übertragen wurde.

Zehntausende Menschen seien in dem Lager Ravensbrück durch Hunger, Krankheiten, Misshandlungen, Hinrichtungen, medizinische Experimente und Massentötungen gestorben, sagte Nonnemacher. "Lager wie Ravensbrück stehen für schlimmste Zerstörungen der Individualität. Hier wurden Menschen erniedrigt, ihrer Würde beraubt, wurden nur noch durch Nummern unterschieden."

Gedenkveranstaltung auch in der Gedenkstätte Sachsenhausen

"Die Stimmen der Überlebenden werden schwächer, und wir, die Angehörigen der zweiten und dritten Generation, müssen sicherstellen, dass ihre Stimmen nicht verstummen, sondern so weit wie möglich verbreitet werden", sagte Ambra Laurenzi, Tochter einer Überlebenden des Lagers und Präsidentin des Internationalen Ravensbrück-Komitees. Auch künftige Generationen müssten in die Lage versetzt werden, die Zeugenschaft weiter zu tragen. "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst, nachdem wir den Staffelstab von unseren Müttern und Großmüttern übernommen haben."

Globale Task Force gegen Holocaust-Verfälschung initiiert

Auch in der Gedenkstätte Sachsenhausen gab es am Nachmittag eine Gedenkveranstaltung, bei der Außenminister Heiko Maas (SPD) an die Opfer erinnerte. "Wir verneigen uns vor ihnen. Und wir schämen uns für die Verbrechen, die an ihnen begangen wurden", sagte Maas am Sonntag in einem Grußwort. Das Gedenken an die nationalsozialistischen Gräueltaten bleibe für Deutschland zentral.

Aber das allein reiche nicht. "Wir müssen handeln angesichts von Antisemitismus, Rassismus, Intoleranz und Verschwörungstheorien, wie wir sie jetzt auch in der Pandemie leider verstärkt erleben", sagte Maas. Deshalb habe Deutschland während seines Vorsitzes der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken eine globale Task Force gegen Holocaust-Verfälschung initiiert. Sie habe Empfehlungen vorgelegt, wie Politik und Entscheidungsträger gegen Tatsachenverdrehungen zum Holocaust vorgehen könnten.

Deutschland ermutige zudem andere Staaten und zivilgesellschaftliche Organisationen, die Arbeitsdefinition von Antiziganismus der Internationalen Allianz zum Holocaust-Gedenken ebenfalls anzuwenden. "Damit treten wir Hass und Hetze gegen Roma entschieden entgegen", so der Außenminister.

Zehntausende starben auf Todesmärschen

Das Konzentrationslager Sachsenhausen in Oranienburg nördlich von Berlin wurde 1936 als Modell- und Schulungslager der SS in Betrieb genommen und war ab 1938 auch Verwaltungszentrale aller NS-Konzentrationslager. Bis zur Befreiung durch sowjetische und polnische Soldaten am 22. April 1945 waren dort mehr als 200.000 Menschen inhaftiert. Zehntausende starben an den Haftbedingungen, durch medizinische Experimente oder wurden ermordet. Um die Befreiung der Häftlinge zu verhindern, trieb die SS im April 1945 mehr als 30.000 von ihnen auf Todesmärsche Richtung Nordwesten.

Das Konzentrationslager Ravensbrück wurde 1939 als größtes Frauen-KZ auf deutschem Gebiet errichtet. 1941 kam ein Männerlager, 1942 das sogenannte "Jugendschutzlager Uckermark" für weibliche Jugendliche hinzu. Bis zur Befreiung durch die Rote Armee am 30. April 1945 waren dort mehr als 130.000 Frauen, 20.000 Männer und 1.000 Mädchen inhaftiert. Zehntausende der Häftlinge wurden ermordet oder kamen auf andere Weise ums Leben. Rund 20.000 der Inhaftierten wurden vor der Befreiung auf Todesmärschen Richtung Nordwesten getrieben.

Sendung: Brandenburg aktuell, 18.04.2021, 19:30 Uhr

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16 Kommentare

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  1. 16.

    Steffen hat sich nicht die Aufgabe des AfD-Chefideologen gewählt. Dieser Vorwurf ist unberechtigt. Sonst hätte er nicht geschrieben: "Unser Auftrag aus diesen mörderischen Zeiten ist es, dafür zu sorgen, dass derlei Gräueltaten niemals wieder möglich sind, dass in diesem Staat nie wieder eine Diktatur möglich ist. Wenn ich mir unsere gespaltene Gesellschaft aktuell anschaue, bin ich mir nicht sicher, ob das dauerhaft gelingen wird..."

  2. 15.

    Das Relativieren ist eine Stärke jener, die dieses Gedenken nicht mehr tragen wollen. Auch Ihre Argumentation spricht dafür. Eine Doppelmoral ist ein Schlagwort einer gewissen Gruppierung und verläuft sich in der Bedeutungslosigkeit, denn was an einem Gedenken an diesem Genozid moralisch falsch ist, kann niemand nachvollziehen.

  3. 14.

    Da fällt mir eine selbsterlebte Geschichte ein. Es ist zwar schon zwei oder drei Jahre her, lässt mich aber nicht vergessen und gerade nicht wenn es wieder braun in den Nachrichten wird...
    Ich stehe an der Ampel, selbst trage ich eine Glatze und könnte vielleicht im ersten Augenblick verwechselt werden. Neben mir steht ein älterer Mann. Wir schauen auf die Ampel und auf das AfD Plakat. Er schaut mich an und meint, dass solche Leute schon mal an der Macht waren und  das wir aufpassen müssen das es nicht wieder passiert. Das dürfen wir nie vergessen, so seine Worte. Recht hat er!

  4. 13.

    Die Stimmen der Nachfahren der Verursacher, die heute in Positionen sitzen und theoretisch die deutsche Armee befehligen könnten, sprechen aber leider eine andere Sprache! Da wird von Gefahren für den Weltfrieden gesprochen, obwohl von Russland noch nie eine potentielle Gefahr ausging und dabei vergessen, dass Deutschland Europa schon zwei Mal ins Armageddon gestürzt hat! Aber anscheinend passt das nicht ins heutige Politschema unserer Politiker!

  5. 12.

    Ich habe im ehemaligen KZ Dachau zusammen mit russischen Freunden in einem Raum gestanden, der die Vernichtung sowjetischer Menschen dokumentiert hat. Das werde ich nicht vergessen. Ich habe mich fürchterlich gefühlt. Der Antisemitismus geht quer durch unsere Gesellschaft. Der Holocaust ist ein nicht fassbares Verbrechen und es ist schwer, das nachkommenden Generationen zu vermitteln. Wir müssen es versuchen.

  6. 11.

    Ich dachte eigentlich mit meinen Worten klar und deutlich gemacht zu haben, dass ich selbstverständlich gegen das Vergessen bin und dafür, aus diesen dunkelsten Zeiten zu lernen. Nur geht es heute all zu oft denen, die am lautesten und reflexartig daran erinnern, um alles andere als lupenreine Demokratie, Meinungsfreiheit und Mitleid mit den Opfern. Wer mit undemokratischen Mitteln alles rechts des eigenen politischen Standpunktes bekämpft, hat eben nichts, aber auch gar nichts aus der Geschichte gelernt. Ich kritisiere nicht das Gedenken, ich kritisiere die Doppelmoral.

  7. 9.

    Der Schoß ist fruchtbar noch.......man sehe nur die Reden von Höcke und Co.

  8. 8.

    „Andere Nationen konfrontiert man auch nicht mit den Greueltaten ihrer Geschichte. Und da gab es wahrlich so einige Dinge.“

    Ja, Kriege und die damit verbundene Greueltaten gab und gibt es schon immer und sicherlich waren daran so ziemlich alle Nationen beteiligt.

    Aber noch nie hat eine Nation industriell Millionen Menschen getötet.

  9. 7.

    Rechtsextreme wie sie spalten die Gesellschaft. Ob sie als Covidiot versuchen unsere Regierung lächerlich zu machen oder als Freund der Immobilenmafia gegen Mieter hetzen oder in ihrer selbst gewählten Aufgabe als AfD Chefideologe hier, sie haben immer die Spaltung der Gesellschaft im Sinn.

    Ganz nach dem Motto der rechtsextremen AfD. "Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD".

  10. 6.

    Mir fehlt bei Ihnen die Betroffenheit über diese Verbrechen an der Menschheit. Ich bin irritiert, weil sie Relativieren, können Sie nicht verstehen, was damals passiert ist? Damals haben alle weggeschaut und relativiert, genau das ist damals geschehen. Gegen das Vergessen.

  11. 5.

    Gegen das Vergessen heißt, es sollte niemand die Vernichtung von Millionen Menschen durch unsere gemeinsamen Vorfahren vergessen. Es waren Juden, Sinti und Roma, Widerstandskämpfer, behinderte Erwachsene und Kinder, es waren Homosexuelle, Zwangsarbeiter, Gefangene. Natürlich war die Ursache der nationalistische Größenwahn der Deutschen und Nationalismus und Hass auf Minderheiten, Rassismus, sind immer Bruder und Schwester. Der Sozio/Ökonomische Unterschied macht es nationalistischen Gruppierungen immer einfach, Hass zu schüren und deshalb muss man sich in Gewerkschaften und Betriebsräten organisieren und sich nicht der nationalistischen Vergangenheit anbiedern, sondern sozial wählen und sozial agieren. Gegen das Vergessen bedeutet, all diese Opfer nicht zu vergessen und mit Betroffenheit zu verstehen, wozu Menschen fähig sind, wenn alle relativieren und wegschauen.

  12. 4.

    "Wie soll man das denn vergessen, es ist Teil der Geschichte. Künftige Generationen haben mit der Sache allerdings nichts zu tun. Wie gesagt, es ist Teil der Geschichte. Andere Nationen konfrontiert man auch nicht mit den Greueltaten ihrer Geschichte. Und da gab es wahrlich so einige Dinge. "

    AfD Geschwafel ala "Denkmal der Schande". Dafür erhalten sie umgehend Applaus vom AfD Chefideologen.

  13. 3.

    Was hat Erinnerungs- und Gedenkkultur denn mit Büßen zu tun? Es ist Wesensbestandteil, Identifikationsmerkmal der Bundesrepublik, sich diesen dunkelsten und menschenverachtendsten Zeiten zu stellen und ebenso all ihren Ideen und Sympathisant*innen damals wie heute. Sie verheddern sich im Gespinst vorgegebener, aufgesetzter Anteilnahme, wenn Sie im gleichen Atemzug an die rechtsextreme Parole vom "Schuldkult" anknüpfen, sich des Hufeisenmodells bedienen und damit Rechtsextremismus verharmlosen oder genau die rechten Narrative bedienen, die Menschen in Kategorien unterschiedlichen Werts einteilen, wenn Sie einen vermeintlichen Feind im Inneren, den Linken, den Grünen etc., insinurieren, um damit Teile von Pluralität und Parlamentarismus abzulehnen. Menschenverachtung, Ablehnung von Demokratie und Menschenrechten führen zu solchen katastrophalen Ergebnissen. Wen Sie mit Ihrer Stimme bei einer Wahl legitimieren, ist Aufgabe von heute, hier und jetzt, keine Geschichtsstunde.

  14. 2.

    Das "wider des Vergessens" ist leider zur hohlen politischen Phrase verkommen. Niemand hat vor, diesen elementaren Teil unserer Geschichte zu vergessen. Es ist ohne Frage elementar, diese Geschichte im Gedächtnis zu belassen und daraus für die Zukunft zu lernen. Gerade an letzterem habe ich inzwischen erhebliche Zweifel. Aus der Geschichte lernen heisr nämlich nicht, wie viele Linke meinen, auf ewig zu büßen, denn unsere Generationen trifft keine Schuld. Unser Auftrag aus diesen mörderischen Zeiten ist es, dafür zu sorgen, dass derlei Gräueltaten niemals wieder möglich sind, dass in diesem Staat nie wieder eine Diktatur möglich ist. Wenn ich mir unsere gespaltene Gesellschaft aktuell anschaue, bin ich mir nicht sicher, ob das dauerhaft gelingen wird. Es geht dabei nicht nur um links versus rechts sondern auch um fundi-öko gegen den Rest, Alt gegen Jung, arm gegen reich, Steuerzahler gegen Hilfeempfänger und und und... Das Gegeneinander wird immer verbitterter und radikaler. Schlimm.

  15. 1.

    Wieso wird immer von vergessen geredet? Wie soll man das denn vergessen, es ist Teil der Geschichte. Künftige Generationen haben mit der Sache allerdings nichts zu tun. Wie gesagt, es ist Teil der Geschichte. Andere Nationen konfrontiert man auch nicht mit den Greueltaten ihrer Geschichte. Und da gab es wahrlich so einige Dinge.

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