Senatoren, Staatssekretäre, Leitungsposten - Diese Kosten könnten durch einen Regierungswechsel entstehen
Um Stadträte in den Bezirken während der laufenden Wahlperiode abzulösen, musste das Abgeordnetenhaus erst eine teure Sonderlösung auf den Weg bringen. Personalwechsel auf Senatsebene sind dagegen klar geregelt – die Kosten aber auch. Von Thorsten Gabriel
Normalerweise sind es beliebte Fragen am Ende einer Wahlperiode: Wie viel Geld bekommt eine Senatorin, wenn sie nicht mehr in Amt und Würden ist? Was erhalten Staatssekretäre, die in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden?
Vorerst steht fest: Wenn die jetzige rot-grün-rote Regierung mutmaßlich Ende April oder Anfang Mai abtritt, wären die finanziellen Folgen auf Senatsebene deutlich geringer als am Ende einer vollen Wahlperiode – und das nicht nur, weil die SPD an Bord bliebe, sollte es zu einer schwarz-roten Koalition kommen. Vor allem liegt es daran, dass unter den derzeitigen Regierungsmitgliedern fast keine "Oldies" zu finden sind.
Nur zwei Senatoren hätten Anspruch auf Ruhegehalt
Unter den Regierungsmitgliedern von Grünen und Linken hat sich bislang einzig Bürgermeister und Kultursenator Klaus Lederer (Linke) ein Anrecht auf spätere Zahlungen im Ruhestand erarbeitet. Ein Ruhegehalt steht Senatorinnen und Senatoren nämlich erst nach vier Jahren Amtszeit zu. Lederer ist seit Ende 2016 im Amt und hätte damit ab dem 55. Lebensjahr Anspruch auf rund 33 Prozent seines jetzigen Gehalts. Als Bürgermeister erhält Lederer derzeit 15.670 Euro monatlich. Im Ruhestand käme er somit auf etwa 5.200 Euro pro Monat.
Auch bei der SPD gibt es derzeit nur ein Senatsmitglied, dass länger als vier Amtsjahre dabei ist: Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel. Er ist bereits seit Ende 2014 im Amt, zunächst verantwortlich für Stadtentwicklung und Umwelt, dann von 2016 bis 2021 für Inneres und Sport und seit 2021 wieder für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen. Als Senator stehen ihm 14.700 plus Familienzuschlag zu. Träte er mit dem Regierungswechsel ab, hätte er sich Anspruch auf rund 38 Prozent seines derzeitigen Gehalts erworben. Das wären monatlich rund 5.600 Euro.
Alle Senatsmitglieder hätten Anspruch auf Übergangsgeld
Ein Sonderfall wäre Franziska Giffey (SPD): Sie wird zwar nach jetzigem Stand ihr Amt als Regierende Bürgermeisterin aufgeben, einer neuen Landesregierung aber höchstwahrscheinlich als Senatorin angehören, sollte die zustande kommen. Würde Giffey wider Erwarten doch aus dem Senat ausscheiden, brächte sie es nicht auf die notwendigen vier Amtsjahre für einen Anspruch auf Ruhegeld. Allerdings sieht das Berliner Senatorengesetz vor, dass der Senat ihr ihre frühere Tätigkeit als Bundesfamilienministerin von 2018 bis 2021 als Amtszeit anrechnen könnte. Damit hätte auch sie Aussicht auf ein Ruhegehalt ab dem 55. Lebensjahr.
Unabhängig vom späteren Ruhegehalt steht allen ausscheidenden Regierungsmitgliedern in jedem Falle direkt nach dem Ende ihrer Amtszeit ein sogenanntes "Übergangsgeld" zu. Für jeden Monat Amtszeit gibt es einen Monat Übergangsgeld – allerdings maximal für zwei Jahre. In den ersten drei Monaten entspricht dieses Übergangsgeld dem bisherigen Gehalt, danach halbiert es sich. Bei Senatsmitgliedern, die nach ihrer Amtszeit in einen neuen Job wechseln, wird das neue Einkommen ab dem zweiten Monat vom Übergangsgeld abgezogen. Auch auf die maximal zwei Jahre Übergangsgeld kämen nur der Lederer und Geisel.
Mehr Staatssekretäre im einstweiligen Ruhestand als im aktiven Dienst
Für Schlagzeilen sorgt häufig die Leitungsebene unterhalb der Senatsriege: Die vom Senat ernannten Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sind politische Beamte auf Lebenszeit, die Anrecht darauf haben, auch dann bezahlt zu werden, wenn sie ihre Staatssekretärsaufgaben nicht mehr wahrnehmen, weil sie in den "einstweiligen Ruhestand" versetzt wurden.
Das geschieht durchaus häufig, vor allem aber nach Regierungswechseln. Deshalb sind schon seit einigen Jahren in Berlin mehr Staatssekretärinnen und Staatssekretäre im einstweiligen Ruhestand unterwegs als im aktiven Dienst: 21 dieser Führungskräfte sind derzeit aktiv, 35 Staatssekretärinnen und Staatssekretäre befinden sich außer Dienst.
6,8 Millionen Euro für ausgeschiedene Staatssekretäre
Wer in den einstweiligen Ruhestand versetzt wird, erhält zunächst für drei Monate seine vollen Bezüge (Besoldungsgruppe B7, derzeit 10.810 Euro) weiter. Anschließend besteht Anspruch auf ein Ruhegehalt. Für maximal drei Jahre liegt dieses Ruhegehalt bei 71,75 Prozent des bisherigen Solds. Die Höhe des weiteren Ruhegehaltes richtet sich nach der Anzahl der Dienstjahre, beträgt aber mindestens 35 Prozent der ursprünglichen Bezahlung. Allerdings werden Einkünfte aus neuen Jobs auf das Ruhegehalt angerechnet.
In den vergangenen zehn Jahren gab das Land Berlin für Staatssekretäre im einstweiligen Ruhestand insgesamt 6,8 Millionen Euro aus, wie aus einer im vergangenen Jahr veröffentlichten Antwort der Senatsfinanzverwaltung auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht [pardok.parlament-berlin.de]. Bei den meisten Staatssekretären im einstweiligen Ruhestand zahlt das Land derzeit nichts, weil sie entweder neue Jobs in der Privatwirtschaft haben oder mittlerweile in anderen Bundesländern oder beim Bund arbeiten.
Zahlreiche Posten in Leitungsstäben könnten umbesetzt werden
Wenn sich eine neue Regierungskoalition bildet, kommt es aber nicht nur unmittelbar im Senat zu Personalwechseln, sondern auch in den dazugehörigen Leitungsstäben – je nachdem, ob ein Senatsressort künftig von einer anderen Person oder auch einer anderen Partei besetzt wird oder nicht. Pro Senatsverwaltung sind potenziell rund ein Dutzend Leute davon betroffen: Büroleiter:innen, Referent:innen, Pressesprecher:innen – alles Jobs, bei denen ein enges Vertrauensverhältnis zum jeweiligen Senatsmitglied oder zu den Staatssekretärinnen und Staatssekretären zwingend erforderlich ist.
Nimmt man allein die derzeit von Grünen und Linken verantworteten Ressorts, geht es hier um insgesamt rund 70 Posten in den Leitungsstäben. Gingen zusätzlich zurzeit von der SPD besetzte Senatsverwaltungen an die CDU, wären weitere Leitungsstäbe neu zu besetzen.
Allerdings sind Büroleiter:innen oder Referent:innen nicht verbeamtet, sondern haben befristete Arbeitsverträge. In manchen Fällen ist diese Befristung an die Amtszeit eines Senators oder einer Senatorin gebunden. Stichprobenartige rbb-Nachfragen zeigen allerdings, dass diese Arbeitsverträge häufig auch an die Legislaturperiode gebunden sind und damit bis ins Jahr 2026 laufen. Hier könnte es also zu zusätzlichen Ausgaben kommen, weil neue Referent:innen und Sprecher:innen eingestellt werden, die Arbeitsverträge des bisherigen Personals aber weiterlaufen.
Sendung: rbb24 Inforadio, 23.02.2023, 06:00 Uhr