CDU-Spitzenkandidat - Wegner will über Tempelhofer Feld und A100 abstimmen lassen

Sa 04.03.23 | 16:40 Uhr
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Blick auf die Baustelle der A100 oberhalb der Hatun-Sürücü-Brücke am 05.03.2023. (Quelle: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen)
Audio: rbb24 Abendschau | 04.03.2023 | Boris Hermel | Bild: dpa-Bildfunk/Jörg Carstensen

Vor den Koalitionsgesprächen mit der SPD hat CDU-Spitzenpolitiker Kai Wegner vorgeschlagen, Volksbefragungen zu den Streitthemen A100 und Tempelhofer-Feld-Bebauung durchzuführungen. Solche "Befragungen von oben" sind im Landesrecht jedoch bislang nicht vorgesehen.

Berlins CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner will die Berlinerinnen und Berliner erneut über eine Randbebauung des Tempelhofer Feldes abstimmen lassen. Das sagte der Politiker der "Berliner Morgenpost" und dem "Tagesspiegel".

Wohnungsnot zugespitzt - Neue Abstimmung über Bebauung?

Nach einem erfolgreichen Volksentscheid 2014 ist bislang jede Bebauung des 355 Hektar großen ehemaligen Tempelhofer Flugfeldes ausgeschlossen. Die Union möchte das nun ändern.

Zwar habe es für die Bebauung des Tempelhofer Feldes bereits einen Volksentscheid gegeben, sagte Wegner der "Berliner Morgenpost" - doch seitdem habe sich die Wohnungsnot zugespitzt, auch die Mieten seien gestiegen.

Im Rahmen "einer Art Zukunftswerkstatt" - ein Konzept der Bürgerbeteiligung - könne man über Konzepte für eine Randbebauung des Areals nachdenken, etwa über altersgerechtes Wohnen oder bezahlbare Mieten, sagte Wegner. "Wenn wir mit so einem Konzept vor die Berliner treten, könnten wir im Rahmen einer Volksabstimmung dafür werben, dass das Gelände anders genutzt wird als heute", erklärte er.

CDU-Generalsekretär Stefan Evers ergänzte am Samstag gegenüber dem rbb: "Wir haben vor allem das Ziel, die Wohnungsnot in der Stadt zu mildern - das wird ein ganz zentrales Anliegen der künftigen Koalition sein müssen. Dazu gehört in unseren Augen auch eine behutsame Randbebauung des Tempelhofer Feldes."

"Befragung von oben" bräuchte wohl Verfassungsänderung

Bislang ist jedoch eine "Befragung von oben" - also eine vom Senat initiierte Abstimmung - im Berliner Landesrecht nicht vorgesehen. Um sie einzuführen, bräuchte es mindestens eine Änderung des Abstimmungsgesetzes, möglicherweise aber sogar eine Verfassungsänderung, für die im Parlament eine Zweidrittelmehrheit erforderlich wäre.

Einen entsprechenden Vorstoß hatte die CDU aus der Opposition bereits 2019 gemacht. Klare Sympathien dafür gab es auch bei den Sozialdemokraten. Weil Grüne und Linke in der damals rot-rot-grünen Koalition vehement widersprachen, verlief der Vorschlag jedoch im Sand.

Auch Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), die die Berliner Sozialdemokraten in die Koalitionsverhandlungen mit der Union führt, hatte im März 2022 erklärt, sie halte einen neuen Volksentscheid über die Bebauung des Tempelhofer Felds für denkbar, schloss damals dabei aber aus, dass die Initiative dazu vom Senat ausgehen werde.

Wegner: Auch für A100-Ausbau Zustimmung durch Volksentscheid

Mit dem gleichen Instrument einer solchen Volksbefragung von oben will die CDU auch die umstrittene Verlängerung der A100 vom Treptower Park zur Storkower Straße durchbringen.

"Ich bleibe bei meiner Position: Der 16. Bauabschnitt ergibt nur Sinn, wenn der 17. folgt", sagte Wegner. "Ich bin sehr optimistisch, dass eine breite Mehrheit für das Vorhaben votieren würde", hieß es weiter.

Es brauche in diesem Fall aus CDU-Sicht eine zusätzliche Legitimation, so Evers. Eine Volksbefragung könne dafür der richtige Weg sein. Es gehe bei der Verlängerung "insbesonders um die Erschließung in Richtung der großen Magistralen, in Richtung der Frankfurter Allee, und das werden wir mit der SPD besprechen."

In den Koalitionsverhandlungen aber dürfte dieses Thema umstritten bleiben. Die SPD hat die Verlängerung, den sogenannten 17. Bauabschnitt, auf einem Parteitag mehrheitlich abgelehnt. Aus der SPD-Spitze hieß es am Samstag, man sehe eine Volksbefragung zur A100 mehr als kritisch. Beim Tempelhofer Feld hingegen können sich führende Sozialdemokraten diesen Weg aber durchaus vorstellen.

A100: Letztlich muss der Bund entscheiden

Die Verantwortung für Planung, Bau und Ausbau der Bundesautobahnen liegt ausschließlich in der Hand des Bundes als Eigentümer. Er plant, baut aus und unterhält. Zwar erhalten politische Initiativen regionaler Akteure oder der betroffenen Landespolitik zu Ausbau- oder Veränderungsprojekten der Autobahnen Beachtung und Gehör, die Entscheidungsvollmacht aber liegt beim Bund.

Absage an "willkürliche Enteignungen von Immobilienunternehmen"

Als weitere Vorhaben nannte Wegner die Beschleunigung der Abläufe in den Verwaltungen und den Ausbau von erneuerbare Energien. Zum Umgang mit dem Enteignungsvolksentscheid sagte Wegner dem "Tagesspiegel": "Willkürliche Enteignungen von Immobilienunternehmen wird es mit uns nicht geben."

Kritik von Grünen und Linken

Bettina Jarasch, Ex-Spitzenkandidatin der Grünen und Senatorin für Mobilität und Umwelt, kritisiert die Idee einer erneuten Abstimmung zum Tempelhofer Feld scharf: "Wir haben davor gewarnt, dass mit Schwarz-Rot eine Rückschrittskoalition kommt, sagte sie dem rbb. Direkte Demokratie werde rückabgewickelt durch Volksbefragungen von oben, die erfolgreiche Volksentscheide von unten aufheben sollen.

Jarasch bezeichnet die CDU-Pläne als Ablenkungsmanöver von dem, was in den nächsten drei Jahren dringlich anstehe, darunter die Verwaltungsmodernisierung, der Mieterschutz und die Energiewende.

Auch die Linke kritisiert den Vorstoß Wegners. "Wir haben uns damals klar positioniert, und daran hat sich auch nichts geändert. Wir schätzen diese Freifläche für die Stadt", sagte Fraktionssprecher Thomas Barthel der "Berliner Morgenpost". Er verstehe die erneute Debatte um diesen durch ein Gesetz geschützten Ort nicht. "Es kommt ja auch keiner auf die Idee, den Tiergarten abzuholzen."

CDU und SPD wollen nächste Woche ihre Koalitionsgespräche für eine neue Berliner Landesregierung beginnen. Die CDU hatte die Wiederholungswahl Mitte Februar mit 28,2 Prozent gewonnen. SPD und Grüne bekamen beide jeweils 18,4 Prozent. Die Sozialdemokraten haben mit 53 Stimmen nur einen hauchdünnen Vorsprung vor den Grünen. Die Linke kam auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1. Die FDP ist nicht mehr im Landesparlament.

Sendung: rbb24 Abendschau, 04.03.2023, 19:30 Uhr

134 Kommentare

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  1. 134.

    BerlinfanBerlinSamstag, 04.03.2023 | 14:42 Uhr
    Antwort auf [Martina] vom 04.03.2023 um 14:32
    "U7-Verlängerung zum BER ist völlig überflüssig, weil (...)

    Sie verstehen mich nicht. Ich halte den sukzessiven Ausbau von Tram für die kurz- bis mittelfristige Lösung. Dazu sehr gute Anbindung vor allem ausserhalb S-Bahn-Ring - Innenstadt mit Bus - die freie Fahrspuren haben.

    Der aktuellen U-Bahn Diskussion erteile ich eine Absage.
    Gerne können wir uns aber parallel an ein grosses Tunnelverkehrsprojekt machen, das erst in 50 Jahren so richtig zum tragen kommt. Aber so ist nicht zu reden mit einer Stadtgesellschaft, die sich Parkplätze und Fahrspuren für KFZ von Leuten und Parteien versprechen lassen, die selber nichts davon am Start haben. Es ist Partei-Ideologie-Unabhängig: Es gibt nur den Platz, die Erdkruste die wir haben. Niemand vermehrt sie wundersam.
    Armutszeugnis für das Wahlvolk. Lügner wählen, weil schön wäre wenn die Lügen wahr wären.

  2. 132.

    Wenn es "Deutsche Wohnen" und Co trifft ist doch alles OK!
    Lieber mehr A100 als "Deutsche Wohnen" = voll demokratisch, oder doch nicht???

  3. 131.

    GENAU, demokratisch nämlich!
    Ich bin auch für einen Volksentscheid darüber, dass jeder Berliner Haushalt 100000 Euro jedes Jahr geschenkt bekommt. Falls das mit „Ja“ ausgeht, dann ist das eine höchst demokratische Entscheidung! So nämlich.

  4. 130.

    Sorry, hier sollten Sie sich die Situation vor Ort anschauen. Eine Verlängerung der u7 hatte man schon in den 90er Jahren in angriff nehmen müssen. Vor allem, um Rudow und die geplante neue "Großstadt" in Schönefeld an das Netz anzubinden.

  5. 129.

    Äh doch, DW enteignen hat willkürlich eine Grenze von 3.000 Wohnungen und ebenso willkürlich aberwitzig niedriger Entschädigungen, da ansonsten deren Freibier-Versorechen mit niedrigen Mieten nicht realisiert werden kann.

  6. 128.

    Die 4 spurige Zufahrtstraße gleich mit ein planen, den der 5000qm große Parkplatz direkt vor der Tür muss ja schließlich irgendwie erreicht werden. Habe nicht nachgerechnet wieviele Autos dort drauf passen - lieber 10000qm einrechnen, sicher ist sicher. Eigentlich wäre ein Spielplatz auch schön dort und ein Jugendclub. Ach komm, ne Schule und ein paar Kitas auch. Schule braucht auch einen Sportplatz oder? Ja, ist ja genug Platz ….. am Rand.

  7. 127.

    Antwort auf Thomas.
    Hier in Köpenick wird sehr stark nachverdichtet. Da werden im Kietzer Feld Spielplätze abgerissen und viele Bäume gerodet, in einen Parkähnlichen Hof, nur um noch ein Haus reinzuquetschen. Fahren Sie doch mal die Wendenschloßstrasse lang. 3000 Wohnungen. Und da wurde Niemand gefragt. Die Wendenschloßstrasse hat nur eine Ausfahrt. Verkehrskonzept gleich Null. Da werden Gewerbegebiete bebaut , statt Arbeitsplätze. Jeder muss Inden Westteil fahren, denn dort ist die Arbeit.

  8. 126.

    Schon Lompscher hatte 20.000 neue Wohnungen pro Jahr versprochen, was sich aber in der Realität als sozialistische Zählweise entpuppt hatte. Jetzt fällt uns die Bauverhinderung, vor der sogar die LEU gewarnt hatten, wg. steigender Preise und Zinsen vor die Füße.

  9. 125.

    Laut Befragung des grünen Verkehrssenates verfügt die Mehrheit der Haushalte über mindestens einen PKW.

  10. 124.

    Was "bezahlbar" in der Realität bedeutet, konnte man bei der DIESE eG erfahren wie Florian Schmidt ja auch die Entschädgungsummen quasi vorweg festgelegt hat. Zu überhöhten Preisen hätte er das Vorkaufsrecht nicht ausüben dürfen.

  11. 123.

    Die gegenwärtige Entscheidung zum Tempelhofer Feld ist doch wohl aus der Zeit gefallen. Die engstirnige ausschließliche Nutzung als Freizeit-und Sportanlage ignoriert die Wohnungsnot in der Stadt. Sie berücksichtigt nur die Interessen einiger Weniger. Die haben garantiert eine ordentliche Wohnung.
    Wieso soll ein Beschluss, der vor vielen Jahren entstand nicht auf den Prüfstand. Soll der 100 Jahre gelten?
    Leute, die Welt entwickelt sich weiter

  12. 122.

    „ . Vielleicht könnte man dort einfach zwei 20geschossige Bauten hinsetzen. Dann wird auch nicht so viel Fläche versiegelt.“

    Der Vorschlag ist gut und sollte diskutiert werden!

  13. 121.

    Wenn die Mehrheit der Berliner Bevölkerung den Weiterbau der A100 und die Randbebauung des Tempelhofer Feldes will, dann ist das eine Ur-Demokratische Entscheidung.

    Gut so, Bürgerentscheid!

  14. 119.

    Ich verstehe nicht, weshalb es dafür einer Verfassungsänderung bedarf. Für die Volksabstimmung für ein „klimaneutrales Berlin“ genügten doch auch nur ein paar Hansel, die für diese Volksabstimmung votierten.

  15. 118.

    Wie soll die Autobahn den weitergebaut werden, wenn nicht enteignet wird? Straße durch das Wohnzimmer? Wenn die A100 ausschließlich Bundesangelegenheit ist, warum soll es dann laut K. Wegner eine Abstimmung kommen?
    Beim Volksentscheid bzgl Enteignungen ging es um bezahlbaren und längere Sicherheit als Mietangelenheit für schon dort wohnende.

  16. 117.

    Bebauung, Bebauung, Bebbauung - solange immer wieder und weiter von "bezahlbaren" Wohnraum geredet wird, und die Absicheten immer wieder und weiter in Aussicht gestellt wird, wird auch immer wieder und weiter Zuzug statt finden.
    So nach dem Motto: DA SOLLTE DOCH AUCH FÜR MICH DANN NE WOHNUNG DRIN SEIN.
    Das ist Das was ich mutmaße - es wird nie reichen, egal wer Berlin regiert.

  17. 116.

    Ja, so tickt offenbar die CDU. Sie hätte die Bebauung ja auch zu einem Kernanliegen machen können, während der Wochen des letzten Wahlkampfs. Dann wäre die Zustimmung seitens der Wähler ausreichend gewesen, um zu wissen, ob es eine Mehrheit dafür gibt. Aber wieso redet keiner über eine nachverdichtende Bebauung in Stadtrandlagen? Könnte man auch mal per Volksentscheid in ganz Berlin zur Debatte stellen, ob man bspw. in Zehlendorf oder Köpenick mehr Wohnviertel mit MFHs als sozialem Wohnungsbau neubauen sollte.

    Und ob dann die Randbebauung am Tempelhofer Feld auch Sozialwohnungen und nicht nur Investmentobjekte würden, das will die CDU sicher auch nicht festlegen.

  18. 115.

    Für den Straßenbau wird enteignet besonders von der CDU. TVN im Norden, will die CDU bauen lassen, dort müssen Eigentümer enteignet werden. Das im CDU Wahlprogramm nicht das Wort Enteignung auftaucht ist ja wohl klar.

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