#Wiegehtesuns? | Der Sexpartygänger - "Jetzt bin ich sozusagen zwangsmonogam"

Für manche ist Fitness ein wichtiger Ausgleich zur Arbeit, für Johannes* sind es queere Sexpartys, die ihm nun fehlen. Noch kann er nachvollziehen, dass Sexclubs geschlossen bleiben. Doch wie lange hält sich die Community noch zurück? Ein Protokoll.
Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Johannes [Name von der Redaktion geändert] ist 32 Jahre alt. Der Soziologe lebt in Berlin-Wedding, war vor Corona sexuell sehr aktiv mit diversen Partnern und bezeichnet sich selbst als "Sexpartygänger". So geht es Johannes:
Normalerweise habe ich mehrere Sexualpartner oder Freunde, mit denen ich auch Sex habe: einen Primärpartner/Primärpartnerin, einen Transmann, mit dem ich mich manchmal treffe, einen non-binary-Menschen, mit dem ich relativ eng bin. Mehrere andere Leute, Männer, Frauen, Menschen, die dazwischenstehen, mit denen man sich zum Spielen [Anm. d. Redaktion: Interaktion im Bereich Sadomasochismus/Masochismus] trifft, oder die ich aus der Szene kenne.
Und ich gehe auf Partys, mehr oder weniger Underground-Partys, alles in der Regel im queeren SM-Bereich. Wir treffen uns dort. Wenn es passt, spielen wir miteinander, und wenn es nicht passt, dann wird nett gequatscht. Vor Corona habe ich auch welche organisiert. Das war schon ein sehr wichtiger Teil meines Lebens, und der ist jetzt komplett weg. Ich vermisse ihn sehr sehr stark.
Jetzt habe ich nur noch mit meinem Primärpartnermenschen Sex, bin sozusagen zwangsmonogam. Ich bin echt heilfroh, dass wir nicht zusammenleben, denn sonst würden wir uns total auf den Sack gehen. So haben wir die Möglichkeit, uns sowohl aus dem Weg zu gehen, als auch uns nah zu sein.
Ansonsten heißt es: keine anderen Partner, nur ein bisschen online-Geflirte. Es wird alles vertagt auf "die Woche nach Corona". Für diese nicht ganz ernst gemeinte Woche nach Corona gibt es superviele Verabredungen für Orgien.
Ganz ehrlich, ich habe sogar rumgefragt, ob jemand etwas von Coronapartys weiß. Ich weiß wirklich nicht, ob ich zu einer hingegangen wäre, es hat mich einfach interessiert. Aber niemand weiß von einer Coronaparty.
Die Maskenpflicht ist kein Problem in der SM-Szene, (lacht)! Daran würden wir uns sehr gerne halten. Für viele Leute ist das ein Fetisch, der passt ganz gut in die jetzige Zeit. Aber es gibt ganz wenige Sexpraktiken, die eineinhalb Meter Abstand gewährleisten, deshalb sehe ich, dass die Beschränkungen noch länger andauern werden.
Ich würde sagen, das gesamte hedonistische Berlin ist weggebrochen. Alles, was Genuss angeht, ist durch Corona betroffen. Stattdessen arbeite ich viel mehr. Alles besteht irgendwie nur noch aus Arbeiten und Schlafengehen.
Mir fehlt schon sehr stark dieser Ausgleich, dieses loslassen können, was Hedonismus im positiven Sinne macht. Abschalten, auf andere Gedanken kommen, genießen. Manche Leute gehen ins Fitnessstudio oder tun was auch immer – allen, die ich kenne, fehlt der Ausgleich, der uns jeweils individuell glücklich macht. Bei mir sind das eben Sexpartys und queere Themen mit queeren Menschen von Angesicht zu Angesicht zu besprechen. Die gesamte Community fehlt mir. Nicht, dass ich jetzt dagegen rebelliere, ich hab' mich schon damit abgefunden, es ist jetzt einfach so. Wobei ich manchmal echt auf Corona schimpfe. Aber es ist so ein Verharren. Und ich merke, dass ich angespannter bin.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Infektionsgefahr in einem Sexclub oder auf einer Sexparty größer ist als in einem Stadion. Ich habe Angst, dass die Politik das anders sieht, und dass das negativ für uns ausgehen würde. Und ich habe Angst, dass es Läden wie das Kitkat oder das Berghain einfach nicht mehr geben könnte. Dass Berliner Clubs, ob groß, ob klein, diese Krise nicht überleben werden. Ich hoffe wirklich, dass die Politik etwas dagegen unternimmt.
Für die Zukunft habe ich jedoch Hoffnung! Dass die Läden wieder aufmachen, dass ich wieder meine Partys machen kann. Ich weiß nicht, was ich machen würde, wenn es anders wäre. Wahrscheinlich gäbe es zaghafte Versuche, in die Illegalität abzudriften.
Wie geht es Ihnen? Wie sieht Ihr Alltag gerade aus? Erzählen Sie rbb|24 Ihre Geschichte in Zeiten von Corona! Einfach eine Mail schicken an internet@rbb-online.de. Wir melden uns bei Ihnen.
Das Gesprächsprotokoll führte Vanessa Klüber
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