Slowik im Innenausschuss - Berliner Polizei sieht bei nicht bearbeiteten rechten Fällen kein politisches Motiv

Mo 27.11.23 | 13:43 Uhr
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Archivbild: Polizeipräsidentin Barbara Slowik spricht am 11.01.2023 in Berlin. (Quelle: Imago Images/Christian Spicker)
Audio: rbb24 Inforadio | 27.11.2023 | Natascha Gutschmidt | Bild: Imago Images/Christian Spicker

Hunderte Fälle rechter Straftaten wurden bei der Berliner Polizei monatelang nicht bearbeitet. Erst nach einem Führungswechsel fielen die liegen gebliebenen Verfahren auf. Die Hintergründe sind laut Polizeipräsidentin Slowik unklar.

Im Fall Hunderter liegen gebliebener Fälle beim Staatsschutz des Berliner Kriminalamtes (LKA) gibt es laut Polizeipräsidentin Barbara Slowik derzeit keine Hinweise auf eine politische Motivation. Es werde jedoch nach allen Seiten ermittelt, warum die mehr als 300 Verfahren nicht oder unzureichend bearbeitet worden seien, betonte Slowik am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.

Betroffen ist die Abteilung beim LKA, die für die Bearbeitung von Straftaten aus dem rechten Spektrum zuständig ist. "Jetzt wird alles getan, um schnellstmöglich die Bearbeitung oder Weiterbearbeitung zu gewährleisten", sagte Slowik.

Senat verlangt zügige Aufklärung

Nach Polizeiangaben war erst bei einem routinemäßigen Führungswechsel in dem Kommissariat im Oktober aufgefallen, dass die Verfahren gar nicht oder unzureichend bearbeitet worden sind. Inzwischen wird nach Behördenangaben wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt. Im Fokus stehen dabei der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter.

"Es ist ein Missstand - das kann man nicht anders benennen", räumte Slowik ein. Der Senat erwarte eine zügige Aufklärung in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft, sagte Innenstaatssekretär Christian Hochrebe, der die erkrankte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) vertrat. Geprüft werde auch, ob eine Überlastung der Abteilung vorgelegen habe. Nach den Vorschriften hätte diese gemeldet werden müssen, um darauf reagieren zu können, so Slowik.

Nach Angaben der Polizeipräsidentin wurde die Dezernatsleitung am 20. Oktober über den Vorgang informiert. Diese habe am selben Tag die für Beamtendelikte zuständige Abteilung eingeschaltet. Alle Kommissariate des LKA hätten dann die liegen gebliebene Fälle bearbeitet. Inzwischen seien 364 Vorgänge aus dem Jahr 2022 und davor an die Staatsanwaltschaft übergeben worden.

Welche Taten nicht behandelt wurde, ist unklar

Generell werden in der Abteilung laut Slowik pro Jahr etwa 2.000 Fälle bearbeitet. Die betroffenen Vorgänge stammten aus den vergangen drei Jahren, größtenteils aus den Jahren 2020 und 2021. Angaben dazu, um welche Straftaten es konkret aus dem rechten Spektrum geht, machte Slowik auch mit Verweis auf die laufenden Ermittlungen nicht. In Betracht kommen unter anderem Ermittlungen gegen die Querdenker-Szene aus diesem Zeitraum.

Innenpolitiker von Linken und Grünen kritisierten, dass die Abgeordneten erst durch Medienberichte von dem Vorfall erfahren haben. Ario Mirzaie, Sprecher der Grünen-Fraktion für Strategien gegen Rechts, bezeichnete dies als "skandalös". Es sei erschreckend, wie spät der Vorgang aufgedeckt worden sei, sagte Niklas Schrader, innenpolitischer Sprecher der Linken-Fraktion.

Neukölln-Komplex betroffen?

Zudem befürchten sie, dass auch Vorfälle in Zusammenhang mit einer Serie rechtsextremer Straftaten in Berlin-Neukölln betroffen sein könnten. Nach Angaben der Polizeipräsidentin soll dies nicht der Fall sein. Diese Fälle würden in einem anderen Kommissariat zentral bearbeitet. Slowik konnte zunächst aber nicht sagen, ob einzelne Mitarbeiter möglicherweise doch mit solchen Fällen befasst waren.

Mit dem sogenannten Neukölln-Komplex befasst sich auch ein Untersuchungsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Dieser soll Ermittlungsfehler und mögliches Behördenversagen aufklären. Zwei vom Senat eingesetzte Sonderermittler hatten 2021 Fehler von Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz festgestellt.

Ende September wurde bekannt, dass ein Berliner Polizist im Verdacht steht, interne Informationen zu Ermittlungen im rechten Milieu weitergegeben zu haben. Dieser gehörte einer Ermittlungsgruppe an, die auch an der Bearbeitung der Anschlagsserie in Neukölln beteiligt war. Bei Durchsuchungen in der Wohnung und am Arbeitsplatz des Beamten wurden nach Angaben der Berliner Staatsanwaltschaft Handy und sonstige Datenträger beschlagnahmt. Die Ermittlungen dauerten an, hieß es aktuell von der Staatsanwaltschaft.

Sendung: rbb24 Abendschau, 27.11. 19:30 Uhr

53 Kommentare

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  1. 53.

    Wie dem alles auch sei - wir werden mutmaßlich nie erfahren, wie die ganze Sache ausgeht.

  2. 52.

    Ihre Aussage ist potentiell strafrechtlich relevant und verstößt mal wieder gegen die Netiquette. Oder können Sie belegen, dass die Polizisten rechtsextreme Motive hatten?

  3. 51.

    Sie sind das Sprachrohr der AfD? Interessant. Hätte ich Ihnen nie zugetraut.

  4. 50.

    "Ja, das sollte so aussehen. Sie nehmen nicht die Polizei in Schutz, sondern verharmlosen die Straftaten von Rechtsextremen. Und genau das habe ich geschrieben."

    Das sollte nicht nur so aussehen, das war auch so gemeint.
    Wenn Sie etwas anderes hineininterpretieren möchten, bitteschön.
    Damit disqualifizieren Sie sich nur als ernst zu nehmender Gesprächspartner.

  5. 49.

    Ah ok, danke für die Klarstellung, dann habe ich es jetzt richtig verstanden.

  6. 48.

    War nur als Hinweis gedacht, warum Ihre Nummer 2 eventuell gar nicht so unwahrscheinlich ist.

    Das da jemand ganz bewusst wegschauen wollte. Bei Überarbeitung ist eine Überlastungsanzeige zur Absicherung schnell geschrieben. So wird eben gegen die betreffenden Beamten ermittelt und das ist gut so.

  7. 47.

    Ja, das sollte so aussehen. Sie nehmen nicht die Polizei in Schutz, sondern verharmlosen die Straftaten von Rechtsextremen. Und genau das habe ich geschrieben.

  8. 46.

    Ja, das sollte so aussehen. Sie nehmen nicht die Polizei in Schutz, sondern verharmlosen die Straftaten von Rechtsextremen. Und genau das habe ich geschrieben.

  9. 45.

    Ja, das sollte so aussehen. Sie nehmen nicht die Polizei in Schutz, sondern verharmlosen die Straftaten von Rechtsextremen. Und genau das habe ich geschrieben.

  10. 44.

    Wo Taten von Rechtsextremen verharmlost werden da durfte das Sprachrohr der rechtsextremen AfD nicht fehlen.

  11. 43.

    "Das war so klar wie das Amen in der Kirche, dass hier sofort welche aus der rechten Ecke aufschlagen werden um die Taten von Rechtsextremen zu verharmlosen."

    Soso. Wer die Polizei in Schutz nimmt, kommt für Sie also aus der rechten Ecke.
    Aus welcher Ecke kommen Sie noch gleich?


  12. 42.

    Hier geht es aber um auffällig viele liegengebliebene rechte Straftaten. Das ist also mitnichten ein Problem, das sich gleichmäßig über alle Bereiche verteilt. Sondern es fallen speziall rechte Straftaten auf, die nicht bearbeitet werden.

    Falls eine vermeintliche Überarbeitung schon seit Jahren bekannt ist, dann ist es entweder fahrlässig oder vielleicht sogar gewollt, dass im Bereich Rechts anscheinend besonders viel liegenbleibt. Wenn dort ein Schwerpunkt an Straftaten ist, muss der Bereich aufgestockt werden. Da gleich von vornherein als Präsidentin abzustreiten, es hätte keine politische Komponente, ist eher unseriös. Besonders dann, wenn die Ermittlungen noch laufen. Es ist derzeit ja nicht auszuschließen, dass dort Mitarbeiter bewusst solche Fälle beiseite legen, aus politisch-/ideologischen Gründen. Immerhin wird "in alle Richtungen" ermittelt.

  13. 41.

    Warum haben die beiden betroffenen Polizisten nicht darauf hingewiesen, dass Sie eventuell überarbeitet waren und 300 Fälle unzureichend bearbeitet blieben?
    Dafür gibt es genau zwei Möglichkeiten:
    1. Die beiden wollten aus irgendwelchen Gründen nicht zugeben, dass Sie überlastet waren oder
    2. Sie haben die Fälle absichtlich liegen gelassen
    Und genau das wird jetzt überprüft werden. Ich bin jedenfalls sehr auf das Ergebnis gespannt.

    Im übrigen:
    "Inzwischen wird nach Behördenangaben wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt. Im Fokus stehen dabei der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter."
    Warum ist das wohl so, wenn es nicht genügend Verdachtsmomente gibt?

  14. 40.

    ist doch nur ein einzelfall...

  15. 39.

    "Die werden nicht selten sogar von Leuten gestellt, die objektiv deutlich zu wenig zu tun haben..."
    ........ja und nun? Soll das jetzt eine Erklärung dafür sein warum es nicht gemacht wurde? Das ist eher eine Erklärung dafür, dass es erst recht hätte gemacht werden müssen.

  16. 38.

    Bestreitet doch niemand. Möglich ist das ohne Frage. Es gibt aber bislang keine Hinweise darauf.
    Solche Bearbeitungsrückstände gibt es mit absoluter Sicherheit in jeder einzelnen Abteilung, nicht nur im Bereich für rechte Straftaten. Die Ermittler sind seit Jahren massiv überlastet.

  17. 37.

    Natürlich waren die betroffenen Ermittler mit dem Bereich Rechts befasst. Wenn da jemand sitzt, der auf dem rechten Auge bewusst blind ist, dann kann da sehr viel aussortiert werden. Bequemer geht es für solche Leute ja nicht. Man muss nur an der richtigen Stelle sitzen.

  18. 36.

    Wenn Sie sich etwas mit Behördenmitarbeitern auskennen, dann wissen Sie, dass diese Mitarbeiter ALLE die Möglichkeiten der Überlastungsanzeige kennen. Die werden nicht selten sogar von Leuten gestellt, die objektiv deutlich zu wenig zu tun haben...

  19. 35.

    Artikel des rbb/Panorama vom 23. 11. "Beim für politisch motivierte Straftaten zuständigen Staatsschutz des Berliner Landeskriminalamtes sind rund 300 Fälle nicht bearbeitet worden. Die Polizei ermittelt wegen Strafvereitelung im Amt in den eigenen Reihen, wie eine Polizeisprecherin am Donnerstag auf Anfrage mitteilte. ... Im Fokus stehen der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter der Abteilung, die für rechte Straftaten zuständig ist. Bei einem Führungswechsel in dem Kommissariat seien den neuen Chefs die unbearbeitet oder unzureichend bearbeiteten Verfahren aufgefallen, erklärte die Polizeisprecherin." Wie kann man bei dieser Sachlage > nicht < von den oben verneinten Ursachen ausgehen? Besonders in Erinnerung ist u.a. die Brandanschlagserie in Rudow, bei der auffällig viele 'Ungereimtheiten' bei den Ermittlungsvorgängen bekannt wurden. Salopp gesagt muß man sich schon Augen und Ohren feste zuhalten um zu obigen Aussagen zu kommen, sie widerspricht sich eigentlich selbst.

  20. 34.

    Dieser Artikel klingt wirklich erschreckend, so dass ich überhaupt nicht nachvollziehen kann, warum einige Kommentatoren hier relativieren.
    1."Nach Polizeiangaben war erst bei einem routinemäßigen Führungswechsel in dem Kommissariat im Oktober aufgefallen, dass die Verfahren gar nicht oder unzureichend bearbeitet worden sind."
    2."Inzwischen wird nach Behördenangaben wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt."
    3."Im Fokus stehen dabei der frühere Kommissariatsleiter und ein Sachbearbeiter."
    4."Geprüft werde auch, ob eine Überlastung der Abteilung vorgelegen habe. Nach den Vorschriften hätte diese gemeldet werden müssen, um darauf reagieren zu können, so Slowik."
    Es hätte also gemeldet werden müssen, wenn eine Überlastung der Abteilung die Ursache der Nichtbearbeitung gewesen wäre. Warum ist dieses nicht geschehen, wenn es denn eine Überlastung war?
    Sorry, aber da stimmt irgendetwas nicht und ich hoffe wirklich, dass es aufgeklärt werden kann.

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