BVV-Wahlen 2021 - So wurde in den Berliner Bezirken gewählt
Mehrere Machtwechsel in Bezirksparlamenten, oft zugunsten der Grünen, teils starke Verluste für Linke und AfD - und eine kleine Partei, die überraschend stark abgeschnitten hat. Die Ergebnisse der Berliner BVV-Wahlen im Überblick.
Die Grünen haben bei den Berliner Bezirksverordnetenwahlen deutlich zugelegt und sind in fast der Hälfte der Bezirke stärkste Kraft geworden. Die CDU hat einen Bezirk hinzugewonnen, SPD und Linke verloren in je zwei Bezirken ihre Mehrheit.
In fünf Bezirken stellen die Grünen in Zukunft den Bezirksbürgermeister, insofern sie dafür in den jeweiligen Parlamenten Mehrheiten erringen: In Friedrichshain-Kreuzberg und Mitte wie bisher. Hinzu kommen Pankow, Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg.
CDU und SPD können noch jeweils drei Bezirksämter anführen. Die SPD wird voraussichtlich die Bezirksbürgermeister in Neukölln, Treptow-Köpenick und Spandau stellen, die CDU in den Bezirken Steglitz-Zehlendorf, Reinickendorf und Marzahn-Hellersdorf. Die CDU hätte damit jetzt ein Bezirksamt mehr als bisher, weil sie der Linken die Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung von Marzahn-Hellersdorf abgejagt hat. Die Linke ist damit nur noch in Lichtenberg die stärkste Kraft.
Während die AfD in allen Bezirken Verluste von mindestens rund fünf Prozentpunkten hinnehmen musste, haben die kleineren Parteien fast überall deutlich mehr Stimmen bekommen. In Friedrichshain-Kreuzberg schaffte es Die Partei wieder ins Bezirksparlament, in gleich vier Bezirken (Spandau, Treptow-Köpenick, Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg) die Tierschutzpartei.
Die Bezirke im Einzelnen:
Pankow
Im bevölkerungsreichsten Bezirk Pankow standen die Ergebnisse erst am Montagmorgen fest. Letztlich gewannen hier die Grünen die Mehrheit im Bezirksparlament – sie landeten bei 24,7 Prozent und konnten 4,1 Prozentpunkte zulegen. Die bisher stärkste Kraft im Pankower Parlament, die Linke, verlor 1,7 Prozentpunkte und kam auf 19,4 Prozent. Noch stärker verlor die Pankower SPD – sie liegt nun bei 17,1 Prozent und sank um drei Prozentpunkte.
Amtsinhaber Sören Benn (Die Linke) verliert damit den Bürgermeisterposten und wird voraussichtlich an die Grüne Cordelia Koch übergeben müssen.
Die CDU erreichte 12,4 Prozent (-0,4). Leicht hinzugewinnen konnte in Pankow die FDP (plus 1,0 Prozentpunkt auf 5,8 Prozent), die AfD verlor stark (minus 5,5 Prozentpunkte auf 7,8 Prozent). Auffallend ist, dass die sonstigen Parteien mit 12,8 Prozent deutlich zulegten. Stärkste kleine Partei ist wie in vielen anderen Bezirken auch die Tierschutzpartei (2,6 Prozent), gefolgt von Die Partei (2,3 Prozent). Die Wahlbeteiligung stieg deutlich um fast neun Prozentpunkte auf nun 75,5 Prozent.
Mitte
Amtsinhaber Stephan von Dassel (Grüne) kann Bezirksbürgermeister von Mitte bleiben. "Ich bin froh, dass das Ergebnis so klar ist", sagte er bereits am Sonntagabend. In Prognosen vor der Wahl hatten die Grünen in Mitte nur knapp vor der SPD gelegen.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 18,5 Prozent (-5,3), Grüne 28,5 Prozent (+4,6), CDU 12,8 Prozent (-0,7), Linke 16,8 Prozent (-1,1), AfD 4,8 Prozent (-5,1), FDP 6,7 Prozent (+0,6). Wie in allen anderen Bezirken auch können die sonstigen Parteien stark zulegen und kommen zusammen auf 11,8 Prozent. Am stärksten schnitt die Partei Volt mit 2,3 Prozent ab. Die Wahlbeteiligung stieg um mehr als zehn Prozentpunkte auf 64,1 Prozent.
Friedrichshain-Kreuzberg
Die bisherige Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) kann an ihre Namensvetterin Clara Herrmann übergeben, insofern dem das neu gewählte Bezirksparlament mehrheitlich zustimmt. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg bleibt eine Grünen-Hochburg - sie kommen in den BVV-Wahlen auf 34,6 Prozent und können um einen Prozentpunkt zulegen. Zweitstärkste Kraft ist wieder die Linke, die ebenfalls einen Prozentpunkt zulegt und bislang auf 21,6 Prozent kommt.
Die übrigen Ergebnisse: SPD 14,8 Prozent (-2,5), CDU 7,9 (+0,2), AfD 3,1 Prozent (-3,0) FDP 4,7 Prozent (+1,5). Die Sonstigen erreichen 13,2 Prozent der Stimmen, die meisten Die Partei (3,7 Prozent), die mehr als die AfD erhält und wie schon 2016 ins Bezirksparlament einzieht, gefolgt von der Tierschutzpartei mit 2,3 Prozent. Die Wahlbeteiligung in Friedrichshain-Kreuzberg steigt um mehr als acht Prozentpunkte auf 70,6 Prozent.
Charlottenburg-Wilmersdorf
Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) wollte ins Berliner Abgeordnetenhaus wechseln – und wird sein Amt nun an die Grünen übergeben müssen. Die Öko-Partei trat in Charlottenburg-Wilmersdorf mit einem Trio an: der bisherige Bau-, Verkehr- und Umweltbezirksstadtrat Oliver Schruoffenegger ist das prominenteste Mitglied. Vor der Wahl hatten die Grünen angekündigt, nach einem Wahlsieg zu entscheiden, wer von den drei Spitzenkandidat:innen die Bezirksregierung anführen soll.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 22,2 Prozent (-2,9), CDU 21,9 Prozent (+0,3), Grüne 24,8 Prozent (+5), Linke 7,5 Prozent (-0,3), AfD 4,7 Prozent (-5), FDP 9,9 Prozent (-0,5), Sonstige 9,0 Prozent (+3,5). Die Wahlbeteiligung stieg um mehr als sieben Prozentpunkte auf 70,1 Prozent.
Spandau
Nach zwei Amtszeiten wollte der bisherige Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank in den Bundestag wechseln - und hat es auch per Direktmandat geschafft. Der Bezirk Spandau wird auch weiterhin in SPD-Händen bleiben: Die SPD fuhr zwar deutliche Verluste ein, brachte aber einen hauchdünnen Vorsprung vor der CDU über die Ziellinie. Die BVV-Abgeordnete Carola Brückner könnte die erste Frau auf dem Chefsessel im Spandauer Rathaus sein, wenn dem das neu gewählte Bezirksparlament zustimmt.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 27,6 Prozent (-5,6), CDU 27,3 Prozent (+1,5), Grüne 11,9 Prozent (+4,3), Linke 5,4 Prozent (-0,2), AfD 10,2 Prozent (-5,8), FDP 7,5 Prozent (+1,1), Sonstige 10,1 Prozent (+4,6). Bemerkenswert stark hat hierbei die Tierschutzpartei mit 4,5 Prozent abgeschnitten, die auf Anhieb den Einzug ins Bezirksparlament schaffte. Die Wahlbeteiligung stieg um fünf Prozentpunkte auf 64,5 Prozent.
Steglitz-Zehlendorf
Die CDU kann auch weiterhin das Amt der Bezirksbürgermeisterin in Steglitz-Zehlendorf stellen: Spitzenkandidatin Cerstin Richter-Kotowski errang trotz leichter Verluste die Mehrheit im Bezirksparlament (27,2 Prozent). Als Bezirksbürgermeisterin und Stadträtin hat sie die vergangenen fünf Jahre die Abteilungen Finanzen, Personal, Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung geleitet.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 21,7 Prozent (-0,8), CDU 27,2 Prozent (-1,2), Grüne 22,4 Prozent (+2,7), Linke 5,0 Prozent (-1), AfD 5,1 Prozent (-5,4), FDP 9,5 Prozent (-0,4), Sonstige 9,0 Prozent (+6,2). Die Wahlbeteiligung stieg um mehr als sechs Prozentpunkte auf 77,5 Prozent.
Tempelhof-Schöneberg
Mit hauchdünnem Vorsprung sind die Grünen im Bezirk Tempelhof-Schöneberg neue stärkste Kraft (23,6 Prozent), denkbar knapp gefolgt von der bisherigen Mehrheitsführerin im Bezirk, der SPD (23,5 Prozent). Damit wird Amtsinhaberin Angelika Schöttler keine dritte Amtszeit antreten können und wird voraussichtlich an den bisherigen Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bauen, Jörn Oltmann von den Grünen, übergeben müssen.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 23,5 Prozent (-1,2), CDU 20,8 Prozent (-0,3), Grüne 23,6 Prozent (+1,7), Linke 8,8 Prozent (+0,1), AfD 5,8 Prozent (-5,3), FDP 7 Prozent (+0,3), Sonstige 10,6 Prozent (+4,8). Die Wahlbeteiligung stieg um mehr als acht Prozentpunkte auf 72,2 Prozent.
Neukölln
Buschkowsky, Giffey, Hikel: Seit 20 Jahren stellt die SPD den Bezirksbürgermeister in Neukölln, und das wird wohl auch in den kommenden fünf Jahren so bleiben. Martin Hikel ist schon seit Franziska Giffeys Wechsel in das Bundesfamilienministerium amtierender Bezirksbürgermeister, seine SPD errang mit leichten Verlusten 28,7 Prozent und bleibt in Neukölln stärkste Kraft.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 28,7 Prozent (-1,7), CDU 16,9 Prozent (+0,6), Grüne 17.6 Prozent (+2,7), Linke 14,9 Prozent (+2,7), AfD 7,1 Prozent (-5,7), FDP 4,9 Prozent (+0,7), Sonstige 9,8 Prozent (+0,6). Die Wahlbeteiligung stieg um sieben Prozentpunkte auf 64,7 Prozent.
Treptow-Köpenick
Oliver Igel (SPD) kann Bezirksbürgermeister in Treptow-Köpenick bleiben. Er konnte leicht zulegen und brachte seine Partei auf 25,2 Prozent. Große Verlierer der Wahlen des hiesigen Bezirksparlaments sind die Linken und die AfD.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 25,2 Prozent (+0,4), CDU 13,2 Prozent (+0,7), Grüne 13,7 Prozent (+4,3), Linke 17,7 Prozent (-5), AfD 11,9 Prozent (-8,2), FDP 6,1 Prozent (+2,5), Sonstige 12,2 Prozent (+5,4), wobei die Tierschutzpartei mit 3,7 Prozent am stärksten abschnitt und auf Anhieb ins Bezirksparlament einzieht. Die Wahlbeteiligung lag mit 73,7 Prozent um mehr als sieben Prozentpunkte höher als bei der letzten Bezirkswahl im Jahr 2016.
Marzahn-Hellersdorf
Die dienstälteste Bezirksbürgermeisterin Berlins, Dagmar Pohle (Die Linke) ist in Marzahn-Hellersdorf dieses Mal nicht mehr angetreten – und wird ihr Amt wohl an die CDU abgeben müssen, die knapp vor der SPD als Wahlsieger den Platz verlässt. Neue Bezirksbürgermeisterin wird voraussichtlich die bisherige CDU-Bezirksstadträtin für Wirtschaft, Straßen und Grünflächen Nadja Zivkovic. Die Linke muss starke Verluste hinnehmen.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 20,3 Prozent (+2), CDU 20,8 Prozent (+3,5), Grüne 6,9 Prozent (+2,3), Linke 19,9 Prozent (-6,1), AfD 16,9 Prozent (-6,3), FDP 5,3 Prozent (+2,8), Sonstige 10 Prozent (+1,8), wobei die Tierschutzpartei hier mit 5,0 Prozent ihr stärkstes Ergebnis erzielt und in die Bezirksverordnetenversammlung einziehen wird. Die Wahlbeteiligung stieg um knapp sieben Prozentpunkte auf jetzt 65,9 Prozent.
Lichtenberg
Der amtierende Bezirksbürgermeister Michael Grunst (die Linke) kann trotz starker Verluste seiner Partei im Bezirk das Amt in Lichtenberg behalten. Trotz deutlicher Verluste bleibt seine Partei die stärkste Fraktion im Bezirksparlament. Noch stärker als die Linke verloren hat hier die AfD.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 19,6 Prozent (-2), CDU 13,2 Prozent (+0,5), Grüne 13 Prozent (+4,8), Linke 24,8 Prozent (-5), AfD 12,9 Prozent (-7,2), FDP 5,5 Prozent (+2,5), Sonstige 11,9 Prozent (+6,4). Die Tierschutzpartei erreichte in Lichtenberg 4,5 Prozent und zog ins Bezirksparlament ein. Die Wahlbeteiligung stieg um mehr als acht Prozentpunkte auf 68,6 Prozent.
Reinickendorf
Frank Balzer, der CDU-Bezirksbürgermeister von Reinickendorf, kann trotz starker Verluste seiner Partei sein Amt an einen Parteifreund übergeben. Balzers handverlesener Nachfolge wird voraussichtlich Michael Wegner, der von 1999 bis 2006 schon einmal Reinickendorfs Stadtrat für Bau-, Grundstücks- und Gebäudemanagement war. Kontrahent Uwe Brockhausen (SPD) konnte seine Partei zwar zu Gewinnen führen, blieb dennoch klar hinter der CDU, die traditionell im Bezirk Mehrheiten einfährt.
Die Ergebnisse im Einzelnen: SPD 23,8 Prozent (+2,4), CDU 29 Prozent (-6,6), Grüne 14,3 Prozent (+3,9), Linke 5,2 Prozent (-0,2), AfD 9,5 Prozent (-4,9), FDP 7,3 Prozent (+0,7), Sonstige 10,9 Prozent (+4,7). Die Wahlbeteiligung stieg um knapp fünf Prozentpunkte auf 67,4 Prozent.
Sendung: Inforadio, 27.09.2021, 9:00 Uhr