#Wiegehtesuns? | Die Oberin - "Wir beten für die Kranken, und dass die Pandemie aufhört"

So 31.05.20 | 10:26 Uhr
Die Nonne Mechthilde sitzt im Kloster St. Gabriel im Besucherraum hinter einem Gitter. Nach strengsten Ordensregeln und mit einem minuziös geplanten Alltag leben 16 Nonnen abgeschottet in Berlin-Charlottenburg in einem Anbetungskloster; © dpa/Daniel Bockwoldt
Audio: rbbKultur | 21.05.2020 | Carmen Gräf | Bild: dpa/Daniel Bockwoldt

Oberin Maria Mechtildis lebt im katholischen Anbetungskloster St. Gabriel in Berlin. Die 14 Nonnen sind fast komplett abgeschirmt von der Welt. Das Kloster dürfen sie nur für Arzbesuche oder dringende Behördengänge verlassen. Protokoll einer freiwilligen radikalen Abgeschiedenheit.  

Maria Mechtildis, 83, ist Schwester Oberin des Steyler Anbetungsklosters St. Gabriel in Berlin. Sie trägt das rosafarbene Gewand ihres Ordens und darüber eine weiße Tunika sowie einen weißen Schleier. Im Besucherzimmer sitzt sie hinter einem Gitter - so schreiben es die Ordensregeln vor. So geht es Maria Mechtildis:

Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.

Mit 22 Jahren habe ich mich für den Orden entschieden. Steyler Anbetungsschwester oder Dienerin des Heiligen Geistes von der Ewigen Anbetung zu sein, heißt: ein Leben nur dem Gebet und der Fürbitte geweiht – im Dienste aller Menschen.

Wir beten rund um die Uhr das Allerheiligste an, eine geweihte Hostie. Mal in der Gruppe, mal nur zu zweit. Mittags haben wir eine Stunde Freizeit, die jede für sich nutzen kann, wie sie möchte. Davon gehen derzeit jedoch zehn Minuten weg für den Barmherzigkeits-Rosenkranz.

Wir beten für alle Kranken, und dass die Pandemie aufhört.

Derzeit rufen uns mehr Menschen an als sonst. Sie sind besorgt um ihre Gesundheit und um ihre Zukunft, weil sie ihre Arbeit verloren haben oder nur in Teilzeit arbeiten. Ein Herr, der uns mit Mineralwasser beliefert, erzählte: "Meine Frau arbeitet eigentlich im Kindergarten, nun ist sie seit zwei Monaten arbeitslos."

Viele machen sich auch um uns Sorgen, fragen, ob sie für uns einkaufen können, bringen uns Apfelsinen mit oder anderes Obst vom Markt. Wir sind mit Grundnahrungsmitteln gut versorgt. Wir sind sehr dankbar dafür, dass die Menschen uns nicht vergessen.

Untertags kommen viele in die Kirche, um still zu beten. Und seit gut einer Woche kommen die Menschen auch wieder zur Heiligen Messe. Unsere Verwandten besuchen uns sehr gerne ein- bis zweimal im Jahr. Nun musste das abgesagt werden. Doch inzwischen empfangen wir auch wieder Menschen im Besucherzimmer: im Sicherheitsabstand von anderthalb Metern.

Wir tragen keine Masken im Kloster, weil wir ja keine Außenkontakte haben. Neulich musste mal eine Schwester hinaus, um ein Foto für ihren Personalausweis zu machen. Da hat sie natürlich zunächst im Geschäft eine Maske aufgesetzt. Obwohl einige Schwestern schon hoch betagt sind, ist an Corona niemand erkrankt.

Man sagt ja immer, dass Krisen sich auch positiv auswirken können.

Die Menschen haben derzeit weniger Ablenkung und mehr Zeit zum Lesen und Nachdenken. Mehr Zeit für Stille. Sie erkennen vielleicht, wie vergänglich doch alles auf Erden ist.

Gesprächsprotokoll: Carmen Gräf

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