#Wiegehtesuns? | Die Beatsteaks - "Wir brauchen diese Live-Energie"
Torsten Scholz ist Bassist bei den Beatsteaks. In diesem Jahr wollen sie ihr 25. Jubiläum mit einer Tour feiern. Das fällt alles aus. Stattdessen veröffentlichen sie eine EP mit Coversongs und fragen sich: Wie soll es mit uns weitergehen? Ein Gesprächsprotokoll.
Das Coronavirus stellt unser Leben auf den Kopf. In der Serie #Wiegehtesuns? erzählen Menschen, wie ihr Alltag gerade aussieht – persönlich, manchmal widersprüchlich und kontrovers. rbb|24 will damit Einblicke in verschiedene Gedankenwelten geben und Sichtweisen dokumentieren, ohne diese zu bewerten oder einzuordnen. Sie geben nicht die Meinung der Redaktion wieder.
Der gebürtige Berliner Torsten Scholz ist seit 20 Jahren Bassist der Beatsteaks. Nach einer selbstverordneten Auszeit, hat Corona die Band kalt erwischt. So geht es Torsten:
Als der erste Lockdown kam, war das für uns schon schlimm. Wir hatten gerade ein Jahr kreative Pause gemacht und gar keine Musik zusammengespielt, um mal Abstand voneinander zu bekommen. Im März wollten wir uns zum Proben treffen, weil wir eigentlich ab April oder Mai Konzerte spielen wollten zum 25. Bandjubiläum. Wir haben beschlossen, dass wir alles absagen und nicht verschieben. Dann wurde klar, dass auch die Festivals abgesagt werden. Ab dem Moment haben wir gespürt, jetzt wird es ernst – und haben angefangen uns damit zu beschäftigen, was das eigentlich bedeutet für uns.
Wir haben alle in dem Jahr Bandpause auch andere Sachen gemacht. Ich habe Hip-Hop aufgenommen, unser Sänger Arnim hat auch ganz andere Musik produziert, Gitarrist Peter kümmerte sich um sein Label, andere mehr um die Familie. Das haben wir alle sehr genossen. Aber wir konnten das nur machen, weil wir wussten: Es gibt die Beatsteaks, und die laufen auch wieder nach der Pause. Wenn plötzlich völlig unklar ist, wie das überhaupt weitergehen soll, hat man auch für die anderen Sachen weniger Kraft oder Kreativität. Man denkt schon ständig: Wie wird das alles werden?
Für uns war klar: Nach einem Jahr Pause, um als Band wieder zueinander zu finden, brauchen wir eigentlich Proben und vor allem Konzerte. Als das nicht stattfand, haben wir ganz schön gerudert. Denn wir konnten nach einem Jahr ohneeinander nicht sagen: Ach dann schreibt jeder für sich mal ein paar Songs und dann proben wir die per Zoom. So funktionieren wir nicht als Band. Das war wirklich schwierig.
Im Mai, Juni habe ich mich dann mit unserem Sänger Arnim getroffen. Wir haben gesagt, wir müssen uns überlegen, wie wir wieder zusammenkommen, wir müssen irgendwas machen. Einfach die alten Songs allein im Proberaum spielen, dazu waren wir völlig unmotiviert. Also haben wir gesagt: Wir müssen irgendwas aufnehmen. Aber eigene neue Songs schreiben ist für uns wahnsinnig schwer, wenn wir so lange nicht zusammengespielt haben. Wir haben das probiert. Jeder hat was gemacht und den anderen geschickt, aber das war alles nicht gut. Wir müssen von einer Tour kommen und dann alle zusammen im Proberaum stehen, dann können wir eine Platte schreiben, aber nicht so. Also hatten wir die Idee mit den Cover-Songs.
Bei Cover-Songs ist der Aufwand ein anderer. Da kann sich jeder allein zu Hause vorbereiten. Dann haben wir unseren Proberaum Corona-gerecht umgebaut mit Lüftern, haben die Fenster aufgemacht, zusammen die Songs eingeprobt und sind dann in die Hansa-Studios und haben sie aufgenommen. Arbeiten war erlaubt. Auch wenn es manchmal nicht so aussieht: Musik zu proben und dann aufzunehmen ist Teil unserer Arbeit. Also war das für uns auch ok.
Die Maßnahmen finde ich alle total richtig - aber für Konzerte, wie wir sie spielen, ist das natürlich absolut tödlich. Wir brauchen diese Live Energie, dieses enge Nebeneinander und Ausrasten, damit unsere Show funktioniert. Mit zehn Metern Abstand und alle sitzend, geht das nicht mit den Beatsteaks. Deswegen haben wir im Sommer auch keine Sitzkonzerte oder sowas gespielt. Also wir nehmen uns jetzt Holzgitarren und spielen Akustik Sets? Das kann ich mir nicht vorstellen.
Existenziell geht es noch. Wir waren alle sehr vernünftig mit unserem Geld in den vergangenen Jahren. Aber wir mussten den Gürtel enger schnallen. Die Leute glauben manchmal, wir wären Millionäre. Aber die vergessen, dass wir zu fünft sind, dass auch eine Crew dranhängt, und das Finanzamt auch noch was abhaben will. Wir versuchen, uns schon jetzt um ein paar Leute zu kümmern, denen die Jobs weggebrochen sind. Zum Beispiel haben wir ein Shirt im Onlineshop verkauft, wo die Erlöse komplett an Leute aus unserer Crew gegangen sind.
Aber ganz ehrlich: Wenn wir das ganze nächste Jahr auch keine Konzerte spielen können, dann weiß ich nicht so genau, was wir dann alle machen. Das ist jetzt schon Thema bei uns. Dann wird sich was verändern.
Gesprächsprotokoll: Hendrik Schröder
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