Reaktionen zu Wahlwiederholung - "Tiefpunkt für das Ansehen Berlins"

Mi 16.11.22 | 14:30 Uhr
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Zahlreiche Menschen stehen in einer langen Schlange vor den Wahllokalen im Tiergarten Gymnasium in der Altonaer Straße. (Quelle: dpa/Monika Skolimowska)
Audio: rbb24 Inforadio | 16.11.2022 | Jan Menzel | Bild: dpa/Monika Skolimowska

Noch nie musste eine Landtagswahl in Deutschland komplett wiederholt werden - bis jetzt: Der Verfassungsgerichtshof ordnete am Mittwoch genau das für die Berlin-Wahl an. Die Opposition fordert weitere personelle Konsequenzen.

Das Urteil zur kompletten Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl in Berlin hat in der Landespolitik deutliche Reaktionen ausgelöst.

Für die Landes-CDU ist die Entscheidung eine Niederlage für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). "Es ist ein Tiefpunkt für das Ansehen Berlins in Deutschland und der Welt", teilte der Generalsekretär der Oppositionspartei, Stefan Evers, am Mittwoch nach der Urteilsverkündung des Berliner Verfassungsgerichts mit. "Es ist eine schwere Niederlage für Frau Giffey und ihren Senat." Bis zuletzt habe vor allem die SPD versucht, öffentlichen Druck auf das Verfassungsgericht auszuüben.

"Noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland musste eine Wahl wiederholt werden, weil eine Landesregierung nicht in der Lage war, eine Abstimmung zu organisieren", sagte Evers. Senator Andreas Geisel, zum Zeitpunkt der Wahl im September 2021 an der Spitze der für die Wahl zuständigen Innenverwaltung, sei noch immer im Amt. "Das ist spätestens jetzt keinem Berliner mehr zu erklären oder zuzumuten."

Der Livestream zur Gerichtsentscheidung zum Nachschauen:

Die Berliner FDP forderte eine Kehrtwende in der Landespolitik. Mit seiner Entscheidung setze das Gericht Berlin ein Denkmal der Dysfunktionalität, teilte der FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja am Mittwoch nach der Urteilsverkündung mit. Die Regierenden der vergangenen Jahrzehnte einschließlich der CDU hätten sich konsequent jeglicher Verantwortung entledigt und offensichtliche Missstände viel zu lange ignoriert. "Diese Zäsur muss eine Kehrtwende bisheriger Politik einläuten, wir müssen die Kontrolle über unsere desolaten Verwaltungsstrukturen zurückerlangen", forderte Czaja.

Die Berliner AfD hat das Urteil zur Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl begrüßt. "Berlin hat eine zweite Chance bekommen", teilte die AfD-Landesvorsitzende Kristin Brinker am Mittwoch mit. Der Senat aus SPD, Grünen und Linke sei "für das Wahlchaos" verantwortlich gewesen. "Das Urteil stellt nun sicher, dass das Abgeordnetenhaus endlich rechtssicher zusammengesetzt ist." Die Berliner sollten die Chance der Wahlwiederholung nutzen.

Fragen und Antworten zur Wiederholungswahl im Video:

Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) teilte mit, dass der Senat das Urteil akzeptieren und keine Beschwerde einlegen werde. Es solle nun alles dafür getan werden, die Wahlen gut vorzubereiten und einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Am Mittwochabend werde der Senat auf einer Sondersitzung die nächsten Schritte besprechen, so die SPD-Politikerin.

Die Berliner Grünen erklärten, der Verfassungsgerichtshof habe "ein klares Urteil gefällt", das die Partei respektiere und akzeptiere. Der Urteilsspruch sei "eine heftige Klatsche für die Verantwortlichen der letzten Wahl", konstatierten sie.

Die Berliner Linken-Vorsitzende Katina Schubert erklärte, die Berlinerinnen und Berliner hätten "nun die Möglichkeit, darüber zu entscheiden, was ihnen angesichts der anhaltenden Krisen wirklich wichtig ist".

Wahlwiederholung am 12. Februar 2023

Der Verfassungsgerichtshof entschied am Mittwochvormittag, dass die Berliner Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksparlamenten vom September 2021 wegen der zahlreichen Wahlpannen komplett wiederholt werden muss.

Sie sollen wie erwartet am 12. Februar 2023 wiederholt werden. Das teilte der Berliner Landeswahlleiter Stephan Bröchler am Mittwoch mit.

Sendung: rbb24 Abendschau, 16.11.2022, 19:30 Uhr

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53 Kommentare

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  1. 53.

    Um den angespannten Wohnungsmarkt deckeln zu können, müssen aber erst einmal überhaupt Wohnungen vorhanden sein und gebaut werden. Die Linke, will doch auch nur umverteilen, ohne zu handeln. Und wenn beim Vermieter nichts mehr zu holen ist, sucht man sich das nächste Feindbild und greift in die nächsten Taschen. Ich bin mit meiner Familie vor 8 Jahren ins Umland gezogen, da es in Berlin egal ist, ob Rote oder Linke regieren. Der Mensch sollte für sich selbst, Verantwortung tragen und das ist in Berlin verloren gegangen. Neuwahlen ändern nur die Personen aber nicht die Berliner Politik.

  2. 52.

    Tatsächlich, so auch meine Meinung, ein „Tiefpunkt für das Ansehen Berlins“, aber auch ein Beweis dafür, dass in Berlin der demokratische Rechtsstaat und dessen „Gewaltenteilung“ funktioniert.

  3. 51.

    Schilda war ein Märchen, Berlin ist leider Realität.

  4. 50.

    Was für ein Vorschlag!, eine links außen Partei wählen, die ja bekanntlich lange mitregiert, und diese inzwischen orientierunslose berliner SPD vor sich hertreibt.
    Fazit, die Linke ist die Partei, die ein maßgeblichen Anteil an den hiesigen unhaltbaren Zuständen hat.

  5. 49.

    Und wer weiß, wie viele Gehaltserhöhungen, Prämien, Abfindungen und ,,Blumenstrauß mit Glückwunschkarte,, usw., sich dann noch zum Abschluss, genehmigt wird ? Der Steuerzahler ist in jedem Fall, der Dumme und in der Politik werden nur die Gesichter ausgetauscht und wenn es passt, wird auch das Parteibuch einfach ausgetauscht.

  6. 48.

    Das stimmt vollkommen: Berlin nimmt die Reste der deutschen Provinz und der restlichen Welt auf - Wer konnte und kann, verschwindet daher, sowieso ins Umland oder nach Meck-Pomm, oder sonstwohin. Berlin ist die Resterampe von Deutschland und der Welt !!! Daran ändern, Neuwahlen wieder neuer Funktionäre auch Nichts.

  7. 47.

    "Viele Familien und damit hohe Kaufkraft, verlassen Berlin doch schon seit Jahrzehnten in Richtung Umland - soviel zum Thema Ansehen."

    Weil die Mieten inzwischen unbezahlbar sind weil man sie dem "freien Markt" überlassen hat. RRG wollte mit dem Mietendeckel gegensteuern wurde aber durch ein umstrittenes Urteil ausgebremst.

    Wer also Kaufkraft und Familien zurückgewinnen möchte muß Die Linke wählen, ganz eindeutig. sPD und FDP als parlamentarische Arme der Immobilenmafia wäre kontraproduktiv und Grüne würden aus reinen Machterhalt auch mit der cDU regieren.

    Bleibt also nur eine Lösung.

  8. 46.

    "Immerhin haben 2021 ca. 37 % der Wahlberechtigten an der Briefwahl teilgenommen, die meines Wissens nicht zu beanstanden war. Diese 37 % nochmals zur Wahl aufzufordern ist zumindest sehr fragwürdig "

    Bei zwei Richtern mit cDU Parteibuch fragen sie sich noch wie dieses Fehlurteil zustande gekommen ist?

  9. 45.

    Sehr gut formuliert Thomas. Berlin ist nur noch Resterampe. Wird mit Neuwahlen nicht besser.

  10. 44.

    Tja, Eine Stadt oder ein Land ist nur so gut, wie seine Regierenden. Und wenn nur noch Arbeitsnomaden aus der Provinz, die Politik bestimmen, ist das halt der Untergang der Großstadt bzw. des Bundeslandes.

  11. 43.

    Brandenburg wird doch genauso von Dörfis regiert und das spiegelt sich in der Politik wieder, die nur ausgerichtet auf Lausitz und polnische Grenzregion ist. Aus irgendeiner provinziellen Kleinstadt/Dorf kommen und dann in Potsdam oder Berlin regieren wollen- Was macht man nicht Alles, für fette Gehälter ??

  12. 42.

    Wann übernimmt Giffey endlich Verantwortung und entlässt den für das Wahlchaos verantwortlichen Senator Geisel?

  13. 41.

    Berlin wird von irgendwelchen Dörfis regiert und die Berliner:innen wundern sich über den sozialen Abstieg ihrer Stadt. Da sollte vorher mal genauer hingeschaut werden, aus was für Provinz Städten, die Regierenden Politiker unserer Stadt kommen.

  14. 40.

    Bei Lockdown wären es 100% gewesen. Der kam es nach der Wahl.

  15. 39.

    Na Cottbus ist doch auch das Berlin von Brandenburg ! Eine Stadt die seit Jahrzehnten von Strukturhilfen in Milliardenhöhe lebt und trotzdem immer neue Gelder benötigt. Da haben doch Cottbus und Berlin etwas gemeinsam- beide Städte leben vom Geld der Anderen und kommen trotzdem nicht auf die Beine, Viele Grüße aus Berlin in die Lausitz.

  16. 38.

    Sehr guter Einwand, sie haben vollkommen Recht. Diesen Umstand hätte der LVerfGH tatsächlich bei der Abwägung zwischen einerseits dem Recht auf Ausübung des Wahlrechts und andererseits der Durchsetzung des tatsächlichen Wählerwillen zum Zeitpunkt der Wahl stärker Rechnung tragen können (müssen?).
    37 % verbriefter tatsächlicher Wählerwillen aller Wahlberechtigten zum Zeitpunkt der regulären Wahl sind nicht gerade wenige Stimmen.

  17. 37.

    Och, Berlin kann immer noch tiefer- ob beim Ansehen, beim Wohnungsbau, oder beim sozialen Umfeld- tiefer klappt in Berlin immer.

  18. 36.

    Sehr Viele, sind doch sowieso schon ins Umland gezogen, daran ändern auch Wahlwiederholungen in Berlin nichts. Ordnung, Sauberkeit und so weiter, kommen auch durch Neuwahlen nicht wieder.

  19. 35.

    Das Wahlchaos 2021 hat Empörung und Kopfschütteln hervorgerufen. Das heutige Urteil des Berliner Verfassungsgerichts ist ebenfalls unbefriedigend. Immerhin haben 2021 ca. 37 % der Wahlberechtigten an der Briefwahl teilgenommen, die meines Wissens nicht zu beanstanden war. Diese 37 % nochmals zur Wahl aufzufordern ist zumindest sehr fragwürdig

  20. 34.

    Genau : Diesen unfähigen Senat abwählen und den nächsten unfähigen Senat wählen.

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