Personaldebatte in Berlin - Wer bekommt einen Platz am neuen Senatstisch?

Fr 24.03.23 | 17:54 Uhr | Von Jan Menzel
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Symbolbild: Kai Wegner und Franziska Giffey geben am 15.03.2023 gegenüber der Presse ein Statement (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Audio: Antenne Brandenburg | 24.03.2023 | Sabine Müller | Bild: dpa/Carsten Koall

CDU und SPD kommen bei ihren Koalitionsverhandlungen auf die Zielgerade. Bis zum Schluss offen bleibt traditionell die Posten-Verteilung. Doch die wichtigsten Personalien eines neuen Berliner Senats zeichnen sich schon jetzt ab. Von Jan Menzel

Es gibt eigentlich nur zwei Gewissheiten bei Personalspekulationen: Wer sich selbst zu offensiv ins Gespräch bringt, geht am Ende leer aus. Und wer zu früh ins Rennen geschickt wird, ist schon verbrannt, bevor es ans Postenverteilen geht. So gesehen ist es verständlich, wenn sich die Verhandler von SPD und CDU schweigsam geben, wenn es um die neue Senatsmannschaft geht.

Namen auf Notizzettel

Trotzdem wird natürlich schon an einem Personaltableau gefeilt. Es werden Gespräche geführt und Namen auf Notizzettel, Bierdeckel oder auch mal Papier-Servietten geschrieben. Spannend ist dabei besonders, wie die drei Parteivorsitzenden sich in einer neuen Koalition positionieren.

Für CDU-Chef Kai Wegner liegt der Fall klar: In einem schwarz-roten Bündnis wird er Regierender Bürgermeister. Franziska Giffey muss dafür das Rote Rathaus räumen. Die Option, stattdessen als Super-Senatorin - etwa für Stadtentwicklung und Verkehr - zu arbeiten, ist praktisch vom Tisch. CDU und SPD wollen den bisherigen Ressortzuschnitt beibehalten. Denn bis zur nächsten Wahl sind es nur noch dreieinhalb Jahre. Unendlich viel Zeit für eine große Neu-Organisation von Verwaltungen bleibt also nicht.

Giffey auf Geisels Posten?

Franziska Giffey wird daher aller Voraussicht nach die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung von ihrem Parteifreund Andreas Geisel übernehmen, was thematisch passen würde: Wohnungsneubau war schon für die Regierende Bürgermeisterin Chefinnensache. Eine Bausenatorin Giffey stünde im Stoff und könnte unmittelbar loslegen. Da Wohnen eine der - vielleicht auch - die zentrale Zukunftsfrage der Stadt ist, wäre ihr eine wichtige Rolle garantiert.

Gedankenspiele, Giffey könnte Innensenatorin werden, wären damit vom Tisch. SPD-Fraktionschef Raed Saleh hatte das Innenressort zwar schon früh für seine Partei reklamiert, dabei aber wohl Iris Spranger im Blick. Sie hatte die Innenverwaltung 2021 völlig überraschend übernommen und selbst Skeptiker stellen inzwischen fest, dass sie das Amt ausfüllt. Spranger ist zudem mit ihrem Ehemann, dem Reinickendorfer SPD-Kreis-Chef Jörg Stroedter, ein Machtfaktor in der SPD. Auch darauf kommt es bei der Postenvergabe an.

Folgt Saleh auf Kipping?

Nach Lage der Dinge wird die SPD in einer schwarz-roten Koalition auch weiterhin den Wirtschaftssenator stellen. Wenn er will, könnte der Parteilose Stephan Schwarz wohl weiter machen. Er ist selbst Unternehmer, war lange Präsident der Handwerkskammer und wird parteiübergreifend geschätzt. Allerdings bescheinigen auch einige seinem bisherigen Staatssekretär Michael Biel, dass er den Job handwerklich könne. Biel ist gleichzeitig Landeskassierer der SPD und damit in der Partei vernetzt.

Noch nicht geklärt scheint, welche Rolle künftig der starke Mann der Berliner SPD spielt. Fraktions- und Landeschef Raed Saleh hat aus seiner Position heraus den ersten Zugriff auf die zu verteilenden Positionen. Er muss entscheiden, ob er wie bisher als mächtiger Anführer der Fraktion mehr bewirken kann oder ob sein Platz am Senatstisch ist. Die Linke Katja Kipping hat als Senatorin für Arbeit, Integration und Soziales Berlin mit einigem Erfolg durch die Flüchtlingskrise gesteuert. Saleh könnte sich an Kipping orientieren.

Wegners Schattensenator:innen

Bei den Christdemokraten hatte der Landesvorsitzende Kai Wegner schon vor der Wahl zwei Schatten-Senator:innen benannt. Als neue Bildungssenatorin soll die Abgeordnete Katharina Günther-Wünsch eines der schwierigsten Ressorts übernehmen. Als Lehrerin bringt sie dafür die fachliche Expertise mit. Als Frau aus dem Osten hilft sie Wegner sein Senats-Team einigermaßen auszutarieren.

Zweiter gesetzer Kandidat der CDU ist der Musik-Manager Joe Chialo für das Amt des Kultursenators. Auch er war von Wegner schon im Wahlkampf vorgestellt worden. In Parteikreisen gilt als sicher, dass der Bundestagsabgeordnete und Jurist Jan-Marco Luczak neuer Justizsenator werden soll. Luczak ist bislang baupolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion.

Das neue Feld des Generalsekretärs?

Bei CDU-Generalsekretär Stefan Evers ist nur klar, dass er in einer schwarz-roten Koalition eine gewichtige Rolle spielen wird. Evers wird in ganz unterschiedlichen Teilen der Partei geschätzt. Den Wahlerfolg der CDU führen viele maßgeblich auf ihn und die von ihm gesteuerte Kampagne zurück. Politisch gilt er als Allrounder, der für jede Verwaltung in Frage kommen würden. Am interessantesten dürfte für Evers der Posten de Finanzsenators sein, weil er an dieser Stelle maximalen Gestaltungsspielraum hätte.

Allerdings könnte es für Evers auch auf die Umwelt- und Verkehrsverwaltung hinauslaufen. Hier stünde zwar mit dem Lichtenberger Abgeordneten Danny Freymark ein versierter Fachmann und in seinem Wahlkreis überaus erfolgreicher Politiker bereit. Freymark gehört allerdings zu einer Truppe jüngerer, moderner Politiker aus dem Osten der Stadt, die nicht immer das Ohr von Parteichef Wegner haben. Der setze eher auf alte Parteifreunde aus dem Westen, ist aus der CDU zu hören.

Die größte Hürde auf dem Weg ins Amt liegt woanders

Wenn es bei der verabredeten Verteilung der Senatsposten bleibt, würde die SPD die Senatsverwaltung für Wissenschaft und Gesundheit übernehmen. Hier soll die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Ina Czyborra zum Zuge kommen. Sie ist Expertin für Hochschulpolitik, Erfahrungen im Bereich Gesundheit bringt sie allerdings nicht mit. Die hätte allerdings der Abgeordnete Martin Matz, der in der Hochphase der Corona-Pandemie Staatssekretär in der Gesundheitsverwaltung war.

Matz will jedoch dem Vernehmen nach weiter Abgeordneter bleiben, weil er dies seinem Kreisverband zugesagt hat. Abgeordneter bleiben könnte er nur als Senator. Als Staatssekretär müsste er aus dem Parlament ausscheiden. Deshalb wird er einem neuen Senat eher nicht angehören. Als Anwärterin auf ein Amt wird dagegen Cansel Kiziltepe gehandelt. Sie sitzt als stellvertretende Landesvorsitzende in zentraler Position in den Koalitionsverhandlungen. Kiziltepe ist zur Zeit parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium. Auf die Landesebene würde sie jedoch nur als Senatorin wechseln.

Auch wenn dieses Mal schon in den Sondierungsgesprächen viele grundlegende Verabredungen getroffen wurden: Änderungen sind bis zur letzten Minute möglich – auch beim Ressortzuschnitt und bei den Namen. Die größte Hürde auf dem Weg ins Amt, liegt aber für einen Regierenden Bürgermeister Kai Wegner und seine zehn Senatorinnen und Senatoren woanders. Über den Koalitionsvertrag und damit über Schwarz-Rot entscheiden die SPD-Mitglieder in einer Abstimmung. Wie die ausgeht, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Sendung: rbb24 Inforadio, 25.3.2023, 10:20 Uhr

Beitrag von Jan Menzel

22 Kommentare

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  1. 22.

    Ja,
    für Sie ist der Westen der Republik ein zu ignorierender Teil des wiedervereinigten Deutschland, und sie haben als Bürger des Ostens immer recht, obwohl Sie über die Bundesrepublik Deutschland fast gar nichts wissen, und nichts wissen wollen..

  2. 21.

    "Verlassen Sie Ihre "Berliner Blase" und befassen sich mit der Geschichte der Jusos im westlichen Teil der Republik. "

    Ja, mit der Geschichte der Jusos im östlichen Teil der Republik kann man sich auch schwer befassen.

    "Übrigen der bekannte Spruch: Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch einer ist, hat kein Hirn. "

    Die einen haben Argumente, sie haben nur dumme Sprüche. Und dann auch noch falsch zitiert, passt zu ihnen.

    "In den westlichen SPD Kreisen, war dieser Spruch mehr oder weniger die Leitschnur im Umgang mit den Jusos. "

    In ihrer Einbildung bestimmt.

    "Gogeln Sie mal, das bildet." Ja, man merkt woher sie ihre (Ein-) Bildung haben oder vielmehr das, was sie dafür halten.

    Einbildung ist auch eine Bildung, um mal kurz auf ihr Niveau einzugehen.

  3. 20.

    Von wegen Schwachsinn.
    Verlassen Sie Ihre "Berliner Blase" und befassen sich mit der Geschichte der Jusos im westlichen Teil der Republik.
    Übrigen der bekannte Spruch: Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz, wer mit 40 noch einer ist, hat kein Hirn.
    In den westlichen SPD Kreisen, war dieser Spruch mehr oder weniger die Leitschnur im Umgang mit den Jusos.

    Ja, und wenn Sie vom Gerhard Schröder sprechen, der war mal Vorsitzender der Jusos, und wäre mit seiner damaligen Einstellung bei der DKP gut auggehoben. Gogeln Sie mal, das bildet.

  4. 19.

    Schmeißt einfach mal die ganzen Lobbyisten raus,dann is vielleicht auch wieder platz für ein paar der wenigen ehrlichen Politiker

  5. 18.

    "Mit zunehmenden Alter und Wohlstand wachsen viele in das konservative Lager. "

    Macht und Geld korrumpiert und das finden sie gut?

  6. 17.

    Man muß schon jenseits der AfD/NPD stehen um solchen Schwachsinn zu verfassen...

    Gabriel, Schröder... beides ehemalige Jusos...

    In Berlin kann man erleben wohin uns die Greisen der sPD gebracht haben. Die verpatzten Wahlen gehen auf das Konto von Geisel und seiner Innenverwaltung.



  7. 16.

    Dass die Jusos dem Sozialismus zugewandt sind, das hat Tradition, früher wären sie bei der DKP gut aufgehoben, und heute bei der Linke..
    Die SPD Senioren sind Sozialdemokraten, die für die soziale Marktwirtschaft einstehen, und ihre Vernunft walten lassen.

  8. 15.

    Ich kann mir da niemanden vorstellen!
    Immer nur beim Spatenstich oder Bändchen durchschneiden?
    Wenn es eng wird, mal wieder Millionen rausblasen?
    Die Handlungsweise einzelner ist an dieser Stelle stark zu überdenken.
    Bodycam und Tischfußball machen die Stadt nicht sicher

  9. 14.

    Keine Sorge, die Jusos haben wenig zu melden und werden auch mal zur CDU zugewandten Senioren SPD.

    Der demographische Wandel verspricht also entgegen allen Prognosen viel für CDU + SPD.

    Mit zunehmenden Alter und Wohlstand wachsen viele in das konservative Lager.

    Gut ist es.

  10. 13.

    Na, auch die CDU hat ja mal gerade 28,2 % bekommen. Also doch recht weit entfernt von der absoluten Mehrheit für Kai Wegner, den ich im übrigen sehr schätze.

  11. 12.

    Ich möchte keinen von denen. Eine hetzwrischw CDU nicht und eine geputschte SPD nicht. Jusos bitte übernehmen.

  12. 11.

    Verstehe, die Berliner wählen Wegener und meinen eigentlich Giffey.
    Und deswegen fährt die SPD auch das historisch schlechteste Wahlergebnis ein.

  13. 10.

    Klingt nach Möbelrücken.
    Wenn ich will, dass die kompetente Kommode neben das verblüffende Vertiko kommt, müsste das bewährte Buffet auf die andere Seite, aber dort steht der hölzerne Hochtisch, ab dem ich morgens mein Espresso im Stehen trinke.
    Oder nach dem Kombinationsspiel: der unvermeidliche Herr Saleh mit dem Integrationskonzept als Sozialsenator oder doch der Landeskassierer mit dem handwerklichem Können als Wirtschaftssenator.
    Oder die beste Alternative: keiner mit irgendetwas als was auch immer - weil die SPD-Basis den Koalitionsvertrag ablehnt.

  14. 9.

    Ich bin jetzt SPD Wähler. Aber für mich war sie eine von 2 guten Senatorinen. Der Nachteil am öffentlichen haushalt ist oft, dass jeder mehr Geld will und oft nicht mehr Geld zur Verfügung steht. Ich möchte so einen unbeliebten Job auch nicht machen. Sie sucht nebenbei noch Nachwuchs, der sich silvester usw. Ohne bodycams verkloppen und verletzen lassen soll. Linke und Grüne sind ja gegen bodycams zur Beweissicherung.

  15. 8.

    Na ja, wenn etwas Chefsache wird, sollten bei allen immer alarmsignale los gehen. Aber der zuständige Senator konnte ja auch keine Wahl planen und fehlerfrei durchführen lassen. Stichwort fehlende Wahlzettel, Marathon usw.

    Niemand ist besser als sein schlechtestes Teammitglied.

  16. 7.

    Mit RRG konnte man keinen Blumentopf und keine Wahl gewinnen. Ich keinen, der eine grüne Bürgermeisterin haben wollte. Ich denke, sie ist auch froh, dass nicht jede Entscheidung von links und grün aufgeweicht wird. Also ich denke so schlecht ist sie nicht. Aber mit dem RRG-Dreamteam war das regieren wohl nicht so einfach.

  17. 6.

    Die Abteilungen, die ausschreiben müssen werden sich über den verpflichteten Mindestlohn für ausgeschriebene Dienstleistungen sehr freuen. komplizierte ausschreibungen = weniger Angebote = höhere Preise bei ausschreibungen = der Sinn einer Ausschreibung wird verwässert. Aber Berlin hat ja genug Geld für ein weiteres SPD wahlgeschenk. Wie wird überprüft, ob alle beteiligten Mitarbeiter der externen Firmen wirklich mehr verdienen. Bei den Corona-testzentren wurde ja auch beschissen ;-)

  18. 5.

    Ein Jammer dass Frau Spranger bleibt. In Punkto Notfallrettung und Krankentransport hat sie ihre methodische wie auch fachliche Inkompetenz der eindrucksvoll in Szene gesetzt. Sie folgte Populismus und Meinung. Und bewirke damit fachlichen Stillstand und resignierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Rettungsdienst.

  19. 3.

    Für mich wäre die Sache nur rund, wenn Giffey nicht als Senatorin irgendjemand anderem in ihrer Partei den Platz klaut.
    Sie hat die Wahl verloren und im Berliner Senat nichts mehr verloren, nur dann wäre sie als Führerin der Koalitionsverhandlungen im Sinne einer zukünftigen vom Wähler getragenen Koalition überhaupt glaubhaft.
    Aber so wie ich die Sozies kenne, wird Giffey Senatorin.

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