Bezirksverordnetenwahl BVV - Die Kuriosa bei der Wahlwiederholung am Beispiel Mitte

Fr 18.11.22 | 12:40 Uhr | Von Hendrik Schröder
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Ingrid Bertermann (Die Linke) (Quelle: rbb)
Audio: rbb24 Inforadio | 17.11.2022 | Hendrik Schröder | Bild: rbb

Bei der Wahlwiederholung Anfang 2023 müssen dieselben Kandidaten auf denselben Listenplätzen antreten. An einigen Stellen sorgt das für kuriose Gemengelagen. Wenn zum Beispiel aus einer Grünen in der Zwischenzeit eine Linke geworden ist. Von Hendrik Schröder

Als sich Ingrid Bertermann im September vergangenen Jahres zur Wahl der Bezirksverordnetenversammlung stellen ließ, zog sie als Grüne in Mitte ein. Doch wenige Monate später wechselte sie nahtlos zu den Linken und ist dort nun für die Linksfraktion unter anderem Sprecherin für Sport.

Die Grünen hatten den Wechsel damals harsch kritisiert. Bei der Wahlwiederholung nun muss laut Wahlgesetz Frau Bertermann wieder auf die Liste der Grünen, obwohl sie nun eben bei den Linken ist. Für Lara Liese aus dem Kreisvorstand der Grünen in Mitte ein untragbarer Zustand, den Wählern kaum zu vermitteln: "Einerseits fordern wir Frau Bertermann auf, diesen Zustand zu beenden, indem sie von ihrer Bewerbung zurücktritt."

Grünen prüfen rechtliche Schritte

Ingrid Bertermann aber denkt nicht daran, freiwillig auf den Listenplatz zu verzichten. Denn, so lässt sie sich zitieren, sie habe ja keine andere Möglichkeit, da sie auf die Liste der Linken laut Wahlgesetz nicht wechseln könne. Sie mache eine gute Arbeit mit der Linken und habe nicht vor, auf ihr Mandat zu verzichten. Weder vor noch nach der Wiederholung.

Darauf wollen die Grünen es aber nicht bewenden lassen, so Lara Liese: "Und zweitens prüfen wir aber auch parallel rechtliche Schritte. Einfach, ob es für uns möglich ist, den Wahlvorschlag an dieser Stelle anzupassen, da gibt es auch manche Anhaltspunkte dafür, dass es sind jetzt auch all diese Fragen, das habe ich gerade gesagt. Die sind ungeklärt. Das ist ein einmaliger Fall."

Gut möglich also, dass es noch juristische Auseinandersetzungen um die Wiederholung der BVV-Wahlen geben wird.

Geschasster Bürgermeister von Dassel müsste wieder antreten

Ein weiterer, geradezu kurioser Fall sind die beiden Personalien Stephan von Dassel und Stefanie Remlinger, ebenfalls beide Grüne. Von Dassel war Bezirksbürgermeister von Mitte. Remlinger ist es jetzt, nachdem von Dassel wegen Vorwürfen um Posten-Geschacher gehen musste.

Von Dassel war 2021 auf Listenplatz zwei und als Kandidat für das Bezirksbürgermeister Amt für die Grünen ins Rennen gegangen und müsste das nun als geschasster Bezirksbürgermeister wieder machen. Eine absurde Vorstellung, die sich von Dassel offenbar nicht antun möchte.

Er sagte der rbb24 Abendschau: "Frau Remlinger ist und bleibt Bürgermeisterkandidatin für ein grün geführtes Bezirksamt." Diese Aussage ist wohl als Verzichtserklärung anzusehen.

Neue Bezirksbürgermeisterin müsste wieder für Land Berlin kandidieren

Nun ist es aber so, dass die neue Bezirksbürgermeisterin von Mitte, Stefanie Remlinger, damals auf der Liste zum Abgeordnetenhaus stand und als Direktkandidatin in Pankow den Einzug nur knapp verpasste. Deshalb ging sie dann in den Bezirk, aus dem sie jetzt auch gar nicht weg möchte: "Ich habe mich in Mitte verliebt. Nur der Wähler kann entscheidend, dass ich nicht weitermachen soll. Ich möchte Bürgermeisterin bleiben und werde die Spitzenkandidatin sein."

Laut Wahlgesetz müsste Stefanie Remlinger aber wieder für das Land kandidieren. Und wenn sie dieses Mal gewinnen sollte und das Mandat fürs Abgeordnetenhaus aber nicht annimmt, weil sie im Bezirk bleiben möchte, dann ginge den Grünen dieser Sitz flöten. Es bleibt also spannend, wer für wen und unter welchen Umständen und für welches Amt dann am Ende bei der Wiederholung zur Wahl steht.

Sendung: rbb24 Inforadio, 17.11.2022, 16:45 Uhr

Beitrag von Hendrik Schröder

20 Kommentare

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  1. 20.

    Das Wahlgesetz regelt für den Fall einer Wiederholungswahl eindeutig, dass mit der Entscheidung zur Wahlwiederholung auch darüber befunden wird, ob mit neuen oder den bisherigen Wahlvorschlägen zu wählen ist. Das Landesverfassungsgericht hat von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht, sich allerdings in der Urteilsbegründung zu diesem Aspekt auch nicht weiter geäussert. Hier ist das Urteil auch "schludrig" bzw. nicht konsequent zu Ende gedacht - denn die verfassungs- und demokratiepolitisch sauberste Lösung wäre natürlich, dass all Wahlvorschläge vom letzten Mal beibehalten oder durch Wahlvorschlägsträger verändert werden können sowie neue Wahlvorschläge ebenfalls zugelassen werden können. Möglicherweise muss Karlsruhe an der Stelle auch noch mal aushelfen. Bei einer reinen Wiederholungswahl können die Wähler aber tatsächlich nur über "bereinigte" aber nicht veränderbare Wahlvorschläge abstimmen, so wie sie zum ersten Termin zugelassen worden sind.

  2. 19.

    Welche PDS - Kandidaten ?? Die Partei heißt schon seit Jahren "Die Linke ". Da haben Sie wohl die letzten Jahre verschlafen??

  3. 18.

    Das Chaos beginnt schon jetzt und wird sich fortsetzen. Für mich sind weder die Linken noch die Grünen wählbar.

  4. 17.

    Da wird die Intelligenz der Wähler und Wählerinnen ja extrem gefordert. Die Rheinländer würden bestimmt wieder ihren Spruch loslassen, von wegen "Et hätt noch immer jut jange".
    Hoffentlich (er)klären die Medien für alle Bezirke solche Besonderheiten auf seriöse Weise und verhalten sich die Gewählten verantwortungsvoll - sie sind dann schließlich für den ganzen Bezirk und nicht nur für die ehemalige oder jetzige Partei-Anhängerschaft zuständig.

  5. 15.

    Wie kann eine Person, die der Partei DIE LINKE angehört, sich auf die Wahlliste der Partei DIE GRÜNEN setzen lassen.

    DAS HAT SCHON EIN GESCHMÄCKLE

  6. 14.

    Nicht daß es so kompliziert wird, daß auch die Wahlwiederholung ungültig wird.

    Ich glaub, das mit dem Schätzen der Ergebnisse war wohl doch gar nicht soo verkehrt. Das passt auch zu Berlin, wie ich es mag....

  7. 13.

    Oh, die Luft wird wohl für Randgruppen richtig dünn? Ob Ihre „Sympathieorgie“ das ändern kann? Selbst der kenntnisreiche Wähler, wählt im Zweifel nach dem Geldbeutel. Und das ist nichtmal die schlechteste Entscheidung.

  8. 12.

    "Parteien, die den Zugang zu Wahlmöglichkeiten kontrollieren? Wo sind wir denn, " Ganz abwegig erscheint die Möglichkeit nicht. Zumindest wurde von Teilen des Senats (SPD) angekündigt den Volksentscheid "Berlin 2030 klimaneutral" nicht zum jetzt geplanten Wahltermin zuzulassen. Wenn Grüne und Co bzw. der Senat die Abstimmung über den Volksentscheid zum Wahltermin verhindern, bekommen sie hoffentlich einen weiteren Denkzettel - diesmal von den Wählerinnen. Denn es gibt wohl nur eine andere Klimapartei, die das 1,5 Gradziel bis 2030 ernsthaft in Berlin umsetzen möchte. Ich bin gespannt auf den Wahlkampf. "Deutsche Wohnen enteignen!" plakatiert ja bereits in der ganzen Stadt für die Abwahl der Immobilienlobby, die die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids verschleppt. Auch so gesehen eine spannende Möglichkeit diesbezüglich die eigene Wahlentscheidung nochmal zu prüfen und zu überdenken!

  9. 11.

    Für mich lesen sich die sogenannten Koriositäten wie Ämtergeschacher.... Um Positionen zu erhalten, wechselt man eben oder so.... einfach traurig.

  10. 10.

    Parteien haben beim Wahlvorgang nichts zu suchen. Die politischen Einflussnahme auf die Wahllokale muss ausgeschlossen werden. Wahllokale werden idR durch Ehrenamtliche betrieben. Kurzum muss man den Helfer in den Wahllokalen mehr Unterstützung zukommen lassen. …. Jeder kann sich als Wahlhelfer aufstellen lassen, JEDER!

  11. 7.

    Dann werden 2026 alle
    PDS- und DieGrünen- Kandidaten bei
    CDU und AfD kandidieren !
    Würde Das noch auffallen ?

  12. 6.

    "Die Parteien hätten auch aufpassen können, dass alles mit rechten Dingen abläuft.
    zB. Zugang zum Wahllokal nach 18.00 Uhr unterbinden, bei der Auszählung der Stimmen dabei sein." Die Parteien dürfen in den Wahllokalen gar nicht anwesend sein, außer in dem Moment, wo sie selbst wählen. Sollte sich um 18 Uhr vor jedes Wahllokal ein Politiker setzen und aufpassen, dass niemand mehr wählt?? Sie haben ja komische Ideen!

  13. 5.

    Parteien, die den Zugang zu Wahlmöglichkeiten kontrollieren? Wo sind wir denn, in Russland oder den USA? Die vielfach problematischen Abgeordnetenhauswahlen waren von Verwaltungsfehlern gezeichnet, nicht von irgendwessen Parteiarbeit.

    Hätte das Berliner Verfassungsgericht an Verhältnismäßigkeit und dem hohen Gut korrekt abgegebener Stimmen festgehalten sowie bei der Kontrolle der Fehler im Hinblick auf Mandatsrelevanz mehr Sorgfalt angewandt, statt noch ein Problem oben drauf zu setzen, gäbe es dieses vielfach absurde Problem nicht, bzgl. Bezirksbürgermeister*innen hier und dort sowie bzgl. anderer Posten. Auch ist die politische Lage nichts, was wiederholbar sein könnte - etwas, dass man bei der rein formalen Gesetzgebung nicht mitbedacht hat und was bisher ja auch nur abstrakt existierte. Ebenso absurd ist der zeitliche Rahmen, der formal auch nicht berücksichtigt wurde: Eine Wahl plant man nicht in 90 Tagen, schon gar nicht wenn vorangegangene Fehler behoben werden müssen.

  14. 4.

    Hätten sie dafür gesorgt daß 2021 im September ordentlich gewählt hatte können wäre jetzt nicht so ein Chaos.

  15. 3.

    Etwas wirr, ihr Kommentar. "zB. Zugang zum Wahllokal nach 18.00 Uhr unterbinden, bei der Auszählung der Stimmen dabei sein."

    1. Kann noch jeder seine Stimme nach 18 Uhr abgeben.

    2. Warum sollten Parteien bei der Auszählung dabei sein?

    Das Beispiel zeigt deutlich auf wie unausgegoren das Skandalurteil des von 2 cDU Mitgliedern besetzten Gerichts ausgefallen ist. Zumal es von vornherein feststand.

    In meinem Wahlbezirk ist alles zu 100 % korrekt abgelaufen, warum muß dann die Wahl wiederholt werden?

    Ich bin zuversichtlich dass das Skandalurteil vom BVerfG kassiert wird.

  16. 2.

    Inhaltlich ist der Unterschied gering. Und nur das zählt für die Wähler. Wenn Posten wichtiger sind, schon jetzt, dann hat man andere Probleme.

  17. 1.

    Alles selbst gemachtes Elend. Die Parteien hätten auch aufpassen können, dass alles mit rechten Dingen abläuft.
    zB. Zugang zum Wahllokal nach 18.00 Uhr unterbinden, bei der Auszählung der Stimmen dabei sein.

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