#Wiegehtesuns | Freiwillige Helferin Berliner Tafel - "Ich wollte meine Zeit sinnvoll füllen"
In schlechten Zeiten Gutes tun - seit der Corona-Krise hat die Berliner Tafel enormen Zulauf an ehrenamtlichen Helfern. Oft sind es Menschen, die in ihren eigentlichen Berufen nicht tätig sein können. So wie die Barkeeperin Vivienne Griese. Ein Gesprächsprotokoll.
Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Eigentlich ist Vivienne Griese leidenschaftliche Barkeeperin, doch während der Corona-Zeit konnte sie nicht in ihrem eigentlichen Beruf arbeiten. Seit einem halben Jahr arbeitet sie nun ehrenamtlich bei einer der 46 Ausgabestellen von "Laib und Seele" der Berliner Tafel. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen sortiert sie Essensspenden und verteilt sie an Bedürftige. Im Gespräch erzählt sie uns, wieso sie ausgerechnet in der Corona-Zeit begonnen hat, ehrenamtlich tätig zu werden.
Die Corona-Krise hat meiner Branche - der Gastronomie - sehr hart zugesetzt. Ich konnte nicht arbeiten und hatte plötzlich ganz viel Zeit und wollte diese Zeit irgendwie sinnvoll füllen.
Natürlich hat mich Corona finanziell in ein tiefes Loch gerissen, da ich meinen Job nicht ausüben konnte. Dadurch habe ich aber auch gemerkt, dass es vielen Leuten auch so geht und dass ich genug Zeit habe, dagegen anzukämpfen, was dagegen zu tun, anderen zu helfen. Und da ist die Tafel die richtige Gelegenheit, etwas zurückzugeben.
Der einzige Halt, den man momentan hat, ist der soziale Halt und den spüre ich auch hier bei der Tafel. Und was mir auch viel Halt gibt, ist der seelische Support von meinen Freunden und meiner Familie. Sie haben immer gesagt, dass ich die Hoffnung nicht aufgeben soll, dass ich bald wieder in meinem Beruf arbeiten kann.
Die Arbeit bei der Tafel ist auch mehr als einfach nur Essen sortieren und ausgeben. Die anderen Freiwilligen, die hier arbeiten sind wirklich der Hammer: Wir machen uns immer einen schönen gemeinsamen Tag und tauschen uns aus. Und auch zu den Bedürftigen, die hierherkommen, haben wir ein gutes Verhältnis, immer ein Lächeln auf den Lippen. Das gibt viel zurück.
Laut der neuesten Corona-Regeln kann ich endlich wieder meinen eigentlichen Beruf ausüben. Und es war so toll. Ich hätte es mir nicht schöner erträumen können. Es war super schön, zurück zu sein. Ich habe das wirklich sehr vermisst. Es war so ein tolles Gefühl, endlich wieder in der Bar zu arbeiten, all die glücklichen Menschen zu sehen. Aber das bedeutet für mich nicht, dass ich hier bei der Tafel aufhöre. Mein Job wird mich zwar sehr in Anspruch nehmen, aber ich werde immer versuchen, trotzdem zu kommen, weil die Menschen mir hier so viel geben und ich sehr viel Spaß daran habe.
Irgendwie sind sich die Arbeit in der Bar und hier bei der Tafel auch ähnlich: Auch in der Bar hat man immer mit Menschen zu tun, die kommen und gehen. Und das ist hier bei der Tafel genauso. Hier kommen pro Tag mehr als 200 Leute, denen wir Essen ausgeben und da findet eine Menge Kommunikation statt. Also sowohl in der Bar als auch bei der Tafel hat man sehr viel zwischenmenschlichen Austausch. Und dann ist es eben eine sehr körperliche Arbeit, man ist die ganze Zeit aktiv und hat etwas zu tun. Das tut sehr gut.
Ich würde es jedem empfehlen, sich ehrenamtlich zu engagieren. Es ist ein schöner Ausgleich und ich finde, es sollten sich auch mehr junge Leute engagieren. Aber ich kann auch verstehen, dass sie es nicht tun, da das Ehrenamt kaum gefördert wird. Es wird nicht darauf hingewiesen, es wird nicht beworben und es wird nicht attraktiv gemacht. Deshalb denkt man als junger Mensch vielleicht nicht daran.
Gesprächsprotokoll: Carla Spangenberg
Sendung: Abendschau, 02.06.2021, 19:30 Uhr
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