Nachzählung in Charlottenburg-Wilmersdorf - SPD-Politikerin Becker verliert Direktmandat

Fr 01.10.21 | 17:41 Uhr
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Franziska Becker (SPD), Vorsitzende des Hauptausschusses der Haushaltsberatungen 2020/2021. Quelle: dpa/Christoph Soeder
Video: Abendschau | 01.10.2021 | T. Garus | Bild: dpa/Christoph Soeder

Nach einer erneuten Zählung der Stimmen im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf 6 hat sich die Mehrheit bei den Erststimmen zum Abgeordnetenhaus verschoben. Anstelle der SPD-Politikerin Becker holt Grünen-Kandidat Kaas Elias das Direktmandat.

Das Bezirkswahlamt in Charlottenburg-Wilmersdorf hat nach der Bekanntgabe der vorläufigen Wahlergebnisse eine Korrektur vorgenommen: Die Berliner SPD-Abgeordnete Franziska Becker verliert aufgrund einer Nachzählung ihr Direktmandat. In Wahlkreis 6 in Berlin-Wilmersdorf hatte sie nach dem vorläufigen Ergebnis der Abgeordnetenhauswahl mit Stand von vergangenem Montag äußerst knapp mit acht Erststimmen vor dem Zweitplatzierten Alexander Kaas Elias von den Grünen gelegen.

Die Nachzählung heute hat nun ergeben, dass tatsächlich Kaas Elias mit 23 Stimmen vor Becker liegt. Das teilte das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf auf seiner Internetseite mit. Bei der Berlin-Wahl 2016 hatte die Sozialdemokratin Becker in dem Wahlkreis bei den Erststimmen noch vorn gelegen.

Grünen-Politiker Kaas Elias holt 31 Stimmen auf

Der Grünen-Politiker habe 6.399 Erststimmen erhalten, die Zweitplatzierte Franziska Becker 6.376 Stimmen. Damit zieht nun Alexander Kaas Elias für die Grünen als direkt Gewählter ins Abgeordnetenhaus. Doch auch Becker wird voraussichtlich im Landesparlament sitzen können, da sie über einen Listenplatz ihrer Partei abgesichert ist.

Folgen hat die Verschiebung auch für den Grünen-Politiker Stefan Taschner. Er verliert nun sein Mandat, weil sein Parteilistenplatz nicht mehr zum Zuge kommt. Dem rbb sagte Taschner, er sei bereits seiner von Fraktionsvorsitzenden Silke Gebel unterrichtet worden, dass er mit diesem Ergebnis sein bisher zugesprochenes Mandat verlieren werde. "So haben die Wählerinnen und Wähler entschieden", so Taschner gegenüber dem rbb. "Ich freue mich für Alexander Kaas Elias, und es ist schön, dass wir ein weiteres Direktmandat gewinnen."

Nachzählung in Pankow bleibt ohne Folgen

Währenddessen blieb eine weitere Nachzählung in Berlin-Pankow ohne Folgen für die Mandatsverteilung. Diese Nachzählung betraf den Wahlkreis 3, in dem nach aktuellem Stand die Grünen-Politikerin Oda Hassepaß das Direktmandat gewonnen hat und dort 30 Erststimmen vor dem Linken-Kandidaten Klaus Lederer lag. "Im Zuge der Nachzählungen ergaben sich keine mandatsrelevanten Veränderungen", teilte der Leiter des Bezirkswahlamts Marc Albrecht dem rbb auf Anfrage mit.

Die genauen Ergebnisse würden aktuell noch anhand der ausgefüllten Niederschriften überprüft, um dann im Bezirkswahlausschuss am 11. Oktober 2021 verkündet zu werden. Aus diesem Grund lehnte der Bezirkswahlamtsleiter ab, dem rbb vorab detailliertere Zahlen zu übermitteln. Dies würde einen unverhältnismäßigen Aufwand bedeuten, der die ordnungsgemäße Feststellung des Wahlergebnisses gefährden würde.

Erst am Donnerstag wurde bekannt, dass das Bezirkswahlamt in Charlottenburg-Wilmersdorf die Wahlergebnisse für mehrere Bezirke bei der BVV-Wahl geschätzt hatte. Weil in den Bezirken zunächst nicht klar war, wie wirklich abgestimmt wurde, meldete das Wahlamt fiktive Ergebnisse für insgesamt 22 Wahlbezirke. Gegenüber rbb|24 räumte der Bezirkswahlleiter ein, man habe die gemeldeten Stimmanteile für die Parteien geschätzt. Auch vier Tage nach der Wahl standen die fiktiven Ergebnisse noch ohne einen Hinweis als vorläufige Wahlergebnisse auf der Website der Landeswahlleitung.

Sendung: Inforadio, 01.10.2021, 18 Uhr

26 Kommentare

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  1. 26.

    In der Neuen Zürcher gab es Leserbriefe, die "noch nicht" von Wahlmanipulation sprechen möchten, andererseits eine vollständige Wiederholung der Wahl für unvermeidlich halten. Dem schließe ich mich an. Ich habe mit meiner Zweitstimme eine bestimmte Partei gewählt - das vorläufige Wahlergebnis zeigt an dieser Stelle einen Strich, also "null" an. Diese Wahl macht einen getürkten Eindruck. Das sogenannte "Chaos" könnte durchaus dazu gedient haben, einer bestimmten Partei "über Nacht" 3,1 Prozent mehr und einer anderen, bisher siegreich scheinenden 4,6 Prozent weniger zuzubilligen. Wieso gab es - Zitat Landeswahlleiterin - "10 bis 20 Prozent mehr" Wahlscheine als Stimmberechtigte?? Wo blieben sie ???

  2. 25.
    Antwort auf [Kassandra] vom 02.10.2021 um 16:04

    Und die Jammernden wechseln von einem Extrem un das andere.

  3. 24.

    Junge Eltern waren auch mal Clubgänger ;-)
    Lederer hat m.E. nichts für Clubkultur getan, seine irre Coronamaßnahmen-Befürwortung spricht da Bände, gut so, dass er das Mandat nicht wieder direkt bekommt! 2G Tanzen gehen ist abartig, wer möchte denn da hin …

  4. 23.

    Da stimme ich ihnem voll zu, es stinky reichlich
    nach manipulation hoch 3 bernd

  5. 22.

    Lederer ist im falschen Wahlkreis abgetreten. In Pankow gibt es zu wenig Clubgänger, dafür mehr junge Eltern.

  6. 21.

    Klaro: Elektronische Systeme sind bombensicher, jegliche Störungen und Manipulationen sind dort völlig unmöglich, weshalb man auch problemlos auf die Möglichkeit verzichten kann, zu den Zetteln zu greifen und nachzuzählen.

  7. 20.

    Zumindest für das Auszählen sollte es ohne weiteres zertifizierte maschinelle Unterstützung geben. Ein Scanner der das umständliche und daher fehlerbehaftete Sortieren und Zählen übernimmt. Wahlregister sollte mit dem elektronischen Personalausweis auch fehlerfrei darstellbar sein. Das ganze natürlich so dass die Grundregeln der freien und geheimen Wahl bleiben.
    Wenn es rechtlich möglich wäre, kann der elektronische Stimmzettel zu noch weniger Fehlern helfen. Wenn man wie in Berlin geschehen nicht mal sicher sein kann die richtige Liste vor sich zu haben.
    Dann ist nur das menschliche Nachzählen unmöglich.

  8. 19.

    Mir war gleich nach nach Bekanntgabe des vorläufigen Ergebnisses der äußerst knappe Ausgang des Zweikampfs um das Direktmandat in meinem Wahlkreis aufgefallen. Und weil ich selbst in meinem Wahllokal beobachten konnte, wie chaotisch die Wahl ablief (fehlende Stimmzettel, häuserblocklange Warteschlange, Wahlende nach 18:45 Uhr), empfand ich das Ergebnis als eher zufällig. Das ist natürlich auch nach der Neuauszählung noch immer der Fall. Diese Wahl muss zumindest lokal durch Wahlwiederholung korrigiert werden. So hat das mit Demokratie wenig zu tun.

  9. 18.

    Aber selbst wenn der Grüne gewonnen haben ist mir auch egal wundere ich mich doch über die große Unterschiede bei der Auszählung wenn das immer so ist haben wir doch einen anderen Wahlausgang

  10. 17.

    Nein, mit der ehem. DDR läßt sich dieses Debakel nicht vergleichen. Dort wären diese Schlampereien nicht möglich gewesen. Haben Sie jemals an einer Wahl in der ehm. DDR teilgenommen?

  11. 15.
    Antwort auf [Berlin] vom 01.10.2021 um 17:28

    Ja, Neuwahlen in Berlin sind die einzige Möglichkeit, das Vertrauen der Bürger und Bürgerinnen, zumindest teilweise, zurückzugewinnen. Besonders das Vertrauen Derjenigen, die daran gehindert wurden, ihre Simmen ordnungsgemäß abzugeben (dazu zähle ich auch die Stimmen, die für ungültig erklärt wurden, weil falsche oder kopierte Wahlzettel verteilt wurden, u.s.w.) . Es kann doch nicht sein, dass nach dem Berlin-Wahl-Desaster einfach gesagt wird, dass diese Stimmen nicht wichtig seien. Diese Simmen sind nämlich ganz besonders wichtig ! Vielleicht nicht so sehr für die Politiker, die sich zur Wahl gestellt haben ? Aber, sehr wichtig für die gelebte Demokratie in diesem Land. Darum, ich bin für Neuwahlen, per Brief. Dann haben alle Berlinerinnen und Berliner die Chance, demokratisch ihr Wahlrecht auszuüben. Denn genau DAS wird Auswirkungen auf undere Zukunft in diesem Land haben.

  12. 14.

    Hier wird nur über die Unregelmäßigkeiten zur Wahl des Abgeordnetenhauses berichtet. Ist denn sicher, dass die Ergebnisse zur Bundestagswahl stimmen? Wo gibt es zu dieser Frage eine überzeugende Antwort.

  13. 12.

    Warum wird um die Nachzählung in Pankow so ein Gegeimnis gemacht, wenn eine andere Nachzählung sofort in den Medien veröffentlicht wird?
    Das werstehe wer will.
    Ich verstehe es so, das Herr Lederer keinen Erfolg hatte, und nur weil er .........
    Ja, im Berlin ist alles anders, da wird die SPD mit kleinem s geschrieben, und der ........eine rein.

  14. 11.

    Ihre Reaktion lassen vielseitige Schlüsse auf ihre Gemütsverfassung zu wenn man so wie ein Kleinkind reagiert.

  15. 10.

    Das hat ja auch das Wahlamt geschätzt, nicht die Wahlhelfer. Steht auch so im Text. Warum bis jetzt allerdings nicht die gemeldeten Zahlen nachgetragen wurden, ist hier die Frage?

  16. 9.

    Hallo Holger,
    vielen dank für Deine Frage. Laut dem Bezirkswahlleiter von Charlottenburg-Wilmersdorf, Felix Lauckner, seien die Schätzungen zulässig, sofern in der Wahlnacht von einzelnen Wahlvorständen abschließend keine Ergebnisse gemeldet werden, auf der Grundlage des bis dahin erfassten Gesamtergebnisses. Erlaubt seien solche Schätzungen aber nur, "soweit keine Mandatsrelevanz ersichtlich ist." In diesem Beitrag gibt es weitere Informationen zu dem Thema: https://www.rbb24.de/politik/wahl/abgeordnetenhaus/agh-2021/ergebnisse-bvv/berlin-wahl-bezirksverordnetenversammlung-charlottenburg-wilmersdorf-bvv.html

  17. 8.

    Tja, was soll man sagen?...Eigentlich wie immer und bei jedem Thema:
    Wer Berlin betritt verlässt den (noch) funktionierenden Teil Deutschlands.
    Einerseits sehr schade, fast schon peinlich, andererseits: vielleicht wird ja der immer wiederkehrende Misserfolg zum "Markenzeichen" Berlins?

  18. 7.

    Das verstehe ich nicht mit den geschätzten Zahlen . Ich war Wahlhelfer im Wahllokal 416 . Also wir haben anständig gezählt und mit der Anzahl der Wähler verglichen. Bei uns stimmte Alles , als wir das Ergebnis durchs Telefon zur Schnellabgabe weiterleitete . Man kann doch nicht ein geschätztes Ergebnis abgeben . Was waren das denn für Wahlhelfer ?

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