Abschied nach der Wahl - Diese Brandenburger Abgeordneten scheiden aus dem Bundestag aus
Es sind 13 Abgeordnete aus Brandenburg, die dem neuen Bundestag nicht mehr angehören werden. Die Gründe sind unterschiedlich: Die einen gehen freiwillig, andere wurden abgewählt und manche wollte die eigene Partei nicht mehr. Von Markus Woller
Bildbände, Lexika, Tonnen von Sitzungspapieren - im Abgeordneten-Büro von Norbert Müller hat sich in den vergangenen sieben Jahren so einiges angesammelt. Nun sortiert sich der 35-jährige Linken-Abgeordnete von Hängeschrank zu Hängeschrank, von Ordner zu Ordner: Alles muss ausgeräumt werden. Müller, mit Wahlkreis in Potsdam und Umgebung, hatte sowohl beim Direktmandat als auch bei der Listenaufstellung das Nachsehen.
Kein leichter Abschied
Ihm fällt der Abschied merklich schwer: "Wir haben Themen wie Kinderarmut, wie 'gute Kita' vorangebracht. Man merkt jetzt, dass da was passiert. Beim Thema 'Kinderrechte ins Grundgesetz' ist man kurz vor dem Durchbruch und muss nun die Segel streichen."
Aber so sei das nun einmal in einer Demokratie, so Müller. Für ihn wird es ein harter Neuanfang. Seit 2014 saß er im Bundestag. Nun will er zunächst sein unterbrochenes Studium beenden. Danach, soviel hat er sich bereits vorgenommen, soll politisch nicht Schluss sein. Die bei der Wahl so stark geschrumpfte Linke wolle er wieder zu neuem Schwung verhelfen.
2017: neun von zehn CDU-Direktkandidaten - 2021: null von zehn
Nobert Müller ist einer von insgesamt 13 Brandenburger Abgeordneten, die mit der konstituierenden Sitzung des neugewählten Bundestages am 26. Oktober ihren Status als Abgeordneter verlieren werden.
Besonders schwer getroffen hat es bei der Wahl die CDU-Direktkandidaten. Hatten sich bei der Wahl 2017 noch neun von zehn Kandidaten der Christdemokraten direkt durchsetzen können, ist ihnen das bei dieser Wahl in keinem einzigen Wahlkreis gelungen. Alle Brandenburger Wahlkreise gingen an die SPD.
Auch Dietlind Tiemann, die ehemalige CDU-Bürgermeisterin von Brandenburg (Havel), hadert mit ihrer Niederlage im Wahlkreis 60. Sie sieht strategische Fehler ihrer Partei nicht nur auf Bundesebene, sondern auch im eigenen Landesverband. Aus den schlechten Wahlergebnissen bei Landes- und Kommunalwahlen 2019 habe man nicht die richten Konsequenzen gezogen. Bereits zwei Tage nach der Wahl forderte sie eine kritische Aufarbeitung und ein Mitgliedervotum auf einem Sonderparteitag. Tiemann selbst bleibt nach der verlorenen Wahl vorerst nur der Gang zurück in die Kommunalpolitik.
Die wichtigsten Dinge sind bereits ausgeräumt
Ebenfalls ihren Platz in Berlin räumen müssen die CDU-Abgeordneten Saskia Ludwig aus Potsdam und Hans-Georg von der Marwitz aus Märkisch-Oderland. Während Ludwig erst am Wahlabend endgültige Sicherheit über ihr Ausscheiden hatte, konnte Hans-Georg von der Marwitz sich bereits seit Monaten darauf einstellen. Der bekannte Landwirt hatte überraschend schon bei der Aufstellung der Direktkandidaten in seinem Wahlkreis das Nachsehen. Newcomerin Sabine Buder überraschte und überzeugte die Abgeordneten mit ihrer direkten und unverblümten Art. Nachteilig für von der Marwitz wirkte sich offenbar auch aus, dass er zuvor seinen Rückzug bereits angedeutet hatte und dann doch noch einmal zur Kandidatenkür angetreten war. Buder verlor den Wahlkreis zwar, erreichte aber das beste Ergebnis der CDU landesweit.
Sebastian Steineke hat auch schon die wichtigsten Dinge aus in seinem Wahlkreisbüro in Neuruppin ausgeräumt. Zwei Legislaturperioden hat er im Bundestag zugebracht und war trotz eines guten Listenplatzes an dem extrem schwachen Ergebnis seiner Partei gescheitert. Der CDU-Politiker weist darauf hin, dass der verfehlte Wiedereinzug nicht nur für ihn, sondern auch für seine sechs Mitarbeiter eine Zäsur ist. "Sie scheiden Ende Oktober turnusgemäß aus. Und da geht es mir darum, dass die nun auch ein neues Arbeitsverhältnis bekommen“, so der Noch-Abgeordnete.
Finanziell ist es ein abgefedertes Ausscheiden
Er selbst muss sich vorerst keine Sorgen machen. Abgeordneten steht nach ihrem Ausscheiden aus dem Bundestag ein sogenanntes Übergangsgeld zu. Für jedes Jahr Mitgliedschaft im Parlament bekommen sie einen Monat volles Gehalt weitergezahlt. Für Steineke sind das immerhin acht Monate, in denen er seine Arbeit als Rechtsanwalt wieder aufnehmen kann. Der Verdienst allerdings wird mit seinem Übergangsgeld verrechnet.
Doch nicht alle Abgeordneten verlassen gegen ihren Willen das Hohe Haus - beispielsweise Dagmar Ziegler von der SPD. Die frühere Brandenburger Finanzministerin saß seit 2009 im Bundestag, war dort zuletzt sogar Vizepräsidentin. Sie hatte sich frühzeitig entschieden, 2021 nicht noch einmal zur Wahl anzutreten und das Feld einer jüngeren Kandidatin zu überlassen. Die 42-jährige Wiebke Papenbrock hat in Zieglers ehemaligem Wahlkreis mit deutlichem Vorsprung das Direktmandat geholt.
Abschied aus dem Bundestag - weiter im Kreistag
Der CDU-Abgeordnete Martin Patzelt hat ebenfalls für sich selbst entschieden, dass es genug ist. Bundesweit bekannt wurde der ehemalige Bürgermeister aus Frankfurt (Oder) damit, dass er rund um die Flüchtlingsproblematik 2014 und 2015 dazu aufrief, Flüchtende in Privatwohnungen aufzunehmen. Er selbst nahm zwei Männer aus Eritrea bei sich zuhause auf. Der frühere Bürgermeister von Spremberg, Klaus-Peter Schulze (CDU), trat ebenfalls nicht mehr an.
Auch die Linken-Politiker Kirsten Tackmann und Thomas Nord, Ehemann von Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach, waren nicht wieder angetreten. Ebenso Roman Reusch von der AfD und der FDP-Politiker Martin Neumann.
Und auch für Ulrich Freese (SPD) aus Cottbus ist mit 70 Jahren endgültig Schluss. Auch er geht aus freien Stücken und, wie er sagt: "Mit einem guten Gefühl." Vor allem, weil er für die Region etwas erreicht habe. Zum Beispiel beim Kohleausstieg: "Wir haben da unsere Ellenbogen sehr einsetzen müssen, um das so, wie es für die Region notwendig ist, auch durchzusetzen." Ganz von der Politik lassen kann auch er nicht. Im Kreistag will er weiter aktiv bleiben.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 04.10.2021, 19.30 Uhr