Nach Ausladung von Politikern - AfD-Fraktionschefin Brinker kritisiert Berlinale-Entscheidung als "Ausgrenzung"
Nachdem die Berlinale AfD-Politiker wieder von der Eröffnungs-Veranstaltung ausgeladen hatte, sieht die Berliner AfD-Vorsitzenden Brinker eine Ausgrenzung von AfD-Politikern und -Wählern. Derweil meldet sich auch der Regierende Bürgermeister zu Wort.
Die Fraktionschefin der Berliner AfD, Kristin Brinker, hat die Entscheidung der Berlinale-Leitung, Politiker ihrer Partei vom Filmfestival auszuschließen, kritisiert. Sie sprach von einem "kulturpolitischen Fanal".
Die Festivalorganisatoren hatten die Politikerinnen und Politiker der AfD zunächst über die Kontingente des Berliner Abgeordnetenhauses und des Bundestags eingeladen und am Donnerstag nach vielfacher Kritik schließlich wieder ausgeladen.
Brinker sieht auch Ausgrenzung von AfD-Wählern
Mit dieser Entscheidung grenze die Berlinale-Leitung nicht nur die AfD-Abgeordneten aus, sondern auch AfD-Wählerinnen und Wähler, argumentierte Brinker nun. "Sie grenzen Menschen aus, die mit den herrschenden Verhältnissen hadern und sich mit der Hoffnung auf eine Revitalisierung der Demokratie uns, der AfD, zuwenden", so die Fraktionschefin, die selbst zu den ausgeladenen gehört.
Die Fraktions-und Landeschefin betonte auch, die AfD trete für die rechtsstaatliche Ordnung ein. Zuvor hatte sich ihr Fraktionskollege Gunnar Lindemann im sozialen Netzwerk "X" (ehemals Twitter) allerdings bereits dazu hinreißen lassen, die Ausladung mit der Ausgrenzung von Juden im Nationalsozialismus zu vergleichen. Die Berlinale-Veranstalter seien Nazis, schrieb Lindemann wörtlich und begab sich damit mindestens in die Nähe von Holocaust-Vergleichen.
Die jüdische Bevölkerung in Deutschland war von den tatsächlichen Nationalsozialisten de facto zwischen 1933 und 1945 mit Berufsverboten und Ähnlichem ausgegrenzt, verfolgt und ermordet worden. Schätzungsweise sechs Millionen Jüdinnen und Juden kamen ums Leben, die meisten von ihnen in Massenvernichtungslagern.
Gepflogenheiten des Senats würden nicht geändert
Der Berliner Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) ließ über Senatssprecherin Christine Richter am Freitag mitteilen, es gebe keine Pläne, die "protokollarischen Gepflogenheiten" zu ändern. Bei Veranstaltungen, die mit öffentlichen Geldern unterstützt werden, werde das Parlament als Haushaltsgesetzgeber stets mit eingeladen - mit allen vertreten Fraktionen. Die Entscheidung der Berlinale-Leitung respektiere man aber selbstverständlich, sagte Richter weiter.
Die Ausladung der AfD-Politiker trifft bei der Linken-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus auf Zustimmung. Der Vorsitzende Carsten Schatz sagte dem rbb, es hätte von vornherein eine klare Absprache zwischen Senatskanzlei und Berlinale-Leitung geben müssen. Seitdem die Rechercheplattform "Correctiv" im Januar über ein Treffen zu Abschiebeplänen von Rechtsextremen mit AfD-Beteiligung berichtet hatte, müsse man hinterfragen, so Schatz, ob alle Menschen, die demokratisch gewählt sind, auch Demokraten seien. "Ich verneine das", so der Linken-Fraktionschef.
Rissenbeek spricht von emotionalen Tagen
Die Ausladung der AfD von der Berlinale war in dieser Woche ein vieldiskutiertes Thema, nachdem bekannt geworden war, dass mehrere Abgeordnete der Partei zur Eröffnungsfeier eingeladen worden waren. Die Festivalveranstalter hatten zunächst begründet, sie hätten keine Handhabe darüber, weil die Einladungen über die Kontingente des Berliner Senats und des Bundestags erfolgt sein. Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und eine Berliner Senatssprecherin hatten die Einladung zunächst verteidigt, die Vergabe sei einem jahrelang praktiziertem Standard gefolgt, hatte es geheißen.
Nach anhaltender Kritik hatte das Leitungsduo der Berlinale, Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, in einer Mitteilung verkündet, dass man die Politikerinnen und Politiker der AfD nun doch "schriftlich ausgeladen" und ihnen mitgeteilt habe, "dass sie auf der Berlinale nicht willkommen sind". Die AfD und viele ihrer Mitglieder hätten Ansichten, die den Grundwerten der Demokratie zutiefst widersprächen, hieß es in der Mitteilung weiter.
Rissenbeek begründete die Ausladung gegenüber dem rbb mit der Emotionalität der vergangenen Tage. Man habe im Team und im Publikum der Berlinale gespürt, wie schwer es falle, als weltoffenes, demokratisches Festival aktiv Politiker der AfD einzuladen. Das explizite Einladen sei eine andere Geste als die AfD bei Filmvorführungen einfach zuzulassen, sagte sie. Dies sei weiterhin möglich.
Rissenbeek sagte, es sei gängige Praxis, dass der Senat dem Filmfestival Einladungslisten zur Verfügung stellt. Diverse AfD-Äußerungen in den letzten Wochen hätten jedoch die undemokratische und ausgrenzende Grundhaltung der Partei klargemacht. "Diese Haltung haben wir sehr bewusst erlebt, als diese Einladungen bekannt wurden und die Rückmeldungen aus Publikum und Mitarbeitenden kamen", so Rissenbeek.