Wahl-Pannen in Berlin - In Pankow dauerte die Auszählung besonders lang
Warteschlangen und fehlende Stimmzettel haben viele Wähler am Sonntag in Berlin verärgert. Auch ein Blick darauf, wann die Ergebnisse der Auszählung schließlich bei der Wahlleitung eingingen, bezeugt die Verzögerungen in Berlin. Von Hasan Gökkaya
Der Superwahlsonntag in Berlin ist vorbei - doch für die landesweiten Wahlbehörden ist das Kapitel noch längst nicht abgeschlossen. Ob durch stundenlanges Anstehen oder fehlende Stimmzettel: Viele Berliner wurden am Sonntag für ihre Stimmabgabe auf eine Geduldsprobe gestellt. Mehrere Bezirke machten dabei keine gute Figur, am längsten dauerte die Erfassung und Auszählung der Stimmen wohl in Pankow.
Als es in dem Wahllokal "Kurt-Tucholsky-Oberschule, Klassenraum Haus F" zur Sache ging, war es draußen bereits dunkel. Erst um 19:13 Uhr, also mehr als eine Stunde nach Schließung der Wahllokale, wurde an der Neumannstraße in Pankow der 567. und damit letzte Wähler erfasst, dann ging das Auszählen los.
Dabei hatten die für die Wahlbezirke verantwortlichen Wahlvorstände eine klare Vorgabe für den Superwahlsonntag: Erst sollten die Stimmen zur Wahl des Bundestags gezählt werden, dann die der Abgeordnetenhauswahl, gefolgt von der BVV-Wahl und dem Volksentscheid "Deutsche Wohnen und Co. enteignen". In dieser Reihefolge sollten die Zahlen auch übermittelt werden.
Berliner Bezirke bundesweit am langsamsten
In den Bezirken Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg wurde von besonders vielen Schwierigkeiten in einzelnen Wahllokalen berichtet. Möglicherweise hat genau deshalb Pankow für die Übermittlung der Wählerstimmen aus den 215 Urnenwahllokalen und 116 Briefwahllokalen für den Volksentscheid stadtweit am längsten gebraucht. Erst am Montagmorgen, um 8:17 Uhr, übermittelte der Bezirk die letzten Zahlen. Das zeigen auf der Webseite der Landeswahlleitung veröffentlichte Daten [wahlen-berlin.de]. Demnach war Tempelhof-Schöneberg mit dem Zeitstempel von 2:05 Uhr am schnellsten. Allerdings wurden in Pankow insgesamt 221.000 Stimmen abgegeben; in Tempelhof-Schöneberg rund 175.000.
Auch die Daten der Bundeswahlleitung zu den Ergebniseingängen aus den Wahlkreisen [bundeswahlleiter.de] für die Bundestagswahl in Deutschland deuten auf Verzögerungen in Berlin hin. Demnach übermittelten bundesweit vor allem Wahlkreise in Berlin ihre vorläufigen Ergebnisse zuletzt. Schlusslicht war Pankow mit dem Zeitstempel 5:29 Uhr, Montagmorgen. Der Zeitstempel aktualisere sich allerdings immer, sobald noch Änderungen, also "Korrekturen" durchgeführt würden, sagt Christine Ruflett, Kreiswahlleiterin für Pankow auf Nachfrage von rbb|24.
Wahllokale bastelten provisorische Wahlkabinen
Laut Ruflett war die Entwicklung mit den Warteschlangen nicht völlig überraschend. "Die Wahlvorstände wurden bei den Schulungen, aber auch stichprobenartig am Tag der Wahl, darüber informiert, dass sich ein Mitglied des Wahlvorstandes kurz vor 18 Uhr ans Ende der Warteschlange stellen soll, damit die bis 18 Uhr dort eingetroffenen Bürger ihre Wahl noch treffen können", so die Kreiswahlleiterin. Fälle von Versäumnissen seitens der Walvorstände seien ihr nicht bekannt. In einem Fall habe ein Wahllokal aber noch um 19:40 Uhr Wähler abgefertigt.
Wegen der in Berlin vier gleichzeitig abgehaltenen Wahlen sei es zu längeren Verzögerungen als üblich gekommen. Deshalb seien Wahlkabinen nachgeliefert worden. Einige der Wahlvorstände in ihrem Bezirk seien sogar erfinderisch geworden und hätten provisorisch Kabinen in den Wahllokalen zusammengebastelt. Die Übermittlung der Ergebnisse sei dagegen problemlos verlaufen: "Die Wahlvorstände übermitteln die Zahlen telefonisch dem Wahlamt, so werden sie erfasst". Probleme beim Durchrufen habe es keine gegeben, so Ruflett.
Kreiswahlleitung muss jetzt Hunderte Protokolle durcharbeiten
Und was ist mit den Berichten über fehlende oder sogar vertauschte Stimmzettel? In wie vielen Wahllokalen es konkret Probleme gab, konnte selbst der Chef der Senatskanzlei, Christian Gaebler, am Dienstag noch nichts sagen. Er sprach aber von einer zweistellige Summe. Von einem Wahlchaos könne also nicht die Rede sein, resümierte Gaebler. Und die Pankower Kreiswahlleiterin Ruflett?
Es seien Mitglieder der Wahlvorstände aus Pankow vorstellig geworden, um Stimmzettel nachzufordern, sagt sie. Einige hätten dabei nicht gewusst, welche Stimmzettel konkret gebraucht würden.
Sie betont jedoch, um konrekt festzustellen, wo und warum es Probleme gab, müssten zunächst alle Niederschriften der Wahlvorstände durchgearbeitet werden. Insgesamt 331 Protokolle aus Pankow lägen ihr nun vor, einige gut 20 Seiten lang.