Bis 2026 volle Bezüge - Berliner SPD will 100 Prozent Ruhegeld für ausscheidende Bezirksamtsmitglieder

Mo 06.03.23 | 21:14 Uhr
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Archivbild: Bezirksamt im Rathaus Kreuzberg, Yorkstraße Berlin Kreuzberg. (Quelle: dpa/Schoening)
Bild: dpa/Schoening

Die Wahlwiederholung in Berlin war ein Novum - da ist nicht verwunderlich, dass die Landesverfassung nicht für alles eine Regelung parat hält. Jetzt werden etwa Lösungen gesucht, wie die Wahlergebnisse in die Bezirksämter übertragen werden können.

  • Bezirksamtsmitglieder sollen laut einem Gesetzentwurf der SPD bis 2026 ihre kompletten Bezüge als Ruhegeld erhalten
  • Bezirksämter und Bezirksbürgermeister sollen demnach neu gewählt werden können
  • Landesverfassung sieht eigentlich keine Regelung für den Fall einer Wahlwiederholung vor

Mitglieder der Bezirksämter, die nach der Wiederholungswahl ihre Ämter verlieren könnten, sollen bis 2026 ihre vollen Bezüge als Ruhegeld bekommen. Das sieht ein Gesetzentwurf der SPD vor, die dem rbb vorliegt. Über den Entwurf sollen nun die Fraktionen im Abgeordnetenhaus diskutieren. Zuerst hatte der "Tagesspiegel" am Montag berichtet. Nach rbb-Informationen soll der Gesetzentwurf noch im März verabschiedet werden.

Bisher keine Regelung bei Wiederholungswahl

Demnach sollen die Bezirksämter und auch die Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister neu gewählt werden können, um die durch die Wahl am 12. Februar veränderten Mehrheitsverhältnisse in den Bezirken besser abzubilden. Denn laut Gesetz verteilen sich die Sitze in den Bezirksämtern gemäß der Stimmanteile der Fraktionen in den Bezirksverordnetenversammlungen. Das Amt des Bürgermeisters wird nach dem Mehrheitsprinzip gewählt.

Allerdings sieht die Landesverfassung keine Regelung für den Fall einer Wahlwiederholung vor. Damit könnten bisher die 2021 gewählten Mitglieder der Bezirksämter und die Bezirksbürgermeister im Amt bleiben, obwohl sich die Mehrheitsverhältnisse in den Bezirksverordnetenversammlungen zum Teil stark verändert haben. Die geplante Gesetzesänderung soll das nun einmalig korrigieren. Die Landesverfassung von Berlin müsste dann nicht geändert werden.

CDU in neun Bezirken stärkste Kraft

Durch die Wiederholungswahl hatten sich die Mehrheitsverhältnisse in einigen Bezirken stark verändert. Die CDU hatte die Mehrheit in neun Bezirken klar gewonnen. In Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg lösten die Christdemokraten die Grünen als stärkste Kraft ab, in Lichtenberg die Linke und in Neukölln, Spandau und Treptow-Köpenick die SPD.

Schon bei der Wahl 2021 hatte die CDU in drei Bezirken die meisten Stimmen bekommen, aber trotzdem keinen Bezirksbürgermeister gestellt. Deshalb hatten die Christdemokraten bereits vor der Wiederholungswahl gefordert, dass die Bezirksämter den neuen Mehrheitsverhältnissen angepasst werden müssten. Eine gesetzliche Regelung dafür gibt es bislang aber nicht, die Bezirksämter könnten auch unverändert bestehen bleiben.

Allerdings hatte schon die bisherige rot-grün-rote Regierung ihre Bereitschaft erklärt, eine Lösung zu finden, damit die neuen Mehrheitsverhältnisse im Bezirksamt sichtbar werden. Ein Antrag von CDU, SPD, Grünen und Linke soll am Donnerstag, 16. März in erster Lesung im Abgeordnetenhaus behandelt und eine Woche später am 23. März beschlossen werden. Wenn das geschehen ist, können die Bezirksämter nach der neuen Regelung verändert werden.

Ausscheidende Stadträte bleiben Beamte auf Zeit

Der Gesetzentwurf der SPD sieht vor, dass Fraktionen, denen laut Stimmenproporz nun mehr Sitze im Bezirksamt zustehen, einmalig einen Kandidaten oder eine Kandidatin für das Gremium vorschlagen dürfen. Fraktionen, die Stimmen verloren haben und deswegen weniger Mitglieder des Bezirksamts stellen dürfen, müssten innerhalb eines Monats mitteilen, an welchen ihrer bisherigen Bezirksamtsmitglieder sie festhalten wollen – und welche also aus dem Amt scheiden müssen.

Mitglieder der Bezirksämter, die auf diese Weise aus dem Amt scheiden, bleiben Beamte auf Zeit. Sie sollen, so der Gesetzentwurf, bis zum Ende der Wahlperiode im Jahr 2026 weiter ihre vollen Bezüge erhalten. Das ist mehr, als etwa die CDU noch vor der Wahl in einem eigenen Gesetzentwurf gefordert hatte: Damals war die Rede von einem Ruhegehalt, das bei 71,5 Prozent der normalen Bezüge für Bezirksamtsmitglieder liegen sollte.

AfD kritisiert "Selbstbedienungsmentalität"

AfD-Fraktionschefin Kristin Brinker kritisierte das Vorhaben als "Selbstbedienungsmentalität aller Parteien von CDU bis ganz linksaußen". Das sei "eine ungeheure Respektlosigkeit gegenüber den Steuerzahlern, die diese Exzesse nicht nur bezahlen müssen, sondern auch von einer derartigen Absicherung gegen Arbeitslosigkeit nur träumen können", so Brinker.

Sendung: rbb24 Abendschau, 06.03.2023, 19:30 Uhr

60 Kommentare

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  1. 60.

    100 % Ruhegehalt für's Nichtstun?? Meint die SPD das ernst??

  2. 59.

    Das Beamtentum gehört abgeschafft.

  3. 57.

    Oh Gott SPD das tut weh. Hat die Partei denn gar nichts begriffen? Ich stimme Frau Brinker zu. Erst die Folgekosten der Wiederholungswahl und nun sollen per Gesetz ausgeschiedene Beamte volle Bezüge bis Ende der Wahlperiode erhalten. Das kann das wählende Volk nicht nachvollziehen. Dieses Gesetz trägt dazu, dass sich mehr Menschen von der Politik abwenden. Man könnte auch einfach den Fall einer Wiederholungswahl in der Verfassung regeln, aber das dauert den regierenden Parteien zu lange. Man will ja schnell sein Amt antreten. Dann lieber weiter einen haufen Steuergeld verschwenden. In anderen Bereichen muss dadurch gespart werden, demnächst wieder bis es quietscht!

  4. 56.

    Immerhin sind die Beamten auf Zeit rechtmäßig ernannt worden und können vor Ablauf der Frist nur durch ein Disziplinarverfahren aus dem Dienst entfernt werden.

    Warum sollen sie jetzt unrechtmäßig gehen? Ihre Ernennung war okay

    Da der Senat ihnen keine adäquate Position anbieten kann, müssen sie bei vollem Bezügen Zuhause bleiben.

    Und wer verzichtet schon freuwillig auf Geld, dass ihm per Gesetz zusteht?

  5. 55.

    Wenn ich aus meiner Behörde ausscheiden sollte, bekäme ich nach einer Sperre durch die Agentur für Arbeit von 12 Wochen erstmal H4 plus Miete und dann erst die Versicherungsleistung nach SGBIII.
    Warum sollten die Bezirksamtler besser gestellt bleiben. Nennt man sowas sozialdemokratische Politik? Ich nenne es einen Tritt in den Hintern des Wahl- und Steuerzahlervolks.

  6. 54.

    Dazu kommen noch 70% Beihilfe oder 50% zu den Sozialbeiträgen. Und Renten steigernd wirkt auch alles, immerhin 3,5 Jahre. Und, und, und

  7. 53.

    Es bedarf keinem neuen Gesetz. Zumal ein Gesetz niemals etwas in der Vergangenheit regeln kann.

    Wenn das Abgeordnetenhaus ein Gesetz verabschiedet, dann immer nur für die Zukunft.

    Auch Beamte auf Zeit haben ein Anrecht auf ihre vollen Bezüge. Was ist daran so schwer zu verstehen?

    Dieses Chaos hätten die Befürworter der Wiederholungswahl vorher bedenken sollen

    Mit dem geplanten Gesetz verstößt der Senat gegen geltendes Recht.

  8. 52.

    Carola, das stimmt nicht. Ein Beamter kann nur in der gleichen Besoldungsgruppe eingesetzt werden.

  9. 51.

    Wollen oder können Sie nicht verstehen, dass Beamte nur innerhalb der gleichen Besoldungsgruppe eingesetzt werden können

  10. 50.

    Damit wird so eine Wahlniederlage zum Lottogewinn (330.000 EUR + Pension für nichts). Zumal der Vorschlag von der Partei kommt, die die Wahlwiederholung zu verantworten hat. Davon können Normalsterbliche nur träumen.

  11. 48.

    Und das ist auch gut so. Andere Bundesländer haben da klare Regel festgeschrieben. Aber in Berlin ist alles anders. Wenn es so kommt, sollte es für die Tarifparteien bei den aktuellen Verhandlungen (Kommunen und Bund)durchaus zu beachten sein. (Steuer)Geld scheint es ja nicht zu liegen.

  12. 47.

    Beamte können auch in niedriger besoldete Arbeit tätig sein, wie wäre es im Sozialamt. Da brauchen wir noch viele Leute die die Rückstände aufarbeiten

  13. 46.

    Nur einmalige Gesetzesänderung? Und wenn 2026 wieder eine Wahlschlappe passiert?
    Also besser noch den Inflationsausgleich zusätzlich zu den vollen Bezügen gewähren, sonst müssen diese unterbezahlten politischen Beamten in 3 Jahren vielleicht noch am Hungertuch nagen.

  14. 45.

    100 Prozent Bezahlung bis 2026 fürs NICHTSTUN??
    Dass jemand dies fordert kann doch nicht gesund sein.
    Auch einem gewähltem "Beamten" kann man es doch zumuten, dass er/sie trotz Gehaltsstufe A 8 für die Zeit bis der Vertrag endet, eine Arbeit in einer niedrigeren Gehaltsstufe zu erledigen.

    Oder sind sich diese Leute zu fein dafür und bleiben lieber Zuhause auf Kosten der Steuerzahler??

  15. 44.

    Ist doch eh kein Unterschied Indie im Büro oder zuhause nichts tun!

  16. 43.

    Wenn sie so gut waren , warum wurden sie
    nicht ihn ihrer Funktion wieder gewählt.
    Entgelt für das Versagen. In den Ämtern wird
    jeder gebraucht,wo doch die Digitalisierung
    so hinter her hinkt.

  17. 42.

    Als die CDU ein Ruhegehalt von 71,5% vorgeschlagen hat, fand ich das schon recht üppig. Dass die SPD nun 100% fordert, empfinde ich dagegen als maßlos.

    Die Bezirksstadträte schlittern ja nicht etwa in die Arbeitslosigkeit und müssten sich anschließend zum Monatsbeginn beim Job-Center melden. Die hatten ja vor ihrer Wahl - sofern die Angaben im Internet stimmen - ganz ordentliche Berufe und sollten bei ihrer evtl. "Abwahl" bzw. "Abdankung" schnell wieder in Lohn und Brot stehen.

  18. 41.

    Ich denke 71,5% Ruhegehalt wären doch für beide Seiten ein gutes Ergebnis. Man sollte nicht ùbertreiben

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