Kleine Parteien vor Wahlwiederholung - Minimalwahlkampf mit alten Plakaten

Sa 03.02.24 | 09:45 Uhr | Von Tobias Schmutzler
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Wahlplakate der Parteien CDU und anderer Parteien zur bevorstehenden teilweisen Wiederholung der Wahlen zum Deutschen Bundestag aufgenommen am 06.01.2024 in Berlin-Pankow. (Quelle: Imago Images/snapshot-photography/K.M.K)
Audio: rbb24 Inforadio | 24.01.2024 | Sebastian Schöbel | Bild: Imago Images/snapshot-photography/K.M.K

Die Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin ist für kleine Parteien eine besondere Herausforderung. Einige verzichten komplett auf Wahlkampf, andere versuchen es mit Minimalvarianten - eine andere Wahl ist ihnen nämlich wichtiger. Von Tobias Schmutzler

Bei den Hundebesitzerinnen im Volkspark Rehberge hat Aída Spiegeler Castañeda sozusagen ein Heimspiel. Die Spitzenkandidatin der Tierschutzpartei drückt zwei Frauen, die mit ihren Vierbeinern in Berlin-Wedding unterwegs sind, Infoflyer in die Hand – und trifft auf Zustimmung. "Die Tierschutzpartei find ich ganz gut, ja. Kleinere Parteien müssen auch ihre Chance haben", sagt eine der Spaziergängerinnen. Eine andere meint: "Wie sollen die kleinen Parteien jemals groß werden, wenn sie nicht auch Stimmen bekommen?" Sie will die Tierschutzpartei am 11. Februar wählen.

Das positive Feedback freut Spiegeler Castañeda. Denn der Wahlkampf für die Wiederholung der Bundestagswahl ist ansonsten nicht einfach für die Partei. "Es ist ein bisschen zwiegespalten, würde ich sagen. Natürlich lohnt es sich jetzt nicht, den großen Wahlkampf zu machen", sagt sie. Und fügt hinzu: "Es fühlt sich anders an."

Zweiter Winterwahlkampf in Folge

Die Tierschutzpartei ist eine der sogenannten kleinen Parteien, die nicht in Landesparlamenten oder im Bundestag sitzen. Der Wiederholungswahlkampf ist für sie eine besondere Herausforderung, weil schon der letzte Winterwahlkampf, für die Wiederholung der Wahl des Berliner Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen, die Partei viel Kraft kostete.

Ehrenamtliche ein weiteres Mal für den Straßenwahlkampf zu motivieren, ist hart und das Geld knapp. Die Mitglieder der Tierschutzpartei hängen deshalb in diesem Wahlkampf nur alte Plakate auf. "Als kleine Parteien müssen wir natürlich immer schauen: Wofür geben wir unser Geld aus? Wo rentiert es sich am meisten?", sagt Spiegeler Castañeda.

Die Partei tritt für Tierrechte und gegen Tierversuche sowie für besseren Klimaschutz ein. Bei der Berliner Wiederholungswahl vor einem Jahr haben immerhin 2,4 Prozent die Tierschutzpartei gewählt. Ein gutes Ergebnis erhofft sich die Spitzenkandidatin auch bei der Wiederholung der Bundestagswahl. "Ein gutes Ergebnis sorgt für Sichtbarkeit." Und die sei besonders wichtig für eine kleine Partei – und für die inhaltlichen Anliegen, die sie in die Öffentlichkeit bringen will.

Neuer Fokus: die Europawahl

Dagegen machen andere kleine Parteien gar keine Werbung speziell für die Berliner Wiederholungswahl. So wie Volt, die pro-europäische Partei, die als Projekt gegen Nationalismus gegründet wurde. Bei der Wahl vor einem Jahr wählten 0,9 Prozent der Berlinerinnern und Berliner mit ihrer Zweitstimme Volt. Der Berliner Landesverband schaut in seiner Pankower Parteizentrale stattdessen nur in Richtung Europawahl - die steht im Juni an. "Das war eine ganz strategische Entscheidung, die uns auf jeden Fall auch nicht leichtgefallen ist", sagt die Co-Landesvorsitzende Yasemin Efiloglu. "Als junge Partei muss man natürlich immer gucken: Wo hat man die größte Wirkkraft?"

Volt ist mit der Entscheidung nicht allein. Auf Nachfrage sagen dem rbb viele kleine Parteien, dass sie keinen oder nur sehr beschränkt Wahlkampf für die Wiederholungswahl machen. Darunter die Satirepartei Die Partei , die Humanistische Partei und die Ökologisch-Demokratische Partei (ödp). Auch Frank Schulze, Vorsitzender des Berliner Landesverbands von Die Basis, richtet seinen Fokus rein auf die Europawahl am 9. Juni. "Die Wahlwiederholung 2023 hat uns bereits viel Kraft gekostet." Jetzt den nächsten "Ad-hoc-Wahlkampf innerhalb weniger Tage auf die Beine zu stellen", sei für die Partei nicht drin gewesen, so Schulze.

"Den Raum nicht komplett den Großparteien geben"

Andere versuchen es trotz aller Widrigkeiten. An der Schönhauser Allee verteilt Schirin Simo vom Team Todenhöfer Flyer an Passanten. Die Gerechtigkeitspartei, wie sie sich selbst nennt, wurde vom früheren CDU-Bundestagsabgeordneten und Buchautoren Jürgen Todenhöfer gegründet. Bei der Berliner Wahl vor einem Jahr bekam die Partei 0,4 Prozent der Zweitstimmen. Das Team Todenhöfer fordert bei internationalen Konflikten ein Ende von Waffenlieferungen aus Deutschland.

Im Wiederholungswahlkampf will die Partei von der Stimmung gegen die Ampel profitieren. "Gib der Ampel eine Klatsche!", steht auf einem ihrer Plakate. "Wir wissen, dass wir hier nichts erreichen. Die Verhältnisse im Bundestag werden sich durch diese Wiederholungswahl nicht ändern", sagt Schirin Simo, Bundesgeschäftsführerin von Team Todenhöfer. "Aber wir möchten hier den Raum nicht komplett den Großparteien geben."

Wahlwiederholung auch Chance für kleine Parteien

An einer Straßenlaterne wenige Meter von Schirin Simo entfernt hängt ein Wahlplakat einer Mitbewerberin: der Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung. "Für uns ist die Wiederholungswahl eine Wahl wie jede andere auch", sagt der Parteivorsitzende Felix Werth. Die Partei fordert mehr Anstrengungen in einem Bereich der Gesundheitsforschung, zu der der sogenannte Reparaturansatz gehört. Er soll Schäden auf molekularer und zellulärer Ebene beseitigen und Menschen jung halten. Vor einem Jahr gaben 0,2 Prozent der Berlinerinnen und Berliner der Partei ihre Zweitstimme.

"Uns kommt die Wiederholungswahl gerade recht – sie ist gleich Werbung für die Europawahl", sagt Felix Werth. "Uns geht es hauptsächlich um die Öffentlichkeitsarbeit, wir wollen unser Thema bekannter machen." Das ist wohl allen kleinen Parteien gemein: Bei der Wiederholung der Bundestagswahl wollen sie vor allem möglichst viel Aufmerksamkeit bekommen. Das reduzierte Feld an Mitbewerberinnen kann da für die, die trotz aller Widrigkeiten Wahlkampf machen, auch eine Chance sein.

Sendung: rbb24 Inforadio, 24.01.2024, 13:10 Uhr

Beitrag von Tobias Schmutzler

4 Kommentare

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  1. 4.

    Kleine Parteien sind einfach Stimmenverschwendung
    Oder will man eine Koalition aus 8 Verlierern? ist das Demokratisch? Die Ampel ist schon grenzwertig.

  2. 3.

    Vor allem, warum die Grünen noch Plakate benutzen, wo da soviel Bäume sterben und CO2 erzeugt wird. Sind eben inkonsequent.

  3. 2.

    Jetzt sehe ich die alten Wahlplakate der Merkel-Vertrauten Monika Grütters allenthalben wieder. Als Geldverteilerin in der Rolle von Merkels Kulturstaatsekretärin war sie eine begehrte Ansprechpartnerin. Nun hat sie seit einiger Zeit keine höhere Funktion mehr, mit dem Ausscheiden von Merkel schien auch ihre politische Rolle beendet zu sein. Ich bin gespannt, ob Grütters nun in ihrem Bezirk nochmal gewählt wird.

  4. 1.

    Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, dass überhaupt noch Plakate benutzt werden.
    An allen Stellen wird man mit Zwangsdigitalisierung konfrontiert, aber die Parteien selbst machen munter analog weiter.

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