Berlin-Wahl - SPD-Vize fordert Neuanfang nach Wahldebakel

Mo 13.02.23 | 14:13 Uhr
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Kian Niroomand (SPD), Vorsitzender der AG Migration und Vielfalt, steht auf der Schillerwiese im Lietzenseepark und wirbt für seine Partei. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: rbb24 Inforadio | 13.02.2023 | Jan Menzel | Bild: dpa/Annette Riedl

Seit der Wende hat die SPD nicht mehr so schlecht bei einer Wahl in Berlin abgeschnitten wie am Sonntag. Nun werden erste Forderungen nach Folgen laut. Der Vize-Landeschef Kian Niroomand sieht in dem Votum eine "Wechselstimmung".

Nach der Niederlage der SPD bei der Berlin-Wahl hat eine Diskussion über mögliche Konsequenzen eingesetzt. Der stellvertretende Landesvorsitzende Kian Niroomand sagte dem rbb am Montag: "Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen". Niroomand forderte dabei explizit einen "Neuanfang". Zuvor hatte der "Spiegel" darüber berichtet.

Niroomand sagte, er sehe eine "Form von Wechselstimmung" in der Stadt, der man Rechnung tragen müsse. Auf konkrete Schlussfolgerungen wollte sich Niroomand nicht festlegen. "Ich will nicht die Koalitionsfrage stellen", betonte er.

"Die SPD muss keine Angst haben vor Opposition"

Auch nach Einschätzung der früheren Staatssekretärin Sawsan Chebli müssen aus dem Ergebnis Konsequenzen gezogen werden. "Mich macht es nachdenklich, dass die Wählerinnen und Wähler die ressentimentgeladenen Aussagen der CDU gegenüber Menschen mit Migrationsbiografie nicht gestört haben", sagte die SPD-Politikerin, die von 2016 bis 2021 in der Berliner Senatskanzlei tätig war, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Damit spielte sie auf die Forderung der CDU nach den Silvester-Krawallen in Berlin an, die Vornamen der mutmaßlichen Täter zu nennen.

"Das zeigt aber auch: Es kann und darf ein weiter so nicht geben. Das ist allen Verantwortlichen auch klar. Das wäre ein falsches Signal gegenüber dem Votum der Wählerinnen und Wähler." Wichtig sei, so Chebli, eine Regierung zu bilden, "die verstanden hat, dass vieles von dem, was lange Zeit getan oder nicht getan wurde, nicht dem entspricht, was sich die Menschen für Berlin erhoffen". Sie ermunterte die SPD, auch womöglich undenkbare Optionen zu diskutieren. "Die SPD muss keine Angst haben vor Opposition."

Giffey will auch über Fortsetzung von Rot-Grün-Rot sprechen

Die CDU hatte die Wahl am Sonntag nach dem vorläufigen Ergebnis mit 28,2 Prozent (2021: 18,0) klar gewonnen. SPD und Grüne bekamen beide 18,4 Prozent - die SPD hat mit 105 Stimmen einen knappen Vorsprung, schnitt damit aber historisch schlecht ab.

Ungeachtet dessen will die amtierende Berliner Regierungschefin Franziska Giffey mit Grünen und Linken über eine mögliche Fortsetzung der Koalition sprechen. Auch Grüne und Linke sind dieser Option gegenüber nicht abgeneigt. Giffey kündigte zudem an, selbstverständlich auch Gespräche mit dem Wahlsieger und CDU-Spitzenkandidaten Kai Wegner zu führen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.02.2023, 15 Uhr

136 Kommentare

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  1. 136.

    Komisch, dass Politiker erst nach Wahlverlusten merken, was die Menschen bewegt. Eigentlich sollten sie als Vertreter des Volkes den Willen ihrer Auftraggeber kennen! Aber mitunter passt der nicht (mehr) in ihre Ideologie!

  2. 135.

    SPD-Wähler wollen mehr Mitte, nicht mehr linke Politik.

    Aber darüber streitet es sich gut, zugestanden.

    Mit CDU ist die Vergesellschaftung vom Tisch, egal was behauptet wird.

    Mit der CDU kommt das Gesetz nicht, da - s. auch Jarrasch - juristische Bedenken immer vorhanden sein werden.

    Das ist ein Argument, dem die CDU und Grüne folgen werden.

  3. 134.

    Letzteres ist verfassungsrechtlich hoch spannend und wäre in der Form auch ein Novum für Deutschland.

  4. 133.

    Der Wohnungsbau ist auch reine Klientelpolitik, dient er doch den Wohnungssuchenden. Der Bau von Verkaufsflächen ist Klientelpolitik und dient nur dem Konsumstreben der Kunden. Nimmt alles öffentlichen Raum in Anspruch, nur manchmal werden falsche Prioritäten gesetzt.

  5. 132.

    Zumindest in der Ukraine Russland Politik ticken AFD und Linke gleich. Mir unverständlich, wie man die wählen kann.

  6. 131.

    "SIE WIRD DRINGENDST BENÖTIGT
    und sollte auch zügig weiter gebaut werden. "

    Der Weiterbau der A100 ist reine Klientelpolitik.

  7. 130.

    Die Mehrheit des Parlaments wird eine Regierung stellen. Unerträglich finde ich wie von den Medien Frau Giffey zum Rücktritt geschrieben wird. Jeder der mit Dienstplänen im letzten Jahr zu tun hatte weiss, dass die Krankheitsquote fast 50 Prozent höher war. Daraus resultierende besondere Probleme Frau Giffey anzulasten ist sehr daneben. Stattdessen gab es flüchtlingskrise usw. Mit dem 29 Euro Ticket hat sie denen geholfen die es wirklich brauchen. Bei uns fahren fast nur die Hilfskräfte Bus und Bahn zur Arbeit.

  8. 129.

    Herr Saleh und der Vize sollten zunächst ein Zeichen für einen Neustart in der SPD Berlin setzen und freiwillig zurück treten. Andernfalls sollte die Basis der SPD Berlin die beiden der Ämter entheben. Hier muss Verantwortung für ein historisch schlechtes Wahlergebnis übernommen werden!

  9. 128.

    Wie kann man nur ein schlechter verliere sein und obwohl die Mehrheit der Bürger*innen schwarz gewählt hat, sich trotzdem drüber hinwegsetzen und weiterhin regieren zu wollen . Macht und jeden Preis? Demokratie ist anders. Und such nur an einem Satz, den die neunstündige in der Hauptstadt ebenso sehen, sich dran festzuhalten, weil man keine anderen Argumente hat, ist schon echt traurig.
    Ich bin parteilos, kein Mitglied, und freue mich wenn es endlich wieder etwas konservativer und traditioneller zugeht , und das hat nicht nur Rassismuss zu tun, auf der Welle viele schwimmen. Ich bin Kenianerin mit Mitgrationshintergrund und deutschen pass, und und ich darf wählen und meine Meinung äußern! Danke RBB

  10. 127.

    „Das ist schlicht unwahr! Die rechtsextreme AfD hat genau so viele Stimmen von cDU Wählern bekommen. 7000“

    Also am meisten mit der CDU zusammen.

    Was ist an der Aussage von Inge nicht korrekt?

    Von der Linken kamen auch 7000 Stimmen, die viel mehr offenbaren, wie gefährlich und AfD nah Teile der Linken sind.

  11. 126.

    Nett, dass Sie die AfD salonfähig machen, danke dafür.

    Aber die Aussage zur Linken, „was immer das sein soll“, ist fragwürdig.

    Sie sagen also, es tummeln sich viele Rechte unter der Linken oder deren Wählern, die auch direkt mal bei Unzufriedenheit zur AfD, nun laut Ihnen nun ja wählbar ist, wechseln.

    Links und rechts gehört also, obwohl laut links meilenweit voneinander entfernt, nachweislich doch sehr stark zusammen.

    Sollte vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

  12. 125.

    JEDE Berliner Partei ist für SICH zur Wahl angetreten und nicht die RGR als eine und die CDU als andere Partei.

    Ergo MÜSSEN Sie auch jedes EINZELNE Ergebnis der Parteien zählen und müssten - auch wenn es Ihnen nicht gefällt - einsehen, dass die CDU die meisten Stimmen für sich bekommen hat.

    Somit sollte auch die CDU den Bürgermeister stellen evtl. in Koalition mit der SPD.
    Es kann nicht sein, dass RGR den weiteren Regierungsanspruch anmeldet nach dem CHAOS des einen Jahres

  13. 124.

    Es liegt doch nicht in Hrn. Wegners Hand auf die A100 zu verzichten um sich bei den GRÜNEN einzuschleimen. Auch wenn Sie es favorisieren würden.

    Der Bau der A100 ist kein Länder- sondern ein BUNDESBAUPROJEKT.

    SIE WIRD DRINGENDST BENÖTIGT
    und sollte auch zügig weiter gebaut werden.

  14. 123.

    Sie sind also dafür, dass es für die CHAOS-RGR-KOALITION ein weiter so geben soll?

    Die Stimmen JEDER einzelnen Berliner Partei werden gezählt und da hat die CDU die meisten Stimmen, auch wenn es Ihnen nicht gefällt.

    Somit hat sie auch den klaren Regierungsauftrag.

  15. 122.

    Ich sehe es wie Herr Schulz von der Taz. "Gut möglich, dass die Wähler*innen, die vor allem die SPD an die CDU verloren hat, wieder zurück kommen. Dafür müssen die Sozialdemokraten aber den Mut zeigen, linke Politik auch wirklich zu wollen. Zum Beispiel, wenn es im Sommer zur Frage kommt, ob Berlin den erfolgreichen Enteignen-Volksentscheid auch umsetzen will."

  16. 121.

    »Seit der Wende hat die SPD nicht mehr so schlecht bei einer Wahl in Berlin abgeschnitten wie am Sonntag.« Was ist denn das für ein sonderbar formulierter Satz? Die SPD hat weder vor noch nach der Wende (in West- bzw. Gesamt-Berlin) jemals ein so desaströs schlechtes Ergebnis eingefahren.

  17. 120.

    Ähnlich verhält es sich für den Extremismusforscher beim Thema Gewalt. Mit Blick auf die Situation in Thüringen rund um die Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten, wo Linke und AfD vor allem von Vertretern von CDU und FDP als gleichermaßen extremistisch bezeichnet werden, zeige sich, dass man die Lager eben häufig nicht gleichsetzen könne: "Björn Höcke entwirft in seinem Kampfbuch 'Nie zweimal in den gleichen Fluss' eine Strategie der Gewalt, wenn er an der Macht ist. Er will mit 'wohltemperierter Grausamkeit' Millionen von Migranten aus dem Land verbannen. Das geht nicht ohne extreme Gewalt. Das finden wir bei der pragmatischen Linken, also etwa der Partei Die Linke, nicht.

    3. Teil

  18. 119.

    Diese Aussage von Frau Chebli, soviel Zeit muss sein, finde viel spannender:
    "Das zeigt aber auch: Es kann und darf ein weiter so nicht geben. Das ist allen Verantwortlichen auch klar. Das wäre ein falsches Signal gegenüber dem Votum der Wählerinnen und Wähler." Wichtig sei, so Chebli, eine Regierung zu bilden, "die verstanden hat, dass vieles von dem, was lange Zeit getan oder nicht getan wurde, nicht dem entspricht, was sich die Menschen für Berlin erhoffen". Sie ermunterte die SPD, auch womöglich undenkbare Optionen zu diskutieren. "Die SPD muss keine Angst haben vor Opposition."

  19. 117.

    Chebli ist, meines Erachtens völlig zu recht, entsetzt darüber wieviele Menschen ihre Wahlentscheidung von den Silvester Krawallen und der Reaktion einiger cDU Politiker danach abhängig gemacht haben.

    Offensichtlich waren nicht wenige Wähler empfänglich für solche dumpfen Parolen und ressentimentgeladenen Aussagen der cDU.

    Vor den Silvester Krawallen lag die Zustimmung für die cDU deutlich niedriger. Die cDU hat gemerkt dass sich mit ausländerfeindlichen Parolen Wählerstimmen gewinnen lassen. Nicht zum ersten Mal.

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