Berlin-Wahl und das Nachbarland - Oh, wie fern ist Brandenburg

Do 09.02.23 | 17:47 Uhr | Von Amelie Ernst
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Eine S-Bahn fährt nach dem Baubeginn für die Eisenbahnbrücke des Bauprojektes Dresdner Bahn nach Blankenfelde-Mahlow an der Baustelle vorbei. (Quelle: dpa/Soeren Stache)
Audio: rbb24 Inforadio | 09.02.2023 | A. Ernst | Bild: dpa/Soeren Stache

S-Bahn-Linien, Mietpreise, Energieversorgung: Es gibt viele Themen, die Berlin und Brandenburg verbinden. Doch eine gemeinsame Strategie fehlte zuletzt oft. Die Berlin-Wahl könnte auch für Brandenburg Weichen stellen. Von Amelie Ernst

"Zusammen schaffen wir das", das war die Botschaft, die die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und der Brandenburger Ministerpräsident und SPD-Chef Dietmar Woidke vor einigen Tagen bei einer gemeinsamen Wahlkampftour verbreiten wollten. Zusammen kämpfen sie für eine Verlängerung der U-Bahnlinie 7 von Rudow weiter zum Flughafen BER in Schönefeld. Dabei hofft man gemeinsam auf Geld vom Bund: Berlin-Brandenburg sei schließlich die am stärksten wachsende Region in ganz Deutschland, so Giffey. Und da seien auch entsprechende Verkehrsanbindungen wichtig.

Doch selbst wenn der Bund, wie von Giffey und Woidke erhofft, den Großteil der Kosten für die U-Bahn-Verlängerung übernehmen würde, kämen noch etwa 90 Millionen Euro auf die Länder zu – das meiste davon auf Brandenburg und den Landkreis Dahme-Spreewald. Denn der Großteil der Strecke befindet sich auf Brandenburger Gebiet. Doch profitieren würden laut Analyse vor allem Berlinerinnen und Berliner von der U-Bahn-Anbindung an den Flughafen.

Berlin bei Nutzen-Kosten-Analyse oft im Vordergrund

Allzu oft sprechen bei Nutzen-Kosten-Analysen die Zahlen für Berlin, denn hier wohnen schlicht mehr Menschen, deren Bedürfnisse dann auch bei Verkehrs- und anderen Projekten in den Vordergrund rücken. Selbst boomende Brandenburger Orte wie Falkensee westlich von Berlin, Velten im Norden und Rangsdorf im Berliner Süden bekommen – Stand jetzt – keinen S-Bahn-Anschluss. Es lohnt sich nicht, zumindest nicht nach den aktuellen Kriterien der Nutzen-Kosten-Untersuchungen (NKU). Linke und BVB/Freie Wähler im Brandenburger Landtag fordern deshalb, dass die bisherigen Kriterien auf den Prüfstand gestellt werden. Denn nur wenn die KNU positiv ausfallen, fließen auch Bundesmittel.

Das Beispiel der S- und U-Bahn-Verbindungen zeigt, wie eng Berlin und Brandenburg politisch verzahnt sind, und wie sehr man vom Wohlwollen der jeweils anderen Landesregierung abhängig ist. Ohne Unterstützung aus Brandenburg keine U-Bahn-Verlängerung – und ohne Unterstützung aus Berlin nicht ausreichend medizinische Angebote für die Brandenburger:innen. Außerdem bietet Brandenburg denen Platz, die in Berlin keinen (mehr) finden: Denn in Brandenburg gibt es noch Freiräume, um sich zu entfalten, und zumindest in vielen Regionen noch bezahlbare Miet- und Immobilienpreise.

Brandenburger Kommune setzt auf Berliner Politik

So wie in Wiesenburg/Mark (Landkreis Potsdam-Mittelmark): Aus einem alten Sägewerk wird dort das sogenannte KO-Dorf. Ein Ort, an dem Menschen gemeinsam arbeiten und wohnen sollen. Hier sei es so wie Berlin früher einmal war, sagt Wiesenburgs Bürgermeister Marco Beckendorf (Linke). "Arm und sexy. Das gilt jetzt eher für Wiesenburg."

Boomtown Wiesenburg – damit diese Vision wahr wird, setzt Bürgermeister Beckendorf auch auf die Berliner Politik. Die brauche einen weiten Horizont, wenn es in der Großstadt immer enger und teurer werde. "Die Leute wollen nicht an den Stadtrand verdrängt werden, sondern an Orte, an denen sie glücklich sind." Dass diese Orte in Brandenburg liegen, das versteht sich für Beckendorf von selbst.

Die Region gemeinsam denken - "das vermisse ich immer wieder"

Im Landtag findet man, dass sich das in der Berliner Politik noch nicht überall herumgesprochen hat – trotz gemeinsamer Landesplanung und der neu eingerichteten Konferenz der beiden Länderparlamente. Man müsse die Region gemeinsam denken, sagt die CDU-Abgeordnete Nicole Walter-Mundt. "Das ist der wesentliche Punkt. Und den vermisse ich immer wieder." So gibt es zwar eine gemeinsame Krankenhausplanung – einen gemeinsamen Landesnahverkehrsplan dagegen nicht.

Es ist nicht lange her, dass Berlin und Brandenburg bei Themen wie den Corona-Regeln oder dem 29 Euro-Ticket getrennte Wege gingen. Brandenburg wartet ab, Berlin prescht voraus – dieser Eindruck drängte sich zuletzt oft auf. Ob und das so bleibt, das hängt auch ab vom Ergebnis der Berlin-Wahl und dem künftigen Berliner Senat.

Sendung: rbb24 Inforadio, 09.02.2023, 14:50 Uhr

Beitrag von Amelie Ernst

28 Kommentare

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  1. 28.

    Die ganze Welt schaut auf diese Stadt und lacht sich toll und hält die Hände vor dem Mund.
    Man stelle sich vor, eine derartige Wahlschlappe wär in Moskau, Peking oder 1989 in Ostberlin oder sonstwo passiert.
    Unsere Politiker hätten dann viel viel Kritik vorgebracht. In Berlin wird noch nicht jemand ordentlich zur Verantwortung gezogen, obwohl wieder mal Millionen Euro verbrandt werden.
    Völker dieser Welt haltet euch die Hand vor den Mund, wenn ihr an Deutschland denkt!

  2. 27.

    Wenn die Bahn je fertig wäre, ist der Flughafen längst zu!

  3. 26.

    NochMal! Ich hatte gegen meine Lieblings-Moderatorin Amelie Ernst protestiert: Denn ihre Feststellung zum vergünstigten Ticket (bitte nachlesen) stimmt so nicht: Berlin wollte, dass es auch für das Bbg. gilt. Nur ein gewisser Herr Beermann CDU, seines Zeichens ein Bbg (?) oder nur Import (woher?)hatte nur Widerspruch übrig. Schade, welche Chancen auch Bbg vergeigt. Die Mobilität wird nun für alle teuerer, dank unserer Pfiffikusse im gelben Bremserhäuschen. Wer weiß, ob die Wriezener je noch einmal einen Bahnhofshalt erleben dürfen, waren doch die Bahnhofsgebäude einst das Schmuckstück jeder Stadt. Ich bin auch echt befremdet, dass wir diese doch so chancenreiche Metropolregion nur schlecht reden können. Ist das in anderen Ländern auch so?

  4. 25.

    Wenn ich könnte, würde ich im Rahmen eines Gebietsaustausches dann Spandau für Schönefeld anbieten. Reizvoll wäre die Idee schon.

  5. 24.

    Sooooo widersinnig ist es aber nicht. Es geht dabei nicht primär um die Anbindung des Flughafens an das U-Bahn-Netz selbst sondern um die Optimierung von Querverbindungen. Dafür ist es sinnvoll, wichtige Punkte im Netz mit möglichst vielen Strecken zu verbinden, um Umsteigemöglichkeiten zu schaffen, die dann neue und kürzere Verbindungen ermöglichen. So könnte es dann durchaus sein, dass man schneller ans Ziel kommt, wenn man mit Zug, Bus oder S-Bahn zum Flughafen fährt und dort in Richtung City in die U-Bahn umsteigt. Bei den Kosten darf man nicht immer davon ausgehen, dass U-Bahnen zwingend unterirdisch fahren müssen, das tun sie nämlich fast nur im Innenstadtbereich. Weiter draußen verlaufen die Strecken überwiegend oberirdisch mit entsprechend deutlich geringeren Kosten für Bau und Wartung.

  6. 23.

    Warum nur der Bereich rund um den BER? Warum nicht auch den rund um die GVZ Berlin-West, -Süd, -Ost oder die gemeinden, bei denen der BWB sich um die Wasser- bzw. Abwasserversorgung kümmert? Nur wäre letzteres schon knapp 1/3 der Einwohner Brandenburgs. Den Tarifbereich Berlin C wäre sicherlich aber keine Option.

  7. 22.

    Bitte erst einmal (wieder) eigene Bezirke ans U- und S-Bahn-Netz anschließen bevorzugen ein bereits ausreichend angeschlossener Flughafen eine U-Bahn bekommt. Ich dachte wir sollen nicht mehr heizen, Auto fahren (außer Mann/Frau besitzt einen Tesla) , parken, fliegen usw...

    Ich fordere einen Untersuchungsausschuss zur Genehmigung des Hochhausbaus am U2-Tunnel sowie zu dem Sanierungsprojekt. Statt Tunnel/Bahnhofsneubau bahnt sich hier ein Dauersanierungsfall an.

  8. 21.

    Gefällt. Mit Teilen von MV ist auch ein Preußen-Modell denkbar. Die Preußenmentalität gibt es. Die Brandenburger ist künstlich erfunden worden und nicht belegt. Ernsthaft muss man die Bevölkerungszahlen für Verwaltung in Einklang bringen. Für nur 2 Mio. "Hansel" brauch man keine Potsdamer Staatskanzlei. Wirkt irgendwie zynisch. Das Stadtschloss musste so groß werden, weil man die benachbarten Parlamentarier aufnehmen wollte... Das sollte nicht vergessen werden, wie teuer das war.

  9. 20.

    Da sieht man deutlich, das die Metropolregion Berlin- Brandenburg nur auf dem Papier existiert, und kein Wille vorhanden ist diese Vereinbahrung mit "Leben" zu füllen, man ist sich nicht "grün" und Basta.

    In Deutschland gibt es an Dutzend Metropolregionen, aber so so eine , wie die hiesige ist nicht dabei!

  10. 19.

    Dann müsste sich nur jemand finden, der den ÖPNV auch ausbauen will. Die Mittel die der Bund für die Radinfra wurden in vielen Bundesländern, darunter auch Brandenburg, gut aufgenommen. Nur Berlin hat keinen Plan. Ebenso ruft Jarasch kaum zur Verfügung gestellt Mittel zum Ausbau des SPNV ab, der Bestand an BVG-Bussen ist sogar um 7% gesunken (auch für deren Neuanschaffung hat der Bund neue Fördertöpfe geöffnet) und der Ausbau der Tram läuft so schleppend, dass selbst der RBB den IGEB mit Sabotage zitiert.

  11. 18.

    Nur weil Ihnen keiner einfällt folgt daraus nicht, dass es keinen Grund gibt. Man muss nicht viel Perspektivwechsel leisten, um Ansätze für Gründe im Artikel zu finden.

  12. 17.

    Warum soll unbedingt eine U-Bahn zum BER gebaut werden. WIDERSINNIG

    Es gibt gute Verbindungen von Berlin und Brandenburg mit Bus, S-Bahn und DB.
    Das dürfte doch wohl als Anbindung zu diesem Chaos-Flughafen ausreichend sein.

    Die Millionen Euro an Steuergeldern sollten in Projekte investiert werden die wichtiger sind.

  13. 16.

    Bitte auch keine Brandenburger, die in die Stadt pendeln, oder wie jetzt? Die Regionen brauchen einander, da kann man sich ruhig auch in der Politik ein bisschen abstimmen.

  14. 15.

    Berlin hat als fast 4-Millionen-Metropole und Hauptstadt als eigenes Bundesland seine Berechtigung. Die Interessen vieler Brandenburger Regionen würden bei einer Fusion schnell unwichtig werden. Da ist eine BB-MV-Fusion passender. Schönefeld könnte aber noch nach Berlin eingemeindet werden.

  15. 14.

    Ich würde mich nicht unbedingt auf sofortige Zuschüsse des Bundes zum.U-Bahnbau verlassen. Hamburg hat mit dem ersten Bauabschnitt der neuen Linie U5 begonnen (5 km) und geht mal eben mit 1,5 Milliarden Euro in Vorleistung. Die erforderlichen strengen Vergabemodalitäten des Bundes sind noch nicht erfüllt, aber es geht schon einmal los.
    Eine weitere Anmerkung zum U-Bahn Betrieb, die Stadt Norderstedt mit über 70 tsd. Einwohner ist am Hamburger Netz (U1) angeschlossen, hat aber eine eigene Verkehrsgesellschaft zum Bau und Unterhaltung der Strecke, sogar in den zusätzlichen Fuhrpark investiert. Der Fahrdienst wurde der HHA übertragen.

  16. 13.

    Worin läge der Vorteil? Berlin als Provinzstadt und Brandenburg dominiert von derselben? Nein, besser beide Länder bleiben selbständig. Nur so kann die jeweilige Identität gewahrt bleiben.

  17. 12.

    Die damalige Abstimmung ergab ein klare Ablehnung durch Brandenburg. Berlin stimmte für eine Fusion.

  18. 11.

    Bloß keine Fusion der Bundesländer. Berliner Größenwahn und Radau Berliner brauchen wir nicht. Berlin muss noch viel lernen und nacharbeiten, bevor man über eine neue Fusion nachdenkt. Ich sage Finanzen, Verwaltung, Nachbarschaft. Nee, wir brauchen einen Vergnügungspark, Berlin wird eingezäunt.

  19. 10.

    Wenn die früheren Entscheider auch so kleinkariert gedacht hätten, gäbe es manche „Probleme” gar nicht. Geht’s hier gar nichts mehr ohne Kleingartenneid?
    Übrigens müßte LDS doch am Flughafen und den ganzen boomenden Dörfern drumrum doch ordentlich Geld verdienen. Da dürfte auch was für die U-Bahn übrig bleiben.

  20. 9.

    Die Brandenburgerdoppelpunktinnen sollten sich nicht von den Berlinerdoppelpunktinnen vereinnahmen lassen.

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