#Wiegehtesuns? | Berufswechslerin in der Pandemie - "Mit dem knappen Geld und den Arbeitszeiten kann man als Köchin keine Familie haben"
Arbeiten in der Gastronomie ist anstrengend, stressig, aber nicht gut bezahlt. Eine junge Cottbuserin hat in der Pandemie ihren Beruf als Köchin an den Nagel gehängt - und in der Verwaltung angeheuert. Ein Gesprächsprotokoll.
Das Corona-Virus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Rebecca möchte niemandem die Freude am Arbeiten in der Gastronomie mies machen – das ist der Cottbuserin sehr wichtig. Aber ihr hat ihr erlernter Beruf als Köchin einfach keine Freude mehr gemacht. Über die Gründe dafür spricht sie hier – und darüber, was sie an ihrem künftigen Beruf als Verwaltungsfachfrau reizt.
Ich habe immer an meine Zukunft gedacht - und es hat einfach für mich finanziell nicht hingehauen. Am Ende des Monats hatte ich als ausgebildete Köchin oft kaum mehr als den Mindestlohn. Damit hätte ich mein Leben vielleicht allein für mich finanzieren können. Aber wenn man eine Familie haben möchte, funktioniert es in dem Job nicht. Vor allem durch die Arbeitszeiten hat man sehr viel Stress.
Ich hatte Früh- und Spätschichten, und die Spätschichten gingen dann in der Saison auch schon mal zehn Stunden und länger. Man kann die Gäste nicht einfach rauswerfen. Man ist dann aber manchmal auch körperlich überfordert - denn es herrscht ja auch Personalmangel in der Gastronomie. Es wird aber nicht so darüber gesprochen, was ich sehr schade finde. Denn der Fachkräftemangel müsste beseitigt werden, damit die Beschäftigten auch wirklich eine Fünf-Tage-Woche haben können. Ich habe oft sechs Tage am Stück gearbeitet, und hatte dann nur einen Tag frei.
Dass man in der Gastronomie am Wochenende arbeitet, ist natürlich klar. Aber es muss geregelt sein, dass die Leute dann auch ihre zwei Tage am Stück frei haben. Dann wäre ich vielleicht auch in dem Beruf geblieben.
2020 fing auch noch Corona an. Da hat man langsam Angst bekommen: Werde ich jetzt gekündigt? Denn es war ja nicht so viel zu tun. Die Gastronomie war zeitweise geschlossen oder nur eingeschränkt geöffnet. Man hing ein bisschen in der Luft und hatte wirklich Angst, ob man am nächsten Tag vielleicht schon arbeitslos sein könnte. Oder im nächsten Monat.
Ich habe dann im ersten Pandemie-Jahr angefangen, was Neues zu machen. Ich hatte mich für eine Ausbildung in der Verwaltung beworben, weil ich nicht als Quereinsteigerin irgendwo reinkommen und von nichts eine Ahnung haben wollte. Also habe ich all meinen Mut zusammengenommen und mich bei der Stadt Cottbus beworben. Ich kann wirklich nur andere Leute dazu ermutigen, das zu tun. Denn man macht das ja auch für sich selbst.
An meinem alten Beruf werde ich den Spaß mit den Kollegen vermissen, den Kontakt zu den Gästen. Allein die ganzen Geschichten von den Menschen, die man so über die Jahre mitbekommen hat! Das war sehr interessant, es ist nie langweilig geworden.
Meinen künftigen Beruf finde ich aber auch interessant. Ich habe jetzt schon so viele Bereiche kennengelernt, von denen ich vorher gar nicht wusste, dass es sie gibt. Eine Verwaltung kann so vielen Menschen helfen, das wird garantiert auch nicht langweilig.
Kochen tue ich immer noch total gern, aber eben nur noch zu Hause. Da kann ich meine Kreativität richtig gut ausleben – viel besser als früher im Beruf. Da hieß es oft: "Das haben wir schon immer so gemacht." Da fühlte ich mich doch ganz schön eingeengt.
Gesprächsprotokoll: Sylvia Tiegs
Sendung: Inforadio, 02.03.2022
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