Vor der Bundestagswahl - Der Höhenflug der AfD scheint in Brandenburg vorbei zu sein

Sa 11.09.21 | 08:13 Uhr
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Ein Teilnehmer sitzt in der Brandenburg-Halle und nimmt am Landesparteitag der AfD Brandenburg teil (Bild: dpa/Patrick Pleul)
Bild: dpa/Patrick Pleul

Bislang gab es bei den Wahlergebnissen der AfD in Brandenburg immer nur eine Richtung: Sie zeigte von Wahl zu Wahl steil nach oben, egal ob Bundes- oder Landtag. Doch mit Anstiegen wie zuletzt könnte es nun vorbei sein. Von Andreas Hewel

Bei der vergangenen Bundestagswahl 2017 machten 20,2 Prozent der Brandenburger Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz bei der Alternative für Deutschland. Bei den Landtagswahlen 2019 konnte die AfD gar 23,5 Prozent der Wahlstimmen gewinnen. Doch Umfrageergebnisse lassen nun ein Ende dieses Höhenflugs vermuten. Polarisierende Themen wie Euro-Krise oder Flüchtlinge, mit denen die AfD bislang punkten konnte, scheinen nicht zu greifen. Auch nicht ihr Feldzug gegen die Corona-Maßnahmen. Die Partei versucht jetzt vor allem, ihre Stammwähler zu halten und igelt sich dabei stramm rechts ein.

Auf den ersten Blick ist alles wie immer bei der Brandenburger AfD. Ein eilig frisch gedrucktes Wahlplakat warnt vor Flüchtlingen speziell aus Afghanistan. Der Kampf gegen Migration ist eben eines der Kernthemen der AfD, es gehört sozusagen zu ihrer politischen DNA. Das Problem für die AfD ist dabei nur, es zieht nicht mehr neue Wählerinnen und Wähler an.

Aber das will die Partei offenbar auch gar nicht. Ihr Ziel scheint es zu sein, nicht allzu sehr einzubrechen bei der Wahl. Das zumindest scheint erreichbar zu sein. Bei 18 Prozent liegt die Partei laut Umfragen derzeit in Brandenburg, wenn es um die Bundestagswahl geht.

Das wäre nur ein Verlust von gut zwei Prozent im Vergleich zur Wahl vor vier Jahren. Und es wäre deutlich mehr als die 11 Prozent, auf die die AfD derzeit bundesweit geschätzt wird. Aber es wäre auch deutlich weniger, als die AfD vor zwei Jahren in Brandenburg bei der Landtagswahl eingefahren hatte. Beides wären neue Trends und an weniger Stimmen als bislang wird sich die Partei wahrscheinlich bald gewöhnen müssen.

So räumt auch der Spitzenkandidat der AfD in Brandenburg, Alexander Gauland, auf einer Wahlkampfveranstaltung in Müllrose ein, dass man bei dieser Wahl keine "blaue Welle" erwarten könne. "Wir werden hoffentlich so stark werden, dass wir wie jetzt schon im Bundestag Einfluss auf die Politik der anderen haben," mäßigt Gauland die Erwartungen. Nach "Wir werden sie jagen"“, wie er nach der Wahl vor vier Jahren angekündigt hatte, klingt das nicht mehr.

Andreas Galau (AfD), Vizepräsident des Landtages, während der Sitzung des Brandenburger Landtages (Bild: dpa/Soeren Stache)
Andreas Galau, Vizepräsident des Brandenburger Landtages und AfD-Mitglied. Bild: dpa/Soeren Stache

Rechtsextreme Thesen, um die AfD-Basis zu halten

Wenn aber schon neue Wählerschichten nicht in Aussicht sind, so hofft man doch auf die Stammwählerinnen und -wähler bauen zu können. Die verlangen offenbar nach einer scharfen rechtsnationalen oder gleich rechtsextremistischen Tonart. Zum Beispiel bei der Corona-Pandemie, von der der Brandenburger Fraktionschef der AfD, Hans-Christoph Berndt, bereits vor knapp einem Jahr behauptet hat, sie sei vorbei. Welch ein Irrtum.

Derzeit hofft die Partei mit Stimmungsmache gegen die Corona-Impfung zu punkten. Das wäre ihr gutes Recht, griffe sie dabei nicht regelmäßig tief in die Demagogie-Kiste. So zieht AfD-Mann Andreas Galau, immerhin Vizepräsident des Brandenburger Landtages, eine direkte Linie von der Corona-Schutzimpfung heute mit einem zugelassenen Impfstoff hin zu den Menschen-Experimenten im Nationalsozialismus. "Trotz aller Diktaturerfahrungen im vergangenen Jahrhundert," tönt er auf einer Wahlkampfveranstaltung im Havelland, "ignoriert man die damaligen verbrecherischen medizinischen Experimente am Menschen und spuckt auf den daraus entstandenen Nürnberger Kodex. Schande, Schande, Schande."

Es sind Äußerungen wie diese und noch deutlich ärgere, die den Verfassungsschutzchef Jörg Müller in seiner Einschätzung bestätigen, die gesamte Brandenburger AfD als rechtsextremistischen Verdachtsfall einzustufen und beobachten zu lassen. Die AfD, so Müller erst vor wenigen Tagen im Innenausschuss des Landtages, instrumentalisiere die Corona-Pandemie, um gezielt demokratische Amtsträger zu delegitimieren. "Hier wird exemplarisch deutlich," so Müller weiter, "dass die AfD die Pandemie für ihre verfassungsfeindlichen Zwecke missbraucht."

Rechtsextremismus in der AfD isoliert die Partei

Das Ende vom Aufstieg der AfD in Brandenburg begann im Frühjahr 2020. Damals war der Brandenburger Landes- und Fraktionschef Andreas Kalbitz aus der Partei geflogen. Seine rechtsextremistische Vergangenheit war selbst der Bundes-AfD zu viel. Die Brandenburger AfD-Mannen und -Frauen dagegen scharten sich nur umso fester um den geschassten Kalbitz. Sie gestatteten ihm, parteilos in ihrer Fraktion zu bleiben, und bis heute wurde der Landesvorsitz, den Kalbitz einst innehatte, nicht neu besetzt. Kalbitz bleibt damit ein Geistervorsitzender der AfD in Brandenburg. Das freut die stramme Basis, schreckt aber potenzielle neue Wählerinnen und Wähler der AfD ab.

Auch war das die Zeit, als die AfD in Brandenburg vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft wurde. Daran ändert sich bis heute nichts. "Das geradezu stoische Festhalten an dem Neonationalsozialisten Kalbitz unterstreicht diese Bewertung"“ so Verfassungsschutzchef Müller. "Zudem sind dem Landesverband extremistische Positionierungen von AfD-Mitgliedern zuzurechnen, die insbesondere die Menschenwürde, das Demokratie- und das Rechtsstaatsprinzip verletzen."

Demagogie auch weiterhin als Parteiprinzip

Die AfD ficht das nicht an, jedenfalls so lange nicht, wie sie damit eine gewisse Anzahl von Wählerinnen und Wählern halten kann. Für den Fall aber, dass man vielleicht trotzdem absackt bei der Bundestagswahl, baut die Partei schon mal vor. Ziel ist die Briefwahl. Über sie wird schätzungsweise diesmal über die Hälfte der Stimmen abgegeben werden. Und schon werden Stimmen bei der AfD laut, die Briefwahl sei nicht geheim. Man streut also Misstrauen, auch weil AfD-Wählerinnen und -wähler eher nicht die Briefwahl nutzen. Sackt die AfD also ab nach der Wahl, scheint jetzt schon klar, wo die Partei den Grund dafür sehen wird. Nicht bei sich.

Sendung: rbb24, 08.09.2021, 16 Uhr

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68 Kommentare

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  1. 68.

    Gute, fach-und sachlich sauber analysierte Darstellungen bzw. Kommentare , die nur schwer zu widerlegen sind !

  2. 67.

    Es kann den Eindruck erwecken als habe "Prenzlauer" eine Mission: den neonazi Quatsch der afd verteidigen.

    Oder warum sind Sie so bemüht jeder Kritik neonazistische Verdrehung entgegenzusetzen?

    Der Artikel zeigt doch gut auf, dass diese blaubraune Partei sich nicht annähernd so stark von ihren menschenverachtenden Mitgliedern distanziert wie es Worte glauben machen sollen.

  3. 66.

    Diese Erkenntnis der angewandten " neutralen Hetze " ist ja nichts Neues und wird mittlerweile auch in weiten Kreisen der Medienlandschaft als Stilmittel unverblümt eingesetzt.

  4. 65.

    Das liegt vielleicht auch daran, weil die Politiker der anderen Parteien etwas zu sagen haben im Gegensatz zur faktenfreien Hetze der Politikerdarsteller der AfD.

  5. 64.

    Die AfD ist, auch wenn es mir in höchstem Maße missfällt, was aber nicht ausschlaggebend sein kann, eine zugelassene Partei in dieser Demokratie. Sie kann also nur mit demokratischen Mitteln ad absurdum geführt werden. Eine generelle politische Mißliebigkeit gehört imho nicht zu diesen Mitteln - diese wurde schon zu oft in allen Richtungen mißbraucht. Ich frage mich allerdings welcher Stud- oder Promovierter sich zu einer Partei hingezogen fühlen kann, in der in Teilen u.a. übelste Verbrechen gegen die Menschlichkeit verharmlost wurden. Deshalb die Bezeichnung "mentale Closed User Group".
    Eine "aufgebröselte" Zusammenstellung, also auch unbelegte und zusammengeschusterte Verlautbarungen, soviel Fairness muss ein, von maßgeblichen AfD'lern finden sie hier:
    https://correctiv.org/faktencheck/politik/2020/02/05/die-meisten-dieser-zitate-stammen-von-afd-politikern-einige-sind-aber-unbelegt/
    Ich persönlich komme damit nicht klar und daraus mache ich auch keinen Hehl.

  6. 63.

    Ihr Ablenkmanöver mit den " meisten Blonden" trifft nicht den juristischen Punkt. Nach dem Rundfunkstaatsvertrag müssen alle Parteien angemessen vom Gebührenfunk berücksichtigt werden.
    Ausweislich des Links der Statistik-Behörde wird die AfD massiv und damit rechtswidrig benachteiligt.
    Der RBB Funk muss sich nicht wundern, wenn er bei Demonstrationen von den Teilnehmern nicht als eine objektive Wahrheitsquelle wahrgenommen wird.

  7. 62.

    Sie verwechseln politisch nicht genehm mit ekelhaft, denn das sind Nazis.
    @Rainer42, wenn die pösen Medien so agieren wie Sie unterstellen müssten Demokraten nicht Ihr rechtes Gesülze lesen.

  8. 61.

    Für Intensivtäter ist Deutschland ein Schlaraffenland.
    Da gibt es Endlos-Sozialleistungen sowie das volle unantastbare Rechtsstaatsprogramm.
    Für Menschen, die die Impfung ablehnen, wird es in Zukunft wohl nicht genau so schön.
    Dass die AfD den Impfgegnern bzw. Kritikern einiger Corona-Maßnahmen eine Stimme gibt und dafür auch die Schrumpfung der Wahlergebnisse und noch größere Diffamierung in Kauf nimmt, finde ich eher lobenswert.
    Ich bin selbst geimpft und rate die Impfung jedem an, aber die Hetze gegen die Impfgegner lehne ich ab.

  9. 60.

    Ich selbst finde einige Vorgänge in der AfD extremst unappetitlich.
    Aber ebenso bin ich von einigen Entscheidungen der anderen Parteien und deren Folgen für Deutschland absolut ENTSETZT.
    Was die AfD aber macht: Sie nimmt ihre Oppositionsrolle wahr für viele, die bestimmte Politische Entscheidungen ABLEHNEN!
    Natürlich ist das für die anderen Parteien ungemütlich, wenn sie wie 2015 nicht mehr unter sich sind.
    Laut Umfragen soll der Bundestag auf ca. 950 Sitze anwachsen können. Na so kann man sich auch seine Diäten sichern, wenn sich Teile des Volkes abwenden.

  10. 59.

    Es mag Ihnen nicht schmecken, aber der Einzug der AfD in die Parlamente ist die logische Folge auf Probleme bzw. deren Vernebelung.
    Wenn die anderen Parteien viele Themen nicht mehr abdecken und Probleme laufen lassen, suchen sich die Bürger eine Alternative.
    Dies ist ein Demokratischer Prozess.
    Leider wird Absolut Zulässige Regierungskritik von vielen Medien und Parteien heute als "Hass auf den Staat" bzw. "Umsturzfantasien" umgedeutet.
    Dies ist aber nicht in Ordnung. Kontrolle der Regierung ist Wesensmerkmal einer Demokratie.

  11. 58.

    Ich glaube, Sie wissen gar nicht, was rechtsextrem ist.
    Ich glaube, es ist Ihnen auch egal.
    Weil Sie ja ständig Andersdenkende beschimpfen.
    Selbst wenn man für U-Bahnbau oder Giffey ist, kübeln Sie die Forumsteilnehmer mit dem kompletten Anti-AfD-Baukasten zu.
    In anderen Beiträgen wurden schon Namen von anderen missbraucht, wo bewusst Lügen verbreitet wurden, man wolle mit dem 3. Weg mitmarschieren usw.
    Waren Sie das??? Vom Schreibstil ähnelte dies sehr.

  12. 57.

    Einige der hier meckernden Leute sollten sich mal die Frage stellen, warum die Regierung mit den Taliban verhandeln will, aber die AFD, die jeder 10. in Deutschland wählt, aussen vor ist.

  13. 56.

    Letzten Endes nimmt die AfD nur ihre Rolle als Demokratische Opposition wahr und spricht nach wie vor 12% der Bürger an.
    Darunter auch Migranten, die vieles, was die Merkel-CDU gemacht hat, nicht wünschen.
    Ich kenne selbst Migranten, die keine weiter Aufnahme von Flüchtlingen möchten.

  14. 55.

    Ja,ja, die Linksextremisten bleiben ihren Formeln treu, mit denen kann ein global denkender Mensch nicht einen Meinungsaustausch führen, das habe ich schon in den 70. Jahren in Frankfurt / Main feststellen dürfen, wo wir mit der KBW einen " Zirkel" als Anhänger der Linksgesinnten versucht haben.
    Komischerweise haben die meisten BWL studiert, und viele Jahre später haben sich etliche dieser Studenten als Manager in florierenden Unternehmen wiedergefunden, aber zugegeben einige habe ich jahrzehnte später in München als Arbeitslose wiedergetroffen, sie lebten zwar auf Kosten der Allgemeinheit, aber sie waren sich ihrem Dogma treu geblieben.

  15. 54.

    Bei Ihnen scheinen alles Fake News zu sein, was Sie nicht hören wollen???
    Laut Wahltagsbefragungen sind AfD-Wähler nicht vom Mond gefallen sondern fühlten sich bei vergangenen Wahlen bei CDU, SPD und Linke pudelwohl.
    Es gab sogar partielle Abströme von FDP + Grünen.
    An diesen Wählern hat man sich scheinbar damals auch gar nicht gestört.
    Jetzt haben sich Menschen eine neue Partei gesucht und werden beschimpft???
    Insbes. als Linke würde es mir zu denken geben, wenn sich zahlreiche Wähler wegen Merkels Asylpolitik abgewendet haben.

  16. 53.

    Dass viele und ernstzunehmende Fachleute die Maßnahmen der Merkel-Regierung gegen Covid19 suboptimal finden wird auch bei der AfD wohl so sein. Die Missiionare der Verkündugung von Wahlergebnissen, ggfs. gezielt in eine Richtung tendierend, haben im Augenblick Hochkonjunktur und sie sind von durchsichtiger Natur. Mal sehen, wie das Ergebnis am Wahlabend aussieht.

  17. 52.

    "Es ist und bleibt eine Schande für jeden Demokraten,..."

    Es bleibt ein Rätsel, was Sie damit sagen wollen. Reicht es zum Demokraten aus, AfD selbst nicht zu wählen, oder kann man der Schande nur entgehen, indem man AfD-Wähler aktiv am Wählen hindert?

    Oder musste mein Kommentar nur als Aufhänger für die Aneinanderreihung der üblichen Empörungs-Adjektive und -Substantive herhalten?

  18. 51.

    Ein interessanter Gedankengang und die daraus abgeleitete Verknüpfung und Feststellung : Je besser die fachliche Eignung und Ausbildung , desto weniger Menschlichkeit, Sozialkompetenz, Empathie und Hilfsbereitschaft ? Gilt das jetzt für alle, oder nur für die, die politsch nicht genehm sind ?

  19. 50.

    Für viele Menschen die das Jahr 2015 von Frau Merkel so nicht wollten, weil sie weiterhin in Deutschland leben möchten, war die AfD eine Anlaufstelle. Heute allerdings hat sich die Partei mit ihrer dummen Haltung zur Covid Pandemie und die eingegangene Nähe zu Querspinnern ins politische Abseits geschossen. Das sehen einige so und deswegen ist die Zustimmung zur AfD rückläufig.
    So einfach ist das.

  20. 49.

    Nur kein Neid. Wenn Sie sich anstrengen erreichen Sie vielleicht auch noch wenigstens Mittelmaß.

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