#Wiegehtesuns? | Der Paketbote - "Das ist Wahnsinn, einfach nur Wahnsinn"
Weihnachten ist Zeit für Geschenke - und die werden gerade im Lockdown vor allem online bestellt. Knapp 300 Lieferungen, treppauf, treppab, bringt ein einziger Zusteller täglich zu rund 180 Kundinnen und Kunden. Wie ist das zu schaffen? Ein Gesprächsprotokoll.
Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Gerade zu Weihnachten arbeiten Paketboten jährlich an der Belastungsgrenze. Doch während des Lockdowns ist das Pensum eigentlich nicht mehr zu bewältigen. Einblicke in den Arbeitsalltag eines Berliner Zustellers, der anonym bleiben will. So geht es ihm:
Ja, also, in diesen Zeiten geht es mir nicht so gut. Ich bin komplett knülle, fertig. Denn wir haben Sendungszahlen, die sind jenseits von Gut und Böse, sage ich mal. Das geht jetzt auch schon seit März.
Seit Corona sind die Sendungszahlen sehr weit nach oben gegangen. Das hat sich auch immer noch nicht beruhigt und ist durch das Weihnachtsgeschäft noch schlimmer geworden. Ganz viele Leute lassen sich jeden Tag auch noch ihre Pakete von zu Hause abholen. Das kommt dann noch zum Zustellen dazu. Das ist Wahnsinn, einfach nur Wahnsinn.
Ich hatte gestern so circa 180 Kunden und knapp 300 Pakete an einem Tag. Sonst war ich bei Weihnachten bei 120 bis 130 Kunden täglich.
Es hilft mir, wenn mir Leute ein Stück entgegenkommen. Denn wenn ich jetzt noch jedes Mal mit meiner Maske in den dritten Stock laufe, kriege ich keine Luft mehr und hab' auch keine Kraft mehr. Und dann hat man wirklich Kunden dabei, die das nicht verstehen, dass sie uns ein Stück entgegenkommen oder generell runterkommen sollen.
Ich kann doch das Paket in den Hausflur stellen, wo ich warte, bis ich Blickkontakt habe. Und dann kann derjenige sein Paket mit hochnehmen. Und ich kann halt weiter. So spare ich 20, 30 Sekunden und das bei 200 Kunden – das ist über eine Stunde, die ich dann täglich spare.
Morgens vor der Arbeit lausche ich erstmal in meinen Körper rein, in meine Gelenke. Und dann versuche ich mich ganz langsam damit abzufinden, dass es wieder so viel sein wird, dass ich wieder so viel laufen muss. Du weißt: Es geht von dunkel bis dunkel und du machst hinne, dass du schnell nach Hause kommst.
Wäre es gut, wenn alle weniger bestellen? Na ja, sicherlich. Aber ich bestelle ja auch Sachen, gerade jetzt, wo alles zu ist.
Es geht auch mal was kaputt, ein Wasserhahn oder ein Türschloss, und das muss halt bestellt werden. Also ich verstehe die Leute, ich würde es nicht anders machen.
Interview: Daniel Claus
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