Fresdorfer See ausgetrocknet - "Wir haben dem See beim Sterben zusehen können"

Do 15.08.24 | 16:09 Uhr | Von P. Rother und S. Oberwalleney
  47
Drohnenaufnahme des Fresdorfer See am 13.08.2024.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)
rbb/S.Oberwalleney
Video: rbb|24 | 15.08.2024 | Material: Stefan Oberwalleney und Philipp Rother | Bild: rbb/S.Oberwalleney

Der Fresdorfer See existiert nur noch auf Landkarten. Das Gewässer in Brandenburg ist 2020 aus verschiedenen Gründen ausgetrocknet. Dieses Schicksal droht auch weiteren Seen. Von P. Rother und S. Oberwalleney

Nichts erinnert mehr an einen See: Wo früher gebadet und geangelt wurde, wuchern nun Gräser und Bäume. Die Erlen und Weiden messen mittlerweile zehn Meter, der Schilfgürtel breitet sich mehr und mehr mannshoch aus. Der früher rund 400 Meter lange und 150 Meter breite Fresdorfer See (Potsdam-Mittelmark) ist vor vier Jahren ausgetrocknet. Mittlerweile ist das sieben Hektar große, morastige Gebiet völlig zugewachsen.

"Die trockenen Jahre ab 2018 hat er nicht überlebt – die haben dem See das letzte Wasser genommen", sagt Bernd Herrmann, Ortsvorsteher von Fresdorf. "Es ging erschreckend schnell - wir haben dem See beim Sterben zusehen können!" Das Wasser zog sich mehr und mehr zurück. Im Zuge dessen ist das Gewässer vom Ufer aus zugewachsen. Experten nennen das Verlandung.

Archivbild:Der Fresdorfer See im Jahr 2014.(Quelle:Dorfverein Fresdorf e.V.)
Sommer 2014: Der Fresdorfer See in voller Pracht | Bild: Dorfverein Fresdorf e.V.

Paradies für Wildschweine

"Es ist heute ein Paradies für Wildschweine, während es früher ein Paradies für Wasservögel war", erzählt Herrmann. Im Gestrüpp sind auch noch das Fundament eines Bootsschuppens, ein alter Steg und zwei Fischerboote zu finden.

Zu DDR-Zeiten warf ein Fischer im 20.000 Jahre alten Grundwassersee seine Netze aus. Auch Enten und Karpfen wurden vor Ort gezüchtet. Heute sind nur noch einzelne Wasserlöcher zu sehen, die sich durch die Niederschläge der vergangenen Wochen und Monate gebildet haben. Früher stand in feuchten Jahren das ganze Gebiet bis an die ersten Häuser des nahen Ortskerns von Fresdorf unter Wasser. "Es zerrt an einem, wenn man weiß, dass ein See einfach so verschwindet", sagt der Ortsvorsteher.

Archivbild:Der Fresdorfer See im Jahr 2019.(Quelle:Dorfverein Fresdorf e.V.)Sommer 2019: Der Wasserpegel des Sees sinkt und sinkt

Viel Grundwasser wird entnommen

Bei der Ursachensuche für die Verlandung kommen mehrere Puzzlestücke zum Vorschein: "Die Klimaerwärmung führt zu einer höheren Verdunstungsrate", sagt Jürgen Wagler, der Vorsitzende des Fördervereins Seddiner See: "Das ist natürlich ein starker Faktor."

Darüber hinaus spiele aber die Wassernutzung eine zentrale Rolle: "Rund 1,6 Millionen Kubikmeter Trinkwasser werden in dem Gebiet pro Jahr aus dem Grundwasser entnommen", erläutert Wagler. Darunter 870.000 Kubikmeter für die Wasserversorgung der Menschen im Umkreis. "Das Wasser wird geklärt und dann über die Flüsse in andere Einzugsgebiete abtransportiert - das ist dann verloren", moniert der Vereinsvorsitzende.

"Die 156.000 Kubikmeter Wasser, die für die Bewässerung des Golfplatzes entnommen werden, bleiben zumindest in der Region", berichtet der Experte weiter. So verhalte es sich auch mit den 270.000 Kubikmetern, die die Bauern aus dem Grundwasser entnehmen dürfen.

"Hinzukommen die Wassermengen, die durch Privatbrunnen entnommen werden und das Grundwasserreservoir stressen", so Wagler. "Das Problem ist unser Umgang mit dem Wasser. So tragen wir dazu bei, dass wir unsere Landschaft selber verlanden."

Archivbild:Der Fresdorfer See im Jahr 2020.(Quelle:Dorfverein Fresdorf e.V.)Herbst 2020: Der See ist endgültig trockengefallen

Auch der Seddiner See ist gefährdet

Ortsvorsteher Herrmann nennt als weitere Ursache für den Wasserverlust den Torfstich, der unweit von Fresdorf in den 1970er Jahren angelegt worden war.

Auch die im ausgetrockneten Uferbereich gewachsenen Erlen haben das Verlanden des Gewässers noch beschleunigt, da die Pionierbäume im Vergleich zu anderen Arten verhältnismäßig viel Wasser aus dem Erdboden ziehen. Auch das nahe Poschfenn, ein ehemals rund sechs Hektar großer Flachsee, ist so gut wie versiegt.

Das Schicksal droht auch anderen Seen vor Ort - darunter der rund 200 Hektar große, deutlich bekanntere Seddiner See, der in den vergangenen Jahren bereits signifikant Wasser verloren hat. "Es gibt Gutachten, die, wenn wir nicht umsteuern, voraussagen, dass der Seddiner See in 30 Jahren nicht mehr existieren wird", verdeutlicht Wagler. "Der Fresdorfer See ist ein mahnendes Beispiel."

Drohnenaufnahme des Fresdorfer See am 13.08.2024.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)Sommer 2024: Wasserlöcher sind zu sehen, Bäume und Gräser wuchern

Natur steht unter Wasserstress

Alle Gewässer vor Ort gehören zur Seddiner Seenkette. Sie werden alle vom gleichen Grundwasserreservoir gespeist. Das ist mittlerweile sehr strapaziert - auch die zuletzt feuchten Monate haben daran nur wenig geändert. Für den Fresdorfer See und das Poschfenn war schlicht kein Wasser mehr übrig, um in Zeiten des Klimawandels zu überleben. "Die Natur stand schon länger unter Wasserstress. Das hat nur keiner bemerkt. Dadurch ist auch der Grundwasserpegel extrem stark gesunken. Jetzt sehen wir die Auswirkungen", so Wagler.

Zuletzt haben sich die Grundwasserspiegel in der Region wieder etwas erholt, auch der Pegel des Seddiner Sees stieg wieder etwas. Das dürfe aber nicht überbewertet werden, warnt Wagler: Nach nur wenigen trockenen Monaten sei das wieder vergessen. Es müsse umgedacht werden, fordert der Förderverein Seddiner See daher. Das Wassermanagement müsse umgestellt werden. Einerseits dürfe in der Region nicht mehr so viel Wasser abgepumpt werden. Andererseits kämpft der Verein für eine sieben Kilometer lange Leitung von der Nieplitz zum Seddiner See, worüber im Winter Wasser dorthin geleitet werden kann.

Ein Schild mit der Aufschrift "Fresdorfer See seit 2020 ausgetrocknet" am 13.08.2024.(Quelle:rbb/S.Oberwalleney)Im Dorf erinnert ein Schild an den ausgetrockneten See

Schild erinnert an den verschwundenen See

Durch das 1,4 Millionen Euro teure Projekt könne der See stabilisiert und der Landschaftswasserhaushalt wieder aufgefüllt werden: "Das hätte nicht nur positive Auswirkungen auf den Seddiner See", ist sich Wagler sicher. Das Wasser würde in der Region verbleiben und der natürliche Grundwasserspeicher gepflegt. Grundvoraussetzung seien gute Kläranlagen. Bis zu einer möglichen Umsetzung der Idee werden aber noch Jahre vergehen. Aktuell müssen weitere Gutachten erstellt werden.

Für den Fresdorfer See kommen alle Maßnahmen zu spät. Noch vor der Wende sollte der See ausgebaggert und entschlammt werden. Der Plan wurde aber nie umgesetzt. Nun ist er der anhaltenden Trockenheit zum Opfer gefallen, existiert nur noch auf Landkarten. Darüber hinaus erinnert ein mittlerweile leicht ausgeblichenes Schild im Dorf an das verschwundene Gewässer.

Sendung: rbb|24, 15.8.2024, 15:30 Uhr

Einseen, dass es in Brandungburg meer gibt

Auf Youtube: So rettest du Ertrinkende | rbb24 explainer

Die Kommentarfunktion wurde am 15.08.2024 um 21:48 Uhr geschlossen. Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Wir schließen die Kommentarfunktion unter anderem, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt.

Beitrag von P. Rother und S. Oberwalleney

47 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 47.

    Wir sollten unbedingt auch über den Verlust des kilometerdicken Eissschildes jammern, der Berlin und Brandenburg während der letzten Eiszeit bedeckte und der im Zuge der Klimaerhitzung leider „gestorben“ ist. Wie blöd, dass es damals noch keine grünen Weltretter gab.

  2. 46.

    Und Alfred Neumann erst, der ist der Fachmann hoch 3 in allen Fragen was Wasser betrifft.
    Warum schweigt er nur?

  3. 45.

    Schade, Sie verrennen sich in ein ideologisch begründetes Problem das es überhaupt nicht gibt.
    Mein schlimmer "SUV" baut auf dem Rahmen des Golf mit gleichem Motor auf. Der einzige, aber,für mich extrem wichtige Unterschied, ist die Bauhöhe des Fahrzeugs.
    Das ältere Modell hieß noch Golf Plus und wurde erstaunlicherweise nie als SUV verleumdet.
    Also erst einmal darüber nachdenken über was man sich auslässt.
    Mein Fahrzeug nimmt exakt den gleichen Parkraum wie der aktuelle Golf ein, kein Unterschied im Straßenverkehr.
    Reicht das endlich?

  4. 44.

    Wie sparsam wäre ihr Vehikel erst bei gleicher Motorisierung, wenn es weniger Masse und einen besseren CW-Wert hätte.
    Und wie sparsam wäre es erst, wenn ihr Automobil keine völlig ineffiziente ( in jeder Hinsicht) Wärme-Kraft-Maschine antreiben würde.
    Und wie sparsam wäre es, wenn sie sich von ihrem Vehikel nicht bei jeder Kleinigkeit chauffieren würden, sondern sich ihrer natürlichen Fortbewegungsmittel bedienen würden.

  5. 43.

    Was sagt die Wassertafel Berlin-Brandenburg hierzu? Sonst ist die doch immer schnell, wenn es ums Wasser geht.

  6. 41.

    Und sie verbrauchen oftmals weniger als ein Golf oder die anderen Schleudern mit ihren 1.8 oder 2 Liter Maschinen .
    Mein SUV hat eine 1200 er bringt on der Spitze 190 Klamotten und hat, bei normaler Fahrweise einen Verbrauch von
    5, 6 Liter, schönen Gruß an die Limosinen und Kombifahrer, aber besonders an die SUV Hasser, die wirklich 0 Ahnung von der Materie haben.

  7. 39.

    Der Grund der Verlandung ist der sinkende Grundwasserspiegel. Dass der sinkt, ist doch keine Folge von Naturschutz oder Seerosenbewuchs. Sie erfinden das doch nur, um gegen Naturschutz zu poltern.

  8. 38.

    2. Versuch
    Wozu brauchen wir in Brandenburg überhaupt Golfplätze? Sind die relevant? Reine Wasserverschwendung! Nein, also Umwidmumg von Golfplätzen in Blühwiesen o.ä.!

  9. 37.

    Sie zeigen mit ihren Argumenten, wie wenig Ahnung Sie und leider offensichtlich die meisten Bürger haben. Es sind einfache physikalische Gesetze: Je mehr Masse bewegt werden muss, desto mehr Energie benötigt man. Einen neuen SUV mit 20 Jahre alten Fahrzeugen zu vergleichen zeigt Ihr mangelndes Verständnis.
    Die Folgen des Handelns trägt die junge Generation, die aus meiner Sicht noch viel zu harmlos reagieren!

  10. 36.

    Muss man nicht, es sei denn man treibt Schindluder mit dem Dargebot des Grundwassers und/oder macht aus kleinen grundwassergespeisten Seen Karpfenaufzuchten oder ähnliches und belastet das kleine Biotop einseitig mit Phosphaten/Nitraten, was wieder Algenwachstum etc. und letztendlich zur Verschlammung führt.
    Und genau das und der Raubbau am Grundwasser für Landwirtschaft-Spargel, Golfplatz etc. hat auch dem Fresdorfer Grundwassersee im Zuge des Klimawandels endgültig das Genick gebrochen.
    Ähnlich gehts auch Flüssen, wie dem Fredersdorfer Mühlenfließ. Zu meiner Kindheit trat die Senitz über die Ufer, heute ist sie ab Schöneiche bereits verlandet.
    Auch wieder sinkende Grundwasserspiegel nebst Raubbau.

  11. 33.

    Seit der Nikolassee vom Bezirk Zehlendorf verwaltet wird,
    wächst er zu.Früher haben die Wasserwerke Beelitzhof ,den See für ihre Tiefbrunnen ,von den Gewächsen auf dem See freigehalten.
    Der Bezirk Zehlendorf (trotz grüner Teilhabe am Regieren)
    lässt den See u. auch das Strandbad Wannsee verkommen.
    Strandbad Wannsee immer noch rostige Eisenträger.Kein Restaurant, kein Konzept,kein Winterkonzept mit Sauna usw.

  12. 32.

    Mein Beitrag passte wohl nicht ins Bild also nochmal... Der Fresdorfer See sollte bereits vor der Wende ausgebaggert werden, um die Verlandung durch Biomasse zu stoppen. Muss man immer wieder machen. Wer sich nicht um seinen See kümmert, hat irgendwann keinen mehr. Ich beobachte den Fresdorfer See schon länger. Man kann im Filmchen gut sehen, dass man einfach die Baumschösslinge wachsen ließ, wie das Schilf.

    Neulich war hier ein Beitrag über das Revitalisieren von Feldsöllen. Auch das funktioniert nur mit Ausbaggern und stetiger Pflege. Aber: es funktioniert! "Unwiederbringlich" verloren ist auch der Fresdorfer See nicht, es wird nur jedes Jahr mehr, was abgeholzt und ausgebaggert werden muss.
    Der Seddiner See hat derzeit so viel Wasser wie vor der Trockenzeit. Man meckert schon über abfaulende Büsche! Ohne Spargelhof und Golfplatz wäre die Situation entspannt. Wer den See will, muss die Wasserentnahme verbieten. Oder nur recyceltes Brauchwasser erlauben.

  13. 31.

    Was der Artikel verschweigt, ganz in der Nähe wird die Natur in der Fresdorfer Kiesgrube weiter zerstört. Erst letztes Jahr wurde eine große Erweiterung der Fläche genehmigt. Danach soll die riesige Kiesgrube in eine Deponie umgewandelt werden. Am Ende wird die komplette Fläche mit einer wasserundurchlässigen Folie überzogen. Diese Fläche ist für die Regenerierung des Grundwassers für immer verloren. Mit anderen Worten: das Landesamt für Bergbau und damit die Politik trägt eine Mitschuld am Wasserproblem und dem Verschwinden der Seen.

  14. 30.

    Allein 10 % des gesamten Wasserverbrauchs gehen also allein für einen Golfplatz weg. Das ist mehr als Tesla verbraucht.

  15. 29.

    Im Bezug zur Schweiz, haben Sie richtig erkannt, daß der Klimawandel auch die Gletcher eliminiert, nicht nur unsre Seen, mit allen horrenden Folgen! Und zu meinem ,,SUV-Bashing'', kann ich nur wiederholen, daß sie ein Teil dgerade dieses Gesamtproblems sind! Ich bin nicht so flachdenkend und mache das nur an diesen Verbrennern fest! Betone aber, für Sie, daß diese Verbrenner sehr wohl größer sind als normale Autos! Kapiert?

  16. 28.

    Was hat das mit Neid zu tun? Nur weil Sie Ihren Suv als Schwankverlängerung brauchen, wird Sie niemand beneiden.
    Traurig, dass es immer noch so viele Leute gibt, die ihren Wert nur an Statussymbolen messen, weil sie sonst nichts vorzuweisen haben.

Nächster Artikel