Nach Sondierungen - CDU-Vorstand stimmt für Koalitionsverhandlungen mit SPD
Eine Koalition von CDU und SPD in Berlin wird immer wahrscheinlicher. Am Donnerstag hat sich der Landesvorstand der Christdemokraten für Koalitionsgespräche mit der SPD ausgesprochen - einstimmig.
Die Berliner CDU wird Koalitionsverhandlungen mit der SPD aufnehmen. Der Landesvorstand der Partei sprach sich am Donnerstagnachmittag für die Bildung eines schwarz-roten Bündnisses in der Hauptstadt aus. Der Vorstand habe einstimmig für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gestimmt, twitterte die CDU Berlin am späten Nachmittag.
"Wir hatten deutlich mehr Schnittmengen mit den Sozialdemokraten", sagte Landesparteichef Kai Wegner mit Blick auf die Sondierungsgespräche mit der SPD und den Grünen. Der 50-Jährige nannte unter anderem den Wohnungsneubau und eine "Mobilitätspolitik für alle" - für Auto- und Radfahrende. Seine Partei habe sich deshalb mit der SPD "auf einen gemeinsamen Weg verständigt". Er habe mit beiden Parteien gute Gespräche gehabt, sagte Wegner und betonte ausdrücklich, auch "wirklich gute Gespräche mit den Grünen". Mit diesen gebe es zwar bei vielen Punkten "große Gräben", allerdings sei auch "neues Vertrauen" entstanden.
Für die Koalitionsgespräche habe die CDU eine ganz klare Prämisse, so Wegner. Berlin solle Berlin bleiben, aber an allen Stellen wieder funktionieren. "Wir wollen nicht, dass Berlin sich tagtäglich neu erfindet." Die CDU wolle dafür sorgen, dass "die Basics" in der Stadt wieder stimmten, sagte Wegner.
Kompromissbereitschaft beim Antidiskriminierungsgesetz
Wegner hofft auf eine schnelle Einigung bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen. Es müsse ein Ruck durch die Stadt gehen, sagte er in der rbb24 Abendschau. Man wolle nun gemeinsam mit der SPD ein starkes Regierungsprogramm erarbeiten, damit die Menschen schnell spürten, dass Probleme angepackt werden.
Wegner räumte allerdings ein, dass bei den anstehenden Verhandlungen der eine oder andere von der SPD noch überzeugt werden müsse. Es gehe nun darum, Kompromisse zu finden und Brücken zu bauen. Kompromissbereitschaft zeigte Wegner beim Antidiskriminierungsgesetz, das die CDU vor der Wahl noch abschaffen wollte. Das Gesetz sei offenbar nicht so problematisch für die Polizei, sagte Wegner.
Ein großes Problem sei der Mangel an bezahlbarem Wohnraum in der Stadt, hier will Wegner den Mieterschutz stärken und den Neubau von Wohnungen vorantreiben. Enteignungen großer Immobilienkonzerne, wie in einem Volksentscheid gefordert, hält er dagegen für den falschen Weg. Hier solle zunächst die vom Senat eingesetzte Expertenkommission ihre Arbeit beenden, so Wegner. Dann werde man sehen, ob entsprechende Forderungen verfassungskonform seien. Er habe daran große Zweifel.
Koalitionsgespräche ab kommender Woche
Bereits am Mittwoch hatte die SPD-Spitze mehrheitlich für Gespräche mit der CDU votiert. Allerdings gibt es innerhalb der SPD auch Kritik an den Plänen für eine Koalition mit der CDU. So kritisierte beispielsweise der Juso-Vorsitzende Peter Maaß die CDU als "eine klare Immobilienlobbypartei".
Die Koalitionsgespräche sollen kommende Woche beginnen, wie Wegner ankündigte. Am Montag sei geplant, die Arbeitsgruppen für die Verhandlungen einzusetzen. In den Tagen darauf werde die Dachgruppe mit den Spitzenvertretern der Parteien zum ersten Mal zusammenkommen und das weitere Prozedere beraten. Ende März könnten die Gespräche abgeschlossen sein.
Bei der SPD sollen anschließend die Parteimitglieder entscheiden, ob auf der Basis des dann ausgehandelten Vertrages eine Koalition mit der CDU eingegangen werden soll oder nicht. Die neue Regierung könnte dann bis Ende April stehen.
Kai Wegner würde mit Schwarz-Rot Regierender Bürgermeister
Sollte es zu einem schwarz-roten Regierungsbündnis kommen, müsste die erst seit Dezember 2021 als Regierende Bürgermeisterin amtierende Franziska Giffey (SPD) das Rote Rathaus verlassen. Sie hat ihre Bereitschaft erklärt, in die neue Landesregierung als Senatorin einzutreten. Neuer Regierungschef würde in dem Fall der CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner. Einen Regierungschef in Berlin stellte die CDU zuletzt mit Eberhard Diepgen, der von 1984 bis 1989 und von 1991 bis 2001 amtierte.
Die SPD-Landesvorsitzende Giffey hatte den Schwenk von Rot-Grün-Rot zur CDU unter anderem mit "Respekt vor dem Wahlergebnis" begründet. Mit den bisherigen Partnern Grüne und Linke sei kein Neubeginn möglich. Seit 17. Februar hatten die Parteien in Sondierungsgesprächen ausgelotet, ob es eine gemeinsame Basis für Koalitionsverhandlungen und für eine Regierungsbildung gibt. Die CDU sprach je dreimal mit SPD und Grünen. SPD, Grüne und Linke kamen ebenfalls dreimal zusammen.
CDU bei Wahl deutlich vor den anderen Parteien
Die CDU hatte die Wiederholungswahl am 12. Februar mit 28,2 Prozent gewonnen. SPD und Grüne bekamen beide 18,4 Prozent. Die Sozialdemokraten haben mit 53 Stimmen nur einen hauchdünnen Vorsprung vor den Grünen. Sie schnitten so schlecht ab wie noch nie bei einer Abgeordnetenhauswahl. Die Linke kam auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1. Die FDP flog mit 4,6 Prozent aus dem Parlament.
Die Wahl am 26. September 2021 hatte der Berliner Verfassungsgerichtshof wegen "schwerer systemischer Mängel" und zahlreicher Wahlfehler für ungültig erklärt. Das Gericht ordnete eine komplette Wiederholung an. An der Dauer der fünfjährigen Legislaturperiode ändert sich nichts. Sie endet also 2026.
Sendung: rbb24 Inforadio, 02.03.2023, 19:00 Uhr